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Editorial

Der/die Bürger:innenmeister:innenkandidat:innenanwärter:innen?

Gendern ist ein heißes Thema, bei dem oft zwei Welten aufeinander prallen. Die einen möchten künftig mehr auch die weibliche Form betonen, das andere Lager weist darauf hin, dass Sprache mit Sternchen, Doppelpunkten oder Großbuchstaben mitten im Wort schwerer wird. Die Argumente und die Absichten beider Seiten sind durchaus verständlich und nachvollziehbar.

Als Online-Verantwortlicher hat man aber durchaus mehrere Aspekte zu berücksichtigen – unabhängig von der eigenen Einstellung zu Genderschreibweisen.

Ist Text schwerer zu lesen und sinkt damit die Motivation, Content auf Webseiten zu konsumieren? Die Wissenschaft sagt hierzu recht eindeutig Ja. Wer sich mit dem Vorgang des Lesens und dem Zusammenspiel von Auge und Gehirn beschäftigt hat, kann das leicht nachvollziehen. Das Auge fixiert jeweils nur zwei bis drei Buchstaben, dann springt es (Sakkade genannt) fünf bis sechs Buchstaben weiter und nimmt dann erneut wieder nur wenige Buchstaben wahr. In der Sakkade, also beim Sprung mit dem Blickfokus, sind wir „blind“, d. h., die übersprungenen Buchstaben erkennen wir nicht. Vereinfacht erklärt entstehen im Kopf beim schnellen Lesen nur Muster von Wörtern, die mit den bekannten/gelernten Wörtern abgeglichen werden. Stoßen wir auf komplizierte oder unbekannte Wörter, springt das Auge nach einer Sakkade wieder ein paar Buchstaben zurück und macht die Sprünge damit kleiner, häufiger – und das kostet Energie und Zeit. Ein Beispiel:

BEREITS EIN SATZ MIT GROSSBUCHSTABEN ZEIGT, DASS MAN DIESEN NUR SEHR VIEL SCHWIERIGER ERFASSEN KANN, WEIL DIE MUSTER UNGEWOHNT SIND. Und noch mal normal:

Bereits ein Satz mit Großbuchstaben zeigt, dass man diese sehr viel schwieriger erfassen kann, weil die Muster ungewohnt sind.

Welcher Text ist schneller lesbar, weil er den gelernten Mustern entspricht? Wenn Sie liebe(r) Leser(in) nun bedenken, dass BesucherInnen und potenzielle Kund*innen Ihrer Website häufiger beim Lesen stolpern, länger brauchen und wahrscheinlich deswegen früher abbrechen, weil es anstrengend(er) ist – ist das zielführend für Sie?     

Ein weiterer Umstand ist, dass Google bisher noch Probleme hat, die neuen Worte zu verstehen. Der/die Zahnärzt/-innen ist für die Maschine etwas anderes als ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin. Demensprechend kann es sein, dass man sich selbst für wichtige Suchbegriffe aus dem Ranking kegelt.

Natürlich gibt es noch einige weitere Dinge zu bedenken. Nehmen es mir z. B. Menschen übel, wenn ich im Text nicht gendere? Und kaufen womöglich nicht? Und was, wenn es dazu gar nicht kommt, weil sie mich nicht (mehr) bei Google finden? Oder: Jeder zehnte Mensch in Deutschland hat eine mehr oder weniger große Leseschwäche oder kann die deutsche Sprache nicht gut. Wie kommt diese Gruppe mit all den Sternchen, Schrägstrichen und Doppelpunkten zurecht?

Michael Weber hat sich dieses umstrittene Thema vorgenommen und es für Sie näher beleuchtet. Viel Spaß beim Lesen!