Und ewig grüßt das Murmeltier:

Die Einholung wirksamer Opt-ins – Teil 1

Martin Bahr
Martin Bahr

Dr. Bahr ist Rechtsanwalt in Hamburg und auf das Recht der Neuen Medien und den gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Neben der reinen juristischen Qualifikation besitzt er ausgezeichnete Kenntnisse im Soft- und Hardware-Bereich. Unter Law-Podcasting.de betreibt er seit 2006 einen eigenen Podcast und unter Law-Vodcast.de einen Video-Vodcast.

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Auch wenn man im Jahre 2013 eigentlich etwas anderes vermuten könnte: Ein erheblicher Teil der Branche kennt weiterhin nicht die genauen Grenzen des zulässigen Direktmarketings. Dieses aber zu kennen, wird essenziell wichtiger, da in Kürze die möglichen Bußgelder von 50.000,- EUR auf 300.000,- EUR angehoben werden! Fachanwalt Dr. Bahr zeigt im ersten von zwei Teilen auf, was dabei zu beachten ist und wo juristische Fallstricke versteckt sind.

A. Vorbemerkung: Die eierlegende Wollmilchsau

In der anwaltlichen Beratungspraxis nimmt die Frage der rechtlichen Zulässigkeit von Werbeeinwilligungen einen entscheidenden Anteil ein. Eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten lässt sich, direkt oder indirekt, auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Einwilligungserklärung zurückführen, sei es nun im E-Mail-, SMS-, Telefon- oder Fax-Marketing. Spätestens mit dem Inkrafttreten des neuen „Anti-Abzocke-Gesetzes“, das die bisherige Geldbußehöhe bei Telefonanrufen von 50.000,- EUR auf 300.000,- EUR anhebt, kommt der Einwilligung eine noch gesteigerte wirtschaftliche Bedeutung zu.

In der weiteren Darstellung wird sich zeigen, dass vor allem Datenschützer und Gerichte absolut unrealistische Anforderungen an eine Einwilligung stellen. Die Einwilligung ist in der Praxis häufig Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Es sei bereits an dieser Stelle angemerkt, dass eine rechtskonforme und zugleich wirtschaftlich sinnvolle Einwilligung nicht existiert.

B. Die zwei Ebenen der Einwilligung: Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht

In der Praxis wird häufig übersehen bzw. missverstanden, dass die Einwilligung aus zwei Teilbereichen besteht: aus der datenschutzrechtlichen Einwilligung (§§ 4 a, 28 Abs. 3 a und b BDSG) und aus der wettbewerbsrechtlichen Einwilligung (§ 7 UWG). Diese beiden Bereiche sind bei der juristischen Betrachtung voneinander zu trennen. An die datenschutzrechtliche Einwilligung sind andere Anforderungen zu stellen als an die wettbewerbsrechtliche. Insbesondere bei der Verfolgung von Rechtsverstößen ergeben sich erhebliche Unterschiede. Während die Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften zivilrechtlich nur eingeschränkt verfolgt werden kann, gilt dies für die Verletzung von UWG-Normen gerade nicht. Leider ist es häufig so, dass auch in Gerichtsentscheidungen von Richterseite aus beide Ebenen miteinander vermischt werden, sodass für den juristischen Laien die Abgrenzung nur außerordentlich schwer erkennbar ist.

Wie unterscheiden sich nun beide Bereiche voneinander? Bei der datenschutzrechtlichen Einwilligung geht es um die Frage: Darf ich die Daten überhaupt erheben und speichern? Bei der wettbewerbsrechtlichen Einwilligung hingegen stellt sich die Frage: Darf ich die gespeicherten Personen kontaktieren und wenn ja, mittels welchen Mediums (Telefonat, E-Mail usw.)?

Bei der rechtlichen Überprüfung, ob eine konkrete Einwilligungserklärung Bestand hat, muss der Unternehmer stets beide Ebenen betrachten. Nur wenn beide Ebenen – die datenschutzrechtliche und die wettbewerbsrechtliche – juristisch nicht zu beanstanden sind, liegt eine wirksame Einwilligung vor. Sobald nur einer von beiden Teilen rechtswidrig ist, ist die Einwilligung insgesamt unwirksam. Daraus ergibt sich nachfolgendes Schaubild:

Einwilligung

Datenschutzrechtliche Einwilligung:

Darf ich die Adressdaten überhaupt erheben und speichern?

Wettbewerbsrechtliche Einwilligung:

Darf ich die erhobenen Adressdaten benutzen und die Personen kontaktieren?

C. Die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen

1. Hinreichende Bestimmtheit

Die Voraussetzung, an der die meisten Einwilligungserklärungen in der Praxis scheitern, ist die hinreichende Bestimmtheit. Dabei gilt es, zwischen der persönlichen und der sachlichen Reichweite zu unterscheiden:

  • Sachliche Reichweite: In was willige ich ein?
    Für welche Arten von Medien (z. B. Telefon, Fax, SMS, E-Mail usw.) erteile ich meine Einwilligung? Für welchen Werbebereich (z. B. Unterhosen, Versicherungen oder PKW) erteile ich meine Einwilligung?
  • Persönliche Reichweite: Wem gegenüber willige ich ein?
    Welches Unternehmen erhält die Einwilligung von mir und kann mich somit später kontaktieren?

Im Folgenden werden diese beiden Bereiche näher dargestellt.

a. Sachliche Reichweite

aa. Art des Werbemediums

Aus der Einwilligungserklärung muss klar und eindeutig hervorgehen, für welche Art von Werbemedien die Zustimmung erteilt wird. In Betracht kommen hier: Briefpost, Telefon, Fax, SMS und E-Mail, also jeder bekannte Kommunikationskanal aus dem Bereich des Direktmarketings. Variationen der SMS, also z. B. EMS oder MMS, fallen unter den Begriff der SMS.

So denkbar einfach dieser Punkt zunächst erscheint, liegt der Teufel in der Praxis häufig im Detail. Viele Unternehmen sind nämlich versucht, lediglich den aktuell genutzten Kommunikationskanal anzugeben, und nehmen von sich aus weitere nicht notwendige Einschränkungen vor. Dabei rächt sich eine solche freiwillige Einschränkung innerhalb kürzester Zeit, denn die einmal vorgenommene Beschränkung kann nachträglich nicht mehr ohne ausdrückliche Nachfrage aufgehoben werden.

Beispiel:
Unternehmen U will Einwilligungen für den Bereich E-Mail-Werbung generieren. Es schreibt daher in seine Einwilligungserklärung: „Der Teilnehmer erklärt seine Zustimmung (...) für den Bereich E-Mail (wöchentlicher Newsletter)".
Es werden auf diese Weise erfolgreich 10.000 Adressen generiert. Ein halbes Jahr später überlegt sich U, dass es gern den Rhythmus der wöchentlichen Newsletter-Versendung auf dreimal pro Woche verändern will. Darüber hinaus sollen einzelne Kunden gezielt individuelle Werbung erhalten. Beide Änderungen, die U anstrebt, sind nicht mehr von der ursprünglichen Einwilligungserklärung abgedeckt. Wenn U die Veränderungen vornehmen will, bedarf es somit einer erneuten, ausdrücklichen Einwilligungserklärung.

Vermeiden Sie ein solches erneutes Nachfragen beim Empfänger. Die Erfahrung zeigt, dass nur ein geringer Bruchteil aktiv den erneuten Änderungen zustimmen wird. Der Großteil hingegen wird, aus den unterschiedlichsten Gründen (Passivität, Nichtlesen der Änderungen, Angst vor Ausverkauf seiner Daten) keine weitere Einwilligungserklärung abgeben. In der Praxis verlieren viele Unternehmen nicht selten auf diese Weise 50 bis 70 % ihres E-Mail-Bestandes.

Ein solcher Verlust ist absolut nicht notwendig. Sinnvoll ist es daher, die Erklärung hinsichtlich der Werbekanäle so allgemein wie möglich zu halten. Vermeiden Sie erklärende Zusätze oder Hinweise. Sie mögen zum Zeitpunkt der Einwilligung gut gemeint sein, behindern Sie aber bei einer späteren Vermarktung der erlangten Adressen.

bb. Werbebereich

Große juristische Probleme bereitet der in den Einwilligungserklärungen zu benennende Werbebereich. Fasst ihn das Unternehmen zu weit oder zu unspezifisch, dann besteht die Gefahr, dass die Erklärung vor Gericht keinen Bestand hat. Wird hingegen zu eng formuliert, besteht die Problematik, dass die Einwilligung kaum von wirtschaftlicher Bedeutung ist.

Das Interesse des Unternehmens ist es, die gewonnenen Daten zeitlich so lange und so häufig wie möglich zu verwenden. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es hinsichtlich des Werbebereiches einer größtmöglichen Flexibilität. Da dem Unternehmen nicht bekannt ist, an wen es einmal die Adresse weitergeben wird, ist jede Eingrenzung, die es im Vorfeld vornimmt, finanziell nachteilig. Dieses wirtschaftliche Interesse steht im diametralen Gegensatz zu der von Verbraucherschützern geforderten Vorgabe, die Einwilligung so konkret und so bestimmt wie möglich zu formulieren. 

In der Praxis führt dies häufig zu nachfolgender Formulierung:

„Ich bin damit einverstanden, dass mich Firma XY für weitere interessante Angebote anruft.“

Hierbei handelt es sich quasi um den „Klassiker“ der Einwilligungserklärungen. In dieser Form findet er sich in Abertausenden von Klauseln wieder. Die Rechtsprechung zu dieser „Interessante-Angebote“-Klausel ist seit Langem eindeutig: Die Formulierung ist rechtswidrig und die Einwilligung somit unwirksam, denn sie erfüllt nicht die Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit.

Unwirksam ist die Erklärung auch, wenn lediglich der Anschein einer Begrenzung erweckt wird, in Wahrheit die Formulierung aber uferlos ist.

„Die Übermittlung und weitere Nutzung meiner Angaben wird auf nachfolgende Bereiche begrenzt: Telefonmarketing, E-Mail-Werbung und schriftliche Werbung, Verlage, Adress- und Versandhändler, Finanz und Telekommunikationsdienstleister, Markenartikelhersteller, Gewinn- und Glücksspiele, Reise und Tourismus, Gesundheitsvorsorge, Energieversorger, Versicherungen, Pharma- und Kosmetikunternehmen, gemeinnützige Vereinigungen, Fahrzeughersteller und -händler, Bekleidungs- und Elektronikeinzelhandel, Marktforschungsunternehmen, Berufs- und Weiterbildungsinstitute.“

Eine solche Klausel ist – leicht nachvollziehbar – genauso unwirksam, denn inhaltlich findet keine Beschränkung statt. Vielmehr kann praktisch jede Ware oder Dienstleistung, die am Markt angeboten wird, auf die eine oder andere Weise unter eine der in der Klausel genannten Kategorien eingeordnet werden.

Die entscheidende Frage ist nun: Wie weit ist der Werbebereich einzugrenzen? Müssen einzelne Produkte genannt werden oder reichen Branchenangaben aus?

Beispiel:

Die Deutsche Telekom AG möchte gern online wirksame Einwilligungserklärungen für Telefonanrufe generieren. Reicht die Erklärung „… für weitere Angebote aus dem Bereich der Telekommunikation …“ aus? Oder muss noch stärker differenziert werden? Also z. B.: „… für weitere Angebote aus dem Bereich Telefon- und Internetanschlüsse …“

Die deutschen Gerichte haben es bislang vermieden, hierzu klare, nachvollziehbare und vor allem in sich logische Aussagen zu treffen. Gerichtsurteile zu dieser konkreten Einzelfrage existieren bislang – soweit ersichtlich – nicht. Dies hat einen simplen Grund: Grob geschätzt 99 % der am Markt befindlichen Klauseln halten noch nicht einmal die Mindeststandards ein und sind somit offensichtlich rechtswidrig.

Diese Praxis rührt von zwei Gründen her. Erstens: Die Rechtslage ist im Bereich der Einwilligung derart kompliziert und widersprüchlich, dass die Formulierung einer Erklärung ohne anwaltliche Hilfe von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Auch der Unternehmer, der sich rechtskonform verhalten will, verstößt in Unkenntnis gegen geltendes Recht. Zweitens: Da viele rechtliche Fragen der Einwilligung nach wie vor nicht abschließend höchstrichterlich geklärt sind, nutzen viele Unternehmer den bestehenden Freiraum und gehen bewusst ein unternehmerisches Risiko ein, indem sie wirtschaftlich vorteilhafte, aber rechtlich problematische Einwilligungserklärungen benutzen.

Die Rechtsprechung hat bislang keine Vorgaben gemacht, wie viele Werbebereiche der Unternehmer maximal in die Einwilligungserklärung mit aufnehmen darf. Der Ehrenkodex E-Mail-Marketing des Deutschen Dialogmarketing Verbandes (DDV) empfiehlt in § 1 maximal zehn Personen. Diese Begrenzung ist jedoch nur für DDV-Mitglieder relevant. Zudem handelt es sich um keine strikte Vorgabe, sondern nur um eine Empfehlung.

In der Praxis beliebt ist das sogenannte „Co-Sponsoring“, das häufig bei Gewinnspielen oder Umfragen eingesetzt wird. Hier erteilt der Verbraucher nicht nur dem Veranstalter seine Einwilligung, sondern auch bestimmten Dritten, die in der Regel „Sponsoren“ genannt werden. Gegen eine solche Handlungsweise spricht juristisch nichts. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass auch Dritte in die Einwilligungserklärung mit einbezogen werden. Erforderlich ist nur, dass auch hier dem Verbraucher ersichtlich ist, wem gegenüber er seine Einwilligung erteilt. Der Ehrenkodex E-Mail-Marketing des DDV legt hier in § 1 fest, dass beim Co-Sponsoring die Firma und der Firmensitz genannt werden müssen. Diese Verpflichtung trifft jedoch nur DDV-Mitglieder. Ein Verstoß gegen die DDV-Bestimmungen durch eines seiner Mitglieder führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung, sondern hat lediglich DDV-verbandsinterne Folgen (z. B. Beanstandungen oder im Extremfall Verbandsausschluss).

b. Persönliche Reichweite

Eine weitere juristische Hürde, die bei Einwilligungserklärungen genommen werden muss, ist die persönliche Reichweite. Für den Betroffenen muss stets ersichtlich sein, wem er denn überhaupt seine Zustimmung erteilt, was nichts anderes heißt, als dass die Firmen namentlich genannt werden müssen. Klauseln hingegen, die allgemein auf Dritte oder Partner abstellen, ohne diese klar zu benennen, sind mangels Bestimmtheit rechtswidrig.

Beispiele für rechtswidrige Klauseln:

Beispiel 1:
„Ich bin damit einverstanden, dass die Zeitung XY meine Daten für Zwecke der Werbung, Marktforschung und Beratung nutzt und selbst oder durch Dritte verarbeitet und dass ich schriftlich, telefonisch oder per E-Mail über weitere Angebote informiert werde.“
Rechtswidrig, da der Kunde der Zeitung nicht erkennen kann, welche Dritten seine Daten erhalten.

Beispiel 2:
„Sind Sie damit einverstanden, wenn Sie nach der Auswertung der Studie von anderen Firmen aus diesem Bereich nochmals telefonisch kontaktiert werden?“
Unwirksam, da unklar, wer mit „anderen Firmen“ gemeint ist.

Es ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen seine vollständige Firmierung angibt. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich aus den Angaben für den Verbraucher ohne Weiteres erschließt, wem er seine Einwilligung erteilt. Aussagekräftige Schlagworte, wie z. B. „Veranstalter des Gewinnspiels“" oder der Domain-Name, reichen aus, um die persönliche Reichweite hinreichend sicher zu bestimmen. Erforderlich ist aber stets, dass der Betroffene ohne große Anstrengungen in der Lage ist, die Bezeichnung einer konkreten Firma zuzuordnen. Besteht nur die geringste Gefahr von Irrtümern oder Verwechslungen, reicht eine allgemeine Beschreibung nicht mehr aus. In einem solchen Fall muss eine individuelle, klar zuzuordnende Unternehmensbezeichnung vorliegen.

Beispiel:
„Ich bin damit einverstanden, dass der Veranstalter des Gewinnspiels mich telefonisch (...) kontaktiert.“

Diese Einwilligungserklärung ist rechtmäßig, wenn es nur einen Veranstalter eines Gewinnspiels gibt und dieser klar erkennbar ist, z. B. durch das Impressum auf der Webseite oder durch bekannte Marken-Logos auf der Anmeldeseite selbst.

Diese Einwilligung ist jedoch rechtswidrig, wenn der Satz auf einer Gewinnspiel-Postkarte auftaucht, aber vollkommen unklar ist, wer denn nun eigentlich Veranstalter ist. Nicht ausreichen würde es auch, wenn sich in unmittelbarer Nähe der Gewinnspiel-Teilnahme ein Info-Schalter des Veranstalters befindet, da keine ausreichende sachliche Verknüpfung zwischen beiden Geschehnissen nach außen zutage tritt.

Unzureichend ist es auch, einen abgekürzten Firmennamen zu verwenden, wenn es mehrere Tochterunternehmen gibt, die alle ähnlich firmieren.