Keine Angst vor Google Updates!

Sarah van den Berg
Sarah van den Berg

Sarah van den Berg ist Senior SEO Managerin bei der Berliner Content Marketing Agentur suxeedo. Sie hat sich auf das Thema SEO-Audits spezialisiert und unterstützt Unternehmen in allen Größenordnungen bei der nachhaltigen Optimierung ihrer Websites. Darüber hinaus bietet sie SEO-Schulungen für Inhouse-Teams und Online-Redaktionen und ist gefragte Speakerin auf Konferenzen wie der SEOkomm und der Campixx.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

Eigentlich gibt es keinen Grund mehr, vor Google Updates Angst zu haben. Jedoch kam es mit dem sogenannten Helpful Content Update (HCU) im Sommer 2022 zu einem klaren Paradigmenwechsel. Zwar ist es (noch) nicht zu den befürchteten Auswirkungen gekommen, trotzdem ergibt sich aus dem HCU für jeden Website-Betreiber ein klares To-do. Wie man sich auf künftige Updates optimal vorbereitet und welche SEO-Tasks nach einem Update grundsätzlich umgesetzt werden sollten, erfahren Sie hier.

Kurz-, mittel- oder langfristige Steigerungen oder Verluste von Ranking und Sichtbarkeit sowie starke Schwankungen oder unmittelbare Auswirkungen auf Traffic und Conversions – die möglichen Auswirkungen eines Google-Algorithmus-Updates können weitreichend sein. Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Niemand braucht Angst vor Google Updates zu haben! Google setzt mittlerweile verstärkt auf Transparenz und kündigt Algorithmus-Updates über den Twitter-Account @googlesearchc an. Ergänzend gibt es praktische Tools wie das kostenlose Google Update Radar von SISTRIX oder die regelmäßigen Auswertungen von RankRager, um starke Veränderungen in den Suchergebnissen nachzuverfolgen. Man wird also von dem Rollout eines Updates im Gegensatz zu vor einigen Jahren zumindest nicht mehr völlig überrumpelt und kann sich entsprechende Ressourcen für die Analyse und Nachbereitung eines Updates einplanen – mehr dazu weiter unten. Zudem muss auch nicht befürchtet werden, dass das Rad technisch neu erfunden wird bzw. neue technische Anforderungen Website-Betreiber über Nacht vor unlösbare Herausforderungen stellen. Bestes Beispiel ist die vermutlich letzte große Neuerung im technischen Bereich: die Erhebung der Core Web Vitals zum offiziellen Rankingfaktor. Ein halbes Jahr im Voraus gab es diesbezüglich eine detaillierte Ankündigung. Genug Zeit, um seine eigenen Projekte – für die die Ladezeit bzw. Seitenleistung ja auch schon zuvor Priorität gehabt haben sollte – zu überprüfen und ggf. zu optimieren. Anders als im technischen Bereich ist die Situation in Bezug auf Content. Mit dem sogenannten Helpful Content Update im August 2022 gab es doch einen gewisses Überraschungsmoment. Und einen neuen offiziellen Ranking-Faktor mit Content-Bezug.

„Wir müssen nicht mehr befürchten, dass wir über Nacht vor unlösbare Herausforderungen gestellt werden.“

Rückblick und Ausblick: Das Helpful Content Update (HCU)

HCU – diese drei Buchstaben haben im Sommer 2022 zumindest kurzfristig für Angst und Schrecken gesorgt. Langfristig haben sie bzw. hat das nach ihnen benannte Update jedoch für einen spannenden Diskurs gesorgt, der keinesfalls als negativ zu bewerten ist. Am 18. August hat Google das Helpful Content Update auf Twitter angekündigt. Illustriert mit einem Bild des fröhlich lachenden Google Bots, der von einem kleinen Crawler eine Blume überreicht bekommt. Dazu zwei Herzchen. Der zugehörige Alt-Text des Bildes: „Googlebot and Crawley the spider, enjoying finding helpful content on the web.“ Die damit verbundene Ankündigung hingegen war weniger blumig formuliert: Man plane, das Helpful Content Update auszurollen, um sicherzustellen, dass die User mehr originäre und hilfreiche Inhalte sehen, die von Menschen für Menschen erstellt wurden. Im Gegensatz zu Inhalten, die ausschließlich erstellt wurden, um Traffic über Suchmaschinen zu erstellen. Dies wurde nicht nur als klare Ansage 

gewertet, gegen automatisiert erstellte Inhalte vorzugehen bzw. diese schlechter zu ranken, sondern führte zu einer Reihe von ängstlichen Fragen und Hypothesen: Werden Kategorie- und Produktseiten in Shops massiv an Sichtbarkeit verlieren, wenn sie keine Produktrezensionen oder Erfahrungsberichte beinhalten? Was passiert mit News-Websites, die einen großen Anteil an Agenturmeldungen veröffentlichen? Hat die „klassische“ Suchmaschinenoptimierung ausgedient? Die wichtigste Frage jedoch: Wie definiert Google den Begriff „hilfreich“'? Positiv gewertet wird, wenn es bereits eine Zielgruppe für das Unternehmen oder die Website gibt, die die Inhalte interessant finden würde. Außerdem ist ein erkennbarer Hauptzweck oder Schwerpunkt der Website ein positives Bewertungskriterium. Zusätzlich hält Google folgende Faktoren für hilfreich:

Abbildung  Ankündigung des Helpful Content Updates auf Twitter

Abbildung 1: Google kündigt wichtige Updates an

 

  • Inhalte, die klar als fundiertes Wissen aus erster Hand erkennbar sind
  • Zufriedenheit der Leserinnen und Leser
  • Einhaltung der Best Practices von Google

Eine Besonderheit des HCU, die nicht unerwähnt bleiben soll: Neben der offiziellen Ankündigung des Updates über Twitter hat das PR-Team von Google anscheinend ausgewählte SEOs vorab über die geplante Maßnahme informiert. Und das hat die Spekulationen und Mutmaßungen über die Folgen des Updates natürlich stark angekurbelt. Unnötig stark? Insgesamt gab es wohl einige Domains, bei denen es starke Veränderungen gab, aber der große Knall blieb aus. Eine These, die die amerikanische SEO-Expertin Lily Ray nach dem HCU formulierte: Besonders betroffen seien Seiten, die versuchten, sich für eine Vielzahl an Themen zu positionieren, anstatt sich auf ein Sach- bzw. Fachgebiet zu konzentrieren. Spannenderweise ist „Spitze schlägt Breite“ eine Erkenntnis, die auch schon das Google Core Update im Mai 2022 mit sich brachte. Damals zählten Spezialisten zu den Gewinnern des Updates, Generalisten zu den Verlierern. Der Vollständigkeit halber muss hinzugefügt werden, dass das Helpful Content Update, das am 9. September abgeschlossen war, zwar global ausgerollt wurde, jedoch zunächst auf englischsprachige Suchanfragen beschränkt war. Die Ausweitung auf weitere Sprachen sei allerdings bereits in Planung, heißt es seitens Google. Außerdem sei die Einstufung der „Helpfulness“ keine einmalige Sache, sondern an einen langfristigen Bewertungsprozess geknüpft.

Helpfulness als Rankingfaktor

Inhalte nicht primär für Suchmaschinen, sondern für Nutzerinnen und Nutzer zu erstellen – dieser Anspruch an Websites ist nicht neu. Neu ist lediglich, dass Google diesen Anspruch in eine Notwendigkeit verwandelt und dafür einen eigenen offiziellen Ranking-Faktor ins Leben gerufen hat. „Es handelt sich weder um eine manuelle Maßnahme noch um eine Spam-Maßnahme. Stattdessen ist es einfach ein neues Signal und eines von vielen Signalen, die Google für das Ranking von Inhalten auswertet“, so die offizielle Erläuterung des Ranking-Faktors „Helpfulness“. Das Besondere am neuen Ranking-Faktor: Er wird nicht auf URL-Basis ausgewertet, sondern seitenweit. Es wird also bewertet, wie hilfreich eine Website insgesamt ist und nicht einzelne URLs. Sprich: Je mehr nicht hilfreiche Inhalte auf einer Website vorhanden sind, desto negativer ist die Einstufung. Daher die explizite Empfehlung von Google: Inhalte, die nicht hilfreich sind, von der Website entfernen. In der Praxis bedeutet das: ein Content-Audit durchführen, das Konsolidierung und Löschung von Inhalten zum Ziel hat.

„Der neue Rankingfaktor wird auf Domain- und nicht auf URL-Ebene ausgewertet.“

Googles Transparenzoffensive: Best Practices für die Suchmaschinenoptimierung

Neben transparenter Kommunikation zu Timings der Updates setzt Google auch inhaltlich verstärkt auf Transparenz. Das zeigt sich unter anderem in der steigenden Anzahl an Best-Practice-Dokumenten, die in den vergangenen Jahren zur Verfügung gestellt wurden. Von den Best Practices für Mobile-First-Indexierung über die Best Practices für Bilder, Videos, strukturierte Daten und JavaScript gibt es mittlerweile sehr viele detailliert ausformulierte Anforderungsdokumente, die SEOs und Entwicklern dabei helfen sollen, eine Website für die Google-Suche zu optimieren. Außerdem haben SEOs 2022 neben dem „Startleitfaden zur Suchmaschinenoptimierung“ ein zweites Grundlagendokument an die Hand bekommen: die „Google Search Essentials“. 20 Jahre nach der Veröffentlichung der „Webmaster Guidelines“ fasst dieses Dokument zusammen, welche Anforderungen es an webbasierte Inhalte gibt, um gute Leistungen und eine hohe Sichtbarkeit in der Google-Suche zu erzielen. Dieses Dokument beinhaltet im Wesentlichen drei Bereiche: technische Anforderungen, Spam-Richtlinien und Best Practices. Auffällig an den technischen Anforderungen: Es handelt sich lediglich um Minimalanforderungen für die Indexierung einer Website. Zusätzlich lässt sich der Optimierungsgrad einer Website mittlerweile über die Page Speed Insights von Google abfragen.

Dort gibt es nämlich ganz neu die Kategorie „SEO“. Allerdings muss man klar sagen, dass es sich an dieser Stelle ebenfalls um eine Abfrage von Minimalanforderungen technischer Natur handelt und um eine rein quantitative Bewertung. Beispiel: Abgefragt wird: „Sind Alt-Tags für Bilder vorhanden?“ Nicht bewertet wird: „Sind sinnvolle Alt-Texte für Bilder hinterlegt?“ Auch an dieser Stelle müssen Suchmaschinenoptimierer nicht befürchten, dass ihre Expertise in Zukunft nicht mehr gefragt sein könnte. Der erste Punkt unter den in den Google Search Essentials genannten Best Practices lautet übrigens: „Erstelle hilfreiche, vertrauenswürdige und nutzerorientierte Inhalte.“ Hier schließt sich der Kreis zum Helpful Content Update. Die befürchteten weitreichenden Auswirkungen des Updates sind bislang ausgeblieben, aber zumindest wurde eine wichtige Diskussion über die Qualität von Inhalten angestoßen. Eine Diskussion, die langfristig dazu führen könnte, dass redaktionelle Suchmaschinenoptimierung eine Aufwertung erfährt.

Gut vorbereitet auf zukünftige Google Updates

Die beste Vorbereitung auf die kommenden Google Updates ist eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Website – in Kombination mit kontinuierlichen und konsequenten SEO-Maßnahmen. Dazu zählt unter anderem eine Strategie zur Analyse der Auswirkungen eines Google Updates. Nach einem Update ist es vor allem wichtig, nicht verzweifelt in Aktionismus zu verfallen, sondern immer datenbasiert zu entscheiden und zu handeln. Ein dafür mögliches Vorgehen wäre, die Ranking-Veränderungen nach einem Update auf Keyword- und URL-Ebene zu dokumentieren und auszuwerten. Sind die strategisch wichtigsten Seiten und Suchanfragen betroffen oder handelt es sich um Seiten, die keinen hohen Stellenwert für das Projekt haben? Zusätzlich ist es empfehlenswert, sich in der Auswertung nicht auf Rankings und Sichtbarkeit zu fokussieren, sondern auch Traffic und Conversions zu betrachten.

„Nach einem Update ist ein datenbasiertes Vorgehen besser als hektischer Aktionismus.“

Denn auch wenn eine erhöhte Sichtbarkeit zu erhöhtem Traffic führt, kann es durchaus sein, dass bei Sichtbarkeitsverlust von Unterseiten oder Verzeichnissen, die für Conversions nicht ausschlaggebend sind, nicht zwingend ein Umsatzrückgang durch schlechtere Rankings befürchtet werden muss. Ergänzend zu der Auswertung und Dokumentation sollte ein umfassendes Audit der Website durchgeführt werden, bzw. falls Kapazitäten dafür vorhanden sind, drei separate Audits: ein Crawl zur Überprüfung der technischen Basis, ein Content-Audit und ein Link-Audit, das sowohl das interne Linkwertigkeitsprofil als auch das externe Linkprofil unter die Lupe nimmt. Die Fragestellungen dabei: Welches sind die intern am stärksten verlinkten Seiten? Geben die von extern verlinkten Seiten die Linkpower intern optimal weiter? Bevor abschließend ein Maßnahmenplan erstellt wird, bietet es sich zudem an, für die relevantesten Leistungskennzahlen einen Wettbewerbsvergleich durchzuführen.

Auf diesem Weg lässt sich herausfinden, in welchem Umfang die Wettbewerber von dem jeweiligen Update betroffen waren. Im Idealfall sind dabei sogar Muster zu erkennen, aus denen sich Erkenntnisse zur Optimierung der eigenen Website ergeben. Selbstverständlich ist es nicht nur direkt nach einem Update erforderlich, sich intensiv mit dem Optimierungsgrad einer Website zu beschäftigen. Und wer sich dafür einen Leitfaden wünscht, bekommt – erneut von Google – einen umfassenden Fragenkatalog als Hilfestellung. In den „Tipps für Website-Inhaber zu den grundlegenden Google Updates“ sind 20 Fragen enthalten, an denen sich jede Website messen lassen muss. Diese reichen von „Wird der Inhalt auch auf Mobilgeräten gut dargestellt?“ bis hin zu „Bietet der Inhalt einen deutlichen Mehrwert im Vergleich zu anderen Seiten in den Suchergebnissen?“ An diesem Dokument gab es seit 2019 keine inhaltlichen Änderungen. Die unbequeme Wahrheit: Keine Website ist perfekt und kann bei allen 20 Fragen brillieren. Es gibt immer Blind Spots, und letztendlich ist das ja auch einer der Faktoren, den Suchmaschinenoptimierer an ihrer Arbeit lieben.

„Back to the Basics.“

In vielen Fällen heißt es daher: Back to the Basics. Von der ausführlichen Beschäftigung mit den grundsätzlichen Anforderungen sowie den von Google veröffentlichten Best Practices kann jede Website profitieren. Dabei geht es nicht darum, eine Musterschüler-Attitüde an den Tag zu legen. Grüne Häkchen in allen Tools und die 1+ mit Sternchen sind kein Garant für eine erfolgreiche Strategie. Selbst bei Defiziten ist Priorisierung das A und O. Es ist okay, Defizite in Projekten zuzulassen – aber es muss zumindest das Wissen vorhanden sein, dass und wo die Defizite bestehen. Plus: das Bewusstsein, dass und warum sie nicht beseitigt werden können und welche Konsequenzen das nach sich ziehen kann.

An einer anderen Stelle ist Angst vielleicht eher angebracht

Angst ist generell ein schlechter Berater. Es ist immer besser zu agieren als zu reagieren. Besser als Angst sind Neugierde und Interesse. Es lohnt sich, die Augen offen und sich über Googles Tests in anderen Ländern auf dem Laufenden zu halten. Denn die Suchergebnisseiten verändern sich sehr stark. Allein dieses Jahr wurde eine Vielzahl an neuen Features und Formaten eingeführt. In der mobilen Suche beispielsweise wird Google den Website-Namen automatisiert oberhalb des Suchergebnisses ausspielen. Daraus ergeben sich möglicherweise neue Anforderungen an das Snippet Management, es lohnt sich, für das eigene Projekt zu beobachten, ob langfristig eine Brand-Endung im Page Title zwingend erforderlich ist. Für Google lag 2022 ein starker Fokus auf dem Bereich Online-Shopping. Das zeigt sich nicht nur in dem hohen Anteil an Product Review Updates, die es dieses Jahr gab, sondern auch in den neuen Shopping Features: Verfügbar sind Tools zur 3-D-Produktdarstellung, erweiterte Möglichkeiten zur Kaufberatung und neue (dynamische) Shopping-Filter. Letztendlich bedeuten diese Veränderungen jedoch auch, dass sich der Shopping-Prozess verstärkt auf die Suchergebnisse verlagern kann. Und das ist für Shopbetreiber kein zwingender Vorteil. Die Angst vor Zero Click Searches und die Befürchtung, dass die Google-Suchergebnisseiten in einigen Branchen weniger Traffic bringen könnten, ist bei Weitem nicht neu. Sie ist jedoch nicht unbegründet und ein guter Anlass, sich ausführlich mit der Zukunftsfähigkeit von digitalen Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen. Das wiederum führt unweigerlich zu einer Qualitätssteigerung – ganz im Sinne von Google.