Wie du mit Sprache Bilder malst und Kauflust weckst

Sarah Weitnauer
Sarah Weitnauer

Die Psychologin Sarah Weitnauer befasst sich seit über zehn Jahren mit Psychologie und Online-Marketing, war SEO-Managerin in einer Agentur und führt seit diesem Jahr ihre Agentur PSYKETING. Hier berät sie Kunden zu Synergieeffekten von Marketing und Psychologie unter Berücksichtigung von SEO.

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Kennst du das? Du liest nur einen einzigen Satz einer Produktbeschreibung – und schon packt es dich: Vor deinem inneren Auge erscheint ein Bild – greifbar, realistisch, lebendig. Und mit ihm ganz viele Gefühle. Gute, sehnsüchtige, Kauflust weckende. Hier haben Hirnversteher:innen getextet. Denn unsere Realität entsteht nicht durch bloßes Sehen. Tatsächlich sehen wir nur 10 % mit den Augen, die restlichen 90 % steuert unser Hirn aus Erfahrungen bei. Gut gewählte Worte lösen innere Bilder aus und triggern Erinnerungen und assoziierte Emotionen. Alles, was im Hirn bereits gespeichert ist, beeinflusst unsere Wahrnehmung und die damit verbundene emotionale Reaktion. Wir „lesen“ also mehr mit unserem Hirn als mit den Augen.

Was bedeutet das konkret für deine Webtexte?

Lies mal diese Produktüberschrift:

EP GC 202, HGW 2372.1
Hast du ein Bild im Kopf? Nein? Kein Wunder, aus diesem kryptischen Buchstaben- und Zahlensalat kann sich kein Hirn ein Bild machen.

Und wie sieht es damit aus? Hast du ein Bild vor deinem inneren Auge?

GFK Glasfaserverbundwerkstoff-Platte
Wenn du technisch versiert bist, entsteht schon eher ein Bild, oder? Diese imaginierten Bilder sind wichtig, denn nur durch solche Vorstellungen können wir in emotionale Resonanz mit dem Gelesenen treten.

Spüre jetzt mal in diese Überschrift hinein:

Die leichte Platte für harte Belastungen: robust, korrosionsbeständig und wetterfest
Jetzt bekommt dein Hirn Futter, Bilder zu kreieren. Vielleicht fällt dir der alte Coca-Cola-Begriff „unkaputtbar“ ein. Oder du denkst mit Grausen an Platten aus Holz, die im Kontakt mit Wasser verrotten. Vielleicht ploppen auch Erinnerungen an rostenden Stahl auf, und du denkst: Das kann mir mit dieser Platte alles nicht passieren. Ein wohltuendes Gefühl von Sicherheit breitet sich in dir aus. Ja, es ist nur eine Platte, aber jetzt spürst du etwas.

Übrigens: Manche Webtexter:innen glauben, es wirke besonders kompetent, Angebote mit vielen Fachbegriffen und in gestelzter Sprache zu beschreiben. Irrtum! So eine Sprache ist abstrakt und erzeugt deshalb keine Bildwelten im Kopf. Im schlimmsten Fall ufert es aus in bullshitbingo-taugliche Fachjargon-Phrasendrescherei. Auf so eine kognitive Belastung hat das Hirn keine Lust – alles viel zu mühsam und spaßbefreit. Also hört es auf zu lesen und klickt sich weg. Zack – dieser Webshop hat gerade Umsatz verschenkt.

Psyketing Take-aways

In diesem Sinne wäre es adäquat und im Sinne der Rezipient:innen, den Usus in­kom­pre­hen­sibeler Xenismen, kryptischer Lettersequenzen und prätentiöser Termini zu minimieren = nutze – wann immer möglich – Sprache, die Bilder im Kopf erzeugt.