Nachhaltige Websites?

Wie wir alle mehr für die Umwelt tun können

Torsten Beyer
Torsten Beyer

Torsten Beyer ist promovierter Chemiker, Wissenschaftsjournalist und Gründer des Online-Labormagazins Analytik NEWS. Seit 1998 unterstützt er Unternehmen bei der technischen Suchmaschinenoptimierung und hat sich auf die Realisierung schneller und nachhaltiger Websites spezialisiert. Als Autor zahlreicher Veröffentlichungen und Speaker auf Kongressen teilt er gerne sein Wissen.

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Überall reden wir von Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. Nur nicht bei all dem, was mit dem Internet zu tun hat. Während in vielen Sektoren inzwischen substanzielle Einsparungen erreicht wurden, steigt der Strom- und Ressourcenverbrauch des Internets unaufhörlich weiter an und wird im schlechtesten Fall irgendwann alle anderen Erfolge zunichtemachen, wenn wir nicht anfangen, gegenzusteuern. Dazu kann jeder Nutzer, jede Agentur, die Webseiten erstellt, und jedes Unternehmen einen Beitrag leisten, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Aber dafür müssen wir das Problem erst einmal verinnerlichen und Kennzahlen wie den CO2-Fußabdruck einer Webseite ermitteln lernen. Und dann ans Optimieren gehen!

„Jede eingesparte Kilowattstunde hilft!“ Diesen Satz sprach unser Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck erstmals Ende März 2022 aus, als er präventiv die Frühwarnstufe wegen drohender Engpässe in der Gasversorgung aufgrund des Ukraine-Kriegs ausrief. Seitdem wiederholt er ihn gebetsmühlenartig und sein Ministerium hat inzwischen eine Werbekampagne mit einfachen Hinweisen zum Energiesparen gestartet. Leider teilweise belächelt und von weiten Teilen der Bevölkerung immer noch ignoriert. Strom sparen ist für uns genauso ungewohnt wie Wasser sparen. Denn in unseren Breiten kommt immer Strom aus der Dose und Wasser aus dem Hahn. Noch.

Bei solchen Sparaufrufen wird der IT-Sektor aus unerfindlichen Gründen grundsätzlich ausgeklammert. Auch bei allen Statistiken, die den Stromverbrauch oder die CO2-Emissionen nach Sektoren wie Industrie, Privathaushalte, Verkehr etc. auflisten, taucht er nie als einzelner Posten auf. Warum? Weil er überall drinsteckt! Und mit geschätzt 1 Milliarde Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr ist sein Beitrag keineswegs vernachlässigbar. Denn wäre das Internet ein Land, wäre es bei den Emissionen nach den USA und China schon auf Platz 3. Es verbraucht aktuell mindestens 7 Prozent des gesamten global produzierten Stroms. Und da global immer noch weitaus weniger Strom aus regenerativen Energien als aus Öl, Kohle und Gas produziert wird, steigt der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weiter an. Pessimistische Prognosen sagen für die nächsten beiden Dekaden einen Anstieg auf 20 bis 30 Prozent des gesamten Energieverbrauchs der Welt voraus. Wenn wir alles so weitermachen wie bisher.

Daten, Daten, Daten, ...

Geschätzt 100 Zettabyte an Daten haben wir inzwischen angehäuft. Ein Zettabyte sind 1021 Byte oder 1 Milliarde Terabyte. Die Zahl als solche ist für uns kaum vorstellbar. Man schätzt, dass die gesamte Wüste Sahara aus 70 Trilliarden Sandkörnern besteht (1 Trilliarde = 1021), was die Dimension verdeutlicht. Und jeden Tag nimmt die Datenflut weiter zu, wenn wir uns nur vergegenwärtigen, was im Internet jede Minute veröffentlicht wird (Abbildung 1). Um all diese Daten dauerhaft zu speichern, rund um die Uhr für jeden Nutzer verfügbar zu halten und bei jeder Anfrage zwischen unseren Endgeräten und Hunderttausenden Rechenzentren rund um den Globus in Sekundenschnelle zu transferieren, braucht man immer mehr Strom. Das Perverse daran ist: Viele Daten liegen einfach nur irgendwo herum, ohne dass sie jemand noch bräuchte. Der IT-Experte Gerry McGovern spricht von einem Anteil von bis zu 80 Prozent bei Firmendaten. Sein Buch „World Wide Waste“ (ISBN 978-1916444621) ist ein eindrücklicher Appell, dass das Internet, so wie wir es aktuell betreiben, auf Dauer nicht existieren kann. Denn der Strom- und Ressourcenbedarf steigt so rasant an, dass alle Effizienzverbesserungen in Rechenzentren und Netzen das nicht aufhalten können. Als er sein Buch schrieb, gab es noch keine Energiekrise wie im Moment und seine Appelle wurden bisher weitgehend ignoriert, sowohl von Nutzern und Unternehmen als auch von Regierungen, die für das Setzen der richtigen Rahmenbedingungen zuständig sind.

Aktuell stehen wir erst am Anfang einer Datenlawine, wenn wir an autonomes Fahren, KI-Anwendungen, Smarthome oder das Metaverse denken. Dazu kommen noch Spam-Mails, Bot-Traffic und das Darknet, wo vieles im Illegalen und Verborgenen läuft. Und natürlich muss man auch Krypto Mining und Blockchain-Anwendungen kritisch hinterfragen.

Ein zentraler Einwand, den man immer hört: „Es bringt doch nichts, wenn ich irgendetwas ändere, weil mein Beitrag am Problem sehr klein und damit vernachlässigbar ist.“ Wenn nur einer etwas ändert, bringt es natürlich nichts. Aber wenn viele Millionen oder Milliarden Internet-Nutzer eine Kleinigkeit in ihrem Verhalten ändern, dann bringt das in Summe sehr wohl substanzielle Einsparungen im zweistelligen Bereich. „Keine Schneeflocke in der Lawine fühlt sich verantwortlich“, hat Stanislaw Jerzy Lec diese Abwehrhaltung einmal bildlich ausgedrückt. Ich frage dann immer: „Aber zur nächsten Wahl gehen Sie doch hoffentlich, auch wenn Ihre Stimme eher nicht den Ausschlag geben wird?“

Initiativen wie der Digital Cleanup Day (www.digitalcleanupday.org), ein jährlicher Aufruf zum digitalen Hausputz, können daran bisher nur wenig ändern. Denn damit spart man als Unternehmen keine Kosten und es ist natürlich mühsam, nicht mehr benötigte Daten zu löschen oder Accounts zu ermitteln, die man nicht mehr braucht.

Ein kleines Zahlenbeispiel

Das bekannte Google-Logo liegt auf der Homepage der Suchmaschine im Bildformat PNG vor und hat eine Dateigröße von 6 Kilobyte. Würde Google dieses Bild optimieren mit einem kostenfreien Tool wie Cloudinary (webspeedtest.cloudinary.com), dann hätte es nur noch 3,1 Kilobyte. Es ergäbe sich also eine Einsparung von 2,9 Kilobyte. Eigentlich so gut wie nichts! Wenn wir aber davon ausgehen, dass fast jeder der geschätzt 6 Milliarden im Internet aktiven Erdenbürger im Laufe eines Jahres die Google-Webseite besucht, dann könnten mit der optimierten Bild-Datei 17,4 Terabyte übertragenes Datenvolumen eingespart werden. Wie wir später noch sehen werden, kann man daraus eine mögliche Einsparung von 6,2 Tonnen CO2-Emissionen berechnen. Und das ohne sichtbare Änderung und ohne dass jemand auf etwas verzichten müsste. Würde man das Logo im höher komprimierten Format WebP verwenden, könnten sogar 7,3 Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden. Und der Arbeitsaufwand wäre für Google minimal.

Eine ähnliche Rechnung kann man übrigens mit dem verkleinerten Logo auf den Suchergebnisseiten machen. Hier könnte Google durch Optimierung bei jedem Ladevorgang 2,2 Kilobyte sparen. Bei geschätzt 8 Milliarden Suchanfragen pro Tag ließen sich 17,6 Terabyte Datenübertragungen pro Tag einsparen, wenn man den Browser-Cache mal außer Acht ließe.

Für die bekannten Doodles, die Logo-Variationen zu besonderen Anlässen, gilt die Einsparung übrigens pro Tag, da sie ja nur kurzzeitig online sind und daher nicht im Browser-Cache sein können. Und die netten Illustrationen, die teilweise als Video oder animierte GIF-Datei vorliegen, können durchaus mehrere Hundert Kilobyte haben. Das Einsparpotenzial beträgt dann schon mal 50 Kilobyte und mehr pro Ladevorgang, was in Summe locker 100 Tonnen CO2-Einsparung pro Tag und mehr ausmachen kann! Das soll jetzt natürlich kein Google-Bashing sein, denn die Seite an sich ist ja äußerst datensparsam und die Bilddateien sind schon extrem klein. Es soll nur mit dem Vorurteil aufräumen, dass Bildoptimierungen nichts bringen.

Wenn man überlegt, wie viele Bilder es im Internet gibt, die man mit einfachen Mitteln optimieren könnte, dann besteht ein ungeheures Einsparpotenzial. Und natürlich auch bei jedem Bild, das neu hochgeladen wird, auch wenn jeder einzelne Beitrag minimal ist. Wir reden über Millionen Tonnen CO2-Emissionen, die vermeidbar wären. Dieses Beispiel sollte jeden überzeugen. Nicht nur jede eingesparte Kilowattstunde hilft der Umwelt, sondern auch jedes optimierte Bild.

Vielleicht machen Sie mal die Probe aufs Exempel und analysieren das Einsparpotenzial mit ihrem Firmenlogo oder der größten Bilddatei auf ihrer Homepage. Das geht mit Cloudinary in einer Minute und sie können die optimierten Bilddateien direkt kostenlos herunterladen und in Ihre Seite einbauen.

Was wir tun können

Die drei zentralen Elemente jeder Nachhaltigkeitsstrategie sind Effizienz, Konsistenz und Suffizienz. Höhere Effizienz bedeutet ganz einfach, mit weniger Aufwand mehr Leistung zu erbringen. Das klassische Beispiel ist die LED-Lampe, die über 80 Prozent weniger Strom für die gleiche Lichtausbeute benötigt als die gute alte Glühbirne, die hauptsächlich Wärme produzierte. Das Gleiche gilt für moderne Flachbildschirme im Vergleich mit den guten alten Röhrenmonitoren. Oder für die Verwendung leistungsfähigerer und stromsparender Mikrochips.

Konsistenz meint in diesem Zusammenhang den Wechsel zu nachhaltiger Energie aus Wasser, Wind und Sonne. Wer privat oder als Unternehmen zu einem grünen Stromanbieter wechselt, selbst Strom auf dem Balkon oder mit einer großen Anlage auf dem Dach produziert, leistet einen Beitrag zur Reduktion fossiler Energien, deren Verbrennung die CO2-Konzentration in der Luft immer weiter ansteigen lässt. Oder Provider und Cloud-Dienstleister danach auswählt, ob sie grüne Rechenzentren nutzen und Ressourceneffizienz in ihrer Firmen-DNA tragen. Das ist alles nachhaltiger, als irgendwo CO2-Zertifikate einzukaufen und zu denken, damit alles getan zu haben, was Ihnen möglich ist. Aber das ist natürlich die bequemste Lösung!

Suffizienz bedeutet, Ressourcen und Energie zu sparen durch Änderung des persönlichen Verhaltes. Man kann sein Smartphone über Nacht ausschalten oder in den Flugmodus versetzen, das private WLAN per Zeitschaltung deaktivieren, wenn es nicht benötigt wird. Man kann auch bewusst den eigenen Datentransfer im Internet durch Offline-Zeiten oder Nichtkonsum bestimmter Inhalte und Seiten reduzieren. Oder Serien auf Streaming-Portalen zusammen anschauen statt alleine. Hier kennt die Fantasie keine Grenzen. Wenn man das Problem verinnerlicht und sein Verhalten hinterfragt, lassen sich viele einfache Möglichkeiten finden. Auch für Unternehmen. In der Realität macht das aber nur eine kleine Minderheit. Denn wo keine Kostenersparnis winkt, fehlt leider oft der Antrieb.

Warum fällt uns Verzicht so schwer?

Der Aufruf von Habeck klingt sehr abstrakt. Denn kaum jemand weiß konkret, was man mit einer Kilowattstunde Strom anfangen kann. Daher helfen hier plastische Beispiele:

Damit kann man:

  • Ein Mittagessen für vier Personen auf einem Elektroherd zubereiten
  • Eine Maschine Wäsche waschen
  • Zehn Stunden einen Desktop-PC nutzen
  • Fünfzig Stunden lang an einem Laptop arbeiten
  • Ein Smartphone drei Monate lang aufladen

Das sind natürlich alles Mittelwerte und die Zahlen betreffen nur die Nutzung. Gerade bei IT-Geräten, die technisch hoch aufwendig produziert werden, stecken bis zu 80 Prozent der benötigten Energie für den gesamten Lebenszyklus in der Herstellung. Die einfachste Sparmöglichkeit liegt hier in einer längeren Nutzungsdauer und einer Rückführung der wertvollen Rohstoffe in einen effizienten Recyclingkreislauf. Jedes Smartphone enthält ungefähr 30 Milligramm Gold, was beim aktuellen Goldpreis ungefähr 17 Euro Materialwert bedeutet. Alleine in Deutschland liegen mindestens 200 Millionen Alt-Handys ungenutzt herum, was einem Goldwert von 340 Millionen Euro entspricht.

Was hat das mit dem Internet zu tun?

Neben den schon angesprochenen Geräten, ihrer Herstellung, Nutzung und Entsorgung benötigen Hunderttausende Rechenzentren weltweit immer mehr Strom, um die immer stärker wachsenden Datenmengen dauerhaft verfügbar zu halten. Der Rest entfällt auf den Transport der Daten von und zu unseren Endgeräten. Gerade dieser Beitrag ist vielen so gar nicht bewusst, denn es ist für uns kein Kostenfaktor mehr. Wir haben heute grundsätzlich Daten-Flatrates, zumindest im Festnetz. Aber im Mobilfunk im Zuge des 5G-Ausbaus werden die Datenvolumina immer günstiger und es gibt auch hier erste Flatrate-Angebote.

Wenig-Nutzer subventionieren die Viel-Nutzer und Netzanbieter verpacken die Kosten für den Datentransfer in attraktive Wechselangebote für neue Smartphones, sodass wir die wahren Kosten dafür gar nicht wahrnehmen. Auch „bezahlen“ wir viele kostenlose Internet-Services mit unseren persönlichen Daten getreu dem Motto: „Wenn etwas kostenlos ist, dann bist Du das Produkt.“ Wenn man so will, sind das alles versteckte Kosten für das immense Datenübertragungsvolumen im Internet, die nirgendwo auftauchen. Und der Datentransfer wächst seit Jahren exponentiell, wie die Bundesnetzagentur in ihrem Jahresbericht immer wieder aufs Neue belegt (Abbildung 2 und Abbildung 3).

Es gibt verschiedene Schätzungen, die den Datentransfer im Internet mit der übertragenen Datenmenge und den daraus resultierenden schädlichen Treibhausgas-Emissionen in Beziehung setzen. Das können natürlich immer nur Mittelwerte sein, denn die Wege der Daten im Internet können ebenso wenig exakt gemessen werden wie der Stromverbrauch in einem Rechenzentrum oder am Endgerät des Verbrauchers pro Seitenaufruf. Google kann das innerhalb seines Mikrokosmos aus global verteilten Rechenzentren schon ganz gut, aber das lässt sich natürlich nicht 1:1 auf das gesamte Internet übertragen.

Was wir exakt messen können ist die übertragene Datenmenge zwischen unseren Endgeräten und den Rechenzentren, von wo wir Daten abrufen oder wo wir sie speichern. Beispielsweise in unserer FRITZ!Box zu Hause. Oder für unsere Internet-Domains und unseren Mailverkehr. Bei manchen Providern ist das eher im Konfigurationsmenü im Bereich Statistiken versteckt. Oder man wertet die Server-Logfiles für einen Monat dahingehend aus. In diesen Statistiken ist übrigens auch der komplette Crawler- und Bot-Traffic erfasst, genauso wie PDF-Dateien und Videos. Damit erhält man ein ziemlich realistisches Bild des kompletten Datenverkehrs, der sich auf einer Domain abspielt. Die neuen Pflichten zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten zwingen immer mehr Firmen dazu, sich mit diesem Thema zu befassen, denn dafür müssen CO2-Emissionen auch für alle IT-Systeme ermittelt werden. Und nur was man messen kann, kann man monitoren. Und nur dann kann man die Wirkung von Optimierungsmaßnahmen sinnvoll erfassen und bewerten. Alles andere ist Blindflug und ergibt keine Aussagen über die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Reduzierung des Datentransfers und damit des Stromverbrauchs.

Mit folgenden Zahlen kann man den eigenen Status quo abschätzen:

1 Gigabyte Datenübertragung = 0,81 Kilowattstunden Stromverbrauch = 358 Gramm CO2-Emissionen

Green Hosting senkt die CO2-Emissionen um ca. 9 Prozent und man kann dann mit 326 Gramm CO2-Emissionen pro Gigabyte Datentransfer rechnen. Eine Kilowattstunde Strom kostet übrigens aktuell ungefähr 40 Cent.

Glücklicherweise gibt es eine umfangreiche „grüne Tool-Welt“. Aber die meisten Online-Marketer und Suchmaschinenoptimierer haben sie noch nicht auf dem Radar. Viele haben sich im letzten Jahr aber sicher mit den Core Web Vitals von Google beschäftigt, die in eine ähnliche Richtung gehen. Wer hier gut abschneiden will, muss seine Datenübertragungen reduzieren und den Seitenaufbau durch Optimierung von JavaScript und Style-Sheets beschleunigen. Das macht Seiten automatisch nachhaltiger, wobei eine vollständige Optimierung noch ein paar Schritte weitergeht.

Website Carbon Calculator

Der Website Carbon Calculator (www.websitecarbon.com) ist das führende Tool zur Abschätzung der Nachhaltigkeit einer Webseite. Er hat im April 2022 ein Update der Berechnungsgrundlagen erfahren. Denn der Anteil erneuerbarer Energien am weltweiten Strommix entwickelt sich stetig weiter. Und das beeinflusst die CO2-Emissionen pro Seitenaufruf. Auf der Webseite lassen sich alle Berechnungsgrundlagen nachlesen und es gibt auch bereits ein Application Programming Interface (API). Allerdings kann es in gängigen SEO-Tools bisher noch nicht eingebunden werden. Entwickelt wurde das Tool von der britischen WordPress-Agentur Wholegrain Digital. Der Gründer, Tom Greenwood, hat übrigens auch ein sehr informatives Buch mit dem Titel „Nachhaltiges Webdesign“ (ISBN-13: 9783982364148) geschrieben. Es ist seit Kurzem auch in einer deutschen Übersetzung verfügbar und enthält auf 130 Seiten viele Optimierungstipps und Grundlagen zum Thema.

Nach Eingabe einer Domain analysiert das Tool in wenigen Sekunden den Datentransfer und schätzt die daraus resultierenden CO2-Emissionen pro Seitenaufruf ab. Zusätzlich erhält man eine Info, ob die Seite in einem mit Ökostrom betriebenen Rechenzentrum gehostet wird. Besonders wertvoll ist die Einordnung der Domain in die Liste aller bisher getesteten Seiten. Und das sind viele!

„Hurrah! This web page is cleaner than 71 % of web pages tested“, klingt schon ganz gut für www.websiteboosting.com (Abbildung 4). Aber wir wollen ja immer gerne zu den Besten gehören und fragen uns vielleicht, wie wir auf 90 Prozent kommen können. Insbesondere, wenn die Marktbegleiter da schon sind. Denn man kann mit dem Tool jede beliebige Seite kostenlos testen. Kleine Vorwarnung: 100 Prozent wie bei den Core Web Vitals sind hier nicht erreichbar, es sei denn, man schaltet seine Seite ab.

„Uh oh! This web page is dirtier than 97 % of web pages tested“, klingt ziemlich schlimm. Ist es auch, wenn 4,5 Gramm CO2 wegen riesiger Bilder und völlig fehlender Optimierung der Ladegeschwindigkeit emittiert werden (Abbildung 5). Und das bei jedem Seitenbesucher! Das ist mehr als das 16-Fache der Website-Boosting-Seite. Und auf dieser Seite geht es sogar um das Thema Nachhaltigkeit.

Besonders schlimm ist es, wenn man solche Seiten, die mit Fug und Recht als digitaler SUV bezeichnet werden können, stolz als Relaunch präsentiert und darin eine Menge Geld investiert hat. Ich habe das einmal in LinkedIn bei einem Kunden mit den Worten „Sieht ja nett aus, aber Nachhaltigkeit hat bei diesem Relaunch offenbar keine Rolle gespielt“ kommentiert. Der Kommentar wurde gelöscht und die Firma redet seitdem kein Wort mehr mit mir. Aber gut. Nur wenn jemand den Finger in die Wunde legt und auf solche Fehlentwicklungen hinweist, kann sich vielleicht zukünftig etwas ändern. Denn als Nutzer hat man ja keine Wahl. Wer eine solche Seite besucht, muss teilweise 25 Megabyte Datenübertragung und mehr hinnehmen. Und ahnt wahrscheinlich gar nichts davon, auch wenn lange Ladezeiten in der Regel auf große Datenmengen hindeuten. Denn an einem langsamen Server liegt es in den seltensten Fällen. Das Laden von Bildern, Fonts, Skripten lässt sich nicht verhindern bzw. die Seite sähe dann ziemlich zerrupft und dysfunktional aus. Die Möglichkeit, auf einen anderen Anbieter auszuweichen, ist nur selten gegeben.

Kürzlich feierte Tim Berners Lee, einer der unbekanntesten Internet-Pioniere, seinen 65. Geburtstag. Er schrieb den ersten Browser und die notwendigen Protokolle und legte damit die Grundlage für das World Wide Web, so wie wir es heute kennen. Die erste Webseite ever (info.cern.ch/hypertext/WWW/TheProject.html) ist übrigens nach wie vor online. Es lässt sich kaum eine Seite finden, die bessere Werte mit dem Website Carbon Calculator erzielt. Es ist eine einfache HTML-Datei, ohne externe Skript-Dateien (CSS, JS) oder Font-Dateien. Und auch Cookies waren 1993 noch nicht erfunden. Ebenso fehlen noch Bilder und Videos. Sie hat sagenhafte 3.364 Byte und generiert keine messbaren CO2-Emissionen. Nur Green Hosting fehlt noch zur Perfektion.

Natürlich will niemand zurück in ein rein textbasiertes Web, aber es gibt einen Mittelweg zwischen beiden Extremen, der durchaus ansehnliche Webseiten hervorbringen kann. Solche Seiten sind schnell, optisch ansprechend und befreit von allem überflüssigen Datenballast. Dafür muss man nach geeigneten Content-Management-Systemen mit schlanken Templates und fachkundigen Agenturen ausschauen, die sich auf nachhaltige Seiten spezialisiert haben und Bildmaterial entsprechend optimieren.

Der Website Carbon Calculator ist eher ein Geschäftsführer-Tool, das eine einfache Einordnung und einen Vergleich verschiedener Seiten erlaubt. Mit ihm lässt sich auch nur die Startseite einer Domain untersuchen. Wobei viele Probleme natürlich Template-basiert sind und auf allen Unterseiten gleichermaßen auftreten werden. Daher ist das nicht unbedingt ein Nachteil.

Green Hosting

Ein genauerer Blick auf das Thema Green Hosting lässt sich übrigens auf der Webseite der Green Web Foundation erhalten. Über den „Green Web Checker“ (www.thegreenwebfoundation.org/green-web-check) erhält man zuverlässige Angaben über den Provider und ob er Ökostrom einsetzt (Abbildung 6). Auch findet man dort ein globales Verzeichnis mit Alternativen, wobei ein Providerwechsel für die meisten Unternehmen nur im Rahmen des nächsten Relaunchs vorstellbar ist, wenn überhaupt. Eine WordPress-Seite umzuziehen ist dagegen relativ trivial, wenn man beim neuen Provider die gleiche Version vorfindet und die technischen Rahmenbedingungen des Hosting-Pakets ähnlich zum aktuell verwendeten sind.

Ich habe schon oft erstaunte Gesichter gesehen, wenn ich den Link vorstelle. Denn es ist oft Zufall, wenn sich dann herausstellt, dass jemand einen grünen Provider hat. Es war bisher einfach kein Thema bei der Wahl des Hosters. Denn auch hier zahlen wir für unser Paket oder unseren eigenen Server in der Regel eine fixe Monatspauschale, die bei Green Hosting kaum höher sein wird als bei einem Hoster, der auf konventionellen Strom setzt. Wie weiter oben beschrieben spart Green Hosting nur 9 Prozent der CO2-Emissionen ein, denn das Netz und das Endgerät des Betrachters machen den Löwenanteil aus. Es hat daher eher einen symbolischen Wert und sollte als Teil eines Gesamtkonzeptes gesehen werden. Denn weitaus wichtiger sind die Stromeffizienz und die Latenz des Servers. Und natürlich, woher genau der Strom kommt bzw. welche Ausgleichszahlungen geleistet werden. Echte grüne Provider, die ihren Ökostrom selbst produzieren, sind eher die Ausnahme. Ein Beispiel ist der Anbieter Petricore, der sein Rechenzentrum in Island betreibt.

Digitalbeacon

Wer sich eine genauere Aufschlüsselung wünscht, woher die einzelnen Beiträge am Datentransfer kommen, der sollte seine Domain mit dem Digitalbeacon (www.digitalbeacon.co) kostenlos analysieren lassen. Erstellt wurde dieses Tool von einem abtrünnigen Mitarbeiter von Wholegrain Digital. Die CO2-Werte beruhen auf anderen Berechnungsgrundlagen als die der aktuellen Version des Website Carbon Calculators, aber das kann uns egal sein. Denn primär wollen wir ja sehen, wie sich die verschiedenen Beiträge auf die einzelnen Dateitypen verteilen, um Optimierungspotenziale zu finden (Abbildung 7). Das Tool hat zudem den Vorteil, dass es für jede Unterseite einer Domain eingesetzt werden kann und den Datentransfer genauer aufschlüsselt (Document, Script, Image, Stylesheet, Third Party, Other).

„Document“ ist der reine HTML-Code, den man sich auch über die rechte Maustaste des Browsers auf den Monitor holen kann („Seitenquelltext anschauen“). Dort eingebundener JavaScript- und CSS-Code oder integrierte Vektorbilder werden nicht mehr separat ausgewiesen, sondern nur hier. „Script“ ist das Datenvolumen aller externen JavaScript-Dateien (erkennbar an der Dateiendung .js). „Image“ fasst alle Bilddateien zusammen, „Fonts“ sind alle Schriftdateien. Schön ist auch, dass die Zahlenangaben direkt ein Gefühl vermitteln, wo man bei einer Optimierung ansetzen sollte. 80 Bilder, 25 JavaScript-Dateien, 5 externe Schriftdateien und 20 Third-Party-Dateien sind keine Seltenheit. Aber muss das alles sein? Denn all das kostet Datenvolumen und macht eine Seite weniger nachhaltig. Eine genaue Aufschlüsselung der externen Inhalte, die eingebunden werden, liefert Digitalbeacon nicht. Man erhält nur die Summe des gesamten Datentransfers dafür.

Are my third parties green?

Cookies und externe Assets sind nicht erst seit der Datenschutzgrundverordnung in der Kritik und bei immer mehr Anwendern unbeliebt. Auch zu deren Analyse gibt es ein weiteres kostenloses Tool von Fershad Irani mit dem schönen selbsterklärenden Namen „Are my third parties green?“. Wer seine Domain hier eintippt, bekommt eine Liste aller externen Inhalte und erfährt auch recht zuverlässig, ob sie bei einem grünen Hoster liegen (Abbildung 8). Man erhält eine Liste, die nach den Kriterien Advertising, Analytics, Developer Utilities, Tag-Management etc. aufgeschlüsselt ist. Das Tool erkennt übrigens über 2.000 verschiedene Third-Party-Services. In jedem Fall sollte man sich die Ergebnisse ansehen und versuchen, die Zahl externer Assets zu reduzieren. Das Beispiel ist übrigens keine Seltenheit, gerade bei Nachrichtenportalen. Manchmal findet man bei einer Analyse so auch Assets, die eigentlich gar nicht mehr genutzt werden, aber bei jedem Besucher überflüssige Datenübertragungen auslösen.

Ecograder

Ecograder ist das letzte „Green Tool“, dass an dieser Stelle erwähnt werden muss. Es ist das Tool für den professionellen SEO und erinnert in der Aufmachung und mit seinen Scores zwischen 0 und 100 an die von Google bereitgestellten Tools „PageSpeed Insights“ und „web.dev“, garniert mit ein bisschen Green Hosting und Tipps zur Reduktion der übertragenen Datenmenge (Abbildung 9). Hier lassen sich Werte zwischen 90 und 100 Punkten nach einigen Optimierungen durchaus erreichen, da die Kriterien auch für technisch aufwendige Seiten nicht zu streng sind. Allerdings ist Green Hosting dafür ein Muss. Und man bekommt genau wie bei den Google-Tools detaillierte technische Optimierungstipps. Die CO2-Berechnungen basieren übrigens auf der gleichen Datenbasis wie die des Website Carbon Calculator, da beide Anbieter beim Thema nachhaltige Webseiten eng kooperieren.

Weitere SEO-Tools

Die vorgestellten „grünen Tools“ sind keinem SEO geläufig, der sich nicht schon länger dem Thema nachhaltige Webseiten verschrieben hat. Aber auch mit typischen Bordmitteln können Optimierungspotenziale für nachhaltigere Webseiten gehoben werden. Neben den schon angesprochenen Google-Tools ist das natürlich auch die Google Search Console.

Wer eine Lizenz des Screaming Frog besitzt und sich einen API-Key von Google für das PageSpeed-Modul besorgt, kann damit auch eine größere Zahl von Unterseiten einer Domain analysieren und individuelle Probleme wie nicht optimierte Bilder finden (Abbildung 10). Man sollte den Crawl aber auf die erste Verzeichnisebene oder auf die unterschiedlichen Seitentemplates beschränken. Das reicht in der Regel schon aus, um die größten Probleme aufzudecken. Bei großen Seiten dauert ein vollständiger Crawl bei eingeschalteter PageSpeed-API ewig oder es kommen wegen eines Time-out irgendwann gar keine Daten mehr an. Und ganz nebenbei ist auch übermäßiges Crawlen nicht nachhaltig, da dabei große Datenmengen übertragen werden müssen!

Auch der Tool-Anbieter Ryte bietet seinen Kunden seit ungefähr einem Jahr mit seinem „Ryte Carbon Neutral“-Programm Unterstützung bei der nachhaltigeren Gestaltung von Webseiten und hilft darüber hinaus beim Kompensieren des CO2-Fußabdrucks von Webseiten. Weitere Anbieter werden sicher folgen!

Dark Mode

Das Thema Dark Mode polarisiert die Online-Marketingwelt. Viele verteufeln ihn oder lehnen ihn grundsätzlich ab. Andere lieben ihn und stellen sogar ihr Betriebssystem auf dem Laptop oder dem Smartphone um, auch weil sie ihn als augenschonend empfinden. Eine Zwischenlösung ist die Konfiguration einzelner Anwendungen wie Microsoft Office im Dunkelmodus.

Was hat der Dark Mode mit Nachhaltigkeit zu tun, werden sich manche fragen. Die Antwort ist nicht ganz einfach, denn es hängt vom verwendeten Display ab. Einfachere und ältere Smartphones nutzen noch die LED-Technik und da bringt eine Umstellung wenig bis keine Stromersparnis. Alle neuen Smartphones der Mittel- bis Oberklasse und teurere Computer-Monitore haben heute OLED-Displays mit brillanteren Farben. Diverse Studien belegen hier eine Stromeinsparung vom niedrigen einstelligen Bereich bis zu 50 Prozent je nach eingestellter Bildschirmhelligkeit. Der Grund ist ganz einfach: Während bei der LED-Technik auch jeder schwarze Punkt durch einen Stromimpuls gesetzt wird, ist das bei OLED-Displays nicht erforderlich. Je höher der Anteil schwarzer Bildpunkte, desto geringer der Stromverbrauch. Das Thema ist übrigens nicht binär, denn die gesamte farbliche Gestaltung des Hintergrunds hat einen Einfluss. Schwarze Bildpunkte benötigen am wenigsten Strom, dann folgen rot, grün, blau und schließlich weiß. Also spart jeder nicht weiße Bildschirmhintergrund Strom auf einem Endgerät des Betrachters mit OLED-Technologie ein.

Was fangen wir damit als Gestalter von Webseiten an? Man könnte Seiten ausschließlich im Dark Mode anbieten, aber das machen bisher nur wenige. Die meisten haben – wenig überraschend – irgendetwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Oder man bietet einfach eine Umschaltmöglichkeit über einen Button an, die mit ein paar Codezeilen implementiert werden kann. Die bevorzugte Lösung ist das Auslesen der Browser- oder Betriebssystem-Einstellungen und die Implementierung eines Dark Mode über ein sogenanntes Media Query in der zentralen CSS-Datei:

@media (prefers-color-scheme: dark) {
 /* CSS Code, falls Dark Mode aktiviert */
}

So wie man es ja auch für unterschiedliche Bildschirmbreiten oder den Druckmodus macht. Google nutzt das übrigens auch (Abbildung 11 und Abbildung 12), genau wie viele Medienseiten (Abbildung 13 und Abbildung 14).

Viele Templates haben solche Optionen leider noch nicht, aber die Nachfrage wird sicher steigen. Und alles, was man tun kann, um Besucher zufriedener zu machen, sollte man zumindest in Erwägung ziehen. Schlecht ist auf jeden Fall, wenn die eigene Seite im Dark Mode nicht richtig funktioniert, weil vielleicht die Hintergrundfarbe in einem DIV-Container nicht gesetzt wurde, sondern die Default-Einstellung benutzt wird. Im Hell-Modus wird einem ein solches Problem nie auffallen. Schwarze Schrift auf schwarzem Hintergrund ist sicher auch nicht gewünscht. Man sieht den Text nur, wenn man ihn mit der Maus überstreicht. Genauso ungünstig sind dunkelblaue Links vor schwarzem Hintergrund. Das gleiche gilt übrigens für E-Mails, wenn man im Client den Dunkel-Modus aktiviert, und selbst Google ist vor unschönen Layout-Effekten bei seinen Alert-Mails nicht gefeit (Abbildung 15). Daher gilt wie immer: testen, testen, testen. Denn schlimmstenfalls kosten solche Fehler Umsatz und Kunden, auch wenn der Anteil der Dark-Mode-Nutzer wahrscheinlich noch im einstelligen oder bestenfalls im niedrigen zweistelligen Bereich liegt. Am verbreitetsten ist er bei iOS-Nutzern mit ca. 25 Prozent, weil man schon bei der Konfiguration danach gefragt wird. Bei Android ist es wahrscheinlich viel weniger verbreitet und bei Laptops und stationären Monitoren ist der Anteil noch mal deutlich geringer. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, aber sie wären auf jeden Fall interessant.

Wie sollte eine Optimierung ablaufen?

Die möglichen Potenziale lassen sich über die vorgestellten Tools ermitteln. Die Kunst ist wie bei jeder Optimierung, die einfach zu hebenden Potenziale zu erkennen. Das hängt in starkem Maß vom eingesetzten Content-Management-System ab. Denn wenn das gewählte Template eine Datenschleuder ist, dann ist das nicht nur nachteilig für die Ladegeschwindigkeit und die Core Web Vitals, sondern auch für den CO2-Fußabdruck. In solchen Fällen hilft primär die Optimierung der verwendeten Bilder, die Umwandlung in datensparsamere Formate wie WebP statt GIF oder JPG. Ans Template und ausufernden JavaScript- und CSS-Code werden sich wenige heranwagen, denn es lohnt den Aufwand kaum. Hier ist eher zu empfehlen, beim nächsten Relaunch das Thema Datensparsamkeit zu einer zentralen Anforderung zu machen und sich nach einem kompetenten Dienstleister umzuschauen, wenn der bisherige das Thema noch nicht auf dem Radar hat. Wer seine Seite selbst mit einem System wie WordPress baut, der sollte bei der Template-Auswahl auf Datensparsamkeit achten. Und nicht jeder braucht den Porsche mit 1.000 Zusatzmodulen, wenn er nur eine einfache Firmen-Webseite mit ein paar Blogbeiträgen realisieren möchte. Bei bestehenden Webseiten hilft es auch, alle nicht genutzten Zusatzmodule zu deaktivieren und nach solchen Ausschau zu halten, die dabei helfen, das Datenvolumen zu reduzieren. Für WordPress gibt es beispielsweise Module zur Umwandlung aller Bilder ins WebP-Format, die dann automatisch in allen Browsern ausgeliefert werden, die das Format unterstützen. Und das sind inzwischen fast alle, wie ein Blick in das beliebte Tool „Can I Use“ (caniuse.com) belegt.

Wichtig ist noch, zu betonen, dass eine Optimierung auf Nachhaltigkeit noch keinen Rankingvorteil bei Google bringt. Oder nur einen minimalen, weil schnellere Ladezeiten und stabilerer Seitenaufbau ja Kriterien für die Core Web Vitals sind. Auch Green Hosting oder Dark Mode haben aktuell keine Auswirkung. Aber das muss ja nicht dauerhaft so bleiben, wenn man sieht, wie wichtig Google das Thema Nachhaltigkeit ist. Und man kann auch einfach mal so etwas für die Umwelt tun, weil es sinnvoll ist. Und weil es bei Nutzern und Kunden vielleicht gut ankommt, wenn man es entsprechend kommuniziert.

Was tun mit den verbleibenden Emissionen?

Man kann eine Seite so viel optimieren, wie man will, am Ende braucht jede Webseite Strom beim Hoster und wenn wir sie an unserem Endgerät betrachten. Und das umso mehr, je mehr Besucher sie hat. Für solche Fälle gibt es eine Fülle von Anbietern, bei denen man in Klimaschutzprojekte investieren kann. Neben etablierten Platzhirschen wie Atmosfair und ClimatePartner gibt es eine Vielzahl weiterer Anbieter wie beispielsweise klimapunkt.de, die in deutsche Wälder investieren, die ja leider aufgrund des Klimawandels in einem immer bedenklicheren Zustand sind. Problematisch ist hier in vielen Fällen die Ermittlung der Kompensationszahlungen.

Bei ClimatePartner gibt man die Seitenaufrufe pro Monat in eine Maske ein und das System sagt einem dann, was man als Kompensationszahlung leisten muss, um das Siegel für ein Jahr zu erhalten (Abbildung 16). Hier schütteln nicht wenige den Kopf, denn die Zahl der Seitenaufrufe alleine hat eher wenig mit dem daraus resultierenden Datentransfer einer Domain zu tun. Ein einzelner Seitenabruf kann zwischen ein paar Hundert Kilobyte und mehr als 25 Megabyte Datentransfer verursachen. Und den will man ja möglichst genau ermitteln und dann sinnvoll kompensieren. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es sich um eine unverbindliche Selbstauskunft handelt, die offenbar nicht geprüft wird. Bei anderen Anbietern von Kompensationszahlungen sieht es übrigens nicht besser aus.

Daher bin ich immer skeptisch, wenn ich solche Siegel auf Webseiten sehe. Denn man kann hier auch einfach Kompensationszahlungen leisten, ohne vorher an einer Webseite den Datentransfer reduziert zu haben (siehe das Beispiel energy4climate.nrw in Abbildung 5). Oder bei der Angabe der Zugriffszahlen schummeln. Das böse Wort dafür lautet „Green Washing“. Man findet es aktuell in fast jeder Werbung, in der jemand seine Nachhaltigkeit herausstellen möchte. Und wir kennen solche Praktiken schon viele Jahre im realen Leben bei oft zweifelhaften Bio-Siegeln, die viele Lebensmittelverpackungen schmücken. Hier wird hoffentlich noch einiges passieren in nächster Zeit, denn seriös sind solche Praktiken nicht, offline wie online. Aber die Gerichte werden bei dem Thema gerade auf Initiative der Deutschen Umwelthilfe aktiv, denn das Wort „klimaneutral“ wird allzu oft zweckentfremdet, weil bisher nicht gesetzlich geregelt ist, was damit gemeint ist.

Seriös wäre eine Ermittlung des gesamten Datentransfers einer Domain im letzten Jahr und eine daraus berechnete Kompensationszahlung, die sich aus dem aktuell gültigen CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne ergibt. Mit den weiter oben genannten Kennzahlen kann das jeder leicht für seine Domain berechnen.

Fazit

Am Anfang stand die Frage: „Kann das Internet nachhaltiger werden?“ Die Antwort kann nur lauten: „Ja, es muss sogar nachhaltiger werden, sonst droht irgendwann der Kollaps.“ Und das kann keiner ernsthaft wollen. Die Instrumente, die wir brauchen, sind lange bekannt.

„Der Mangel an mathematischer Bildung gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen wie durch maßlose Schärfe im Zahlenrechnen“, hat der berühmte Mathematiker und Physiker Carl Friedrich Gauß vor ungefähr 200 Jahren treffend festgestellt. Übersetzt man sein Zitat sinngemäß ins 21. Jahrhundert und für die Informationsgesellschaft, dann würde es heute so klingen:

„Der Mangel an Internet-Kompetenz gibt sich durch nichts so auffallend zu erkennen wie durch das gedankenlose Verbreiten überflüssiger Daten.“

Das gilt für Footer-Bilder (Abbildung 17) genauso wie für überflüssige Mailanhänge oder nicht nachhaltige Webseiten und Newsletter. Auch wenn wir dafür Flatrates haben und vermeintlich keine Kosten entstehen: Es generiert überflüssigen Stromverbrauch und die Umwelt leidet durch Abermilliarden solcher Aktivitäten täglich, obwohl es nicht sein müsste.

In diesem Sinne: Lassen Sie uns aufräumen und nicht mehr benötigte Daten löschen oder auf Speichermedien auslagern. Verbessern wir bestehende Seiten und erstellen neue Inhalte gleich nachhaltig und datensparsam. Das spart Strom. Und CO2-Emissionen. Das wird auch Robert Habeck freuen.