Seit dem 01.10.: Gesetzliche Änderungen bei der Dokumentation von Einwilligungen in Telefonwerbung

Martin Bahr
Martin Bahr

Dr. Bahr ist Rechtsanwalt in Hamburg und auf das Recht der Neuen Medien und den gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Neben der reinen juristischen Qualifikation besitzt er ausgezeichnete Kenntnisse im Soft- und Hardware-Bereich. Unter Law-Podcasting.de betreibt er seit 2006 einen eigenen Podcast und unter Law-Vodcast.de einen Video-Vodcast.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

Seit dem 01.10.2021 gibt es eine neue Vorschrift, nämlich § 7a UWG. Diese schreibt vor, dass Unternehmen die Einwilligung für Werbeanrufe nunmehr umfassend dokumentieren und zudem fünf Jahre lang aufbewahren müssen. Diese Pflichten gelten unabhängig von den ohnehin bestehenden datenschutzrechtlichen Vorschriften. Wer dagegen verstößt, riskiert ein Bußgeld iHv. 50.000,- EUR pro Fall.

Teil 1:  Gesetzliche Anforderungen bei werblichen Telefonanrufen

Noch einmal zur Erinnerung: Wer in Deutschland Personen anruft, um für seine Waren oder Dienstleistungen zu werben, bedarf hierfür einer Einwilligung. Ist der Angerufene ein Verbraucher, muss dieser zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. Gegenüber Unternehmern reicht hingegen eine mutmaßliche Einwilligung.

Die Regelungen für das Telefonmarketing sind somit anders als bei der klassischen E-Mail-Werbung. Bei der elektronischen Post differenziert das Gesetz nämlich nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern und verlangt hingegen stets eine ausdrückliche Einwilligung.

Insofern sind die Bestimmungen bei Anrufen gegenüber Unternehmern somit weniger streng.

Die Rechtsfolgen bei Verstößen im Telefonmarketing dagegen sind deutlich rigoroser. Es handelt sich dabei nicht nur um einen Wettbewerbsverstoß mit den entsprechenden Konsequenzen (insb. Abmahnung, Unterlassungserklärung und/oder Urteil), sondern Verletzungen sind hingegen zugleich Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern bis zu 250.000,- EUR geahndet werden können.

Dabei handelt es sich nicht nur um bloße Theorie, sondern zahlreiche Veröffentlichungen der zuständigen Behörde, der Bundesnetzagentur, auf ihrer Webseite zeigen, dass regelmäßig Bußgelder in fünf- und sechsstelliger Höhe verhängt werden.

Teil 2:  Die neue Vorschrift

1. Wortlaut

In dieses Spannungsfeld tritt nun eine neue Vorschrift, die seit dem 01.10.2021 gilt: Nämlich der neue § 7a UWG. Dieser lautet:

§ 7a UWG: Einwilligung in Telefonwerbung

(1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren.
(2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis nach Absatz 1 ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren. Die werbenden Unternehmen haben der nach § 20 Absatz 3 zuständigen Verwaltungsbehörde den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen unverzüglich vorzulegen."

2. Neue Dokumentationspflicht

Für das Telefonmarketing besteht somit ab dem 1. Oktober 2021 eine neue Dokumentationspflicht. Diese Dokumentationspflicht besteht unabhängig von den bereits bestehenden Pflichten nach der DSGVO. Die neue Regelung ist eine wettbewerbsrechtliche, keine datenschutzrechtliche.

Für die Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit umfangreich nach den Vorgaben der DSGVO dokumentiert haben, dürften die praktischen Auswirkungen des neuen § 7a UWG eher gering sein. Denn beide Pflichten sind ihren wesentlichen Punkten gleich.

Für alle anderen Unternehmen hingegen, die bislang die Zügel ein wenig haben schleifen lassen, besteht spätestens jetzt akuter Handlungsbedarf.

3. Umfang der Dokumentation

Das Gesetz gibt leider keine klaren Vorgaben, wie und in welchem Umfang genau gespeichert werden muss. Vielmehr heißt es nur, dass die Einwilligung "in angemessener Form zu dokumentieren ist".

In der letzten Zeit hört man häufiger, dass damit Schriftform gemeint sei.

Dies ist falsch. Die Regelung hat explizit auf diese Vorgabe verzichtet. Es besteht also ausdrücklich nicht die gesetzliche Verpflichtung, alles schriftlich zu dokumentieren. Vielmehr hat der Gesetzgeber sich bewusst für einen offenen Tatbestand entschieden.

Im Zweifel ist dem werbetreibenden Unternehmen zu raten, alles zu speichern und aufzubewahren, was für einen Nachweis halbwegs tauglich in Frage kommt. Hier gilt der Grundsatz: Im Zweifel zu viel als zu wenig!

Wird beispielsweise ein Opt-In über eine Webseite erhoben, so muss der gesamte Inhalt und Ablauf der Webseite gespeichert werden: Der genaue Text, die Gestaltung, das Layout, die AGB, die Datenschutzerklärung – und natürlich der konkrete Wortlaut der Einwilligung. Ebenso muss festgehalten werden, auf welchem technischen Weg die Einwilligung eingeholt wurde.

Angesichts dieser umfangreichen Nachweise sollte sich aus Gründen der Rechtssicherheit jedes Unternehmen überlegen, ob es nicht doch freiwillig die Schriftform wählt.

4. Zeitdauer

Die gespeicherte Dokumentation muss 5 Jahre aufbewahrt werden. Dabei beginnt die Uhr immer wieder von vorne zu ticken, sobald die Einwilligung jeweils eingesetzt wird.

Faktisch bedeutet dies, dass die Aufbewahrungsdauer nicht nur 5 Jahre beträgt, sondern deutlich darüber hinaus. Nämlich solange, bis die Daten nicht mehr eingesetzt werden und erst ab diesem Zeitraum läuft dann die 5-Jahres-Frist.

5. Verstöße

Verstöße gegen die Dokumentationspflicht können mit einem Bußgeld von 50.000,- EUR pro Fall geahndet werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG).

Die sonstigen Bußgelder auf Basis der DSGVO und des UWG bleiben daneben bestehen.

6. Grund für die Neu-Regelung

Als Grund für die neue Regelung gibt der Gesetzgeber an, dass es bei den bisherigen Bußgeld-Verfahren häufiger vorkam, dass die betroffenen Unternehmen sich damit verteidigt hatten, dass sie die Opt-Ins nicht länger aufgehoben hatten. Dieser Einwand fällt damit zukünftig weg:

"Im Ordnungswidrigkeitenverfahren muss jedoch zunächst die Behörde den Nachweis der Tatbestandsverwirklichung erbringen, zum Beispiel durch Zeugenbefragungen. Dies gestaltet die Verfahren umfangreich und kompliziert. Die werbenden Unternehmen versuchen sich dabei zum Teil zu entlasten, indem sie behaupten, die Einwilligungserklärung habe aus Gründen des Datenschutzes nicht länger aufbewahrt werden dürfen und sei daher vernichtet worden.

Durch Einführung einer Dokumentationspflicht für die Einwilligung der Verbraucher, die einen Vorschlag des Schlussberichts aufnimmt, soll die Sanktionierung unerlaubter Telefonwerbung insgesamt effizienter gestaltet und Anreize für einen Verstoß reduziert werden. Die Pflicht zur Dokumentation wird es werbenden Unternehmen außerdem erleichtern, die Wirksamkeit der Einwilligung zu prüfen."

Teil 3: Praktische Auswirkungen

Was sind nun die praktischen Auswirkungen?

1. Der neue § 7a UWG gibt der Bundesnetzagentur eine neue Möglichkeit an die Hand, schneller und einfacher Bußgelder zu verhängen. Die Behörde muss sich nun nicht mehr auf langwierige Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten zum Thema Wirksamkeit von Werbeeinwilligungen einlassen. Vielmehr kann sie ab sofort auch bereits dann Bußgelder verhängen, wenn die Dokumentation nicht ausreichend ist.

Die neue Vorschrift gilt auch für alte Daten, d.h. Einwilligungen, die vor dem 01.10.2021 eingeholt wurden.

2. Egal, ob Sie Verkäufer oder Käufer von Adressdaten für das Telefon-Marketing sind. Die vertraglichen Vereinbarungen sind entsprechend anzupassen. Adresshändler müssen nunmehr Vorsorge treffen, dass die Nachweise ausreichend lange aufbewahrt werden, solange der Kunde die Daten nutzt (X + 5 Jahre).

Der Kunde, der Adressdaten zum Telefon-Marketing nutzt, sollte angesichts der neuen Strafen seinen Adresslieferanten noch sorgfältiger aussuchen.

3. Und zuletzt etwas Positives: Bislang war unklar, wie lange ein Unternehmen eine Einwilligung in diesen Fällen aufbewahren darf und ab wann entsprechende Löschpflichten bestehen.

Durch den neuen § 7a UWG ist diese Frage nunmehr obsolet: Wenn Sie nämlich eine wettbewerbsrechtliche Pflicht zur Dokumentation trifft, dann besteht selbstverständlich zugleich auch das datenschutzrechtliche Recht, diese Unterlagen aufzubewahren. In diesen Fällen können Sie also zukünftig immer auf § 7a UWG verweisen, wenn ein Kunde eine datenschutzrechtliche Löschung will.