101 Rechtsfehler im Online-Marketing

Martin Schirmbacher
Martin Schirmbacher

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei HÄRTING Rechtsanwälte in Berlin. Er berät Mandanten im Datenschutz und IT-Rechtsfragen. Zu seinen Mandanten zählen Großkonzerne ebenso wie kleine AdTech-Start-ups. Seit Jahren trägt auf Branchenevents vor und schreibt über Rechtsfragen im Online-Marketing.

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Im Online-Marketing kann man bekanntlich viele teure Fehler machen. Für viele Marketer besonders mysteriös sind rechtliche Mängel. In den folgenden Ausgaben wollen wir den häufigsten Fehlern auf den Grund gehen und jeweils kurz darstellen, was man alles falsch machen kann – und wie es besser geht. In der ersten Folge geht es um allgemeine Fehler auf der Unternehmenswebsite und beim Content-Marketing sowie darum, wie man sie vermeidet.

Fehlendes Impressum auf der Website

Jede geschäftsmäßige Website muss bestimmte Pflichtangaben enthalten. Diese werden üblicherweise in einem Impressum zusammengefasst. Das kann aber auch unter „Kontakt“, „Rechtliches“ oder „Anbieterkennzeichnung“ zu finden sein.

Kein Impressum bei Auftritt innerhalb eines Portals

Auch Unternehmenspräsentationen auf Internet-Plattformen müssen ein Impressum haben, wenn die Plattform – wie bei eBay oder Amazon – ein Mindestmaß an Gestaltungsfreiheit gestattet.

Fehlendes Impressum auf temporären Landingpages

Jede Landingpage, sei sie auch nur zu Testzwecken oder für einen kurzen Zeitraum verfügbar, muss einen Link zu den Pflichtangaben haben.

Falsche Konzerngesellschaft im Impressum

In das Impressum gehört die Konzerngesellschaft, die für den jeweiligen Auftritt inhaltlich verantwortlich ist. Allzu häufig wird – ohne groß nachzudenken – die Muttergesellschaft oder eine Ländergesellschaft eingetragen. Fehlt es an konkreter Einflussmöglichkeit, kann das im Einzelfall problematisch sein. Nach außen ist jedenfalls (auch) die aufgeführte Gesellschaft verantwortlich.

Schlechte Einbindung des Impressums auf mobiler Seite

Das Impressum muss auch auf mobilen Seiten und in Apps leicht zu finden sein. Es muss daher stets getestet werden, ob alle Pflichtangaben bei üblichen Browsern und Endgeräten ohne Weiteres zu finden sind.

Fehlende Angabe der Vertretungsberechtigten im Webimpressum

Vielfach sind im Impressum nicht alle Angaben aufgenommen, die das Gesetz verlangt. Besonders häufig fehlt die Angabe der Personen, die das Unternehmen nach außen vertreten dürfen, z. B. Vorstände oder Geschäftsführer. Ein beliebter Fehler ist es auch, die neuen Vorstände nicht in allen Impressen des Unternehmens zu ändern (deshalb ist es in der Regel ohnehin besser, auf ein zentrales Impressum zu verlinken).

Veraltete Angaben zur Aufsichtsbehörde

Gar nicht so selten ändern sich Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörde oder deren Kontaktangaben. Zwar sind fehlerhafte Angaben nicht in jedem Fall wettbewerbswidrig, doch sollte man die angegebenen Informationen ab und an überprüfen.

Steuernummer anstelle der USt-ID

Das Gesetz verlangt die Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer im Impressum geschäftsmäßiger Websites. Existiert eine solche nicht, muss stattdessen nicht die Steuernummer angegeben werden. Dann sollte man das auch nicht tun.

Verwendung eines allgemeinen Disclaimers

Taucht in Ihrem Disclaimer der Satzfetzen „Das LG Hamburg hat entschieden …“ auf, sollten Sie schnell handeln. Ein solcher Disclaimer ist nicht nur unsinnig und zeigt, dass in Ihrem Unternehmen mit rechtlichen Dingen nicht sorgfältig umgegangen wird, ein solcher Disclaimer kann sogar unmittelbar schaden. Überhaupt bringt es nichts, sich an zentraler, aber versteckter Stelle von allem zu distanzieren, was man auf der eigenen Seite tut.

Falscher Urhebervermerk

Allerorts üblich sind Urhebervermerke wie: „Alle Rechte an allen Inhalten liegen bei uns.“ Trifft das nicht zu, etwa weil auch Stockfotos verwendet werden oder User Generated Content auf der Website eingebunden wird, ist das irreführende Werbung und auch eine Anmaßung des Urheberrechts. Ob ein Urheberrecht besteht, hängt von der Schöpfungshöhe, nicht von einem allgemeinen Hinweis ab.

Fehlen einer Datenschutzerklärung

Es kommt nicht mehr so häufig vor wie noch vor ein paar Jahren: die vergessene Datenschutzerklärung. Praktisch jede kommerzielle Website braucht eine Information darüber, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden. Das Fehlen der Hinweise zum Datenschutz wird von vielen Gerichten als Wettbewerbsverstoß gewertet.

Datenschutzerklärung im Impressum oder unter Kontakt

Streng genommen muss die Information über die Datenverwendung vor Beginn der Verwendung erfolgen. Dies setzt mindestens voraus, dass der Nutzer die Datenschutzerklärung leicht finden kann. Finden sich die Informationen unter dem Reiter „Impressum“ oder bei „Kontakt“, genügt dies vielen Gerichten nicht.

Unzureichende Datenschutzinformation

In den Datenschutzhinweisen sollen die Nutzer:innen unter andere darüber informiert werden, welche Daten zu welchem Zweck erhoben und verarbeitet werden und wann diese regelmäßig wieder gelöscht werden. Weil praktisch alle bei Nutzung der Website anfallende Daten als personenbezogene Daten gelten, wird eine Datenschutzerklärung in der Regel sehr umfangreich sein. Praktisch jedes Tool und jedes Kontaktformular muss in der Datenschutzerklärung auftauchen. Außerdem muss jeweils eine Rechtsgrundlage nach der DSGVO angegeben sein und auch über die Rechte der Nutzer:innen (Auskunft, Löschung usw.) informiert werden. Für das Marketing bedeutet das, dass praktisch jede Einführung eines neuen Tools für die Website zur Anpassung der Informationen zum Datenschutz führen muss.

Nicht gekennzeichnete gesponsorte Artikel in Blogs

Es ist als Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot wettbewerbswidrig, Artikel in Blogs, für die eine Gegenleistung geflossen ist, nicht als Werbung zu kennzeichnen.

Außerachtlassung rechtlicher Fragen bei Website-Relaunches

Alle möglichen Abteilungen im Unternehmen sind in Relaunches eingebunden. Die Rechtsabteilung fehlt aber häufig. Dabei können leicht Fehler vermieden werden, wenn jedenfalls bei größeren Relaunches auch ein Jurist hinzugezogen wird.

Kopieren von Inhalten anderer Websites

Es scheint offensichtlich, dass es urheberrechtswidrig ist, Inhalte von fremden Websites einfach zu übernehmen. Es passiert dennoch täglich hundertfach in deutschen Unternehmen. Sorgen Sie dafür, dass in Ihrem Unternehmen eine gewisse Sensibilisierung besteht und auch der neueste Praktikant nicht auf die Idee kommt, Texte oder Fotos einfach irgendwoher zu übernehmen.

Urheberrechtswidrige Verwendung von Fotos auf der Website

Professionell erstellte Bilder werden für Offline-Zwecke angefertigt, aber auch online verwendet. Wird mit dem Fotografen nichts anderes vereinbart, berechtigt die Zurverfügungstellung von Fotos für eine Unternehmensbroschüre nicht auch zum Upload auf die Firmenwebsite. Es sollte daher immer vereinbart werden, dass auch Online-Rechte übergehen.

Verwendung von Stockfotos ohne Rücksicht auf die jeweilige Lizenz

Stockdatenbanken legen der Nutzung der verfügbaren Bilder verschiedene Lizenzen zugrunde. Es ist essenziell, sich mit den verschiedenen Lizenzmodellen zu befassen, um den Umfang der zulässigen Nutzung bestimmen zu können. Es ist empfehlenswert, genau Buch über das erworbene Bildmaterial zu führen: Wann wurde welches Bild unter welcher Lizenz für welche Konzerngesellschaft erworben?

Fehlender Copyright-Hinweis bei Stockfotos

Je nach Lizenz bedarf die Verwendung eines Fotos des Hinweises auf den Fotografen und/oder die Herkunft des Inhalts aus einer bestimmten Datenbank. Die Vorgaben zur Ausgestaltung und Platzierung des Copyright-Hinweises unterscheiden sich. Manche Lizenzen sehen auch eine Verlinkung zum Fotografen vor. Lesen Sie sich die Vorgaben durch und sorgen Sie dafür, dass diese auf Ihren Websites umgesetzt werden.

Fotos von Kundenevents werden ungefragt online gestellt

Werden Kundenevents fotografisch begleitet, dürfen die Bilder im Nachgang nicht ohne Weiteres auf die Unternehmenswebsite eingestellt werden. Ist der Abgebildete nicht nur bloßes Beiwerk, muss vorab gefragt werden, ob ein Einverständnis mit der Veröffentlichung besteht. Es empfiehlt sich, auf die Anfertigung von Fotos schon bei der Registrierung, spätestens aber bei der Begrüßung/Badge-Ausgabe hinzuweisen und eine Opt-out-Möglichkeit anzubieten. In jedem Falle sollte Augenmaß walten lassen, wer Bilder von den Afterdrinks online stellen möchte.

Stadtplanausrisse als Wegbeschreibung

Stadtpläne genießen Urheberschutz. Werden Ausschnitte einfach anderenorts heruntergeladen und auf der eigenen Website als Wegbeschreibung verwendet, muss mit kostspieligen Abmahnungen gerechnet werden. Werden dagegen Google-Maps eingebunden, sind datenschutzrechtliche Fragen zu beachten.

Links auf verbotene Inhalte

Zwar besteht grundsätzlich keine Haftung für rechtswidrige Inhalte auf einer verlinkten Seite, doch sollten Sie die Verlinkung beenden, wenn Ihnen mitgeteilt wird, dass auf der Zielseite gegen Gesetze oder Rechte Dritter verstoßen wird.

Keine unmittelbare Reaktion auf Abmahnung eines Blog-Beitrags

Wird ein Website-Betreiber wegen eines Blog-Beitrags, eines Foreninhalts oder eines Kommentars abgemahnt, muss er umgehend prüfen, ob es sich bei dem gerügten Inhalt tatsächlich um rechtswidrigen Content handelt. Nur wenn ein rechtswidriger fremder Inhalt unverzüglich gelöscht wird, kann der Betreiber der Website einer Haftung entgehen.

Werbung mit Vorabkontrolle von User Generated Content

Bietet eine Internetplattform den Nutzer:innen die Möglichkeit, eigene Inhalte (z. B. Anzeigen, Forenbeiträge, Fotos, Videos etc.) in die Plattform einzustellen, sollte nicht damit geworben werden, dass alle Beiträge vorab kontrolliert und qualitativ überwacht werden. Eine solche Aussage kann dazu führen, dass sich der Plattformbetreiber so behandeln lassen muss, als hätte er die Inhalte selbst ins Internet gestellt. Eine Haftungsprivilegierung kommt dann nicht mehr in Betracht.

Verwendung des ®-Zeichen ohne Markeneintragung

Das ®-Zeichen darf nur in Verbindung mit Worten (oder Grafiken etc.) verwendet werden, wenn es sich bei dem so gekennzeichneten Zeichen um eine eingetragene Marke handelt. Andernfalls kann das als irreführende Werbung gewertet werden.

Positive Selbstbewertung

Auch wenn es nahezuliegen scheint und die Entdeckungswahrscheinlichkeit gering ist: Die Bewertung eigener Produkte oder des eigenen Unternehmens ist in der Regel unzulässige Schleichwerbung. Die Gerichte sind zunehmend streng bei der Beurteilung von Eigenlob. Auch eine Incentivierung positiver Bewertungen eigener Mitarbeiter:innen sollte unterbleiben.

Blindes Vorgehen gegen Negativbewertungen

Auch wenn schlechte Bewertungen schlecht fürs Geschäft sind: Nicht gegen jedes unliebsame Feedback kann man vorgehen. Rechtlich unzulässig sind nur unzutreffende Tatsachenbehauptungen und sogenannte Schmähkritik, also Beleidigungen, die man sich nicht gefallen lassen muss. Die Abgrenzung ist zum Teil schwierig. Wenn nicht sicher ist, dass man ein etwaiges Gerichtsverfahren wegen einer Bewertung gewinnen würde, sollte man eher argumentativ als konfrontativ vorgehen. Und selbst wenn die Erfolgsaussichten gut sind, muss es aus PR-Sicht nicht schlau sein, sich dagegen wirklich mit rechtlichen Mitteln zu wehren.

Fehlendes Cookie-Banner

Nach Jahren von Unsicherheit steht inzwischen auch für das deutsche Recht fest, dass Websitebetreiber eine Einwilligung brauchen, wenn sie nicht notwendige Cookies setzen wollen. Solche Einwilligungen müssen eingeholt werden, bevor Cookies gesetzt werden. Dies lässt sich letztlich nur über einen Cookie-Layer realisieren. Werden Cookies gesetzt, ohne dass zuvor eine Einwilligung eingeholt wird, ist das jedenfalls ein Verstoß gegen das Telemediengesetz (nicht notwendigerweise auch gegen die DSGVO).

Cookie-Banner überlagert Pflichtinformationen

Gar nicht so selten kommt es vor, dass das eingebundene Cookie-Banner, das nur aufgrund eines Klicks verschwindet, das Impressum überlagert. Dann kann dieses nicht mehr gefunden werden – was ein Verstoß gegen die Impressumspflicht ist.

Cookies vor Einwilligung gesetzt

Werden einwilligungsbedürftige Cookies gesetzt, bevor die Einwilligung erteilt wird, ist dies ein Rechtsverstoß. Wird in einem Cookie-Banner um eine Einwilligung gebeten, dürfen Cookies erst gesetzt werden, wenn die Einwilligung erteilt wird.

Cookies sind nicht gleich Tracking

Es gibt Tracking ohne Cookies und es gibt Cookies, die nicht dem Tracking dienen. Während dies technisch klar ist, wird rechtlich allzu häufig beides in einen Topf geworfen. Aus dem Cookie-Banner muss ersichtlich sein, ob sich die einzuholende Einwilligung nur auf das Setzen von Cookies oder auch auf den Einsatz von Tracking-Tools bezieht. Es ist denkbar, das Setzen von Tracking-Cookies auf eine Einwilligung, Tracking-Maßnahmen aber auf berechtigte Interessen zu stützen. Insbesondere wenn mehrere verschiedene Tracking-Tools eingesetzt werden, kann das sinnvoll sein. In jedem Falle muss sich das in der Datenschutzinformation widerspiegeln.

Keine zwei Cookie-Banner sind gleich

Die Ausgestaltung von Cookie-Layern ist eine Wissenschaft für sich. Kaum zwei Cookie-Banner und die dort verwendeten Texte sind gleich. Es gibt auch keine richtigen und klar falschen Lösungen. Der Gestaltungsspielraum ist groß. Es lohnt sich, die eingesetzten Tools und zu setzenden Cookies einer genauen Analyse zu unterziehen und daraufhin das Cookie-Banner und die zum Einsatz kommenden Texte zu gestalten.