YouTube ist nur was für Spaßvideos? Nope!

So integrieren Sie Videokampagnen in den Kaufprozess

Alexander Beck
Alexander Beck

Alexander Beck ist Geschäftsführer und Gründer der Online-Performance-Agentur traffic3 GmbH in Wien. Der Autor des deutschsprachigen Standardwerkes 'Google AdWords' ist insbesondere spezialisiert auf Suchmaschinen-Advertising, SEO und Conversion-Optimierung. Er betreut Unternehmen im gesamten deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus hält Alexander Beck regelmäßig Schulungen und Vorträge zum Thema AdWords und Online-Marketing.

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„Welchen Fernsehsender schaust Du denn am liebsten?“ – „YouTube!“ So antworten kleine Kinder immer häufiger bei entsprechenden Umfragen. Wucht und Wirkung von YouTube wird allerdings oft gar nicht erkannt, weil in den Zetteln der Fragesteller eben nur die klassischen Sender enthalten sind. Und so herrscht bei vielen Entscheidern noch immer die Meinung vor, lineares Fernsehen sei für alle Menschen im Land das dominierende Medium. Das Gegenteil ist der Fall: Videos gewinnen immer weiter an Bedeutung und der Anteil am gesamten Internet-Traffic nimmt stetig zu. YouTube ist für die 18- bis 24-Jährigen die am häufigsten besuchte Website. Und die erste Generation an YouTube-Nutzern ist mittlerweile zwischen 29 und 35 Jahre alt. Es ist somit für alle Werbetreibenden an der Zeit, sich intensiv mit den Möglichkeiten von Videokampagnen zu beschäftigen, wie Alexander Beck für Sie im Folgenden anschaulich erklärt.

Videokampagnen sind einer der Werbekanäle, in denen es schnellen Schrittes vorangeht. So optimiert Google Anzeigenformate, bietet neue Zielgruppen für eine genauere Ausrichtung an, stellt Kennzahlen zur Erfolgsbeurteilung bereit – und entwickelt damit Lösungen für den gesamten Kaufprozess. Lesen Sie daher im Folgenden, wie Sie die Kaufphasen Bekanntheit, Kaufbereitschaft und Aktion optimal mit Videokampagnen bedienen.

Videokampagnen für Bekanntheit

Die ursächlichen Phasen im Kaufprozess, in denen YouTube seine Wirkung entfaltet, sind Bekanntheit, Aufmerksamkeit und Branding. Sicherlich werden diese Ziele noch immer am häufigsten mit den Videokampagnen verbunden.

Zielgruppen Bekanntheit

Um die Bekanntheit Ihres Unternehmens oder Ihres Angebotes zu steigern, müssen Ihre Videokampagnen diejenigen Nutzer erreichen, die passende Interessen und Eigenschaften für Ihre Werbebotschaft aufweisen. Dies können Sie insbesondere über drei Audiences gewährleisten, die Ihnen zur Ausrichtung auf die richtigen Nutzer zur Verfügung stehen.

Über „Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen“ (Affinity) sprechen Sie Nutzer auf Grundlage ihrer Gewohnheiten und Interessen an. Die Auswahl ist von Google in Kategorien und Unterkategorien vorgegeben. Sind die von Ihnen benötigten Interessen nicht dabei oder sind die Kategorien nicht granular genug, so können Sie selbst eine „benutzerdefinierte Zielgruppe mit gemeinsamen Interessen“ (Custom Affinity) schnüren. Sie erstellen diese anhand von Nutzerinteressen, URLs, Orten oder Apps.

„Detaillierte demografische Merkmale“ helfen Ihnen, die Eigenschaften und Charakteristika Ihrer Zielgruppe zu definieren. Zur Auswahl stehen Ihnen die Bereiche Elternstatus, Familienstand, Bildung und Wohneigentumsstatus. So können Sie breite Bevölkerungsgruppen wie z. B. Mieter, Studenten oder Eltern mit Kleinkindern segmentieren.

Anzeigenformate Bekanntheit

Es ist kaum verwunderlich, dass die Vielfalt an unterschiedlichen Formaten dort am größten ist, wo Videoanzeigen ihren Ursprung und ihre große Stärke haben: im Awareness-Bereich.

„In-Stream-Anzeigen“ sind die klassischen Videoanzeigen, die vor, während und nach einem anderen Video geschaltet werden können: auf YouTube, aber auch auf Websites oder in Apps von Google-Videopartnern. Es gibt zwei Formate.

Am weitesten verbreitet sind die „überspringbaren In-Stream-Anzeigen“. Deren Länge ist (innerhalb der zwölf Stunden, die YouTube-Videos maximal haben dürfen) grundsätzlich unbegrenzt, sie können jedoch bereits nach fünf Sekunden weggeklickt werden. Dies ist bei „nicht überspringbaren In-Stream-Anzeigen“ folgerichtig nicht möglich: Sie laufen bis zum Ende durch, sind allerdings auch nur 15 oder 20 Sekunden lang. Abgerechnet wird in beiden Fällen nach Cost per 1000 Impressions (CPM bzw. Tausender-Kontakt-Preis, TKP), was aktuell im Google-Ads-Konto nur über Ziel-CPM bzw. tCPM abgebildet werden kann.

Verfolgen Sie mit Ihren Videokampagnen die Ziele Markenbekanntheit und Reichweite, so sind beide Formate passend. Derart eingesetzt werden die überspringbaren Videos auch „TrueView for Reach“ genannt. Allgemein wird eine Länge von maximal 15 Sekunden empfohlen; auf keinen Fall sollten sie länger als drei Minuten sein.

„Bumper Ads“ sind Videoanzeigen, die ebenfalls vor, während und nach einem anderen Video geschaltet werden können. Sie sind bis zu maximal sechs Sekunden lang und können nicht übersprungen werden. Entsprechend werden auch sie nach Cost per 1000 Impressions abgerechnet.

Die Schaltung von „Out-Stream-Videoanzeigen“ ist für Mobilgeräte und Tablets auf mobilen Websites und in Apps möglich. Out-Stream-Anzeigen erscheinen als eingebettete Videos beispielsweise beim Lesen von Artikeln, vor Spielen oder beim Online-Shoppen. Der Nutzer kann per Klick die Videoanzeige abspielen oder weiterscrollen.

Abgerechnet werden Out-Stream-Videoanzeigen nach dem vCPM-Modell (visible oder sichtbarer CPM), bei dem Sie ein Maximalgebot für 1000 sichtbare Impressions abgeben. Als sichtbar gilt eine Auslieferung, wenn die Anzeige zu 50 Prozent für mindestens zwei Sekunden lang angezeigt wird.

Sinnbild für Sichtbarkeit und Branding ist das Anzeigenformat „Masthead“. Hier wird Ihre Anzeige in einem speziellen Format auf der YouTube-Startseite ganz oben ausgeliefert. Typischerweise buchen Sie hier tageweise ein, weswegen die Abrechnung auf Festpreisen für diese Tagesplatzierung (CPD, Cost per Day) erfolgt. Die Preise liegen, je nach Land, schnell mal im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Die Verfügbarkeit, das Handling und das Einbuchen erfolgen nicht über Ihren Ads-Account, sondern direkt über das Google-Team.

Kennzahlen Bekanntheit

Die Messbarkeit von Branding- und Awareness-Kampagnen gestaltet sich zumeist deutlich schwieriger, als Sie es etwa von Performance-Kampagnen gewohnt sind. Denn das eigentliche Ziel, die Action, liegt erst in der Zukunft; positive Einflüsse jetziger Kampagnen können nicht oder nur lückenhaft nachgewiesen werden.

Trotzdem sollten Sie auch hier vorab definieren, wann Sie die Werbebemühungen als erfolgreich bewerten und anhand welcher Kennzahlen und Wirkungen Sie dies beurteilen.

Bei Anzeigenformaten, die insbesondere nach Tausender-Kontakt-Preis abgerechnet werden, sind natürlich „Impressions“ eine Kennzahl zur Erfolgsmessung: Wie häufig wurden die Videoanzeigen ausgeliefert?

Die Gesamtzahl der Nutzer, welche Ihre Anzeigen erreichten, gibt der „Unique Reach“ an. So erzeugt ein Nutzer, der Ihre Anzeige auf seinem Smartphone und auf seinem Laptop gesehen hat, zwei Impressions – bleibt aber natürlich immer derselbe eine Nutzer. Als Unique-Reach-Messwerte stehen Ihnen als Spalten „einzelne Nutzer“ sowie „durchschnittliche Impressionen pro Nutzer (Häufigkeit)“ zur Verfügung. Beachten Sie jedoch, dass Messwerte zur Reichweite maximal über einen Zeitraum von 92 Tagen erfasst werden können.

Als positive Folge von Awareness- und Branding-Kampagnen kann zudem der Anstieg von Websiteaufrufen und auch von Suchanfragen nach dem eigenen Brand gewertet werden.

Nur über weitere Auswertungen sind Fragen zu beantworten, ob etwa die Bekanntheit Ihres Unternehmens oder die Erinnerung an Ihre Anzeige gestiegen sind. Hier können Brand-Lift-Umfragen von Google weiterhelfen. Diese sind grundsätzlich kostenlos, jedoch an einen bestimmten Media Spend der Videokampagne gebunden. Informationen gibt es über Google selbst, recht knapp unter einfach.st/yt82 oder als (schon ältere) Übersicht unter einfach.st/twg82.

Videokampagnen für Kaufbereitschaft

Der erste Schritt, um aus Interessenten neue Kunden zu machen, ist die Phase direkt vor der eigentlichen Aktion. Hier bilden sich die Interessenten ihre Meinung und sind an Botschaften und Werbebotschaften interessiert. Es gilt, ihre Kaufbereitschaft noch weiter zu steigern.

Zielgruppen Kaufbereitschaft

Sprechen Sie bei der Zielsetzung Awareness möglichst viele Nutzer an, so versuchen Sie in der Consideration-Phase, Kaufinteressierte zu erreichen – somit eine Gruppe, die zahlenmäßig zumeist deutlich geringer ist. Es bieten sich zwei Audiences an.

Die „kaufbereite Zielgruppe“ (In-Market) sagt es schon im Namen: Sie umfasst Nutzer, die sich informieren, weil sie ernsthaft an einem Kauf interessiert sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit vor einer Conversion stehen. Ähnlich wie bei den „Zielgruppen mit gemeinsamen Interessen“ können Sie anhand definierter Kategorien auswählen, für welches Produkt oder für welche Dienstleistung die Nutzer kaufbereit sein sollen.

„Lebensereignisse“ (Life Events) wie Hochzeit, Ruhestand, Hochschulabschluss, Hauskauf oder Umzug kommen eher selten und unregelmäßig vor. Sie sind wichtig und werden daher häufig von mehreren Kaufentscheidungen begleitet. Mithilfe der von Google vorgegebenen Ereignisse können Sie also gezielt Nutzer ansprechen, die genau zu diesem Zeitpunkt bereit für Ihre Werbebotschaft sind.

Anzeigenformate Kaufbereitschaft

Auch in dieser Phase können die überspringbaren In-Stream-Videoanzeigen eingesetzt werden. Die Abrechnung erfolgt nach Cost per View (CPV): Sie zahlen nur, wenn ein Nutzer das Video 30 Sekunden lang bzw. bis zum Ende ansieht oder auf den Link zur Website klickt. Einen speziellen Namen gibt es für die Phase nicht, weswegen man einfach von „TrueView In-Stream“ spricht.

Bei „TrueView for Shopping“ werden Ihre überspringbaren In-Stream-Anzeigen um bis zu sechs Shopping-Infokarten ergänzt. Diese werben für alle oder nur für ausgewählte Produkte aus Ihrem Sortiment, weswegen eine Verknüpfung zu Ihrem Merchant-Center bzw. zum dort hinterlegten Datenfeed nötig ist. Als Gebotsstrategie steht das CPV-Modell zur Verfügung.

„TrueView Discovery“ sind Kombinationen aus Thumbnails und Text. Sie erscheinen in den YouTube-Suchergebnissen, als Overlay auf den Wiedergabeseiten, neben thematisch verwandten Videos oder auf der mobilen YouTube-Startseite. Die Videolänge ist unlimitiert innerhalb der YouTube-Video-Grenze von zwölf Stunden. Kosten entstehen, wenn ein Nutzer auf das Thumbnail oder auf den Titel der Videoanzeige klickt und damit die Wiedergabe startet.

Kennzahlen Kaufbereitschaft

Als zu beobachtende Kennzahlen bieten sich bei TrueView Discovery beispielsweise die Impressions, bei TrueView In-Stream die Aufrufe (Views) an. Zudem können Sie wiederum weitergehende Fragestellungen heranziehen: Wird das Unternehmen beliebter? Steigt durch die Anzeigenschaltung die Bereitschaft der Nutzer, das Unternehmen bei einem Kauf in Erwägung zu ziehen? Oder haben die Nutzer vor, tatsächlich dort etwas zu kaufen?

Videokampagnen für Aktionen

Vielleicht fallen Ihnen Videokampagnen nicht als erster Kanal ein, wenn es um Performance und das Durchführen einer bestimmten Aktion geht. Tatsächlich zeigt sich in der Praxis immerhin, dass es Fortschritte gibt.

Zielgruppen Aktion

Eine Zielgruppe, die auch in der Action-Phase hochinteressant ist, haben Sie bereits kennengelernt: die kaufbereite Zielgruppe. Doch gibt es noch weitere Audiences.

Für „benutzerdefinierte Zielgruppen mit gemeinsamer Absicht“ (Custom Intent) legen Sie Keywords fest, die ein idealer Nutzer bei einer Suchanfrage verwenden würde. Am einfachsten werten Sie dafür Ihre Searchkampagnen aus. Sie können bis zu 500 Keywords festlegen, 50 bis 100 sind empfohlen. Je allgemeiner Ihre Keywords sind, umso größer wird die Zielgruppe. Je spezifischer die Keywords sind, desto geringer ist die Anzahl der Nutzer, denen Ihre Anzeigen ausgespielt werden – vielleicht sind sie aber auch konvertierfreudiger.

Beim „Kundenabgleich“ (Customer Match) laden Sie Kontaktdaten Ihrer Kunden im Ads-Account hoch, sodass sie Ihnen als weitere Zielgruppe zur Ausrichtung zur Verfügung stehen. Bei ausreichend großer Datenmenge können hier sehr spannende Kampagnen konzipiert werden: So können Sie etwa ehemaligen Kunden neue Produktupgrades präsentieren. Selbstverständlich sollten Sie eine entsprechende Erlaubnis Ihrer Kunden eingeholt haben.

Auch die Besucher Ihrer Website können Sie über alle Möglichkeiten, die Ihnen das „Remarketing“ anbietet, gezielt mit Videobotschaften ansprechen: beispielsweise diejenigen Besucher, die Produkte in den Warenkorb gelegt, aber noch nicht gekauft haben.

Und abschließend sei auf die „ähnlichen Zielgruppen“ (Similar Audiences) hingewiesen. Hierbei werden mithilfe von maschinellem Lernen potenzielle Kunden angesprochen, die den bereits erfassten Nutzern beim Remarketing oder beim Kundenabgleich ähnlich sind. So können Sie beispielsweise eine Zielgruppe erstellen, die Ihren bisherigen Käufern ähnelt und damit natürlich für Ihre Werbebotschaften äußerst erfolgversprechend ist.

Anzeigenformate Aktion

Wiederum bieten Ihnen die überspringbaren In-Stream-Anzeigen das passende Format: diesmal als „TrueView for Action“. Dabei können einige Features hinzugefügt werden: auffällige Schaltflächen mit einem knappen, bis zu zehn Zeichen langen Call-to-Action, Overlays mit Anzeigentiteln, Abspanne und bis zu vier Sitelinks (siehe Abbildung 05: TrueView-for-Action-Anzeige).

Durch all dies werden Nutzer zum Klick und damit zum Besuch der Website animiert und können in Folge die ersehnte Conversion tätigen. Als Gebotsstrategien stehen dann auch nur „Ziel-CPA“ und „Conversions maximieren“ zur Auswahl.

Kennzahlen Aktion

Folgerichtig sind die Kennzahlen, nach denen Sie den Erfolg einer auf Conversions ausgerichteten Videokampagne messen, dann auch „Conversions“ in Form von Sales oder Leads. Zudem kann erfasst werden, ob die Kaufabsicht der Nutzer bei Ihrem Unternehmen gestiegen ist.

Fazit

Videokampagnen bedienen mit den Phasen Kaufbereitschaft und Aktion im Kaufprozess mittlerweile auch die Schritte nach der Bekanntheit. Dafür ist es jedoch nötig, sich vorab über die tatsächlichen Ziele klar zu sein und geeignete Kennzahlen für eine Beurteilung festzulegen. Auf dieser Grundlage stehen dann spezielle Anzeigenformate und -variationen sowie zahlreiche Zielgruppen zur Verfügung, um eine erfolgversprechende Videokampagne aufsetzen zu können.