Die Trifecta-Strategie

Mit einer neuen Website in einem Jahr von 0 auf 100.000 Besucher monatlich

Saša Ebach
Saša Ebach

Saša Ebach arbeitet seit 2001 als SEO und Webentwickler und liebt es, Tools zu testen. In seinem Podcast „Content, Links und SEO“ spricht er die über die besten Beiträge, die er zu Content-Marketing, Linkaufbau und Suchmaschinenoptimierung im Netz finden kann. Reinhören lohnt sich.

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Haben sich die SEO-Strategien zum Aufbau neuer Projekte verändert? Die hier vom SEO-Experten Saša Ebach für Sie aufbereitete Case-Study von 2016 ist immer noch hochaktuell. Sie zeigt sehr deutlich, wie ein neues Projekt richtig gut durchstarten kann, wenn man alles richtig und professionell angeht.

Es gibt Hunderte von Case-Studies für erfolgreiche SEO-Projekte. Kaum eine bringt es so gut auf den Punkt wie die von Tyler Hakes – seines Zeichens Gründer der Content-Marketing-Agentur OPTIMIST (yesoptimist.com). In seinem Beitrag beschreibt Tyler, wie er und sein Team einer Website in einem Jahr zu einer beachtlichen Menge an Traffic verhalfen. Die Erkenntnisse aus dieser Case-Study sind Gold wert. Insbesondere die Einteilung der Strategie in ihre drei Komponenten macht sie interessant, weil hieraus einiges zu lernen ist. Zuerst aber ein paar Hintergrundinformationen.

Die Website: CollegeRaptor.com – ein Vergleichsportal für amerikanische Colleges. Das Start-up hatte Anfang 2015 eine frische Website ohne nennenswerte Inhalte. Selbstverständlich gab es auch noch keine externen Links. Immerhin saß das Start-up auf Investmentkapital, sodass schnell Geld in eine SEO-Strategie investiert werden konnte. Die große Frage: Wie am besten dabei vorgehen?

Die Herausforderung

Es mussten drei verschiedene Anforderungen erfüllt werden. Zum einen gab es noch keinerlei kundenrelevante Inhalte auf der Website. Die Sorte von Inhalten, die Kunden zum Kauf führt – gerne auch SEO-Inhalte oder Evergreen-Content genannt. Besonders wichtig hervorzuheben ist, dass diese Sorte von Inhalten fast ausschließlich dafür da ist, Traffic aus Suchmaschinen zu gewinnen, um aus Besuchern Kunden zu machen. Konversionsrelevanter SEO-Content ist demnach kaum oder gar nicht dazu geeignet, externe Linkgeber davon zu überzeugen, genau diese Inhalte zu verlinken.

Aus diesem Grund war es auch notwendig, einen Katalog von Linkaufbau-Inhalten zu produzieren, der eben diese externen Linkgeber besonders anspricht – sie zum Verlinken einlädt.

Darüber hinaus bewegt sich die Zielgruppe von CollegeRaptor zu einem großen Teil in den sozialen Medien – es handelt sich schließlich um zukünftige Studenten. Auch hierfür sollte eine ganze Reihe spezialisierter Social-Media-Inhalte entwickelt werden. Die Funktion dieser Sorte von Inhalten ist es, im Idealfall virale Effekte zu erzielen. Dieser Content soll sich durch Teilen immer weiter viral verbreiten.

Eine interessante Frage dabei: „Kann ein Beitrag alle drei Funktionen gleichzeitig erfüllen?“ Laut Tyler ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein einzelner Beitrag dabei hilft, ein Produkt zu verkaufen, gleichzeitig externe Links anzieht und in den sozialen Medien auch noch zum viralen Hit wird. Von dieser eher unrealistischen Fantasie sollte man sich ganz schnell verabschieden. Jeder Typ von Inhalt sollte so produziert werden, dass er seinen Zweck am besten erfüllen kann. Sollte es dann zu Erfolgen in mehr als einem der drei Bereiche kommen, dann ist das eher ein ungewollter oder ungeplanter Bonus.

Hauptaugenmerk Linkaufbau-Inhalte

Tyler legt den Fokus am Anfang der Kampagne auf die Inhalte, die andere dazu bewegen sollen, freiwillig Links zu setzen. Seine wichtigste Erkenntnis ist, dass die konversionsrelevante Hauptzielgruppe für diese Inhalte völlig irrelevant ist. Es gilt die Frage zu stellen: „Worauf verlinken reputable und reichweitenstarke Publikationen?“ Die verlinken nicht auf einfache Blogbeiträge.

Vielmehr braucht es für diese „Linkzielgruppe“ besonders attraktive Grafiken, eine Studie oder anderweitig wertvolle Ressourcen. Es reicht auch nicht, diese Inhalte lediglich zu publizieren. Sie müssen gegenüber diesen Publikationen und Portalen bekannt gemacht werden.

Outreach: mit der ersten E-Mail zum Erfolg

Diese Tätigkeit des Kontaktierens nennt sich „Outreach“. Beim Outreach geht es darum, die Seite, die man gerne verlinkt haben möchte, einem interessierten verlierenden Publikum (also der Linkzielgruppe) vorzustellen. Das Team investierte ungefähr die doppelte Zeit in diesen Outreach, als es in die Produktion der Inhalte steckte. Es findet eine Menge Recherche statt, dabei werden zahlreiche Kontaktdaten herausgesucht und danach werden viele E-Mails ausgetauscht.

Schon mit der ersten E-Mail schaffte es Tyler, einen Redakteur der Washington Post zu begeistern. Der war so von diesem ersten Linkaufbau-Content überrascht, dass er Tyler geradeheraus darum bat, ihn im Blog der Washington Post vorstellen zu dürfen.

Damit aber nicht genug. Der Beitrag wurde bei einer ganzen Reihe starker Publikationen aufgegriffen und schlussendlich sogar vor dem United States Supreme Court zitiert. Was muss das nur für ein „unfassbarer“ Content gewesen sein?

Es handelte sich um eine Karte, auf der das Logo der Alma Mater der jeweiligen Senatoren abgebildet war.

So kann der Betrachter schnell erkennen, welche Colleges potenziell einen besonders starken Einfluss ausüben bzw. können sich (ehemalige) Studenten dieser Colleges auch besonders mit dieser Karte identifizieren.

Alle Daten dieser Karte sind öffentlich zugänglich, es hatte sie bloß niemand bisher auf diese Art und Weise aufbereitet. Der Produktionsaufwand für diese Karte betrug lediglich ein paar Stunden.

Empfehlenswerte Contentformate für solche Linkaufbau-Inhalte seien laut Tyler zum Beispiel statische Infografiken, Datenvisualisierungen, interaktive Datentools oder Ressourcen, Karten, Charts, Grafiken, Rankinglisten und alle anderen Formate, die es ermöglichen, Daten aus mehreren Quellen auf verschiedenen Ebenen zu präsentieren.

Einen viralen Hit produzieren

Für ein College-Vergleichsportal liegt es natürlich auf der Hand, eine Art Rankingliste zu produzieren, aus der hervorgeht, welches College denn am besten ist. Solche Listen gab es allerdings schon zuhauf. Mit den bestehenden Anbietern zu konkurrieren, kam also nicht infrage. Deswegen ließ sich das Team wieder etwas ganz Besonderes einfallen. Sie stellten eine Liste an Colleges zusammen, die typischerweise übersehen werden. Das sind also Colleges, die ebenfalls qualitativ sehr hochwertig sind, aber nicht unter den „üblichen Verdächtigen“ auftauchen.

Mit der Liste schickte das Team daraufhin Hunderte von E-Mails und Nachrichten an Colleges, Zeitungen, Councelors (Studentenbetreuer) und andere potenzielle Multiplikatoren. Das Resultat waren 250.000 Besucher in der ersten Woche.

Der Beitrag wurde tatsächlich zu einem viralen Erfolg. Außerdem hagelte es eine Menge Links vor allem von News-Websites und den Colleges selbst.

Warum funktionierte diese Aktion so gut?

  • Hauptgrund für Tyler ist der gezielte Outreach. Besonders wichtig war Tyler, dass mindestens eine Person je College den Beitrag tatsächlich sieht.
  • Auch die Lokalnachrichten-Websites sollten unbedingt davon erfahren.
  • Es sollte klargemacht werden, dass bei so einem Ranking nicht immer wieder die üblichen Verdächtigen oben stehen müssen.
  • Außerdem gab es umfangreiche Materialien, die die potenziellen Linkgeber verwenden konnten, um den Beitrag bei sich einzubinden. Darunter eine Vorlage für eine Pressemeldung, unterstützende Grafiken und Informationen, wie die Kontakte dabei helfen können, diesen Beitrag (und damit ihr College) weiter zu verbreiten.
  • Vested Interest: Geteiltes Interesse motiviert zum Mitmachen. Viele der angeschriebenen Colleges waren es nicht gewohnt, auf nationaler Ebene verglichen zu werden. Es werden immer nur die gleichen Colleges miteinander verglichen: Harvard, Yale, Stanford etc. Sicher sahen diese auch darin eine Chance für sich selbst und spielten deswegen mit deutlich mehr Motivation diesem Projekt in die Karten.

Was hat das alles unter dem Strich gebracht?

Tyler gibt zu bedenken, dass es über acht Monate dauerte, bis sich die Sichtbarkeit bei Google verbesserte. In dieser Zeit hatte das Team ca. 150–200 Links aufgebaut und die 10.000 Besucher monatlich durchbrochen. Es dauert also einige Zeit, bis die Resultate der Trifecta-Strategie wirken.

Erst nach dem Linkaufbau und den viralen Kampagnen fokussierte sich das Team auf die Erstellung von SEO-Content. Hierbei ging es um Inhalte, die für angehende Studenten relevant sind. Beispielsweise Fragen wie: „Was ist ein guter ACT-Score?“, oder: „Welche Eigenschaften lieben Colleges an ihren Studenten?“

Diese Form der Inhalte ist konversionsorientiert. Beiträge dieser Art sollen garantiert nicht viral gehen oder gar massenweise Links anziehen. Allerdings entschied sich Tyler dazu, vermutlich aus taktischen Gründen, mit der Publikation bzw. Erweiterung dieser suchmaschinenrelevanten Inhalte von 100 auf 300 Beiträge erst später zu beginnen. Das führte dazu, dass diese frisch publizierten Inhalte direkt ranken konnten, denn die Google-Sandbox war durch die erfolgreichen Linkaufbau-Kampagnen bereits überwunden.

Zuerst SEO-Content oder Linkaufbau und Social?

Auch auf diese Frage gibt es eine klare Antwort. Es komme auf die eigene Zielsetzung an. Im Fall von CollegeRaptor wurde der SEO-Content erst später veröffentlicht. Tyler schreibt nicht genau warum, die Vermutung geht jedoch dahin, dass kommerzielle Inhalte grundsätzlich abschreckend gegenüber potenziellen Linkgebern sind bzw. auch nicht unbedingt dienlich, um den Erfolg von viralen Kampagnen zu maximieren. Es bietet sich also an, eine ganz frische Domain erst einmal mit Links und Besuchern zu versorgen, bevor daran gedacht wird, mit ihr Geld zu verdienen.

Funktioniert das heutzutage immer noch?

Auch wenn diese Case-Study von 2015 bzw. 2016 ist, so ist sie hochaktuell und die allgemeine Vorgehensweise der Trifecta-Strategie sehr zu empfehlen. Es gibt tatsächlich vergleichbare Fallstudien aus 2008 und sogar früher, in denen andere Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern sehr ähnlich vorgingen und dadurch beachtliche Erfolge erzielen konnten. Das Learning bei solchen Beispielen ist nämlich immer: Wer eine neue Domain aufbauen möchte und versucht, für diese Sichtbarkeit zu gewinnen, der braucht Links, Besucher, zum Beispiel über die sozialen Medien, und suchmaschinenoptimierte Inhalte. Der Begriff „Trifecta“ scheint daher perfekt zuzutreffen. Denn es sind immer diese drei Komponenten, die gleichzeitig oder kurz nacheinander umgesetzt werden müssen, um organische und langfristig stabile Erfolge zu erzielen. Gerade in unserer stark umkämpften Online-Welt funktioniert eine Strategie, die einen dieser Aspekte außen vorlässt, nur noch in sehr konkurrenzarmen Nischen.