Wie UX- und Service-Designer die Digitalisierung in Unternehmen vorantreiben können

Karolina Schilling
Karolina Schilling

Karolina Schilling ist Diplom-Ingenieurin für Medientechnik (FH), UX-Designerin, Persönlichkeits-Coach und ressourcenorientierte Therapeutin, die ihr Wissen im täglichen Team-Miteinander einsetzt und interdisziplinäre Teams mithilfe von Design-Thinking zur Zusammenarbeit und durchs Projekt führt.

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Die diesjährige Umfrage von Deloitte zu weltweiten Kosteneinsparungen in Unternehmen kommt zu einigen spannenden Kernaussagen. Erstens: Dieses Jahr kommen 61 % der weltweit Befragten zur Erkenntnis, dass die digitale Disruption eine externe Gefahr für Unternehmen darstellt. 2017 waren es nur 4 %! Zweitens: Unternehmen weltweit sehen ein, dass digitale Lösungen dazu beitragen, Kosten zu senken und effizienter zu arbeiten. Damit stellen sie wichtige Wettbewerbsvorteile dar und erfordern interne Umstellungen, also Veränderungen. Drittens: Die bisherige strategische Einstellung verändert sich von „Sparen, um zu wachsen” zu „Sparen, um zu verändern”. Offenbar wird die Notwendigkeit der Veränderung als so dramatisch erkannt, dass Unternehmen mehr Investitionsbereitschaft zeigen, um technologisch aufzustocken und neue Business-Modelle hervorzubringen. Das klingt nach viel Arbeit. Für das Change-Management hin zu schlanken Prozessen, agilen Teams, Ausbau von digitalen Kompetenzen sowie einer Sinngebung für die Mitarbeiter und den Umgang mit Ängsten vor Automatisierung. Für Designer mit ihren universellen Methoden zu Problemlösungen, ihrem nutzerzentrierten Ansatz, der sowohl auf Kunden als auch auf Mitarbeiter anwendbar ist, und dem Mindset von MVP und Prototyping. Ist das endlich die Zeit, in der Change-Management und Design-Thinking eng zusammenarbeiten? Können wir durch den nutzerzentrierten Ansatz aus dem Design im Change-Management zu nachhaltigeren Veränderungen kommen, die noch dazu nicht so belastend sind wie bisher empfunden? Ein Artikel mit der Aufforderung zu interdisziplinärem Denken und Handeln auf höherem Niveau.

Was bisher geschah und Design als Formung unseres Alltags

In unseren Ausgaben #44 bis #52 haben wir eine Reihe von Design-Thinking-Methoden vorgestellt und auch die Rolle sowie das Profil von UX-Designern skizziert. Doch so, wie sich die (technologiegetriebene) Welt inhaltlich und begrifflich ständig erweitert, so erweitern sich auch die Kategorien und Aufgabenbereiche von Designern. Design formt unseren Alltag. Design bildet mit Technologie eine Art Kreislauf und man könnte sogar behaupten, Design und Technologie seien zwei Seiten einer Medaille mit dem Namen „Entwicklung”.

Mode- und Produktdesigner (Kleider gibt es schon lange und Messer auch) waren vielleicht die ersten, die mit ihrem handwerklichen Geschick einem funktionalen Gegenstand auch eine Wirkung (Kleid) und Benutzbarkeit (Messer) verliehen. Sie kannten ihre Kunden und Nutzer und fertigten anfangs eigenhändig an, wohl wissend, was die Absicht des Nutzers oder Kunden mit dem Produkt war. Selbstständige schlossen sich zu Zünften zusammen, doch der ganzheitliche Entwicklungsprozess des Produkts blieb ihnen geläufig.

Komplizierter war es für ambitionierte Gebäudedesigner (Baumeister und Architekten), denn im großen Stil mussten Baumeister von Kirchen und Kathedralen ihre langwierigen Projekte sogar über Generationen herunterbrechen, delegieren und übergeben können. Sie planten etwas, dessen Ergebnis sie nie zu Gesicht bekommen würden, für das man sie nicht mehr zur Verantwortung ziehen würde und das sie selbst nicht mehr korrigieren konnten. Das setzt eine große Visionskraft voraus, ein sehr agiles Team an Projektleitern vor Ort und die Fähigkeit, Befriedigung aus dem Werden statt aus dem Fertigen zu ziehen. Können wir das heute überhaupt noch?

Design für Wirtschaftswachstum – Massenproduktion auf Ressourcenbasis 

Als wir das Kolonial- und dann Industriezeitalter betraten, ging es nicht mehr um das Design des einzelnen Produkts, sondern um den Entwurf einer Produktionsanlage und damit um den Produktionsprozess für die Masse. Anlagen- und Prozessdesign. Wie muss so eine Fabrik (oder Plantage) angelegt sein, damit dort das Produkt in vom Kunden erwarteter Qualität in Zeit X zu Kosten Y hergestellt werden kann? Auch eine Frage von Kreativität und Architektur. Jedoch dunkle Zeiten von Business-Design. Denn Firmen-Ethik und Employee Branding interessierten bei den leicht verfügbaren Ressourcen vor Ort oder verschleppten Arbeitskräften aus der Ferne nicht. Fabriken zeichneten sich dadurch aus, dass die Produktion fragmentiert, in einzelne, einfach zu wiederholende Schritte unterteilt wurde. Skalierung durch Vereinfachung. Wer Hände und Beine hatte, konnte (oder musste) arbeiten, fertig. Austauschbar und billig. Im großen Business-Stil hatte der Einzelne nicht viel Verantwortung und Ziele wurden von oben nach unten durchgeprügelt. So ließ sich auch Veränderung durchprügeln. Erst massive Streiks der Belegschaft erwirkten ein Umdenken von Ausbeute zu Absicherung und einem gewissen Schutz der Arbeitenden. Schutz ist schön und gut, aber mit Eigenverantwortung hat er wenig zu tun. Hat man als Angestellter Angst, seinen Job zu verlieren, ist man immer noch den (undurchsichtigen) Anweisungen von Chefs ausgesetzt.  

Zeit für Veränderungsmanagement

Als die Arbeit der vielen vom Körper in den Kopf wanderte – im Informationszeitalter – und mehr Kreativität verlangte als zuvor, wurde das arbeitende Individuum im Konzern geboren. Hier führten Chefs in den Wohlstand und die Mitarbeiter, noch von Kriegsverlusten geplagt, hatten gegen materiellen Zugewinn nichts einzuwenden. Das Büro war ein vom sonstigen Leben klar getrennter Ort und war man nicht im Büro, so verbrachte man Freizeit. Und dann kam die Explosion mit Mobilfunk, PCs, Internet und Clouds. Zeiten verschwinden. Tag und Nacht sind eins, Deadlines können zu jeder Zeit kommen und Bestellungen zu jeder Zeit gehen. Digital erhöht die Taktung. Pläne funktionieren nicht mehr richtig, agil muss her. Der Kreis aus Design und Technologie dreht sich schneller, es gibt 1.000 Unterdisziplinen (Grafikdesigner splitten sich zu Webdesignern, Interaktionsdesignern, Animationsdesignern, App-Designern, 3-D-Designern …) und gewohntes Arbeiten verschwindet hinter neuen Anforderungen und hinter Tools, die höhere Effizienz versprechen. Ja, wenn man sie richtig einsetzen kann.

„Change mich am Arsch” – warum kann Change so furchtbar anstrengend sein?

Der heftige Titel des Buches von Axel Koch kann ein Bild von Arbeit vermitteln, das uns persönlich oder aus dem Bekanntenkreis bekannt vorkommt: gestresste Mitarbeiter, weil eine neue Software eingeführt wird, weil der Prozess unklar ist, weil Chefs kurzsichtige Entscheidungen treffen und selbst völlig gestresst sind. Heute so, morgen so. Was stimmt nicht? Muss Veränderung so schlimm sein? Liegt es an der Veränderung oder an der Art, wie sie eingeleitet wird? Diesen Fragen wollen wir nachgehen und die Dinge etwas sortieren.

Change-Prozesse und ihre Experten

Wenn es um Change-Prozesse in Unternehmen geht, werden häufig Consultants mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund beauftragt. Oft haben sie auch eine (systemische) Coaching-Ausbildung hinter sich, in der sie Soft-Skills für die Kommunikation in belastenden Situationen erworben haben. Möglicherweise verfügen sie selbst oder jemand aus dem übrigen Beratungsteam über IT-Kenntnisse, damit neue Strukturen im Rahmen der vorangetriebenen Digitalisierung besser konzipiert werden können. Doch hierzulande kämen vermutlich die wenigsten auf die Idee, einen UX-Designer an den Tisch der Change-Experten zu setzen. Obwohl Unternehmensberatungen Design-Thinking-Methoden nutzen, um bestehende Services zu verbessern oder neue Business-Modelle zu finden, sind doch die wenigsten Berater selbst Designer. Eigentlich verrückt, denn es sind gerade UX- und Service-Designer, die sich bestehende Abläufe zwischen Kunden und Produkt ansehen, diese analysieren, visualisieren und Optimierungen erarbeiten. Mit ihrem nutzerzentrierten Mindset und den Methoden aus User-Research, Analyse, Problem-Definition, iterativem Prototyping verfügen sie über universell einsetzbare Tools und Fähigkeiten, um Abläufe bewusst abzubilden und Schwachstellen zu finden, die das Unternehmen Geld kosten. Was kostet Geld? Unklarheit des Prozesses und der Rollen, fehlende Kompetenz, menschliche Befindlichkeiten (im Team) und unterentwickelte Kommunikation.

Design-Begriffe erklärt

Kurz gesagt ist Design-Thinking ein seit Anfang der 1960er-Jahre beobachteter und mit der Zeit zu einer universell einsetzbaren Vorgehensweise entwickelter Ansatz, um Probleme zu lösen oder Innovationen hervorzubringen. Es wird davon ausgegangen, dass ein interdisziplinäres Team so immer auf die Lösung eines Problems stoßen wird. Design-Thinking entstand aus der Beobachtung und Analyse der Arbeitsweisen von Designern aus unterschiedlichen Richtungen und lässt sich auf ein Grundprinzip herunterbrechen, das von der d.school in Stanford wie folgt zusammengefasst wurde:

  • Empathize: potenzielle Kunden oder Nutzer und deren aktuelle Situation sowie Emotionen kennenlernen
  • Define: aus den persönlichen Geschichten auftretende Probleme analysieren und aus nutzerzentrierter Sicht zusammenfassen („Jedes Mal, wenn ich x mache, passiert y – das ist so belastend!”)
  • Ideate: nach ausgiebiger Szenario-Beschreibung werden wertfrei Lösungsideen gesammelt
  • Prototyp: Lösungsideen günstig und zügig prototypisieren (im Digitalen wären das beispielsweise klickbare Mockups)
  • Test: Lösungen testen sowie Probanden und deren Emotionen genau beobachten (wird es besser?)
  • Asses: Feedback integrieren und Lösung verfeinern – springe auf Schritt 1 oder 2

Mit diesem ur-menschlichen, intuitiven und iterativen Ansatz aus Beobachtung, Prototyping und Verfeinerung lässt sich so ziemlich jedes Problem auf dieser Welt behandeln, von der Entwicklung von Algorithmen bis hin zu neuen Business-Modellen. Die Kunst ist, Design-Thinking im großen Stil in Verbindung mit wirtschaftlichen Veränderungen einzusetzen und ablösende Modelle für das klassische ressourcenbasierte Wirtschaftswachstum zu finden.

Human-Centered Design und User-Centered Design bezeichnen die Lösung von Problemen, wobei der Mensch als Kunde oder Nutzer im Entwicklungsprozess involviert ist. Super zu erklären an Software: Nicht wie früher schließen sich Programmierer ein und kommen mit einer Software (z. B. MS Word) zurück ans Tageslicht, die noch nie von jemandem außerhalb des Teams getestet wurde. Sondern sie ermitteln, wie der Alltag der potenziellen Nutzer aussieht, identifizieren die Berührungspunkte (den Kontext) der Nutzer mit der Software, testen die Bedienung mithilfe von Prototyping und entwickeln möglichst nur die Features, die gebraucht werden (und nicht die, die einer aus dem Team einfach persönlich gern mal programmieren wollte – schon vorgekommen). Sieht man genauer hin, lässt sich der Design-Thinking-Ansatz erkennen.

User Experience und User-Experience-Design ist die absichtsvolle Gestaltung der Erfahrung des Nutzenden mit einer Sache oder einem Programm. Wobei die Begrifflichkeit aus der Zeit von Software kommt, sich aber mühelos auch auf Autos, Mixer oder Duschbrausen übertragen lässt. Gutes Produkt heißt gute Erfahrung. Nichts stört, stockt, kratzt.  

Service-Design ist ein nutzerzentrierter, analytischer und interdisziplinärer Ansatz, um Dienstleistungen besser zu machen. Dabei werden Abläufe innerhalb des Unternehmens betrachtet, die diese Dienstleistungen erbringen. Handelt es sich beispielsweise um einen E-Commerce-Handel, so werden sowohl die Abläufe auf dem Webshop als auch die Bestellabwicklung betrachtet, analysiert, mit Experience-Mapping dargestellt und Optimierungspotenzial gefunden, prototypisiert, getestet und letztlich integriert. Auch hier haben wir wieder den groben Ablauf des Design-Thinking als darunter liegende Methodik. Da Service-Design ursprünglich analog war und ebenfalls einen Wandel erfuhr, kann man sagen:

So wie User-Interface-Design von User-Experience-Design umfasst wird, so wird auch User-Experience-Design von Service-Design umfasst.

Business-Design: Wie am Anfang des Artikels mit Beispielen zu Designern skizziert, ist Business-Design an sich eine alte Disziplin. Da sie jedoch ebenfalls von Digitalisierung beeinflusst ist, meinen wir heute damit Digital-Business-Design und begeben uns zur spannenden Mischung aus Service-Design und Change-Management. Business-Designer sind also Menschen, die in der Lage sind, bestehende Geschäftsmodelle in digitale Geschäftsmodelle umzuwandeln oder gänzlich neue zu entwerfen. Auch sie nutzen dabei Design-Thinking als bewährte Methode, um zu Problemen verkaufbare Lösungen anzubieten. Dabei begeistern sie die Belegschaft für den neuen Weg und verhelfen dazu, Potenziale zu entwickeln. Mit Kommunikation aus dem Herzen und Workshop-Weiterbildungen ist das sehr gut machbar.

Next: Social-Business-Design. Mit der New-Work-Bewegung betreten wir einen Bereich, der nicht mehr nur zum Wohle des Unternehmens und seiner Mitarbeiter handelt, sondern auch zum Wohle der Gesellschaft. Produkte und Dienstleistungen, die nicht auf Kosten anderer erbracht werden, sondern nachhaltig, ökologisch, fair und noch dazu emotional oder individuell bereichernd sind, stellen die nächste Stufe von Unternehmertum der Menschheit dar.

Warum tun sich viele Unternehmen mit Veränderungen so schwer?

Eine Behauptung aus empirischer Beobachtung und Literaturstudie: Weil die Geschäftsführung und ihre (externen) Berater immer noch dazu neigen, Kennzahlen als Ziele zu setzen, und weil sie ernsthaft glauben, in den operativen Details mehr Kenntnis zu haben als ihre Belegschaft. Dadurch passieren mindestens zwei Dinge: Es werden Ziele als Nummern gesteckt, ohne dass Prozesse (und mögliche Optimierungen) betrachtet werden, und es werden Entscheidungen für Details getroffen, ohne dass vorher herausgefunden wurde, was diese Entscheidung beeinflussen wird. Manager, die fürchten, die Kontrolle zu verlieren, stechen aus ihrer Meta-Ebene blind in einen Zeitpunkt des Prozesses ein und ändern ihn einfach. Dieses Handeln vermittelt ihnen das Gefühl, etwas beeinflusst, gelöst und kontrolliert zu haben. Nachteilig ist: Das ist eine sehr kurzsichtige Betrachtung der Dinge.

Erstaunlich selten finden Entscheidungen aus strategischer Sichtweise unter Hinzunahme von Mitarbeitern statt.

Obwohl diese wissen, welche Bedürfnisse Kunde A und B haben und was gerade in Projekt D und F (mal wieder) schiefläuft. Vermutlich haben die Mitarbeiter selbst schon Hacks entwickelt, um Probleme zu lösen, da sie aber den Prozess nicht (gänzlich kennen und) einfach ändern dürfen, bleibt es beim Alten. Manchmal erwarten Chefs, dass Mitarbeiter doch einfach mal machen sollten. Ja, auch das ist möglich, wenn es einen Umgang mit Fehlern gibt und nicht im Nachhinein die Standpauke kommt. Niemand hat gesagt, dass Führung einfach ist. Die erste Fähigkeit von Führenden sollte darin liegen, zu erkennen, dass nicht alle führen wollen. Aus diesem Grund bleiben Mitarbeiter häufig auf gewohntem Terrain – sie bleiben eben Mit-Arbeiter.

Wer (eine Veränderung) führen will, sollte schauen, ob die anderen folgen

Es wird viel über Führung debattiert. Was hat sich verändert? Wieso verschwindet das Hierarchie-Gefüge? Gute Führung kennt das Ziel, den Weg dahin noch nicht unbedingt, aber sie weiß, dass die anderen Ideen für Wege haben. Und diese Ideen wollen heute zum Wohle der Gemeinschaft entwickelt werden. Als Hierarchien unangetastet waren, diente Führung dem Wohle des Systems – nicht unbedingt dem Einzelnen. Heute soll sie dem Team, dem Einzelnen und dem Unternehmen dienen. Ein ganz schön großer und komplexer Job, der Perspektiv-Wechsel, Empathie, Präsenz, Anerkennung, Herzenskommunikation und hohe Neuroplastizität erfordert (also eine hohe Fähigkeit, seine gewohnten Denkmuster zu vernachlässigen und neue zuzulassen – am besten nicht als Muster, sondern als Impulse). Noch dazu ein totaler Service-Job! Es geht nicht um Macht, Bewunderung oder Guru-Dasein.

Es geht darum, Potenziale anderer zu entwickeln und ebenso die eigenen.

Häufiger als geahnt ist Potenzial auch hinter Unangenehmem verborgen. Na Prost! Klingt nach Problemen! Und da ist es. Führende können in agilen Zeiten die Details nicht mehr durchsteigen und sollten daher die Rolle eines Coaches für Problemlösungen einnehmen. Huch! Problemlösung? War das nicht Design-Thinking?

(Change-)Management-Begriffe erklärt

Agilität heißt, dass eine Organisation (im weitesten Sinne ein Verbund von Menschen, ein Team, ein Unternehmen) flexibel agieren kann, indem sie proaktiv (also gestaltend) statt reaktiv (reagierend) vorausschauend handeln kann, um Veränderungen – oder eben tägliche Jobs – zu bewerkstelligen. Agil bedeutet auch, dass sie selbst lernt, Prozesse wiederkehrend verbessert (was voraussetzt, dass konstruktiv angesehen wird, was vorher nicht stimmte) und auf neue Anforderungen mithilfe von Design-Thinking Lösungen findet.

New Work, neue Arbeit: Hier steckt sehr viel drin. Zum einen der sinnvolle Umgang mit der eigenen Lebenszeit bezogen auf Arbeit. Das verändert die Erwartungen an Arbeit: Sie soll Spaß machen, einteilbar sein, Sinn haben, auf Augenhöhe stattfinden, auch nachhaltig und idealerweise zum Wohle aller sein. Durch die technologischen Möglichkeiten von Internet und Software hat der Einzelne mehr Freiheit in Bezug auf Ort und Zeit, um seine Aufgaben zu erfüllen. Daraus ergeben sich weitere Dynamiken, die (junge) Mitarbeiter zu Menschen mit Talenten aufsteigen lässt. Diese sind für das Unternehmen so wertvoll, dass sie ganz andere Verhandlungspositionen und Mitspracherecht erhalten. Das wiederum verändert das gesamte Miteinander und stellt hierarchiegewöhnte Chefs vor Rätsel. Mehr dazu auf https://newworkblog.de/

Wie nutzerzentrierte Ansätze dem Change-Management konkret mehr Leichtigkeit geben können

Change-Prozesse verlangen genau die Fähigkeiten, die UX- und Service-Designer ohnehin auszeichnen: Empathie, Analysevermögen, User-Recherche, Prozesse abbilden, Kreation von Alternativen, Visualisierung des Verborgenen und die Konzeption von schlankem Prototyping – ob es nun ein neuer Prozess oder ein neues Produkt ist, macht im Ansatz keinen Unterschied.

Am Beginn jedes Projekts sehen sich Service-Designer den aktuellen Zustand an und verstehen, wo die Baustellen sind.

Da sie mit Nutzern Interviews geführt haben, wissen sie auch, wie man mit frustrierten Mitarbeitern Gespräche führt und den Frust konstruktiv nutzt.

Widerstände werden als Schutz begriffen, nicht als Böswilligkeit. Und dann kann es schon losgehen. Wie sieht unser aktueller Prozess aus? Wie sieht der Idealprozess aus? Wo wollen wir hin? Was fehlt noch? Service-Designer wissen auch, dass ein guter Service vom ganzen Team getragen wird und dass jeder, der im Team dabei ist, eine bestimmte Kompetenz mitbringt. Da fällt es leicht, Wertschätzung zu äußern. Und im Prozess selbst gibt es Abschnitte, in denen ganz bestimmte Jobs umgesetzt werden – nicht alles passiert auf einmal. Hier können Rollen zugesprochen und übernommen, Erwartungen geklärt und abgelehnt werden. Service-Designer wissen, wie man prototypisiert, und wären in der Lage, ein Testteam aufzusetzen, das nach den neuen Anforderungen arbeiten kann. Wie löst es währenddessen seine Probleme? Wie ist die Team-Dynamik? Und immer wieder wird justiert. Kein menschliches Arbeiten läuft ohne Befindlichkeiten. Ist Raum für diese da? Kann im Team Resilienz entwickelt werden? Hier wäre die Zusammenarbeit mit einem Coach ideal, der das Team im Zwischenmenschlichen begleitet, während es seine Arbeitsweise und Tools im Prozess sauber abbildet und verbessert. Immer und immer wieder. Agil, selbstbestimmt und kreativ. Eine Wunderwelt? Ganz klares Nein. Das Geheimnis liegt einfach im interdisziplinären Denken aus Design, Coaching und Führung. Und dieses scheint immer noch zu kurz zu kommen. Also: Designer und Change-Manager dieser Welt, formt unsere neue und bessere Arbeitswelt in einem vorbildlichen Team-Work!

Literatur-Empfehlungen:

  • „Change Management – Veränderungsprozesse verstehen und aktiv gestalten”; Steffen Lobinger, Self-Publishing auf Amazon
  • „Was brauchst Du, damit du tun kannst, was Du willst? Neue Arbeit”; edition brand eins, 1. Jahrgang, Heft 2
  • „Silicon Valley – Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt”; Christoph Keese, Penguin-Verlag
  • „Dare to lead – Brave work. Tough conversations. Whole Hearts.” Brené Brown, Vermillion/Penguin
  • „New Work needs Inner Work – Ein Handbuch für Unternehmen auf dem Weg zur Selbstorganisation”; Joana Breidenbach und Bettina Rollow, Das Dach Berlin UG
  • „Digitales Dilemma – Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Effizienz und Innovation”; Bert F. Hölscher, tredition GmbH Hamburg
  • „Corporate Tribe – Modelle und Werkzeuge für Führung, Management und Organisation”; Danielle Braun, Jitske Kramer, Schäffer-Poeschel-Verlag Stuttgart
  • „Fit für die Digitalisierung – Wie Manager und Mitarbeiter den Wandel gemeinsam meistern” Harvard Business Manager, April 2019, manager magazin Verlagsgesellschaft mbH
  • „Strategie – Wie Sie Ihr Unternehmen für die Zukunft richtig aufstellen” Harvard Business Manager, Edition 1/2019, manager magazin Verlagsgesellschaft mbH
  • „Digital Innovation Playbook – Das unverzichtbare Arbeitsbuch für Gründer, Macher und Manager”; Dark Horse Innovation, Murmann Publishers