Die Zukunft von S-E-O heißt E-A-T

Saša Ebach
Saša Ebach

Saša Ebach arbeitet seit 2001 als SEO und Webentwickler und liebt es, Tools zu testen. In seinem Podcast „Content, Links und SEO“ spricht er die über die besten Beiträge, die er zu Content-Marketing, Linkaufbau und Suchmaschinenoptimierung im Netz finden kann. Reinhören lohnt sich.

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Was hat es mit E-A-T auf sich? Dieser Beitrag gibt Einblick in die Beweggründe für Googles neue Qualitätsrichtlinien. Was genau verbirgt sich hinter den Begriffen Expertise, Autorität und Trust? Und wie können Website-Betreiber und SEOs am besten darauf reagieren? Experte Saša Ebach gibt Ihnen wichtige Antworten für und Einblicke in die Zukunft der Suchmaschinenoptimierung.

Wozu brauchen moderne Suchmaschinen E-A-T? 

Suchmaschinen stehen im Kreuzfeuer von Gesellschaft, Medien und Politik. Sie fungieren als Verstärker, machen dabei gute Informationen einem breiteren Publikum zugänglich oder verbreiten schlechte oder falsche Informationen, wenn sie diesen nur aufgrund von Popularität höhere Rankings gewähren. Dadurch machen sie sich unter Umständen selbst angreifbar. Sie müssen demnach dafür sorgen, dass die Verbreitung falscher oder gefährlicher Informationen so schnell und gut wie möglich eingeschränkt wird. E-A-T ist angetreten, um genau dies zu ermöglichen.

Dabei gibt es viele Gefahrenherde:

  • Fake News spielen hierbei eine große Rolle.
  • Aber auch Extremisten, die versuchen, für ihre Botschaft ein breites Publikum zu erreichen, stellen eine große Gefahr dar.
  • Egal in welchem Land, bei der nächsten Wahl gehen alle ins Internet, um sich eine Meinung über den nächsten Lieblingskandidaten zu bilden.
  • Wer krank wird, der schaut zuerst im Internet nach, um welche Krankheit es sich handeln könnte und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Falls Falschinformationen im Internet dazu führen, dass es zu einer nationalen oder internationalen Katastrophe kommt und die Suchmaschine diese alleine durch die Verbreitung dieser Falschinformationen auch noch verschlimmert, dann könnte das das Ende für diese Suchmaschine bedeuten.

Die Teilnehmer unserer Branche sehen das, was bei Google passiert, immer durch eine SEO-Brille. Deswegen liegt die Vermutung nahe, dass große Änderungen am Algorithmus oder an der allgemeinen Funktionsweise der Suchmaschine nur etwas mit Qualitätsoptimierung zu tun hätten. Wie die oben genannten Punkte zeigen, steckt jedoch deutlich mehr dahinter. Es geht für die Suchmaschinen und auch z. B. für die sozialen Netzwerke ums blanke Überleben.

Google und auch alle anderen Suchmaschinen müssen daher Strategien entwickeln, den Wahrheitsgehalt von Informationen, aber auch die Vertrauenswürdigkeit der Informationsanbieter zu bewerten. Sie müssen aus diesen Erkenntnissen heraus Werte ableiten und diese Werte dann dazu verwenden, die Positionen von Suchergebnissen zu bestimmen. Schlechte oder gefährliche Ergebnisse müssen nach unten gedrückt werden oder ganz rausfliegen. Gute Informationen von vertrauenswürdigen Anbietern müssen weiter nach oben.

Aus all diesen Gründen arbeitet Google schon seit vielen Jahren an Qualitätsrichtlinien für die Armee von Website-Bewertern – die sogenannten Quality-Rater. Diese Qualitätsprüfer müssen ständig auf Websites gehen und nach diversen Kriterien, hauptsächlich jedoch nach E-A-T, einschätzen, wie gut diese Websites tatsächlich sind. Die Ergebnisse werden in eine Datenbank eingespeist und diese Datenbank wird dann von den Google-Ingenieuren verwendet, um den Algorithmus immer weiter zu verbessern. Die Quality-Rater haben keinen direkten Einfluss auf Rankings.

Das Richtlinien-Dokument ist über 150 Seiten stark und für jeden frei zugänglich (Google-Suche nach „Search Quality Rating Guidelines“). Wer sich den Text zu Gemüte führt, der stellt fest, dass sich all die Hinweise und Informationen auf drei Kernbegriffe reduzieren lassen. Google verwendet in der aktuellen Version der Richtlinien über 130-mal die Begriffe Expertise, Autorität und Glaubwürdigkeit (Trust oder Trustworthiness). Gute Websites haben viel Expertise, eine hohe Autorität und sind in hohem Maße glaubwürdig. Schlechte Websites sind in einem oder mehreren dieser Bereiche nicht so gut. Dabei reicht es nur, einen dieser drei Punkte nicht wirklich zu befriedigen, um in den Suchergebnisseiten an Positionen zu verlieren. Eine deutsche Übersetzung des ersten Teils der Rater Guidelines findet sich als Podcast unter content-links-seo.de/cls8.

Wer wird in Zukunft von E-A-T betroffen sein?

Nicht alle Websites sind von E-A-T betroffen. Beispielsweise ist E-A-T bei Klatsch-und-Tratsch-Websites weniger entscheidend. Wenn es jedoch um Informationen geht, die die Gesundheit unserer Haustiere betreffen könnten, dann ist E-A-T schon deutlich wichtiger. Eine Website mit Informationen zu Krebserkrankungen und Behandlungsmethoden muss damit rechnen, die volle Bandbreite an E-A-T-Anforderungen abzubekommen. Das Gleiche würde auch auf eine Website zum Thema Investieren zutreffen. Solche Websites hätten das Potenzial, einen Leser, der veröffentlichten Investitionsempfehlungen folgt, in den finanziellen Ruin zu treiben. Deswegen kategorisiert Google Websites auch nach dem Begriff „dein Geld oder dein Leben“ (Your Money or Your Life: YMYL), im weiteren Verlauf GOL-Websites (Geld-oder-Leben-Websites) genannt. Die Updates der vergangenen anderthalb Jahre betrafen hauptsächlich Websites aus dem medizinischen Bereich, aber auch einige andere Themengebiete hat es erwischt: Finanzen, E-Commerce, Dating, Reisen, Wissenschaft, Erziehung, Nachrichten, Recht, Immobilien u. a.

Im Laufe der Zeit gerieten auch weitere Themengebiete in das Visier. Ein Themengebiet, das heute noch nicht auf dem GOL-Index steht, kann morgen schon darauf rutschen. Letztendlich betrifft es jede Website, die ihren Besuchern etwas verkaufen möchte, etwas zum Kauf empfiehlt oder sonst wie beraten möchte, sodass potenziell ein Einfluss auf die Gesundheit, das seelische Wohlbefinden oder die finanzielle Situation entstehen könnte. In Zukunft werden demnach immer mehr Themen in die Kategorie „Geld oder Leben“ fallen.

Die Bedeutung von E-A-T wirklich verstehen

Damit SEOs überhaupt verstehen können, was zu tun ist, empfiehlt es sich, erst mal die drei Begriffe Expertise, Autorität und Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die Qualitätsrichtlinien von Google zu definieren. Wichtig ist, dabei stets im Hinterkopf zu behalten, dass diese drei Begriffe immer auf drei Gruppen gleichzeitig zutreffen:

  1. Auf den Inhalt selbst, also auf das, was auf einer Seite steht
  2. Auf den oder die Autoren
  3. Auf die Publikation, aber auch den Herausgeber bzw. die Website oder auch das Unternehmen oder die Organisation hinter einer Website

Bei den folgenden Aussagen über Expertise, Autorität und Glaubwürdigkeit sind immer alle drei Parteien gemeint: der Autor, die Website und die Organisation dahinter.

Das bedeutet Expertise

Expertise kann grundsätzlich nur demonstriert werden. Sie ist die Kompetenz bei der Recherche und der Vermittlung von Informationen. Selbstverständlich setzt Expertise auch voraus, dass ausreichend Wissen und vielleicht auch Erfahrungen auf dem Gebiet vorliegen. Ein Experte ist schließlich nur eine Person, von der man erwarten können sollte, dass sie sich wirklich auf dem Themengebiet auskennt und dies auch zum Beispiel durch ein Studium, einen Abschluss, einen Titel oder auch praktische Erfahrungen untermauern kann.

Nur einen Titel zu haben und etwas zu behaupten, reicht dabei keinesfalls aus. Expertise wird eben auch dadurch demonstriert, dass bei der Vermittlung von Informationen ein wissenschaftlicher Standard angelegt wird. Aussagen müssen belegt werden. Die Belege müssen aber auch einer Überprüfung standhalten können. Denn Studien gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Wenn es nur darum ginge, die eigenen Aussagen durch Studien oder anhand von Studien belegen zu können, dann ist das heutzutage kein Problem. Denn es gibt passend zu jeder Aussage gefühlt mindestens eine Studie, die diese beweist. So lassen sich z. B. auch Studien finden, die behaupten, dass Rauchen gesund ist und keinen Lungenkrebs verursacht. Bei genauer Überprüfung stellt sich gerne mal raus, dass diese Studien von der Tabakindustrie finanziert wurden.

Extreme Expertise mit der Evidenzpyramide

Wer wirklich einen hohen Grad an Expertise demonstrieren möchte, der sollte sich zum Beispiel an der Evidenzpyramide orientieren, die sich in der medizinischen Forschung und auch anderswo etabliert hat.

Dabei sind die meisten Untersuchungen, Aussagen oder auch Studien auf die einfache Meinung von Experten oder Leitartikel zurückzuführen. Fallserien und Fallberichte haben da schon eine etwas bessere Qualität. Wer dem Ganzen noch einen obendrauf setzen möchte, der versucht seine Aussagen anhand von Fallkontrollstudien zu belegen. Noch besser sind Kohortenstudien. Es geht jedoch nichts über doppelblind randomisierte kontrollierte Prüfungen – außer natürlich Metaanalysen, die ausschließlich solche doppelblind randomisierten kontrollierten Prüfungen als Grundlage haben. Spätestens mit solchen Metaanalysen existiert wissenschaftlicher Konsens auf breiter Fläche, dass etwas tatsächlich so ist, wie wissenschaftlich angenommen. Beispiel: Regelmäßiger Verzehr von verarbeitetem Fleisch in Form von Würstchen, Schinken etc. führt zu Krebs, an dem weltweit jährlich 34.000 Menschen sterben (WHO). Dies ist Fakt und durch die höchstmögliche wissenschaftliche Methodologie und etliche Studien bestätigt, ob man das nun mag oder nicht. Auf vielen „Gesundheitsportalen“ sucht man diesen Beleg jedoch vergeblich beim Thema Fleisch und Gesundheit.

Es ist klar, dass es solche Metaanalysen (noch) nicht zu jedem Thema gibt und vermutlich auch nicht geben kann. Daher muss nicht jede Website nach diesen strikten Kriterien Inhalte erstellen. Angenommen, das Thema auf der Website ist „Weihnachtskekse backen“, dann reicht es wahrscheinlich, Testserien zu erstellen, diese zu dokumentieren, um so zu einem perfekten Keks zu kommen. Google spricht in diesem Fall von einer Art Laienexpertise (Everyday Expertise). Experte kann man also auch ohne Titel sein.

Autorität kommt von außen

Im Gegensatz zur Expertise kann Autorität nicht demonstriert werden, sie will verdient sein. Mit anderen Worten: Autorität kann sich ein Autor, eine Website oder eine Organisation nicht selbst herstellen. Andere Website-Betreiber, müssen die eigene Leistung anerkennen. Dies geschieht dadurch, dass sie den Expertenstatus bestätigen, indem sie über die eigene Website schreiben, sie erwähnen oder ganz explizit verlinken. Im Zusammenhang mit der Autorität spielen Links also eine große Rolle. Es ist zwingend notwendig, dass die Bestätigung durch eine externe Person oder Institution erfolgt. Das macht den Aufbau von Autorität nicht gerade einfach. Was genau der Grund ist, warum Google so hohen Wert darauflegt.

Glaubwürdigkeit (Trust) stellt sich durch kontinuierliche Exzellenz ein

Wenn man auf das vertraut, was eine Person oder Institution behauptet, dann schenkt man ihr das eigene Vertrauen. Ein anderes Wort dafür: Glaubwürdigkeit. Echtes Vertrauen verdient nur, wer kontinuierlich über einen langen Zeitraum hinweg immer wieder gute Informationen publiziert und einen herausragenden Service bietet.

Folgende Probleme können zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit führen:

  • Schlechte Bewertungen und öffentliche Kundenbeschwerden können das Vertrauen in eine Website stark ankratzen. Wer eine schlechte Bewertung kassiert, muss sich schnell darum bemühen, diese wieder loszuwerden. Am besten, indem das zugrunde liegende Problem vollständig gelöst wird.
  • Veraltete Informationen oder Belege können zum Problem werden. Man stelle sich vor, ein Beitrag macht eine Aussage und diese Aussage basiert auf einer Studie, deren Ergebnisse zurückgezogen wurden. Passiert immer wieder. Das bedeutet auch, dass es notwendig ist, in regelmäßigen Intervallen zu überprüfen, ob alle zitierten Belege tatsächlich immer noch aktuell und korrekt sind. Hier wird das Ausmaß an Aufwand klar, der betrieben werden muss, um für GOL-Websites einen hohen E-A-T zu erzielen und zu behalten.
  • Widersprüchliche Aussagen oder Belege können potenziell auch zu Abwertungen führen. Es kommt nicht selten vor, dass sich bei wichtigen Themen wie Gesundheit, Finanzen, Umwelt etc. Aussagen oder Erkenntnisse aus Studien gegenseitig widersprechen. Nehmen wir einfach mal das Beispielthema „Globale Erwärmung“. Der wissenschaftliche Konsens ist hier ganz klar. Es gibt eine globale Erwärmung, die durch den Menschen verursacht wurde. Industrien und Institutionen mit einer anderen Interessenlage argumentieren manchmal genau das Gegenteil, indem sie selektive Ergebnisse aus Studien als Beleg nutzen, die genau dieses Finding infrage stellen. Angenommen, es gibt 99 Studien, die belegen, dass der Mensch tatsächlich der Verursacher ist, dann berufen sich Gegner dieser Argumentation gerne auf die eine Studie, die eben das Gegenteil zeigt, egal wie hoch die Qualität dieser Studie tatsächlich ist. Damit versuchen sie, Zweifel bei der Allgemeinheit zu sähen, sodass diese sich nicht dem wissenschaftlichen Konsens anschließt oder diesen infrage stellt. Auch wenn es für Google aktuell noch schwierig sein dürfte, dies in jedem Einzelfall zu erkennen, so muss auch klar sein, dass genau das das erklärte Ziel von Google ist und auch sein muss. Ansonsten muss Google damit rechnen, dafür in die Verantwortung genommen zu werden.
  • Fehlende Betreiberinformationen können das Vertrauen eines Besuchers natürlich auch erschüttern. In Deutschland gibt es eine Impressumspflicht, die ist aber international (noch) nicht überall verbreitet. Dennoch bietet es sich an, weit über eine gesetzliche Anbieterkennzeichnung hinauszugehen. Auf einer „Über uns“-Seite sollte jede Website sowohl alle Autoren der Website, ihre Verdienste und Titel, ihre Expertengebiete usw. darstellen als auch ausführlich beschreiben, was der Sinn und Zweck der Organisation hinter der Website ist, wofür diese genau steht und wodurch sie sich in der Vergangenheit hervorgetan hat.
  • Für Online-Shop-Kunden sind Rückgabebedingungen sehr wichtig. Falls ein Online-Shop diese vor seinen Kunden verbirgt, dann hat er vielleicht noch mehr zu verstecken. Daher ist klar, dass diese Informationen schnell und einfach auffindbar sein sollten.
  • Heutzutage sollte sich wirklich niemand mehr erlauben, eine Website ohne HTTPS zu betreiben.
  • Unmoderierte Kommentare sind nicht nur rechtlich ein Problem, sie geben der Website auch ein bisschen das Gefühl von Anarchie. Außerdem denkt der Besucher der Website, dass sich hier wirklich niemand um etwas schert. Nicht zu empfehlen.
  • Nicht jeder hat perfekte Rechtschreibung. Allerdings ist es auf die GOL-Websites von äußerster Bedeutung, mit besonderer Sorgfalt zu agieren. Ein Text mit einem Fehler je Satz erweckt wirklich kein Vertrauen in den Autor/Anbieter. Ein gutes Lektorat kostet heute auch nicht die Welt.
  • Was Google überhaupt nicht gerne sieht, sind Websites, die versuchen, aufdringlich zu verkaufen. Bevor sich ein Nutzer für ein Produkt oder eine Leistung entscheidet, sollte er oder sie die Möglichkeit haben, alle relevanten Informationen von dieser Website zu erhalten. Online-Shops, die einfach nur verkaufen wollen, werden es in Zukunft schwer haben.

Fazit

Googles verhältnismäßig neue Qualitätsrichtlinien sind ein Wink mit dem Zaunpfahl. In der Vergangenheit war es Google nicht immer möglich, die tatsächliche Qualität von Websites richtig zu beurteilen. Die Verwendung von Links und der PageRank waren für die junge Suchmaschine der Durchbruch. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die einfache Betrachtung von Links reicht nicht mehr aus. Sie spielen immer noch eine wichtige Rolle, müssen aber durch weitere Merkmale ergänzt werden.

Google muss sich immer mehr wie jemand verhalten, der tatsächlich gewissenhaft recherchiert, die Inhalte und die Organisationen hinter den Inhalten hinterfragt, überprüft, ob die Methoden, die bei der Erstellung der Inhalte angewandt wurden, tatsächlich dem jeweils angebrachten Anspruch genügen und ob auch Dritte bestätigen, dass die vorliegenden Informationen und Herausgeber glaubhaft sind.

Es besteht gar kein Zweifel daran, dass Google in den nächsten Jahren mit hoher Energie daran arbeiten wird, immer mehr Prüfmechanismen in den eigenen Algorithmus einzubauen. „BERT“ ist gerade erst mit der Tür ins Haus gefallen. Profitieren werden vor allem die Nutzer, aber auch diejenigen Website-Betreiber, die nach den Vorgaben von E-A-T Inhalte erstellen und diese verbreiten.