„Alexa“ und „O. k. Google“

Wie kann ich mit euch Marketing-Erfolge erzielen?

Thomas Hörner
Thomas Hörner

Thomas Hörner arbeitet als Berater, Autor, Redner und Dozent für E-Commerce und strategisches Online-Marketing und ist beruflich seit 25 Jahren in der Branche aktiv. Seinen Kunden sind mittelständische Unternehmen und Konzerne. Er veröffentlicht bei den Verlagen Springer Gabler und C. H. Beck und lehrt an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in Nürnberg.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

Agenturen und Berater empfehlen immer häufiger, Projekte für das Marketing auf Amazons Alexa, Google Assistant & Co. aufzusetzen. Solche Aktivitäten und der Aufwand dafür (in Form von Geld und Arbeitszeit) sind aber nur dann sinnvoll, wenn sie auch zum Marken- und Unternehmenserfolg beitragen. Ob das überhaupt möglich und wie genau dafür vorzugehen ist, wird in diesem Artikel ausgehend von wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgezeigt und es werden ganz praktische Empfehlungen für ein Sprachassistenten-Marketing gegeben. Verantwortliche bekannter Markenprodukte werden hier genauso Anregungen finden wie E-Commerce-Händler, die sich als Händler-Marke verstehen (sollten).

Das tausendste Quiz zu Alltagswissen und die nächste Sprachanwendung, die Witze erzählen kann, sind sicherlich keine sinnvollen Marketingansätze für Sprachassistenten. Was aber ist dann der richtige Weg für Marken und Unternehmen, die sich als solche verstehen? Um das zu beantworten, ist es erst einmal wichtig zu wissen, wie der Erfolg von Marken überhaupt entsteht. Weiß man das, kann man daraus leicht ableiten, wie Alexa und der Google Assistant erfolgreich auch für dieses Ziel einzusetzen sind.

Einflussfaktoren auf den Markenerfolg

Was ist also der „Erfolg einer Marke“? Sehr eingängig ist erst einmal, dass sich Erfolg in der Anzahl von Käufen widerspiegelt – seien es die Zahl gekaufter Markenprodukte oder bei Händlermarken die Gesamtzahl erfolgter Käufe. Auf drei Wegen lässt sich diese Kaufanzahl nun steigern: indem man möglichst viele Erstkäufer gewinnt, einen möglichst hohen Anteil dieser zu Wiederkäufern der Marke macht und schließlich deren Kaufhäufigkeit erhöht.

Glücklicherweise hat sich die wissenschaftliche Forschung zu Marken ausführlich damit befasst, wie Markenerfolge und regelmäßige Markenkäufe entstehen. Als zentrale Faktoren haben sich das Markenimage, die Markensympathie und die Markenbekanntheit herausgeschält. Abbildung 1 zeigt eine grobe Zusammenfassung der Wirkmechanismen. So entstehen Erstkäufe insbesondere aus einer hohen Markenbekanntheit (aber auch durch Markensympathie), während Wiederkäufe aus Markenloyalität resultieren, die wiederum durch Markensympathie und positives Markenimage beeinflusst wird.

Will man Produkt-, Händler- oder Unternehmensmarken also erfolgreich machen, gilt es, die Sympathie zur Marke zu stärken, ein passendes Markenimage aufzubauen sowie die Markenbekanntheit zu erhöhen. Und Sprachassistenten-Marketing kann zu allen drei genannten Erfolgsfaktoren beitragen. Wie das praktisch aussieht, wird im Verlauf dieses Artikels noch gezeigt.

Für tiefer an der verhaltenswissenschaftlichen Markenwirkung Interessierte sei an dieser Stelle nur noch kurz und beispielhaft auf das Zielsystem zur Markennavigation (in: Esch 2005: Strategie und Technik der Markenführung, München: Verlag Franz Vahlen; 3. Auflage, S. 76) oder die Befunde von Wünschmann/Müller (in: Bauer et al. Hrsg. 2006: Konsumentenvertrauen. Konzepte und Anwendungen für ein nachhaltiges Kundenbindungsmanagement, München: Verlag Franz Vahlen; S. 221-234) hingewiesen.

Täglicher Kundenkontakt wird zur Normalität

Wie oft spricht ein Kunde den Namen Ihrer Marke (Produkt oder Händlername) üblicherweise aus? Bisher wahrscheinlich eher selten oder an vielen Tagen gar nicht. Menschen sagen nicht den ganzen Tag laufend „Milka“, „Persil“, „Bosch“, „Aldi“ oder „Zalando“. Bestenfalls Marken wie Tempo (Papiertaschentücher) oder Google habe es in den Alltag von Konsumenten geschafft. Genau das ist es aber, was gutes Sprachassistenten-Marketing erreichen kann: dass Kunden oft (vielleicht sogar täglich mehrfach) den eigenen Markennamen aussprechen. Mehr noch: Es entsteht sogar ein Dialog mit der Marke, der am Ende zu einer stabileren Beziehung führen kann.

Erreicht wird das auf Sprachassistenten mit Voice Apps (die bei Amazon als Skills und bei Google als Actions bezeichnet werden). Sie erlauben es Unternehmen, analog zu Smartphone-Apps auf Handys, eigene Funktionalitäten in Sprachassistenten zu integrieren (siehe dazu auch „Online-Marketing mit Alexa“ in der Website Boosting #44 auf S. 76-81). Diese Voice Apps werden mit bei Amazon mit der Formulierung „Alexa, frage (App-Name) …“ bzw. beim Google Assistant mit „O. k. Google, rede mit (App-Name) …“ angesprochen (siehe Abbildung 2).

Wird für einen Voice-App-Aufruf jetzt der Markenname verwendet, spricht man von Marken-Voice-App oder Brand-Voice-App. Der Markenname wird dabei vom Kunden in jedem Dialog laut ausgesprochen und es entsteht bei jeder Nutzung der Brand-Voice-App ein Kontakt zwischen Kunde und Marke.

Erste große Händlermarken sind so bereits präsent: Ein „Alexa, frage Aldi (Real, Thalia, …)“ ist beispielsweise genauso möglich wie ein „O. k. Google, rede mit Otto (Rewe, Kaufland, MediaMarkt …“. Auch erste Produktmarken sind zu finden (z. B.: „Alexa, frage Ariel/Persil/…“), wenn auch noch deutlich seltener.

Voice-App-Nutzung schafft Sympathie

Die Sympathie-Forschung zeigt jetzt die große Bedeutung solch regelmäßiger Markenkontakte: Allein schon eine hohe Kontakthäufigkeit lässt nämlich Sympathie entstehen (die ja, wie weiter oben festgestellt, ein wichtiger Erfolgsfaktor für Marken und Unternehmen ist).

Ziel muss es im Marketing also sein, Sprachassistenten-Nutzer dazu zu motivieren, die eigene Brand-Voice-App häufig zu nutzen. Idealerweise wird eine Marken-Voice-App so attraktiv, dass sie selbstverständlicher Teil des Alltags von Kunden wird. Das erreicht man allerdings nicht mit ausschließlich unternehmens- und produktbezogenen werblichen Dialoginhalten. Vielmehr müssen Dialoginhalte im Sinne des Voice-Content-Marketings geboten werden, die helfend, informierend und unterhaltend zur regelmäßigen Nutzung motivieren.

Wie könnte das in der Praxis aussehen? Als Beispiel soll ein Anbieter von Gartenbedarf (sei es ein Hersteller von Gartengeräten, ein Händler von Gartenpflanzen oder Ähnliches) dienen, der hier beispielhaft „Dehnhorn Gartenmarkt“ genannt werden soll. Diese Voice App würde von Kunden mit „Alexa, frage Dehnhorn …“ bzw. „O. k. Google, rede mit Dehnhorn…“ angesprochen. Sie würde aber nicht nur Informationen zu den angebotenen Produkten bieten, sondern insbesondere Voice-Content-Marketing-Inhalte: Man kann sie fragen, wann der beste Pflanzzeitpunkt für Rosen ist, ob Chrysanthemen sonnige oder schattige Standorte brauchen, wie oft eine Palme im Kübel gegossen und wie häufig Zimmerpflanzen umgetopft werden müssen. Kurz: Die Voice App macht den Sprachassistenten im wortwörtlichen Sinne zu einem Garten-Assistenten, der in diesem Alltagsbereich informiert, hilft und konkret unterstützt. Analog könnte die Voice App eines Wohnaccessoire-Anbieters Tipps rund um das schöne und angenehme Wohnen bieten oder ein B2B-Anbieter seinen Kunden per Sprachassistent in ihrem Berufsalltag hilfreich beiseitestehen.

Schafft es eine Brand-Voice-App auf diese Weise, mit Voice-Content-Marketing und Kundenservices immer wieder zurate gezogen zu werden, führt dies zu Markensympathie, die bei Markenkäufern die Markenloyalität steigert und so letztendlich zu Wiederkäufen bzw. der Erhöhung der Kauffrequenz führt – sowohl stationär als auch online.

Ähnlichkeit durch richtige Wortwahl

Kontakthäufigkeit ist aber nicht der einzige Faktor, der zu Sympathie führt. Auch die Ähnlichkeit der Kommunikationspartner spielt eine wichtige Rolle. Zwar sind Sprachassistenten und Voice Apps einem Menschen optisch wenig ähnlich. Aber auch sprachliche Ähnlichkeit kann Sympathie fördern (denken Sie einmal daran, wie schnell sich Menschen mit ähnlichem regionalem Dialekt im Urlaub zusammenfinden). Entwickler von Marken-Voice-Apps müssen sich daher mit einer zur Zielgruppe passenden Tonalität beschäftigen. Ob eine Fitness-Voice-App empfiehlt, „mit dem Bike einen Zahn zu zulegen“ oder „etwas schneller mit dem Fahrrad zu fahren“, lässt sie je nach Zielgruppe mehr oder weniger sympathisch erscheinen, obwohl sie inhaltlich in beiden Fällen das Gleiche sagt. Genauso wird ein „Servus“ bei Flensburger Voice-App-Nutzern genauso wenig Sympathie wecken wie ein „Moin Moin“ bei Münchner Nutzern – umgekehrt aber schon (und sogar mehr als ein neutrales „Hallo“ oder „Guten Tag“).

Markenbekanntheit durch Voice Apps erhöhen

Kontakthäufigkeit führt aber nicht nur zur oben dargestellte Sympathie-Entstehung: Sie löst auch lernpsychologische Prozesse aus. So verankert eine häufige Nennung des Markennamens (eben jedes Mal, wenn die Marken-Voice-App angesprochen wird) den Namen tiefer im Gedächtnis und lässt einem Konsumenten die Marke präsenter werden.

Zu unterscheiden ist dabei zwischen „gestützter Bekanntheit“ und „ungestützter Bekanntheit“. Ersteres wäre der Fall, wenn ein Konsument auf die Frage „Kennen Sie den Gartenmarkt Dehnhorn?“ (also mit Nennung des Markennamens in der Frage) mit einem „Ja“ antwortet. Ungestützte Bekanntheit liegt dagegen vor, wenn in der Frage der Markenname gar nicht enthalten ist, also z. B.: „Welche Anbieter von Gartenbedarf kennen Sie?“

Gerade diese ungestützte Bekanntheit wird bei Konsumenten, die regelmäßig eine Brand-Voice-App nutzen, deutlich gestärkt. Der Eintrag ins Gedächtnis intensiviert sich und der Markenname bleibt ständig aktuell und präsent. Kommt irgendwann also der Bedarf nach Gartenprodukten auf, wird einem solchen Konsumenten schnell genau diejenige Händler- oder Herstellermarke in den Sinn kommen, die er als Voice App sowieso regelmäßig anspricht.

Konsumenten überspringen zum Teil jetzt die Informationsphase des Kaufprozesses (für Interessierte siehe z. B. Kotler et al. 2016: Marketing Management, 3rd edition, Harlow: Pearson S. 237-246) und nehmen erst einmal nur ein einziges Produkt bzw. nur einen Anbieter ins Choice Set auf. Wettbewerber haben also weniger Chancen, da Sprachassistenten-Marketing auf diesem Weg einen Gegenpol zur Google-Suche, zu Preisvergleich-Portalen aufbaut und Kunden schon vor solchen Suchen bindet.

Von der Voice App zu Neukunden

Bisher wurde implizit immer davon ausgegangen, dass Konsumenten eine Marke bereits kennen, bevor sie zum Nutzer der Brand-Voice-App werden. Sympathie und Bekanntheit der Marke wurde dann von dieser verstärkt. Was aber ist mit potenziellen Kunden, die die betreffende Marke noch gar nicht kennen (bei denen also nicht einmal gestützte Bekanntheit vorliegt)? In diesem Fall müssen Kunden auf anderem Weg auf die Marken-Voice-App aufmerksam werden und so den Weg zur Marke finden. Strategisch leisten das wieder insbesondere Inhalte des Voice-Content-Marketings.

Sprachassistenten-Nutzer werden auf solche contentgetriebenen Voice Apps nämlich nicht aufgrund des Anbieternamens aufmerksam, sondern aufgrund angebotener stark kundenorientierter Leistungen der Voice App. So könnte ein Nutzer im Skill-Store nach Voice Apps für das Vokabeltraining suchen, während andere Konsumenten durch Zeitschriften oder Weblogs auf Voice Apps aufmerksam werden, die Hobby-Fotografen unterstützen oder (wie im Beispiel weiter oben) Hobby-Gärtnern assistieren. Kunden stoßen auf vielfältigen Wegen so auch auf Brand-Voice-Apps von Marken und Anbietern, die sie bisher überhaupt nicht kannten – einfach aufgrund der hilfreichen, informativen oder unterhaltenden Voice-App-Funktionen. Die Marke wird dem Kunden im ersten Schritt also gar nicht aufgrund der eigentlichen Produkte, sondern durch Hilfestellungen im Alltag bekannt. Diese erste Bekanntheit vertieft sich bei regelmäßiger Voice-App-Nutzung aber und die Wahrscheinlichkeit eines Erstkaufs von Produkten eben dieser Marke – das letztendliche Ziel solcher Marketingaktivitäten – steigt deutlich an.

Voice-App-Inhalte schaffen Markenimage

Das Image einer Marke ist für die Differenzierung zum Wettbewerb (Marken-Uniqueness) ebenso von Bedeutung, wie es Grundlage für menschliches Handeln (also am Ende den Kauf) darstellt. Dieses Markenimage kann dabei aus psychologischer Sicht als die Gesamtheit aller Überzeugungen (engl. beliefs) und Einstellungen (engl. attitudes) bezüglich einer Marke verstanden werden. Geprägt werden solche Images und Einstellungen auch oft über Assoziationen (z. B. Marlboro -> Cowboy -> Abenteuer, Freiheit).

Hat Sprachassistenten-Marketing einen Einfluss darauf, ob eine Marke bzw. ein Händler als sportlich, veraltet, protzig, jung, hochwertig, zuverlässig, nervig, kompetent, nachhaltig etc. wahrgenommen wird? Können Voice Apps beeinflussen, ob Kunden die Marke als „für Familien geeignet“, als „innovativen Anbieter“ oder als „Spezialisten“ wahrnehmen?

Brand-Voice-Apps leisten auf Sprachassistenten an dieser Stelle wirklich wertvolle Dienste. Denn durch die (richtigen) Dialoge entstehen vielfältige Einstellungen und Assoziationen zur Marke. So wird eine Voice App, die nicht nur oberflächliche Fragen beantworten kann, sondern (im Beispiel des Gartenanbieters) auch für seltene Pflanzenarten hilfreiche und hochwertige Antworten bietet, schnell „als kompetent in Gartenfragen“ wahrgenommen. Während diese Marken-Voice-App mit Informationen zu 1000 Pflanzen also als Experte erkannt wird, wird eine andere, schnell gemachte Voice App mit Antworten zu nur 50 Pflanzen schnell die gegenteilige Überzeugung hervorrufen, muss diese doch oft sagen: „Dabei kann ich Ihnen nicht helfen“, oder: „Diese Pflanze kenne ich nicht.“ Analog könnte sich eine andere Voice App „sehr familiär“ verhalten (z. B. die Voice App eines Anbieters für Baby- und Kinderbedarf), sie könnte sich als „Kennerin des schönen und angenehmen“ erweisen (z. B. passend zu Anbietern von Wohn-Accessoires genauso wie zu Genussprodukten) oder sie könnte „pure Lebensfreude“ vermitteln (z. B. Wellness- oder Fitness-Anbieter). Inhalte und Art der Dialoge werden diese Eindrücke hervorrufen, z. B. durch Fachsprache/Fachwissen vs. unterhaltende Inhalte, z. B. Detailwissen vs. Small Talk, …) sowie durch Wortwahl, Satzbau, Tonalität etc.

Der entscheidende Punkt all solcher Überlegungen: Die von Brand-Voice-Apps erzeugten Überzeugungen werden von den Konsumenten direkt auf die Marke übertragen. Das ist insbesondere deshalb der Fall, weil Voice Apps durch die menschlichen Dialoge oft als Personifizierung der jeweiligen Marken wahrgenommen werden. So kann der Einfluss einer Voice App auf das Markenimage bei einer sehr regelmäßigen Nutzung sogar eine große Bedeutung für das Markenbild bei Konsumenten bekommen (was im Positiven genauso gilt wie leider für schlecht konzipierte Brand-Voice-Apps auch im Negativen).

Das Entscheidende: guter Voice Content

Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Voice App kann für Produkt-Marken wie für Händler-Marken sehr viel zu deren Erfolg beitragen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Nutzer einerseits motiviert werden, die Marken-Voice-App möglichst regelmäßig zu nutzen und andererseits bei der Nutzung ein positives Erlebnis geschaffen werden kann, das zum gewünschten Markenimage passt. Das Entscheidende hierfür sind durchdachte Dialoginhalte im Sinne des Voice-Content-Marketings, die Kunden und potenzielle Kunden in einem ausgesuchten Bereich des Alltags unterstützen. Marken-Voice-Apps müssen also stark aus Kundensicht konzipiert sein und helfend, unterstützend, informierend und unterhaltend sein – ein persönlicher (Sprach-)Assistent im wahrsten Sinne des Wortes also.