SEO-Tools unter der Lupe: SEMrush (Teil 8)

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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Nach eigenen Angaben beschäftigt SEMrush über 400 Mitarbeiter in den Ländern USA, Russland, Tschechien und Zypern. Das ist eine ganze Menge und Grund genug, sich das preislich durchaus attraktive Tool einmal näher anzusehen. In der Szene wurde und wird es immer noch ab und zu mit einem leichten Schulterzucken abgetan. Einer der Gründe könnte sein, dass man im deutschsprachigen Raum keine Niederlassung, kein Gesicht, keine Galionsfigur, keine Stimme aufgebaut hat, die es immer wieder ins Gespräch und bringen und damit für die nötige Aufmerksamkeit sorgen. Lediglich auf einigen Konferenzen findet man einen kleinen Stand, an dem man sich erkundigen kann. Mittlerweile und fast im Verborgenen hat sich jedoch eine wahre Fülle an Funktionen angesammelt, von denen viele die tägliche SEO-Arbeit durchaus unterstützen können.

Die Funktionsvielfalt von SEMrush kann einen auf den ersten Blick förmlich erschlagen. Wer das Tool über einen Test-Account ausprobieren möchte, sollte sich dazu definitiv genügend Zeit nehmen. Mal nebenbei reinsehen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, was hier angeboten wird, dürfte definitiv schwierig werden. Und wer nicht wirklich der englischen Sprache mächtig ist, wird sich in einigen Bereichen vielleicht nicht ganz so wohlfühlen, denn nur ein Teil der Benutzeroberfläche und der Erklärungen ist auf Deutsch bzw. nicht selten sind beide Sprachen innerhalb einer Seite vermischt. Wer aber Zeit und genügend Willen mitbringt, wird eine erstaunliche Funktionsvielfalt vorfinden, die wie erwähnt vor allem im preislichen Vergleich recht attraktiv wirkt.

Wem nützt SEMrush?

Das Tool zählt im Kern zu den Universalwerkzeugen. Es gibt einen Überblick hinsichtlich SEO, SEA und Social Media, zeigt Backlinks und einige anderer Kerndaten für die meisten Top-Level-Domains an. Man kann also neben der eigenen Domain auch die der Mitbewerber, deren Erfolg und Potenzial analysieren. Je nach Account steht dem Nutzer allerdings auch eine Anzahl anzulegender Projekte, ab fünf aufwärts, zur Verfügung. Für die hier hinterlegten Domains lassen sich dann umfassende Analysen starten und entsprechende Optimierungsmaßnahmen ableiten. Weiterhin bekommt man die Möglichkeit, über ein automatisches Monitoring alles im Blick zu behalten.

Insofern passt der Einsatz nicht nur auf Unternehmen, denen es um eine Tool-Unterstützung für SEO-Maßnahmen geht und die auch ihre Mitbewerber im Auge behalten möchten, sondern auch auf Webagenturen, die einen erhöhten Recherchebedarf – gerade auch für unterschiedliche Länder – haben. Da der einfachste Account „Pro“ bei umgerechnet derzeit etwa 81,- € monatlich liegt und bereits fünf Projektdomains, 500 überwachbare Keywords und 100.000 crawlbare Seiten enthält, gelangt man recht günstig an vergleichsweise viel Analysepower.

Der Aufbau des Tools

Die Kernstruktur ist auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen. Beim Start erwartet den Nutzer zunächst die linke der in Abbildung 1 dargestellten Leisten. Über diverse Klappmenüs (Ziffer 1) lassen sich einige der Hauptpunkte erweitern. Über der Navigation befindet sich ein Pull-down-Menü (Ziffer 2), mit dem man in einzelne „Toolkits“ springen kann. Genauer gesagt wird die Hauptnavigation dann ersetzt durch die spezielle Toolkitnavigation. Vorhanden ist je ein Toolkit für SEO, Advertising, Social Media, Content Marketing und Competitive Research. Über den Punkt „Alle Tools“ (Ziffer 3) im Pull-down wird die geänderte Navigation dann wieder mit der Hauptnavigation überschrieben. Die in der Hauptnavigation enthaltenen Funktionen finden sich, z. T. auch mehrfach, in den einzelnen Toolkits wieder. Aber eben nicht alle, sodass man beide funktionalen Hauptstränge im Blick behalten muss.

Die in Abbildung 1 erkennbare Funktionsvielfalt macht mehr als deutlich, dass eine Beschreibung von SEMrush nur an der Oberfläche kratzen und eben auch nur wenige besondere Funktionen hervorzuheben kann. Alles ausführlich zu besprechen zu wollen, würde wohl eher ein kleines Buch nötig machen.

Dashboards – überall

Nach Eingabe eines Domainnamens und der regionalen und sprachlichen Ausrichtung erscheint das erste Dashboard mit ersten Kennzahlen. Noch nicht gestartete Analysefunktionen lassen sich dann direkt aus dem Dashboard heraus starten bzw. initialisieren. Das erleichtert den Kickstart für Neueinsteiger, denn alle Angaben werden menügeführt abgefragt.

Es gibt ein übergreifendes Dashboard (Abbildung 2), ein Projekt- (Abbildung 3) sowie ein SEO-Dashboard (Abbildung 4).

Einige Funktionen im Überblick

SEO Content Template

Nach Eingabe einer Keyword-Kombination analysiert das Modul die Top 10 bei Google und gibt anschließend Empfehlungen für die Optimierung (Abbildung 5). Zunächst werden die URL der einzelnen Treffer aufgelistet, gefolgt von Kernempfehlungen. Für den Suchbegriff „Westernstiefel“ war dies zum einen der Hinweis, man solle versuchen, Backlinks von vier Domains zu bekommen. Zwei der Domains gehörten zum direkten Netzwerk der rankenden Domains, eine zu einer Agentur und die vierte zu einem Webkatalog. Während man bei den ersten dreien sicherlich keinen Backlink bekommen wird, raten Experten meist eher davon ab, Einträge in Webkataloge vorzunehmen. Dies gilt freilich nicht pauschal für jeden Katalog, aber ein Einsteiger kann hier durchaus unsicher werden. Die nächste Empfehlung lautet, selbst eine Textlänge von 1.010 Wörtern zu schreiben. Auch hier muss man vielleicht darauf hinweisen, dass Suchmaschinen zwar genügend Text benötigen, um ein Dokument sauber(er) für die Relevanz für Suchbegriffe zu verorten, aber ob man diese direkt aus der Wortanzahl anderer Dokumente ableiten kann, ist unter Experten sehr umstritten. Exakt wirkt die Empfehlung auf den Laien aber allemal.

Abschließend folgen noch grundlegende Empfehlungen (Basic Recommendations) wie, man solle das Keyword „Westernstiefel“ in das Title-Tag einfügen. Die optimale Title-Länge wird mit 55 Zeichen angegeben, die der Description mit 230. Hier fand offenbar noch kein Update statt, denn Google zeigt seit Längerem beim Title bis zu 70, für die Description im Extremfall sogar 320 Zeichen an. Zudem gibt es bei der Description gar keine begrenzte bzw. optimale Länge. Diese Fehleinschätzung geben aber fast alle SEO-Tools und sogar die Search Console von Google weist „lange Metabeschreibungen“ zumindest gesondert als Hinweis aus. Weiterhin, so die Empfehlungen, solle man „Westernstiefel“ noch einmal in der H1 verwenden sowie mindestens einmal im Fließtext. Hohe Erwartungen an eigene Top-Rankings darf man durch die vergleichsweise doch sehr einfach gehaltenen Hinweise allerdings (noch) nicht stellen. Hierzu sollte man mindestens immer auch das Modul „Topic Research“ und das „Keyword Magic Tool“ nutzen.

Topic Research

Die Topic Research soll helfen, zu einem Suchbegriff weitere Ideen zu entwickeln, die dann per Klick in den eigenen Container mit übernommen werden können. Dazu werden sog. „Cards“ generiert, die Auszüge der Title rankender Dokumente anzeigen, die auch komplett aufgeklickt werden können („Headlines“ in Abbildung 6). Für die aufrufbare Darstellung als „Mind Map“ lässt sich allerdings auf Anhieb kein konkreter Nutzen erkennen.

Keyword Magic Tool

Dieses Modul ist aktuell noch als Beta gekennzeichnet, lässt sich aber schon produktiv nutzen. Dazu gibt man ein „Seed-Keyword“ ein und erhält weitere ähnliche Wortvorschläge, wie sie auch aus dem Keyword-Planner von Google AdWords bekannt sind. Zusätzlich wird bei einigen der Keywords eine Indexkennzahl von 0 bis 1 für den Schwierigkeitsgrad ausgegeben, um mit dem Keyword die „Ränge in den Top 100“ bei Google zu übertreffen. Gefiltert werden kann bei Mehrwort-Suchen nach „Weitgehend passend“, „Passende Wortgruppe“ und „Genau passend“. Gefundene Keywords lassen sich exportieren oder auch direkt an die Positionsüberwachung übergeben.

Für das initiale Seed-Wort lässt sich das Tool auch auf sog. W-Fragen umschalten. Die Ausbeute ist allerdings für die meisten Suchworte noch nicht befriedigend, wie Abbildung 8 beispielhaft zeigt. Als verantwortliche Keywords wurden für „Westernstiefel“ zudem die Suchworte „schumacher“, „trägt“, „jack“, „pass“ und „corinna“ ausgegeben. Hier bringt jedes kostenlose Tool deutlich bessere Ergebnisse und es bleibt zu hoffen, dass der Anbieter spürbar nachbessert. Schließlich werden die Ergebnisse solcher und ähnlicher Recherchen häufig dazu verwendet, sog. holistische bzw. umfassende(re) Dokumente zu erzeugen, die Besucher und Suchmaschinen gleichermaßen überzeugen. Die hierfür benötigten Analysemöglichkeiten braucht man für gute Suchmaschinenoptimierung.

Keyword-Gap

Dieses Tool findet zwar keine Keyword-Lücken, wie der Name vermuten lässt, kann aber bei der Keyword-Analyse durchaus nützlich sein. Man gibt bis zu fünf Domainnamen ein, wählt für jede Domain „organisch“, „bezahlt“ oder PLA (Product Listings Ads) aus und erhält dann eine Schnittmenge von Suchbegriffen, für welche diese Domains gemeinsam ranken, ergänzt um die üblichen Metriken wie z. B. Suchvolumen, CPC, Mitbewerberdichte, Trends und die Anzahl Ergebnisse für das Keyword bei Google. Interessant ist hier vor allem auch die Möglichkeit, zwischen Desktop und Mobil umzuschalten, weil das die Ergebnisse bzw. Schnittmengen zum Teil drastisch ändert.

Gibt man ganz oben in der Gap-Analyse ein Keyword ein, springt SEMrush in das Modul „Keywords Analytics“ und dort in „Übersicht“. Auch hier gibt es keine Informationen, wo man Lücken bezüglich des Wordings bzw. der eigenen Keywords hätte. Aber die gebotene Übersicht für Suchbegriffe ist wirklich recht umfassend und gibt u. a. Kennzahlen, Trends, passende Wortgruppen und ähnliche Keywords aus. Zusätzlich findet man URL und Domainnamen aller von 1 bis 100 rankender Dokumente und die Anzeigentexte aus AdWords. Alle Daten sind für eine Weiterverarbeitung exportierbar. Achtung, auch hier sind wieder US$ vorbelegt und sollten für exakte Ergebnisse auf EUR umgestellt werden. Das Trend-Chart enthält leider keine x-Achse, sodass unklar bleibt, ob die zwölf Balken immer im Januar starten oder rollierend im aktuellen Monat. Aufschlussreich ist das letzte Chart „Anzeigenverlauf“, das anzeigt, wie viele Ads jeweils neben den organischen Ergebnissen ausgegeben werden. Die meisten Ergebnisse können für Detailanalysen angeklickt werden.

Backlink-Gap

Welche Backlinks haben Mitbewerber, die ich nicht habe? Diese durchaus wichtige Frage lässt sich mit dem Modul Backlink-Gap beantworten (Abbildung 9). Dazu gibt man bis zu fünf Domains, Subdomains, aber auch einzelne URL ein und erhält eine Tabelle der darauf verweisenden Domains mit zwei wichtigen Kennzahlen, die bei der Beurteilung helfen können: Der „DS“-Wert (Domainscore) errechnet sich laut Angabe des Anbieters genau wie der PageRank von Google und geht von 0 bis 100. Dabei, so heißt es in der Erklärung, würden die Qualität und die Anzahl Links mit einbezogen. Da der PageRank aber eine rein quantitative Metrik ist und eben keinerlei Qualität berücksichtigt, ist wahrscheinlich nur die Erklärung ungenau. Je höher der Wert, desto besser. Der Trustscore (TS) gibt dagegen an, wie vertrauenswürdig eine Domain ist. Im Prinzip beruht dieser Wert vereinfacht erklärt darauf, wie „nahe“ eine Domain „per Link“ an hoch vertrauenswürdigen Domains hängt. Würde eine Domain A z. B. direkt von nasa.org verlinkt, liegt mathematisch gesehen ihre Spamwahrscheinlichkeit nur bei 0,04 %. Die Domain B erhält nun wiederum einen Link von Domain A, dann läge deren Spamwahrscheinlichkeit bei etwa 1 %. In der nächsten Link-„Ebene“ ist man dann bereits bei 14 % Wahrscheinlichkeit. Das vererbte Vertrauen nimmt also mit jeder Linkstufe ab. Nachzulesen ist das Prinzip übrigens in dem Forschungspaper „Combating Web Spam with TrustRank“ von Gyöngyi et al. (2004), öffentlich zu finden unter einfach.st/linkspam (PDF). Zwei Kernprobleme ergeben sich beim Nachrechnen bzw. Nachbilden des Trustranks allerdings: Man müsste tatsächlich alle Linkbeziehungen kennen, zumindest so viele wie Google, und – noch wichtiger – man müsste vor allem das Set der vertrauenswürdigen Startdomains kennen, die Google für sich festgelegt hat.

Sollte der TS deutlich niedriger als der DS-Wert liegen, könnte dies übrigens ein Hinweis darauf sein, dass die Domain möglicherweise künstlich Linkaufbau betrieben hat.

Backlinks checken

Wie ist es um das eigene Backlinkprofil bestellt? Gibt es vielleicht noch vorhandene Sünden in Form bezahlter Links aus der Vergangenheit? Hat sich die Domain in den einschlägig bekannten Spamdomains verfangen, die wild und ungefragt Backlinks verteilen, oder ist sie gar Opfer einer sog. Negative-SEO-Maßnahme geworden? Hier sorgen fiese Mitbewerber dafür, dass schlechte Links gesetzt werden, in der Hoffnung, es würde dem Ranking schaden. Abbildung 10 zeigt in Ausrissen die Ergebnisse eines Backlink-Audits. Dort lässt sich schön erkennen, dass diverse, höchst zweifelhafte Domains wie „theglobe“ oder „advertising.[XYX]“ für die betrachtete Domains Hunderte von Backlinks spenden, die man in keiner Weise haben möchte. Zudem sind die meisten dieser Domains bereits vor langer Zeit aus dem Google-Index verbannt, also bestraft worden. Hier unterstützt SEMrush beim Validierungsvorgang. Man geht die als zweifelhaft oder giftig (toxic) gekennzeichneten Domains durch und beurteilt sie entsprechend. Sehr nützlich ist dabei die Möglichkeit, nicht nur diese Domain, sondern gleich auch die auf dem gleichen IP-Kreis und allen gespiegelten Seiten zu markieren bzw. in einem Container zu sammeln, um sie per Disavow-File bei Google in die Search Console zur Entwertung hochladen zu können (Abbildung 11).

Eigene Berichte erzeugen

Das Erzeugen individueller Berichte ist kinderleicht. Man wählt dazu eine leere oder eine bereits vom Anbieter vorstrukturierte Vorlage aus und zieht mit der Maus aus einer je nach Zweck zur Verfügung gestellten Modulauswahl eines auf die Berichtsoberfläche (Abbildung 12). Nach dem Loslassen erscheint zunächst eine kleine Abfragemaske für die Datenauswahl, z. B. nach Land, Gerät, Zeitraum oder anderen Kriterien. Anschließend werden alle Daten live erzeugt und in den Bericht eingebunden. Diese lassen sich speichern oder auch gleich per Mail als PDF-Anhang an Mitarbeiter, Chefs oder Kunden verschicken. Wer sich hier die richtigen Vorlagen zusammenstellt, spart jede Menge Zeit beim fallweisen oder wiederholten Reporting.

SEMrush Sensor

Ganz links unten in der Navigation oder auch frei ohne Zugang unter de.semrush.com/sensor findet man Analysen über Schwankungen in den Suchergebnissen bei Google. Dort kann man nach Ländern, Geräten, Suchergebnisarten, HTTP(S) oder Themenkategorien selektieren. Dieser Sensor ist vor allem nützlich für die Einschätzung, ob bei persönlichen Rankingveränderungen sich denn auch bei anderen viel getan hat. Dies ist dann meist in Veränderungen der Algorithmen von Google begründet und trifft nicht gezielt nur die eigene Domain. Entsprechend anders sind im Fall einer negativen Änderung die Reaktionen darauf abzustimmen.

API – Daten rein und raus

Für eigene Domains kann man SEMrush mittels einer Schnittstelle zu den Daten verbinden, die Google über die Search Console zur Verfügung stellt. Ebenso ist eine Integration mit Google Analytics möglich. Allerdings ging bei unserem Test immer wieder die Verbindung verloren und musste neu verknüpft werden. Dies geht über den üblichen Weg, indem Google über das Browserfenster eine Akkreditierung anfragt, die man freigibt. Der zweite (und dann sicherlich stabilere) Weg ist, den eigenen Account bei Google über die Mailadresse backlink.audit.pro.42@gmail.com zu sharen. SEMrush empfiehlt, den vollen Zugriff zu gewähren, was letztlich eine Vertrauensentscheidung seitens des Inhabers darstellt.

Aber auch der Weg raus aus SEMrush ist per API möglich. Übertragbar sind potenziell 120 Mio. Keyword-Daten in 16 Sprachen und Metriken seit 2012 (nur US) von 418 Mio. Domains. Aus knapp 5,7 Billionen Backlinks können ebenfalls Metriken herausgesucht werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Credits für historische Daten gegenüber den Live-Daten um den Faktor fünf höher liegen. Das Abrufen von 1.000 Keyword-Rankings von 100 Domains kostet so z. B. 50 US$, für historische Daten dann 250 US$. Die Nutzung der API ist erst ab dem Business-Account (knapp 400 US$) möglich.

Problem(chen) Usability

Ganz generell muss man sagen, dass die Darstellungen und Visualisierungen der Daten recht gut gelungen sind und durchaus optisch appetitlich wirken. Der „Joy of Use“ ist hoch. Leider wird diese Bedienungsfreude an einigen zentralen Stellen spürbar getrübt, was die Navigation bzw. die Benutzerführung angeht. Auch die vielen Dashboards können anfangs vielleicht etwas verwirren.

Stößt man z. B. Analysen in Übersichten an, springt das Tool z. T. direkt in Untermenüs, aus denen es dann keinen direkten Weg zurück gibt. Da sich natürlich auch das bisher betrachtete Hauptmenü auf der linken Seite verändert, entsteht schnell der „Schwupp – wo bin ich?“-Effekt. Das kann Einsteiger durchaus verwirren und hinderlich wirken. Auch die ständigen Nachfragen des Tools, ob man mit einer Funktion zufrieden sei, nachdem man sie erst wenige Sekunden oder sogar noch nie benutzt hat, behindern eher und wirken unüberlegt. Nützlich wäre es auch, wenn sich das Tool das Land des Nutzers merken würde und man bei Analysen die Vorbelegung „US“ nicht jedes Mal ändern müsste (Abbildung 14). Dass solche kleinen Macken vorhanden sind, erstaunt ob der Nachfragefreude nach Zufriedenheit. Entweder sind die Nutzer sehr geduldig oder Hinweisen wird nicht mit Nachdruck nachgegangen.

Das Problem der „Sprünge“ in völlig andere Menüteile haben auch einige andere SEO-Tools und sie sorgen auch dort oft für Verwirrung. Der Grund liegt in der Absicht der Anbieter, den Zugang zu möglichst vielen einzelnen Modulen aus möglichst vielen Modulen zu ermöglichen. Man kennt das von mit Links überfrachteten Webseiten, die eben auch oft versuchen, mit möglichst vielen Ausgängen dem Benutzer die Navigation zu erleichtern – und ersparen damit tatsächlich die Nutzung der eigentlichen Navigation durch die „Quersprünge“. Aus der Usabilityforschung weiß man allerdings, dass dies gerade den Erst- und Gelegenheitsnutzern den notwendigen Überblick und das Verständnis über den Aufbau oft extrem erschweren kann. Poweruser (wie z. B. involvierte Programmierer) kennen den Aufbau natürlich aus dem Effeff und finden die vielen Möglichkeiten der Direktsprünge an möglichst vielen Elementen sehr nützlich und zeitsparend. Einsteiger raufen sich dagegen nicht selten die Haare aus, weil sie lange Zeit keinerlei mentales Modell der funktionellen Strukturen aufbauen können. Oder anders erklärt: Die Architektur eines Hauses nach Stockwerken, Fluren, Türen und Zimmer ist umso schwerer zu verstehen, je mehr „Zaubertüren“ es gibt, die einen in völlig andere Stockwerke und Flure beamen. Vor allem, wenn es keine Türen gibt, die schnell wieder zurückführen.

Ein klein wenig leidet man unter diesem Phänomen auch bei SEMrush. Dass die Hauptnavigation („Alle Tools“) zusätzlich eine andere Sortierung der – aber nicht aller – Funktionen beinhaltet, die sich auch als Unterfunktionen in den einzelnen „Toolkits“ befinden, macht es nicht einfacher.

Hilfestellungen

Über die Kopfzeilennavigation findet man Anmeldemöglichkeiten zu Webinaren in unterschiedlichen Sprachen. Die meisten davon in Englisch, aber auch einige deutschsprachige sind dabei. So u. a. am 25. April eines mit Felix Beilharz. Über die SEMrush-Akademie lassen sich drei Zertifikate (SEO, Content Marketers und PPC) erwerben. Dazu muss man mindestens 70 % von 20 Fragen in 27 Minuten richtig beantworten (englisch). Zum Lernen des Stoffs kann man kostenlos Online-Kurse belegen. Ein Blog mit regelmäßigen Beiträgen rundet das Angebot ab.

Details zu den einzelnen Funktionen des Tools findet man in der Knowledge Base unter de.semrush.com/kb, allerdings genauso wie die Videotutorials in Englisch. Vorbildlich sind die Erklärungen in kleinen Pop-ups, wenn man mit dem Mauszeiger z. B. über Spaltenüberschriften oder Abkürzungen fährt. Das funktioniert oft auch dann, wenn das übliche (i)-Symbol fehlt.

Preise und Test-Account

SEMrush rechnet monatlich ab und startet mit knapp 100 US$ für die „Pro“-Version. Für die nächste Stufe „Guru“ werden knapp 200 und für die „Business“-Version dann knapp 400 US$ fällig. Wie üblich unterscheiden sich die Versionen durch die Anzahl an Analysen, Berichten, Projekten und weiteren Funktionen, die übersichtlich unter de.semrush.com/prices/ in einer vergleichenden Tabelle zusammengestellt sind. Wer gleich ein ganzes Jahrespaket bucht, erhält einen entsprechenden Rabatt. Für kleinere und mittelständische Unternehmen wird wahrscheinlich in der Regel der Pro-Account ausreichen, so lange man nicht mehr als 500 Keywords überwachen möchte oder mehr als 100.000 Seiten zu crawlen hat. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es hier allerdings. Die sog. „Verlaufsdaten“, die SEMrush seit 2012 über Domains sammelt, gibt es erst ab dem „Guru“ zu sehen. Für wen also historische Daten über die eigene oder die Domains von Mitbewerbern wichtig sind, der muss zu dem größeren Account greifen.

Je nach Account lassen sich für 70 oder 140 US$ weitere Benutzer zubuchen, deren Anzahl allerdings begrenzt ist. Einen API-Zugriff auf die Daten von SEMrush erhält man jedoch erst beim großen Business-Account. Wer darüber hinaus noch mehr Leistung benötigt, kann sich auf Anfrage auch einen funktionell und preislich maßgeschneiderten Enterprise-Zugang einrichten lassen.

Unter de.semrush.com/about/contacts/ lässt sich ein Demo-Zugang anfordern, mit dem man selbst ausprobieren kann, welchen Nutzen man aus dem Tool ziehen kann.

Fazit

Für die Anzahl der angebotenen Funktionen ist SEMrush sicherlich gerade auch für Einsteiger recht günstig. Man sollte sich auch wie immer im Klaren darüber sein, worauf man selbst besonders viel oder weniger Wert liegt. Nicht alle Untermodule sind gleich leistungsfähig. Die anfänglichen Usabilityhürden zu überspringen, gelingt dem motivierten Nutzer sicher vergleichsweise schnell, sodass die Arbeit schneller von der Hand geht. Und Inkonsistenzen findet man auch bei vielen anderen SEO-Tools.

Viele der vielen Untermodule verdienen einen weiteren aufmerksamen Blick. Aber auch viele nicht sofort ersichtliche „Kleinigkeiten“ innerhalb der Untermodule, die das Leben erleichtern, konnten hier aus Platzgründen nicht gesondert hervorgehoben werden, wie z. B. die automatische Übergabe gefundener Fehler im eigenen Webauftritt per Mausklick in Trello. Oder die übersichtliche Darstellung wichtiger Kennzahlen auf URL-Basis im Content Analyser wie z. B. die Anzahl der Backlinks auf diese einzelnen Seiten, die Impressions, Bounce-Rate oder die Suchbegriffe, die zu Klicks auf diese Seite geführt haben. Das wirklich sehr ausführliche und mit vielen Daten ausgestattete Link-Building-Modul oder die gut gestalteten interaktiven Abfrageboxen für das Daten-Set-up beim Starten von Untermodulen – kurzum, SEMrush hält wirklich recht viel zum Entdecken und Ausprobieren bereit.

Wem der kurze Überblick Appetit gemacht hat, der kann und sollte sich SEMrush einfach in Ruhe über den Weg eines Test-Accounts näher ansehen und dann entscheiden, ob es vielleicht das Richtige zur Unterstützung der täglichen Aufgaben und zum Erreichen der eigenen SEO-/SEA-/Social-Media-Ziele ist.