Remarketing für den Content-Affiliate –

die eigenen Nutzer doppelt vermarkten

Jan Schuster
Jan Schuster

Jan Schuster arbeitet als Affiliate-Manager bei der Deutschen Telekom, Products & Innovation in Darmstadt. Er war zuvor zwei Jahre für den Vermarkter der Deutschen Telekom InteractiveMedia CCSP tätig und dort unter anderem für die Steuerung von Retargeting-Dienstleistern im Vermarktungsnetzwerk verantwortlich. Zuvor war er zwei Jahre bei der Jobsuchmaschine kimeta für das Online-Marketing verantwortlich.

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Im Affiliate-Marketing gibt es derzeit einige Gewissheiten. Eine davon ist, dass auch im Jahr 2012 nur wenige erfolgreiche Publisher-Geschäftsmodelle existieren. Dazu gehören z. B. Gutschein-Affiliates und PostView-/Display-Affiliates. Ganz sicher nicht dazugehört der Betreiber einer klassischen Content-Webseite – dabei bietet sich ihm mit dem Google Remarketing ein geeignetes Werkzeug, um seine Potenziale zu erweitern.

Als Ende der 1990er-Jahre das Affiliate-Marketing erfunden wurde, war das System recht einfach. Ein Affiliate baute eine Webseite mit entsprechendem Content und Nutzern auf und vermarktete diese auf Provisionsbasis mit einfachen Werbemitteln, die er auf seiner Webseite einbaute. Heute, im Jahr 2012, sieht Affiliate-Marketing ganz anders aus. Affiliates, die Content-Portale aufbauen und durch Produkttests und -vergleiche echten Mehrwert für ihre Nutzer und Werbekunden bieten, sind rar gesät. Das liegt vor allem daran, dass genau diese Affiliates die potenziellen Kunden der Advertiser sehr früh im Kaufentscheidungsprozess abholen. Mittlerweile aber haben sich die Technik der Advertiser und die Geschäftsmodelle der Top-Affiliates deutlich weiterentwickelt.

Das “Last-Cookie-Wins”-Paradigma der aktuellen Cookieweichen führt zu einem Kampf um den letzten Klick. Profiteure sind vor allem Werbeträger, die spät im Kaufentscheidungsprozess stehen, wie z. B. Gutschein-Affiliates oder aber auch die SEA-Anzeige bei Google. Zwar gibt es Überlegungen, wie man die frühen Kontaktpunkte besser entlohnen und gerechter bewerten könnte (z. B. via Conversion Attribution die Provisionen auf alle beteiligten Akteure einer Customer Journey zu verteilen), diese sind jedoch technisch noch unausgereift und brauchen wahrscheinlich noch Jahre, um sich in der Branche durchzusetzen. Deshalb bleiben die Contentseiten erst mal auf der Strecke. Dies ist im Übrigen keineswegs im Interesse der Advertiser; die sollten sich eigentlich über jeden Schreiberling freuen, der redaktionell und positiv über sein Produkt berichtet und den Nutzer früh im Kaufentscheidungsprozess abholt.

Näher an den Kaufabschluss

Bis zur technischen Reife entsprechender Vergütungsmodelle bietet sich dem Content-Affiliate mit Google Remarketing (eigentlich ein klassisches Retargeting) eine Möglichkeit, sich und seine Nutzer stärker ans Ende des Kaufentscheidungsprozesses zu schieben. Google Remarketing ist eine Form der interessenbezogenen Display-Werbung, die von Alexander Beck in der Website-Boosting-Ausgabe 07-08/2011 ausführlich vorgestellt wurde. Damit können Nutzer über das Google-Display-Netzwerk erreicht werden, die zuvor eine bestimmte Website besucht haben und getaggt wurden. Bewirbt man also den Nutzer einer Handy-Produktvergleichs-Webseite nach Verlassen der Seite mit Bannern eines Handy-Webshops, so vermarktet man im besten Fall bestehendes Nutzerinteresse, ohne die sonst im Display-Marketing üblichen großen Streuverluste.

In drei Schritten zum Remarketing

Um mit dem Remarketing zu starten, sollte man eine Webseite mit ausreichend Traffic besitzen, die im besten Falle Nutzern als Informationsplattform innerhalb seiner Kaufentscheidung für ein bestimmtes Produkt dient. Grundlage dafür ist die Erstellung sogenannter Remarketing-Listen im Google-Adwords-Konto. Wie das in drei Schritten geht, sieht man in der Abbildung.

Der generierte Code lässt sich einfach in den Body-Tag einer Webseite einbauen. Hat die Webseite mehrere thematische Schwerpunkte, die sich besser separat vermarkten lassen, sollte man mehrere Remarketing-Listen anlegen und deren Code-Snippets entsprechend auf die Webseite bringen. Der Code setzt nun jedem Besucher der Webseite ein Cookie, mit dem Google den Nutzer im gesamten Internet wiedererkennen kann – für jeden auf diese Weise getaggten (markierten) Nutzer gibt es einen neuen Eintrag in die Remarketing-Liste. Für den Webseitenbetreiber heißt es nun also erst einmal abwarten, bis sich diese Liste füllt, denn unter 100 gesetzten Cookies kann man eine Retargeting-Liste gemäß Google nicht aktiv im Adwords-Konto verwenden. Die Liste aktualisiert sich in Echtzeit und je nach eingestellter Cookie-Laufzeit fallen alte Nutzer heraus und neue kommen hinzu. 

Hat man ausreichend Nutzer gesammelt, kann man diese im Google-Display-Netzwerk bewerben. Entscheidend bei allen Retargeting-Ansätzen ist es, seine User im Internet auch wiederzufinden. Das Google-Display-Netzwerk hat in Deutschland laut Comscore 88,8 % Reichweite (Oktober 2011) und bietet damit beste Voraussetzungen.

Vorsicht: Advertiser!

Bevor man aber nun blindlings Werbemittel einbucht, sollte man unbedingt mit den Betreibern eines Affiliate-Programms sprechen. Die Advertiser sehen es nicht gerne, wenn Affiliates unabgesprochen womöglich auch noch Textanzeigen in Adwords einbuchen, denn hierfür beschäftigen sie selbst spezielle SEA-Agenturen. Wichtig ist, dass man von den Advertisern die Freigabe bekommt, grafische Werbemittel ins Google-Display-Netzwerk einzubuchen, und die Erlaubnis zum Directlinking – den Affiliate-Link direkt als Ziel-URL des Werbemittels bei Adwords zu hinterlegen. Das sind aus Sicht der Advertiser recht große Zugeständnisse, die kleineren Affiliates selten gemacht werden, dessen sollte man sich in den Gesprächen bewusst sein.

Tipps für Google-Remarketing-Starter: 

  • Ausschließlich Directlinking (ohne Umwege über andere Server) nutzen und den Nutzer direkt auf die Landingpage des beworbenen Webshops bringen!
  • Unbedingt auf Gebote, Tageslimits und Kosten achten – insbesondere, wenn man als Content-Affiliate noch wenig Erfahrungen mit Google Adwords gemacht hat!
  • Frequency Capping einstellen und Streuverluste vermeiden!
  • Verschiedene Werbemittel und Nutzeransprachen testen!

So what?

Google Remarketing bietet eine Erfolg versprechende Möglichkeit, den einmal gewonnenen Nutzer einer Content-Seite nicht nur beim Besuch auf der Seite zu vermarkten, sondern auch darüber hinaus. Die Zielgruppe ist auch für die Affiliate-Advertiser sehr interessant und so sollte es möglich sein, als Remarketing-Publisher zugelassen zu werden.

Vor allem in kompetitiven Märkten kann sich der Affiliate durchaus in einer lukrativen Verhandlungsposition befinden, wenn klar ist, dass ein Besucher ein konkretes Kaufinteresse für ein bestimmtes Produkt hat.

Derzeit ist das Remarketing-Geschäftsmodell im Affiliate-Marketing noch nicht weit verbreitet. Es wird sich also zeigen müssen, ob sich Content-Affiliates in der derzeitigen Last-Cookie-Wins-Welt des Online-Marketings wieder interessant machen können und in welchen Szenarien sie damit auch Geld verdienen können. Aus Advertiser-Sicht wäre es jedenfalls wünschenswert, wenn der inhaltlichen Produktpräsentation und -empfehlung durch die Publisher wieder mehr Bedeutung im Affiliate-Marketing zukommen würde.