Ein bekannter Spruch lautet „Kinder, wie die Zeit vergeht“. Daher wollen wir uns heute einmal anschauen, welche Rechtsprechung es so im Online-Werberecht in den letzten zwölf Monaten gegeben hat. Wir konzentrieren uns dabei auf die Werbekanäle E-Mail, Social Media und Telefon.
Neues zum Online-Werberecht 2024 für die Kanäle E-Mail, Social Media und Telefon
1. Werbekanal E-Mail Schauen wir uns zunächst den Werbekanal E-Mail an und gucken mal, welche neuen Urteile es 2023 und im angebrochenen Jahr 2024 so gegeben hat. a. Achtung vor Werbung im E-Mail-Footer Der Digital Service Act (DSA) hat zum Ziel, die Verbreitung illegaler Inhalte auf digitalen Plattformen umfassend zu kontrollieren und einzuschränken. Er richtet sich an eine Vielzahl von Unternehmen im Online-Bereich, insbesondere Suchmaschinen, (große) Plattform-Anbieter oder Webhosting-Unternehmen. Das LG Augsburg hatte zu beurteilen, ob bereits bestimmte Angaben im Footer einer E-Mail dazu führen, dass aus einer harmlosen elektronischen Nachricht eine unzulässige Werbe-Spam-Nachricht wird. Der Kläger fragte als Kunde beim Unternehmen per E-Mail an. In der Autoresponder-Nachricht des Unternehmens waren am Ende angegeben: „[Adresse] Telefon: +49 [...] Telefax: +49 [...] E-Mail: ... [...] Internet: www.[...].de Fragen zur Recherche Geschäftssitz: www.facebook.com/[...] www.twitter.com/[...] www.youtube.com/[...]“ Der Kläger sah darin bereits eine unerlaubte Werbung, da die Angaben im Footer weit über sachliche Informationen hinausgingen. Dem erteilte das LG Augsburg eine klare Absage. Die E-Mail habe rein informativen Charakter und auch die Verlinkung auf die Social-Media-Auftritte sei angemessen und nicht zu beanstanden. Im vorliegenden Fall ging das Gericht somit von keiner unzulässigen Werbe-E-Mail aus. Aber Vorsicht: So eindeutig ist die Sache keineswegs! Andere Gerichte vertreten hier einen deutlich restriktiveren Ansatz. So soll im Footer bereits der Link zu einer Kundenzufriedenheitsumfrage , die Bitte um eine Abgabe einer Bewertung bei Übersendung einer Online-Rechnung oder die Platzierung eines Werbeslogans aus der Nachricht eine unerlaubte Werbehandlung machen. b. Versteckter Hinweis in Datenschutzerklärung reicht für erlaubte E-Mail-Sendung nach § 7 Abs. 3 UWG nicht aus § 7 Abs. 3 UWG erlaubt die Übersendung von E-Mails auch ohne Vorliegen eines Opt-ins. Dafür müssen vier Voraussetzungen vorliegen: - Erhalt der E-Mail-Adresse muss im Rahmen von Verkaufsverhandlungen erfolgen. - Werbung darf nur für ähnliche Waren und Dienstleistungen erfolgen. - Kunde darf Zusendung nicht widersprochen haben. - Versender muss den Kunden vorab informiert haben. In der Praxis bereitet häufig die vierte Voraussetzung, nämlich die Information des Kunden, Probleme. Ein findiger Unternehmer hatte diese Information nun in seiner Datenschutzerklärung, die einen Umfang von 26 DIN-A4-Seiten hat, versteckt. Das LG Paderborn war der Ansicht, dass das unzureichend sei: Die gesetzlich vorgeschriebene Information werde hier in der Datenschutzerklärung versteckt und sei damit nicht ausreichend transparent. Der Unternehmer konnte sich also nicht auf die Ausnahmeregelung berufen und verhielt sich somit rechtswidrig. c. DOI auch bei Kontaktaufnahme über Online-Formular Die Einhaltung des Double-Opt-in-Prozesses (DOI) dürfte jedem Online-Unternehmer heutzutage bekannt sein. Häufig wird in der Praxis dabei jedoch nur an den Newsletter gedacht, wie ein aktueller Fall vor dem LG Köln zeigt. Ein Interessent hatte über das Kontaktformular der verklagten Firma eine Anfrage für einen Beratungstermin gestellt. Das Unternehmen versandte daraufhin ohne jede DOI-Prüfung eine Bestätigungs- und Erinnerungsmail. Der Empfänger der Nachricht bestritt, dass er über das Kontaktformular eine Anfrage gestellt hat. Zack! Aus der Nachricht an den vermeintlichen Interessenten wurde aufgrund der fehlenden DOI-Prüfung Spam. Geholfen hätte hier nur die Einhaltung des DOI-Prozesses, das heißt zuerst die Übersendung einer Check-Mail, die der Interessent zuerst hätte bestätigen müssen. Ja, praxisfern, werden Sie sagen. Damit vergraule ich doch nur den Kunden, werden Sie sagen. Richtig, aber: Ohne DOI sind Sie immer mit einem Bein in der Spam-Haftung, da sie etwas an eine nicht überprüfte E-Mail-Adresse versenden. d. Unwirksames Opt-in, wenn Kunde sich von jedem Sponsoreneintrag einzeln abmelden muss Im Rahmen eines Online-Gewinnspiels wurde eine Einwilligung für Telefonwerbung eingeholt. Die Website war so gestaltet, dass der Kunde, wenn er nicht einwilligen wollte, die Sponsoren abwählen musste. Dazu musste er für jeden einzelnen Sponsor einen „Unsubscribe“-Button anklicken. Unwirksam, so das LG München I. Eine solche Abmeldeprozedur sei klar unverhältnismäßig und daher unzulässig. Achten Sie also darauf, dass Sie dem User bei Einholung der Werbeeinwilligung eine einfache und schnelle Möglichkeit geben, bestimmte Teile der Werbeeinwilligung im Rahmen des Co-Sponsorings abzulehnen. e. Werbenachrichten trotz Abmeldung = 500 Euro Schadenersatz nach DSGVO Meldet sich ein Kunde vom Newsletter ab, erhält aber gleichwohl weiterhin Werbenachrichten, kostet das 500 Euro Schadenersatz gemäß DSGVO. Achten Sie also ganz besonders darauf, dass sämtliche Abmeldemöglichkeiten technisch funktionieren. Ausreden oder technische Unzulänglichkeiten reichen nicht als Entschuldigung. Die Abmeldung muss zudem zeitlich schnellstmöglich erfolgen. 2. Werbekanal Telefon Kommen wir nun zu den Entscheidungen für den Bereich des Telefons. a. Unternehmen darf Kunden nicht unter Vorwand um Rückruf bitten Auch für Werbeanrufe per Telefon beim Kunden (sogenannte Outbound-Calls) bedarf es bekanntlich einer Einwilligung. Ein Unternehmen ließ sich daher die geniale Idee einfallen, kündigende Kunde unter einem Vorwand um Rückruf zu bitten. Für solche Inbound-Calls bedarf es nämlich keiner Einwilligung, weil der Kunde ja selbst anruft. Das OLG Schleswig beendete jedoch die Idee, bevor sie weitere Früchte tragen konnte: Nur wenn ein sachlicher Grund für die Rückrufbitte bestünde (zum Beispiel Klärung von offenen Fragen), sei dies erlaubt. Werde hingegen die Aufforderung nur geäußert, um den Kunden in dem Telefonat zu einem Bleiben zu bewegen, sei das gesamte Handeln wettbewerbswidrig. b. Online-Unternehmen darf Kündigung nicht von telefonischer Bestätigung abhängig machen Eine ähnliche Idee hatte das Unternehmen im Fall vor dem LG Koblenz. Das Online-Unternehmen bot Hosting-Dienstleistungen an. Kündigte der Kunde, erhielt er die Nachricht, dass er die Kündigung telefonisch bestätigen müsse, andernfalls lief der Vertrag weiter. Auch hier bejahte das Gericht einen Wettbewerbsverstoß. Die Verpflichtung zur telefonischen Bestätigung diene nur dem Zweck, den Kunden zum Bleiben zu bewegen. Die Abwicklung hätte genauso gut per E-Mail erfolgen können. 3. Werbenachrichten über Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, XING oder X Die exakt gleichen Vorschriften, die für E-Mails gelten, sind auch auf Werbenachrichten über Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, XING oder X anzuwenden, so das OLG Hamm. Wer auf diese Weise Personen kontaktiere und Werbung verbreite, bedürfe einer entsprechenden Einwilligung. Liegt diese nicht vor, dann handelt es sich um unerlaubte Werbung.