Gerade im B2B ist die Analyse der Customer Journey nicht gerade einfach. Auf der anderen Seite stehen in der Regel professionelle Einkäufer, die vor einem potenziellen Kauf umfänglich(er) recherchieren. So entstehen teilweise deutlich mehr Touchpoints also bei Verbrauchern im B2C. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zeitspanne zwischen den ersten Recherchen und einem Kauf- oder Vertragsabschluss meist länger ist – Spontankäufe gibt es praktisch nicht. Wie findet man durch den Dschungel von Kanälen, durch die man von Suchenden gefunden wird? Und wie geht man dabei am besten methodisch vor? Robin Heintze und Peer Galle zeigen, wie es funktionieren kann!
Mehr B2B-Leads durch messbares Content-Marketing entlang der Customer Journey
„Welcher Kanal bringt mir die besten Leads?“ – eine Frage, die im B2B-Marketing häufig gestellt wird. Die Antwort darauf ist komplex, denn im B2B-Marketing gibt es eine Vielzahl an Herausforderungen, wenn es um die Messung und Optimierung von Kampagnen geht. ● Der Kaufentscheidungsprozess ist lang. Oft dauert es mehrere Monate zwischen dem ersten Kontakt und einem Kauf. ● Es sind mehrere Stakeholder involviert. Je kostspieliger die Entscheidung, desto häufiger sind verschiedene Abteilungen wie der Fachbereich, die Geschäftsleitung, die IT und der Einkauf involviert. ● Es gibt eine große Anzahl an Touchpoints, online und offline, die teilweise nur schwer messbar sind. ● Es ist viel Know-how notwendig, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Das führt dazu, dass hochwertiger, zielgruppenspezifischer Content erstellt werden muss. ● Der persönliche Kontakt ist in den meisten Branchen noch immer der letzte Kontakt vor dem Kaufabschluss. Diese Herausforderungen und Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass gezieltes, erfolgreiches B2B-Marketing eine komplexe Angelegenheit ist, die nicht einfach zu messen und zu steuern ist. Dazu stellt sich die Frage, ob es die Kanäle sind, die die Kaufentscheidung wirklich beeinflussen, oder eher die Botschaften und Inhalte, die etwas in den Köpfen der Zielgruppe verändern. Auch hierbei ist die Messbarkeit der Maßnahmen eine große Herausforderung und elementar, um die eigene Content-Strategie stetig zu verbessern und die Leadgenerierung in Schwung zu bringen. Die Probleme mit der Messbarkeit Das erste Problem stellt die Heterogenität der Touchpoints im B2B-Marketing dar. Neben den „klassischen“ Online-Marketing-Kanälen wie der Website, E-Mail-Marketing, SEO, SEA, LinkedIn etc. kristallisieren sich schnell die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kanäle heraus. Allein LinkedIn hat zahlreiche recht unterschiedliche Touchpoint-Ebenen: Zwischen dem persönlichen Kontakt mit einem potenziellen Lead bis zum reichweitenstarken, aber distanzierten Update zur Unternehmensentwicklung liegen gefühlt Welten. Dazu tauchen bei manchen Kanälen oft ungewohnte Fragen auf: Wie tracke ich einen Podcast? Wie Webinare? Und erst Messen und Events? In manchen Fällen ist dies nicht einfach und erfordert Herangehensweisen abseits der gängigen Tracking-Methoden. Schnell wird klar, dass sich hier Qualität und Quantität der Leads je nach Kanal stark unterscheiden. Die gute Nachricht ist, dass all diese Kanäle im B2B-Marketing eins gemeinsam haben: die Themen, die ich dort ausspiele, und natürlich die Anfragen, die ich dazu bekomme. Diese werden zentral für unsere Messung sein. Und mit der Betrachtung der Anfragen wird klar, dass hier die Perspektive des Sales-Teams einfließen muss. Wir müssen Kanal- und Kundenseite abbilden. Einer der Schlüssel hierzu ist die Einbindung der Sales-Mitarbeiter, die durch ihren stetigen Kontakt zu Interessenten und Kunden die Seite der Rezipienten gut im Blick haben. Diese Perspektive ist essenziell für valide Aussagen zur wirklichen Performance meiner Inhalte. Um diese Ebenen miteinander zu verbinden, benötigt es ein (multidimensionales) Messmodell, das uns genau diese Aussage liefert: Über welche Themen in meinem Content-Mix generieren wir die besten Anfragen und darüber auch Kunden? Das Offensichtliche: Content-Marketing Der Startpunkt, um so ein Modell aufzubauen, liegt im Content-Marketing. Hier müssen die klassischen Fragen beantwortet werden: Was sind meine Zielgruppen, Buyer Personas, Touchpoints auf der B2B-Customer-Journey? Wie können wir unsere Maßnahmen auf den einzelnen Touchpoints messen? Abbildung 1: Relevante Fragen für die Content-Planung Zentral ist die Erstellung des Content-Plans: Welche Themenkomplexe können wir für diese Zielgruppe gut bedienen? Wichtig hierbei: In welchen dieser Themenkomplexe können wir im Vergleich zum Wettbewerb als Autorität bei der Zielgruppe wahrgenommen werden? Inhaltliche Autorität ist gerade im B2B-Kontext oft der entscheidende Faktor, gerade wenn es um die thematische Expertise im Wettbewerb geht. Dass die Erlangung einer solchen Autorität kein Kurzsprint ist, sollte klar sein. Befindet sich das Content-Marketing in einem stetigen Optimierungsprozess, rückt dieses Ziel oftmals schneller in greifbare Nähe. Die andere Seite der Medaille: Sales Wichtig in der Betrachtung ist hier aber auch die Sales-Seite: Nur wenn ich weiß, über welche Themen die Anfragen kommen, kann ich den wirklichen Erfolg der Marketingmaßnahmen bewerten. Neben der reinen Anzahl sind auch qualitative Merkmale für uns wichtig: Wie viele Kunden wurden aus den Anfragen generiert? Wie hoch war der Umsatz? Diese Aussagen fehlen uns vor dem Einrichten eines Messmodells, bestenfalls können wir hier auf das Bauchgefühl der Sales-Mitarbeiter setzen. Zeit, mit der Datenerfassung zu starten. Datenerfassung, Teil eins: die Marketingmaßnahmen Vorneweg die wichtigste Regel: Jeder Kanal sollte hier gemessen werden! Je weniger Intransparenz, umso besser. Ja, im B2B-Marketing sind die Kanäle bisweilen sehr unterschiedlich, aber jeder lässt sich messen. Die eigene Website ist mit den gängigen Webtracking-Lösungen gut messbar, E-Mailing-Kampagnen über das CRM oder den E-Mail-Dienstleister, andere Kanäle haben eigene Analysemöglichkeiten und Konnektoren zu Dashboard- und Reporting-Lösungen. Es gibt keine Ausreden: Auch das klassische, händische Erfassen von Leads in Google Sheets beziehungsweise Excel hilft! Abbildung 2: Daten aus allen Kanälen zusammenführen Im Idealfall steht am Ende ein gut verständliches, zusammenfassendes Reporting, das die wichtigsten Aussagen liefert. Hier ist natürlich Automatisierung eine große Hilfe: Im Beispiel des umfassenden Messmodells hier ist die Komplexität durch viele Quellen, Tools und Konnektoren höher. Alle Informationen werden am Ende in ein Data-Warehouse gespielt, wo alle Daten kumuliert und in der Looker-Studio-Dashboard-Lösung für alle Beteiligten visualisiert werden. Für manche Unternehmen und Marketingteams kann so ein umfangreiches Modell für den Start überdimensioniert sein oder es scheitert an den notwendigen Ressourcen. In diesen Fällen ist es sinnvoll, die Komplexität zu reduzieren und nur einzelne Kanäle mit weniger Tooleinsatz zu bündeln. Denn es ist immer besser, mit weniger Daten zu arbeiten als mit gar keinen. So kann es ein guter erster Schritt sein, erst einmal die wichtigsten Kanäle zu tracken und nicht lückenlos alle. Abbildung 3: Klein anfangen: Das eigene Messmodell sollte an die eigenen Möglichkeiten angepasst werden Zu Beginn ist der richtige Fokus wichtig, um in den Prozess zu kommen. Welches sind die zwei bis drei wichtigsten Kanäle für mein B2B-Marketing? Welches Themencluster ist für das eigene Marketing am wichtigsten? Wer klein beginnt, hat auch weniger Druck beim Set-up der Systeme. Wenn es in manchen Fällen keine greifbare technische Lösung für Automatisierungen gibt, tut es auch am Anfang ein händischer Report. Datenerfassung, Teil zwei: Sales Der nächste entscheidende Schritt ist die bereits angesprochene Verknüpfung unserer bisherigen Marketingdaten, die im Sales-Bereich rund um Anfragen und Abschlüsse verfügbar sind. Aus Erfahrung lässt sich sagen, dass es wichtig ist, die Sales-Kollegen frühzeitig ins Projekt zu integrieren. Gerade sie profitieren sehr stark von den Aussagen des Messmodells und können diese Daten liefern. In unserem Messmodell ist besonders die thematische Verortung wichtig, da wir die Performance unserer Themenkomplexe messen wollen: ● Welche Dienstleistung wurde angefragt? ● Welche Dienstleistung wurde tatsächlich vermittelt? In unserem Fall zeigt die Erfahrung oft, dass sich Angefragtes und die tatsächlich benötigte Dienstleistung oft unterscheiden. ● Ziemlich offensichtlich, aber sehr hilfreich für die Zuordnung zu unseren Themenkomplexen: Über welchen Touchpoint kam die Anfrage herein? Hier werden sowohl automatisch erfasste als auch manuell durch das Sales-Team hinzugefügte Informationen gleichermaßen verwendet. Die Informationen in dieser Tabelle sind nur Dummy-Daten. Es handelt sich nicht um echte Exporte aus dem CRM. Abbildung 4: Beispielexport aus dem CRM – alle relevanten Daten für die Auswertung sind erfasst. Warum die Unterscheidung zwischen der angefragten Dienstleistung und der tatsächlich angebotenen Leistung? Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass nicht immer das angefragte Thema tatsächlich für den Kunden auch empfehlenswert ist. Kunden benötigen oft eine andere Dienstleistung, bevor das Angefragte überhaupt erst sinnvoll ist. Ein Kunde, der in unserem Beispiel wegen SEO anfragt, benötigt unter Umständen davor Strategieberatung und richtige Positionierung, bevor die SEO dort sinnvoll ist. Gerade im B2B-Kontext sind solche sich bedingende Ebenen in den angebotenen Leistungen nicht selten. Treten hier häufig Diskrepanzen auf, lohnt es sich, den Content zu überarbeiten, um potenzielle Kunden besser zu den richtigen Leistungen zu führen. Sowohl das Modell als auch die Vorgehensweise lassen sich auf viele Branchen übertragen. Die Qualität der Reichweite Im Optimalfall haben wir jetzt ein Dashboard oder Reporting, in dem die unterschiedlichen Messungen zu einem Themenkomplex zusammengeführt wurden und das einen guten Überblick über die wichtigsten Kennzahlen des jeweiligen Kanals bietet. Auch hierbei handelt es sich um Dummy-Daten und keine echten Werte aus den Analysetools. Abbildung 5: Beispieldaten zum Thema Marketing Automation Der aufmerksame Leser hat schon zu Beginn des Artikels gemerkt, dass die unterschiedlichen Kanäle zu quantitativ sehr unterschiedlichen Reichweiten und qualitativ sehr unterschiedlichen Leads führen. Ein Like für einen LinkedIn-Post rangiert qualitativ sicherlich weit unter einer persönlichen Anmeldung zu einem Webinar. Dafür sind die Reichweiten bei LinkedIn natürlich um ein Vielfaches höher als die Anzahl an Teilnehmern eines Webinars. Ist es da überhaupt sinnvoll, diese Kennzahlen aus so unterschiedlichen Quellen zu vergleichen? Eine Gewichtung der verschiedenen Kanäle ist ein einfacher Weg, diese Aspekte abzubilden. Hier spielt die Erfahrung der Sales-Kollegen eine wichtige Rolle. Diese können sicher gut beurteilen, wie hier die Qualitätsunterschiede in den Kanälen sind. Eine Verifizierung dieses Bauchgefühls anhand der vorhandenen Daten führt dann für diesen Zweck zu einer qualitativen Gewichtung der Reichweite. Mit diesem Faktor errechnen wir dann eine gewichtete Reichweite, die diesen Aspekt berücksichtigt. Durch diese Annäherung lassen sich jetzt die verschiedenen Kanäle sehr gut vergleichen und für das jeweilige Thema Schlussfolgerungen ziehen. Abbildung 6: Beispiel einer einfachen gewichteten Reichweite Der Blick in die Daten und Hypothesenbildung Mit den zusammengeführten Daten aus der (qualitativ bewerteten) Reichweite und den Anfragen lassen sich Ableitungen zur Performance eines Themenkomplexes machen. Abbildung 7: Beispieldaten zu Reichweite und Anfragen – Anfragen kommen zwei bis drei Monate nach der Ausspielung des Contents herein. Im nächsten Schritt geht es darum, die Daten zur Bildung von Hypothesen zu nutzen. ● Sind Korrelationen erkennbar? Gibt es zeitliche Verzögerungen zwischen der Ausspielung der Kampagne und dem Anstieg der Anfragen? Gerade im B2B-Kontext können Entscheidungsprozesse potenziell länger sein. Hier ein Muster zu erkennen, kann sehr wertvoll für das eigene B2B-Marketing sein. ● Lassen sich die stärksten Kanäle identifizieren? Hier ist vor allem ein Vergleich zwischen gut trackbaren Online-Kanälen (wie YouTube oder LinkedIn) und Kanälen wichtig, die vorrangig nur über Sales-Daten erfassbar sind. Eine Aussage wie „Die Kanäle Podcast und YouTube sorgen für die beste Reichweite für Leads“ ist für die weitere Strategie im Content-Marketing zu diesem Thema wertvoll. Vielleicht lohnt es sich, den Fokus in der nächsten Kampagne auf diese beiden Kanäle zu legen? ● Eine Validierung mit den Abschlüssen beziehungsweise Umsätzen ist oft sinnvoll: Welche Kanäle bringen die meisten Umsätze? Welche Kanäle bringen Anfragen, die in wenigen Abschlüssen münden? Am Ende aller Bemühungen steht nun einmal ganz nüchtern betrachtet ein wirtschaftliches Interesse, das berücksichtigt werden muss. Aufgrund solcher Ableitungen lassen sich Hypothesen schließen, die als Grundlage für die nächste Kampagne im Content-Marketing getestet werden können. Zum Beispiel ist die Aussage „Das Thema SEO wird mit mehr Engagement in der Videoproduktion mehr Anfragen generieren“ als Hypothese ein sehr hilfreicher Handlungsauftrag für die nächsten Schritte im Content-Marketing. Strategieanpassung und Repeat Sobald solche Hypothesen gebildet sind, müssen sie im nächsten Content-Marketing-Anlauf getestet werden. Das bedeutet, dass der oben beschriebene Prozess wieder auf Start gesetzt wird: Content-Planung, Content-Distribution, Messung, Analyse … Wir kennen jetzt den Ablauf. Abbildung 8: Der sich wiederholende datengetriebene Prozess im Content-Marketing Ein sich wiederholender Prozess hilft uns, den Wirkungsgrad unseres B2B-Content-Marketings und damit die Leadgenerierung insgesamt von Prozessdurchlauf zu Prozessdurchlauf stetig zu verbessern. Auch der Prozess selbst kann so ausgebaut werden. Ist er einmal etabliert, können weitere Themenkomplexe im Content-Marketing erschlossen und weitere Kanäle in die Messumgebung aufgenommen werden. Fazit Das vorgestellte Beispielmodell ist nicht eins zu eins auf jedes individuelle Set-up übertragbar, die Vorgehensweise jedoch schon. Natürlich sollten die individuelle Ressourcensituation und Zielgruppen berücksichtigt werden. Das eigene Messmodell sollte realistisch bleiben, gerade bei knapper Ressourcenlage. Lieber mit weniger Themenkomplexen, weniger Touchpoints und bewältigbaren Technologien antreten, die dann aber mit aller Konsequenz erarbeitet werden können. Denn ein zielgerichtetes Content-Marketing hilft auf dem Weg zu einer Autorität in bestimmten Themenkomplexen auf den für uns wichtigen Kanälen. Dass hier ein Maximum an Messbarkeit essenziell ist, liegt auf der Hand. Je mehr Transparenz rund um die eigenen Maßnahmen aufgebaut wird, desto effektiver ist die Gestaltung des Content-Marketings und desto effizienter ist es im Hinblick auf neue Leads. Gelingt es, diesen Prozess Schritt für Schritt zu verbessern, steht das B2B-Marketing auf einer soliden Basis. Eine optimierte Leadgenerierung ist natürlich gerade für das Sales-Team eine willkommene Sache. Wenn dann das eigene Set-up mit Messmodell eingerichtet und das Sales-Team integriert ist, schließt ein solches Projekt mit Datenmessung und Analyse die Lücke zwischen Marketing- und Sales-Aktivitäten im B2B.