Siebeneinhalb Lifehacks, die dir das Leben mit Google Analytics 4 signifikant erleichtern

Michaela Linhart
Michaela Linhart

Michaela Linhart ist freier Consultant und für Konzeption, Set-up und Optimierung digitaler Analyse zuständig. Ihr Ziel: operative und strategische Entscheidungen durch Daten. Außerdem ist sie Referentin für Google Analytics 4 bei 121WATT. In ihrer Freizeit bloggt sie am liebsten auf ihrer ANALYTICSkiste mit dem Ziel, Daten den Menschen näherzubringen, und geht mit ihrem Hund „Schatz” joggen.

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Maximilian Schmitt
Maximilian Schmitt

Maximilian Schmitt hat bei Prof. Dr. Mario Fischer den Bachelor E-Commerce studiert und anschließend einen Master im Fachgebiet „Human-Computer Interaction“ absolviert. Die Grundlage beider Disziplinen ist die Datenerhebung. Ohne Daten gibt es keine Optimierung. Seitdem berät er Unternehmen in Sachen Analytics und Tracking sowie datengetriebene UX-Optimierung.

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Seit nun circa vier Jahren treibt Google Analytics 4 sein Unwesen. Die Meinungen zu GA4 sind stark gespalten: Manche lieben das Tool und die Vielzahl an neuen Möglichkeiten. Andere wiederum sind skeptisch und wünschen sich alte Berichte, die alte Menüführung und alte Metriken zurück. Dieser Artikel ist ein Plädoyer für GA4. Mit nur wenigen Handgriffen können nicht nur altbekannte Funktionen aus Universal Analytics in GA4 reaktiviert, sondern auch das volle Potenzial aus GA4 ausgeschöpft werden. Wir zeigen, wie das geht.

Online-Marketer sind heutzutage mehr denn je aufgefordert, den Erfolg ihrer Arbeit mit Reports, Dashboards und informativen Diagrammen zu belegen. Eines der „Lieblings-Tools“ des letzten Jahrzehnts war Google Universal Analytics (UA), das jedoch seit Juli 2023 keine Daten mehr erfasst (Sunset). Am 1. Juli 2024 erfolgt der tatsächliche „Platform Turndown“. Google löscht alle alten UA-Propertys inklusive deren Daten. Der Nachfolger: Google Analytics 4 (GA4), das bereits seit 2020 sein Unwesen treibt. Unzählige fortschrittliche Features mit Machine-Learning-Funktionalität sind bereits verfügbar. Viele Basis-Features fehlen allerdings noch. Kein Wunder, dass GA4 noch nicht jedermanns Favorit ist. Die nachfolgenden Lifehacks sollen das Leben mit GA4 jedoch signifikant erleichtern.

Lifehack Nummer eins: der GA4-Fixer

Ein kleines, aber außergewöhnlich feines Feature in den Datentabellen des alten Universal Analytics war die Darstellung des prozentualen Anteils am Gesamtanteil, wie Abbildung 1 zeigt. „Wie viel Prozent bezahlte Besucher haben wir denn auf unserer Seite, Herr Online-Marketing-Verantwortlicher?“ Diese und ähnliche Fragen kommen im beruflichen Alltag häufig vor. Universal Analytics hat dabei augenblicklich die Antwort geliefert.

Leider fehlen die „% of total“ in Google Analytics 4 gänzlich, was das tägliche Arbeiten mit dem Tool deutlich erschwert. Anstatt nun jedes Mal den Bericht als CSV herunterzuladen und die Werte händisch in Google-Sheets berechnen zu lassen, kann die kostenlose Google-Chrome-Extension „GA4 Fixer“ von Steve Lamar installiert werden. Mit einem Schlag ist die prozentuale Verteilung zurück, wie Abbildung 2 zeigt. Zusätzlich erhält man auch die „Click to copy“-Funktionalität, die in GA4 bewusst unterdrückt wurde. Weitere Features werden laufend gelauncht.

Lifehack Nummer zwei: Annotations in GA4

Ein ähnlich großartiges, jedoch kostenpflichtiges Google-Chrome-Browser-Plug-in ist das „Automated Google Analytics Annotations GA4“-Plug-in. Mit diesem können Anmerkungen und kleine Notizen in die Zeitleiste von GA4 hinzugefügt werden, wie Abbildung 3 zeigt. Diese sind notwendig, wenn Änderungen an der Website oder im Tracking erfolgen, die Einfluss auf Traffic und Conversions haben. Auch für Marketingaktionen können sogenannte Annotations gesetzt werden. Wird beispielsweise ein Newsletter versendet, kann am entsprechenden Tag eine Notiz in GA4 hinzugefügt werden, die den Analysten später dabei hilft, den Traffic-Peak besser zu verstehen. Auch dieses Feature war standardmäßig im alten Universal Analytics verfügbar und fehlt derzeit noch in GA4.

Eine kostenlose Alternative ist das Pflegen eines Excel- oder Google-Sheets, wie Abbildung 4 zeigt. Vorteil dieser Variante ist, dass alte Annotations aus UA heruntergeladen und ins Sheet eingepflegt werden können. Somit erhält man zusätzlich eine Historie aller vergangenen Ereignisse.

Lifehack Nummer drei: „Custom Alerts“ in GA4

Apropos Änderungen, die Auswirkungen auf das Tracking haben: Ein weiteres wertvolles Feature im alten UA waren „benutzerdefinierte Benachrichtigungen“ (auf Englisch „Custom Alerts“). Einmal eingerichtet, erhält man automatisch E-Mail-Benachrichtigungen, wenn sich Traffic oder Conversions maßgeblich verändern. Ist beispielsweise der Umsatz im Vergleich zur Vorwoche um 50 % gesunken oder der SEO-Traffic um 100 % gestiegen, wird man umgehend informiert und kann die Ursache sogleich erforschen. Glücklicherweise gibt es dieses Feature auch in Google Analytics 4, es versteckt sich jedoch im Berichts-Snapshot der Standardberichte. Klickt man hier im dritten Widget namens „Statistiken“ auf „Alle Statistiken ansehen“ und weiter auf den blauen „Erstellen“-Button rechts oben, kann eine eigene Regel für die Erstellung der benutzerdefinierten Information (auf Englisch „Custom Insight“) angelegt werden. Der vermutlich wichtigste „Custom Insight“ ist, wenn keine Daten in GA4 einfließen. Um diesen zu erstellen, wird als Bedingung die „Häufigkeit der Auswertung“ auf „Täglich“ gesetzt. Als Messwert kann „Nutzer insgesamt“, als Bedingung „Ist kleiner als oder gleich“ und als Wert „0“ gewählt werden, wie Abbildung 5 zeigt. Der Name der Information sollte möglichst sprechend gewählt werden, da dies der Betreff der E-Mail ist. Zuletzt können unter „Benachrichtigung verwalten“ die Empfänger der E-Mail gewählt werden.

Einmal gespeichert, ist der „Custom Insight“ auch schon aktiv und kann in den „Insights“ unter „Verwalten“ jederzeit bearbeitet werden.

Lifehack Nummer vier: die Bibliothek

GA4 bietet im Standard bereits jede Menge Berichte, die in zwei Kategorien eingeteilt sind: Übersichtsberichte (Dashboards) und Detailberichte (Diagramme und Tabelle). Je ein Übersichtsbericht und maximal zehn Detailberichte werden in sogenannten „Themen“ wie zum Beispiel Akquisition und Engagement zu „Sammlungen“ wie beispielsweise Lebenszyklus und Nutzer zusammengefasst. Dabei ist nicht jeder Detailreport in der Berichtsnavigation verfügbar. Einige verstecken sich in den Übersichtsberichten und müssen bei Bedarf händisch in die Navigation geholt werden. Das macht die Navigation zwar schlank und übersichtlich, wirkt aber leider, als würden zahlreiche Berichte fehlen.

Eines der genialsten Features von GA4 ist die Bibliothek: Mit dieser können sowohl die Berichtsnavigation als auch alle Standardberichte von GA4 global umkonfiguriert werden. So kann beispielsweise der Google-Ads-Bericht, der im Standard nicht in der Berichtsnavigation von GA4 verfügbar ist, manuell in die Navigation gezogen sowie um zusätzliche Metriken ergänzt werden. Wie in Universal Analytics muss dazu die jeweilige GA4-Property mit einem Google-Ads-Konto verknüpft werden. Anschließend navigiert man in den Berichten zu „Akquisition – Übersicht“ und klickt im Google-Ads-Widget auf den Link zum Detail-Report „Google Ads-Kampagnen ansehen“. Über das Bleistift-Symbol rechts oben gelangt man in die Bibliothek. Hier kann der Bericht nun angepasst und um weitere Dimensionen und Metriken ergänzt werden, wie Abbildung 6 zeigt.

Wird der Bericht anschließend als neuer Bericht abgespeichert, landet dieser als benutzerdefinierter Standardbericht in der Bibliothek. Navigiert man nun zur Bibliothek, kann die gewünschte Sammlung wie beispielsweise Lebenszyklus bearbeitet und der neu erstellte Bericht mittels Drag-and-drop an einer beliebigen Stelle in der Navigation hinzugefügt werden. Et voilà, die GA4-Berichtsnavigation ist individuell erweitert worden, wie Abbildung 7 mit mehreren Berichten zeigt.

Tipp

Die Bibliothek ist nur für Administratoren verfügbar. Grund dafür ist, dass Änderungen in der Berichtsnavigation und den Standardberichten global für alle Nutzer sichtbar sind, die Zugriff auf die GA4-Property haben. Es ist daher empfehlenswert, sich ein gutes Konzept zu überlegen. Nach der Umsetzung wird die Bibliothek in der Regel nur mehr selten benutzt.

Lifehack Nummer fünf: GA4-Cheatsheet für Dimensionen und Metriken

Schon bei den ersten Analysen, aber erst recht bei der Anpassung der Berichte wird meist entsetzt festgestellt, dass Dimensionen und Metriken aus UA in GA4 umbenannt wurden. So heißt die sprechende Metrik „Seitenaufrufe“ aus UA plötzlich nur noch „Aufrufe“ in GA4. Die „durchschnittliche Sitzungsdauer“ (UA) wurde zur „durchschnittlichen Interaktionsdauer“ (GA4) und „Zielvorhaben“ (UA) zu „Schlüsselereignissen“ (GA4), um nur einige Beispiele zu nennen. Das geniale GA4-Cheatsheet von data.ga4spy.com hilft enorm bei der Umgewöhnung. Es kategorisiert Dimensionen und Metriken und zeigt, was GA4 im Standard bietet und wie die entsprechenden Parameter im GA4-Interface bezeichnet werden, wie Abbildung 8 zeigt.

Lifehack Nummer sechs: Standardbericht in die explorative Datenanalyse exportieren

Arbeitet man sich nun tiefer in GA4 ein und möchte individuelle Use-Cases reporten, stößt man mit den Standardreports häufig an die Grenzen von GA4. Es empfiehlt sich stattdessen, die explorative Datenanalyse zu nutzen, die auch gerne als „Custom Reporting“-Bereich bezeichnet wird. Hier gibt es die Möglichkeit, mit einem leeren Bericht zu starten oder aus einer Vielzahl an Vorlagen und Diagrammen zu wählen. Häufig ist es jedoch so, dass dem Standardbericht nur eine Kleinigkeit fehlt wie beispielsweise eine dritte Dimension oder ein dauerhaft bestehender Vergleich. Statt nun den Standardbericht mühsam in der explorativen Datenanalyse nachzubauen, kann dieser über einen verzwickten Weg exportiert werden. Wie Abbildung 9 zeigt, muss dazu im Detailbericht ein Vergleich hinzugefügt und in der Seitenleiste ganz unten auf den Button „Expl. Datenanalyse“ geklickt werden. Et voilà, schon rutscht der gesamte Standardbericht (Diagramme und Tabelle) in die explorative Datenanalyse und kann von hier aus weiterbearbeitet werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese geniale Funktion in nächster Zeit präsenter im GA4-Interface verfügbar sein wird …

Wann verwendet man einen Standardbericht und wann die explorative Datenanalyse?

Standardberichte dienen der schnellen Beantwortung einer Analysefrage, können jedoch nicht individualisiert werden. Änderungen über die Bibliothek gelten global für alle Nutzer einer GA4-Property und dienen daher nicht der persönlichen Individualisierung. Für spezifische, individuelle Analysen eignet sich stattdessen die explorative Datenanalyse. Berichte, die hier erstellt werden, sind in erster Linie nur für den jeweiligen Nutzer sichtbar, können aber auch geteilt werden.

Lifehack Nummer sieben: Detaillierungsgrad im Liniendiagramm

Liefert die Tabelle nicht die gewünschten Insights in den Daten, gab es auch schon in Universal Analytics unterstützende Diagramme. Webanalyse ist ja bekanntlich eine Trendanalyse. Zur Trenderkennung gab es in UA kein schöneres Feature als den Detaillierungsgrad im Liniendiagramm, wie Abbildung 10 zeigt.

In den GA4-Standardberichten sucht man den Detaillierungsgrad aktuell noch vergeblich. Allerdings ist dieser in der explorativen Datenanalyse verfügbar. Wählt man hier das Verfahren „Freies Format“ und als Visualisierung das Liniendiagramm, gibt es in den Einstellungen weiter unten die Möglichkeit, den Detaillierungsgrad zu wählen, wie Abbildung 11 zeigt.

Lifehack Nummer siebeneinhalb: UA-Daten sichern

Der letzte Lifehack ist keiner für GA4, sondern für GA3 (Universal Analytics) – und zählt deswegen nur zur Hälfte. Da in wenigen Tagen (1. Juli 2024) der „Plattform Turndown“ von Universal Analytics droht, steht die Frage im Raum, ob die alten Daten gespeichert werden können, denn diese können nicht einfach nach GA4 übernommen werden. Leider bietet UA auch keinen „Alle Daten retten“-Button. Stattdessen können historische Daten für jeden Bericht einzeln als CSV-, TSV-, Excel- oder PDF-Datei heruntergeladen werden, wie Abbildung 12 zeigt.

Eine automatisierte Lösung bietet die UA-Reporting-API. Diese kann beispielsweise mittels „Google Analytics Spreadsheet Add-on“ angezapft werden, um die historischen Daten automatisiert in Google-Sheets zu laden. Die optische Datenaufbereitung kann direkt in Google-Sheets oder im deutlich attraktiveren Looker Studio erfolgen. Der Aufwand, diese Lösung umzusetzen, ist allerdings relativ hoch, da einerseits sehr genau überlegt werden muss, welche Daten abgefragt werden. Einfach alle geht leider nicht und wäre vermutlich auch nicht sinnvoll. Andererseits muss die Lösung technisch umgesetzt werden. Searchware (DE) und CypressNorth (USA) haben sich dieser Aufgabe angenommen und stellen mit dem „UA Export“ (searchware.net/de/ua-export/) bzw. „UA Data Extract“ (https://cypressnorth.com/solutions/data/universal-analytics-data-extract/) zwei großartige Looker-Studio-Dashboards zur Verfügung, die die UA-Daten auch nach dem „Platform Turndown“ anzeigen. Beide Lösungen sind zwar kostenpflichtig, es ist jedoch der schnellste und einfachste Weg der UA-Datenrettung.

Fazit

Der Abschied von Universal Analytics mag für viele beunruhigend sein. Doch die Möglichkeiten, die GA4 bietet, sind vielfältig. Freundet man sich erst einmal mit dem Tool an, entdeckt man überall versteckt großartige neue Features, Diagramme und Möglichkeiten. Der Fokus ist dabei immer auf die Zukunft gerichtet und konzentriert sich mittels Machine Learning konstant auf die Datenqualität. Was an Features fehlt, liefert, wie auch schon bei UA, die Community. Aktuell berücksichtigt werden muss, dass GA4 erst knapp vier Jahre alt ist und noch in den Kinderschuhen steckt. Google veröffentlicht fast wöchentlich neue Features, die in den Release-Notes (einfach.st/ga841) nachgelesen werden können. Somit kann gesagt werden, dass GA4 täglich besser wird.