Keyword-Recherche 4.0

Zielgruppen-Interessen-Analyse für eine nachhaltige Content-Strategie

Beatrice Eiring
Beatrice Eiring

Dr. Beatrice Eiring ist promovierte Sprachwissenschaftlerin und hat Germanistik sowie BWL an der Uni Würzburg studiert. Seit 2012 gehört sie zum Team der eology GmbH und leitet dort die 15-köpfige Content-Creation-Abteilung, deren Schwerpunkt die Erstellung hochqualitativer Online-Texte ist. Sie berät KMU ebenso wie Konzerne bei der Positionierung im Netz und erarbeitet für diese langfristige Content-Strategien.

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Sicherlich wissen Sie: Ihr Content muss bestimmte Keywords enthalten, um für Suchmaschinen relevant zu sein und damit für die Nutzeranfragen in den Suchergebnissen möglichst weit oben zu stehen. Doch wissen Sie, dass Keywords noch viel mehr „können“? Sie verraten Ihnen nämlich einiges über die Interessen Ihrer Zielgruppe(n). Eine Keyword-Recherche ist nicht nur eine Maßnahme zur Suchmaschinenoptimierung, sondern die Basis für eine nachhaltige Content-Strategie. Sie beantwortet Ihnen die wichtige Frage: Welche Inhalte sollen Sie erstellen – und zwar nicht nur für Ihre Website, sondern kanalübergreifend auch für Ihre Social-Media-Profile?

Die Keyword-Recherche gehört zu den Grund-Disziplinen der Suchmaschinenoptimierung. Jedoch haben sich im Laufe der Zeit sowohl ihre Bedeutung als auch das Vorgehen beim Recherchieren von Keywords immer wieder verändert. So hat das Hummingbird-Update 2013 sehr einschneidend einen semantischen Wandel verursacht. Man hat ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nur nach dem einen Keyword für eine Webseite gesucht, sondern nach einem semantischen Keyword-Set, das ein Thema holistisch beschreiben konnte (vgl.: „Semantische Keyword-Recherche: Die Suche nach den richtigen Wörtern“; Website Boosting. Ausgabe 37). Denn Google konnte dank seines „Kolibris“ (das Update hat semantische Änderungen am Algorithmus der Suchmaschine vorgenommen) Texte semantisch bewerten, also deren Bedeutung im Gesamten und nicht mehr nur die Bedeutung einzelner Wörter. Die semantische Keyword-Recherche hielt in der Suchmaschinenoptimierung Einzug.

Die SEO ist stetig im Wandel, und das ist seit einiger Zeit wieder sehr deutlich zu spüren. Früher hieß es: Webseiten brauchen Keywords, damit die Suchmaschinen deren Inhalt als relevant für die Suchanfragen der Nutzer einstufen können. Denn dann kann Ihre Website Top-Positionen in den SERPs, den Suchergebnisseiten, erreichen. Heute heißt es treffender: Mithilfe von Keywords erreichen Sie, dass Ihr Webseiteninhalt interessant ist für die Nutzer, und wenn das der Fall ist, dann rankt er gut.

Natürlich ist es nach wie vor so, dass Suchmaschinen den textlichen Inhalt (die Summe aller auf einer Seite vorhandenen Wörter) als Basis verwenden, um die Relevanz einer Website zu bewerten. Enthält der Text einer Seite die Keywords, die den Suchanfragen der Nutzer entsprechen, wissen Google & Co., dass sie für diese Anfragen relevant ist. Denn die Keywords sind nichts anderes als die Suchanfragen der Nutzer. Die Bedeutung von Keywords wandelt sich allerdings gerade.

Der Webseiteninhalt muss nicht nur Relevanz bieten

Für den Content-Erfolg ist nicht mehr allein die Relevanz – gemessen an der bloßen Verwendung bestimmter Wörter – entscheidend. Die Suchmaschinen, allen voran Google, möchten das beste Ergebnis für den Nutzer. Sie ziehen daher ebenfalls in Betracht, wie interessant der Content für die Nutzer ist. Wie machen sie das? Indem sie die Nutzersignale bewerten. Zu diesen gehören:

  • Die Verweildauer: Wie lange halten sich die Nutzer auf einer Webseite auf?
  • Die Absprungrate: Wie viele Nutzer springen zum Suchergebnis zurück?
  • Die Click-Through-Rate: Wie viele Nutzer haben ein Suchergebnis angeklickt und so die Webseite besucht?

Wenn Sie Top-Positionen in den organischen Suchergebnissen erreichen und halten wollen, müssen Sie also mit Ihrem Content die Interessen der Nutzer bedienen. Und wie finden Sie heraus, was die Nutzer interessiert? Mithilfe einer Keyword-Recherche. Denn die Keywords, die Sie mit verschiedensten Tools recherchieren können, bilden die Zielgruppen-Interessen ab. Und daher kann man zu Recht die Keyword-Recherche 4.0 als Zielgruppen-Interessen-Analyse bezeichnen.

Zielgruppen-Interessen sind nicht nur für die SERPs wichtig

Nun gibt es mehr Suchmaschinen als Google, Bing und Co. Auch auf Social Media sowie auf den Marktplätzen wie Amazon oder Shop-Apotheke können die Nutzer nach etwas (Informationen und/oder Produkten) suchen, das sie interessiert. Die Suchmaschinen spielen ihnen dann passende Inhalte oder Produkte aus. Die Algorithmen, die hinter der Zusammenstellung eines Feeds für einen Nutzer stehen, berücksichtigen ebenfalls dessen Interessen. Diese ergeben sich aus dem jeweiligen Verhalten, wobei folgende Aspekte relevant sind:

  • Welche Inhalte „likt“ der Nutzer, womit er sein Gefallen äußert?
  • Welche Inhalte teilt der Nutzer, wodurch er diese an sein Netzwerk weiterempfiehlt?
  • Wie lange schaut er sich einen Inhalt (Beitrag, Bild, Video) an, was sein Interesse verdeutlicht?

Es ist also neben der eigenen Website ebenso für jeden weiteren digitalen Kommunikationskanal, den Sie nutzen, von Bedeutung, dass Sie um die Nutzerinteressen wissen und diese bedienen.

Zielgruppen-Interessen-Analyse als Basis für die Content-Strategie

Die Keyword-Recherche, die im Folgenden nur noch als „Zielgruppen-Interessen-Analyse“ bezeichnet wird, um ihre Bedeutung und Funktion zu unterstreichen, ist also mehr denn je die Basis Ihrer Content-Aktivitäten. Sie ist jedoch nicht mehr nur aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung für Ihren Content-Erfolg relevant, um mit Ihren Inhalten gute Positionen in der organischen Suche zu erzielen. Vielmehr ist sie die Basis für Ihre gesamte Kommunikationsstrategie und Ihre damit verbundenen Content-Aktivitäten in der digitalen Welt.

Wenn Sie diese Basis erreicht haben, können Sie darauf die folgenden Schritte aufbauen:

  1. Die Zielgruppen-Interessen mit den eigenen Zielen abgleichen: Was wollen Sie im Online-Marketing erreichen? Mehr Sichtbarkeit und Traffic? Ein besseres Image? Steigenden Umsatz? Eine größere direkte Kommunikation mit Ihrer Zielgruppe? Scannen Sie die Interessen und überlegen Sie, welche davon auf Ihre eigenen Ziele einzahlen, wenn Sie diese bedienen. Ein Beispiel: Die Analyse hat ergeben, dass die Zielgruppe sehr viele Fragen in dem Produktbereich hat, den Sie in Ihrem Shop anbieten. Denn es handelt sich um sehr erklärungsbedürftige Produkte. Sie selbst möchten Ihren Umsatz steigern. Ein Match wäre hier ein FAQ-Bereich innerhalb Ihres Shops, der all diese produktbezogenen Fragen beantwortet. Sie können sich als professioneller Produktberater und Kaufentscheidungshelfer etablieren. Ihr Umsatz wird steigen, weil Sie zum einen Vertrauen aufbauen und zum anderen Ihre Produkte im FAQ-Bereich anteasern sowie verlinken können.
  2. Die geeigneten Content-Arten und -Formate für die Strategie auswählen: Die Zielgruppen-Interessen-Analyse zeigt nicht nur, was die Nutzer in einem Themenbereich interessiert. Aus ihr lässt sich ebenso ableiten, wie sie Inhalte dazu gerne konsumieren wollen sowie welche Content-Arten und -Formate ideal wären. Hierfür sollten Sie die Suchintention betrachten, die hinter einem Zielgruppen-Interesse steht. Ein Beispiel: Nutzer, die nach „Damen Jeans“ suchen, wollen ein solches Kleidungsstück kaufen (= transaktionale Suchintention). Nutzer, die nach „Jeans Trends“ suchen, wollen sich über die aktuell angesagtesten Schnitte informieren (= informationale Suchintention). In diesem Fall sollten Sie beispielsweise auf Ihrer Website mit einem Ratgeber, Newsbeitrag oder Magazinartikel oder auf Instagram bzw. Facebook mit einem Stapel-Post, der mehrere Bilder enthält, die Trends abbilden und über sie informieren. Die Suchintention überprüfen Sie am einfachsten, indem Sie selbst nach den Interessen suchen (siehe Abbildung 2). Auch was die Content-Formate anbelangt, hilft Ihnen die Zielgruppen-Interessen-Analyse. So möchten Nutzer, die nach „Rendite-Rechner“ suchen, keine lange Erklärung, wie sie selbst die Rendite berechnen können. Sie möchten stattdessen ein Tool finden, das für sie die Rendite automatisch errechnet. Wenn Sie bereits einen Ratgeber zu diesem Thema erstellt haben, befriedigen Sie das Zielgruppen-Interesse, indem Sie auf der Seite zusätzlich einen solchen Rechner integrieren.
  1. Die Erfolgschancen der Inhalte bewerten: Einen Blick in die organischen Suchergebnisse zu werfen hilft aber nicht nur zu verstehen, welche Inhalte die Nutzer bei einer Suchanfrage erwarten. Es unterstützt darüber hinaus dabei zu bewerten, wie groß Ihre Erfolgschancen sind. Wenn Sie Ihre Zielgruppe erreichen möchten, dann sollte diese Ihre Inhalte nicht einfach irgendwo in den organischen Suchergebnissen bei Google & Co. finden. Die Musik spielt in den Top 10, genauer gesagt in den Top 3. Doch können Sie überhaupt dahin kommen? Hierfür sollten Sie sich ansehen, wer bereits für das Nutzerinteresse, das Sie bedienen möchten, in den Top 10 rankt. Sind das große Marken? Sind das starke Websites? Dann wird es sehr schwer, diese Mitbewerber (dauerhaft) zu verdrängen und selbst Top-Positionen zu erzielen. Ein Beispiel: Sie betreiben ein lokales Mode-Geschäft mit einem ausgewählten Sortiment, das Sie zusätzlich in einem Online-Shop anbieten. Eine Produktkategorie umfasst Jeans. Natürlich bedient diese genauso wie die Jeans-Kategorien der Shops von Zalando, Jeans Fritz und Otto das Zielgruppen-Interesse, Damen-Jeans zu kaufen. Jedoch wird es für Ihren kleinen, feinen Shop schwer, an den Mitbewerbern vorbeizukommen und die Aufmerksamkeit der Nutzer zu bekommen. Sie sollten daher neben der organischen Suche weitere Traffic-Quellen für Ihre Content-Strategie bewerten. In Ihrem Fall kann es deutlich erfolgversprechender sein, Ihre Zielgruppe über Social Media (TikTok, Instagram, Facebook oder Pinterest) anzugehen und Ihre organischen Posts als Sponsored Content zu pushen.
  2. Einen Redaktionsplan für alle relevanten Kanäle erstellen: Sobald Sie die Zielgruppen-Interessen-Analyse danach ausgewertet haben, welche Content-Arten und -Formate gefragt sind, die Erfolgschancen bei den verschiedenen Interessen bewertet haben und die Interessen, die Sie bedienen wollen und können, ausgewählt haben, erstellen Sie einen Redaktionsplan für Ihre Content-Strategie. In diesem erfassen Sie alle relevanten Zielgruppen-Interessen und planen diese dann über die verschiedenen Kommunikationskanäle. In Abbildung 3 sehen Sie ein Beispiel, wie Sie Zielgruppen-Interessen mit verschiedenen Content-Formaten auf den unterschiedlichen Kanälen bedienen können.
  3. Ihre Content-Aktivitäten überwachen und die Strategie immer wieder verfeinern: Eine Strategie ist nichts ohne Monitoring des Erfolgs. Zudem bietet Ihnen dieses die Möglichkeit, Ihre Strategie immer wieder zu verfeinern und auch an die zwangsläufigen Veränderungen der

Zielgruppen-Interessen-Analyse – how to

Wie gehen Sie nun bei einer Analyse der Zielgruppen-Interessen vor? Sie nutzen hierfür die gleichen Keyword-Recherche-Tools wie auch für eine „normale“ SEO-Recherche. In Abbildung 4 sehen Sie eine Auswahl kostenfreier und kostenpflichtiger Tools. Je mehr Tools Sie benutzen, desto detaillierter und holistischer wird das Bild des Zielgruppen-Interesses in einem Themenbereich. Die Tools ähneln sich zwar alle irgendwo und nutzen grundsätzlich eine ähnliche Datenbasis. Jedoch funktionieren sie in Bezug auf Filter und Darstellung unterschiedlich. So stoßen Sie immer wieder auf neue Keywords, wenn Sie andere Tools verwenden. Sie müssen natürlich jetzt nicht jedes Tool nutzen, das es auf dem Markt gibt. Am wichtigsten ist eines, das die Suchvolumina, also die Häufigkeit, mit der die Nutzer nach etwas suchen, angibt. Denn anhand derer können Sie ablesen, wie hoch das Zielgruppen-Interesse ist, und Ihre Inhalte entsprechend priorisieren.

Die folgenden Tool-Arten sind empfehlenswert:

  • Tools wie Google Ads Keyword Planner, Searchmetrics oder SISTRIX. Sie geben Suchvolumina zu den Zielgruppen-Interessen an. Das hilft dabei, diese zu bewerten und zu priorisieren.
  • Long-Tail-Keyword-Tools wie Google Suggest, Keywordtool.io oder Answer the Public. Sie spielen zum Thema passende Zielgruppen-Interessen als Phrasen aus. Durch Phrasen bekommen Sie ein besseres Gefühl dafür, was die Nutzer suchen, als über generische Keywords. Bsp.: „Jeans“ vs. „Jeans kaufen“ vs. „Jeans-Trends“. Bsp. „Rendite“ vs. „Rendite einfach erklärt“ vs. „Rendite-Rechner“.
  • Nutzerfragen-Tools wie AlsoAsked, TermLabs oder W-Fragen-Tool. Mit ihnen lassen sich konkrete Nutzerfragen recherchieren. Diese können Sie dann direkt in Ihrem Content beantworten, als Überschriften, zur Gliederung oder FAQs nutzen.

Mit manchen Keyword-Tools wie Keywordtool.io oder Quaro lassen sich die Zielgruppen-Interessen auch noch nach Kanal filtern. So können Sie nicht nur Keywords für die organische Suche recherchieren, sondern sich direkt ansehen, welche Zielgruppen-Interessen gerade für YouTube, Instagram oder Amazon relevant sind.

Die Musik spielt nicht mehr nur allein in den organischen Suchergebnissen

Die Nutzer verwenden nicht mehr nur die Google-Suche, um das zu finden, was sie interessiert. Sie suchen nach Produkten bei Amazon, sie lassen sich von Pinterest und Instagram inspirieren und tauschen sich auf Facebook und LinkedIn mit ihrem Netzwerk aus. Das hat in den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen und wird auch weiter in diese Richtung gehen. Genau deshalb sollte Ihre Content-Strategie nicht eindimensional sein. Sie sollten sich nicht nur auf organischen Suchmaschinentraffic konzentrieren. Es kommt in der digitalen Kommunikation vielmehr auf eine individuelle Situationsbetrachtung an und auf einen auf das jeweilige Unternehmen abgestimmten Mix. Dieser sollte die Zielgruppen-Interessen optimal bedienen und so unterschiedliche Touchpoints mit den Nutzern schaffen. Ihre Content-Strategie sollte nachhaltig und kanalübergreifend aufgebaut sein. Sie sollte Ihre Zielgruppe/n und deren Interessen, Ihre eigenen Ziele und den Branchen-Wettbewerb berücksichtigen. Denn damit erreichen Sie langfristig den größtmöglichen Erfolg.