Content UX

Die Aufmerksamkeit der Leser gewinnen und halten

Marie Bachmayr

Marie Bachmayr ist seit über sieben Jahren Projektmanagerin bei der Content-Marketing-Agentur suxeedo, die sich auf Content Creation, SEO, Seeding und UX spezialisiert hat. Gemeinsam mit namhaften B2B- und B2C-Unternehmen hat sie schon zahlreiche Kampagnen betreut und durchgeführt.

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Die Aufmerksamkeitsspanne der Leser im Internet ist kurz. Wie können Sie dennoch Leser auf Ihre Seite ziehen und sie dort halten? Mit Content UX! Lesen Sie hier, was Content UX ist, warum sie wichtig ist und wie Ihre Texte überzeugen.

Ein Swipe, ein Klick, einmal kurz scrollen: Die Gewohnheiten des Medienkonsums haben einen gewaltigen Umbruch erfahren. Haben User vor wenigen Jahren in den sozialen Medien hauptsächlich textbasierte Posts gelesen, ist spätestens mit Instagram der Trend hin zu visuellem Content explodiert. Heute sind vor allem Videosequenzen, die nur wenige Sekunden lang sind, beliebt. Dabei das Motto: Lange Stories nerven die Nutzer, das solle man lieber vermeiden. Kurzum: User swipen und klicken in Sekundenschnelle durch Stories, Videos und Posts. Aber was bedeutet das fürs Content-Marketing.

„Du hast nur acht Sekunden!“

Acht Sekunden – so lange schenken Konsumenten den Inhalten im Internet ihre Aufmerksamkeit, zumindest im Durchschnitt. Die Ergebnisse stammen aus einer Studie von Microsoft Kanada. Ein Grund für die kurze Aufmerksamkeitsspanne könnte die riesige Anzahl an Medien sein, die den Menschen zur Verfügung steht und schnell für Ablenkung sorgt. Ein weiterer die eingangs genannten Social-Media-Plattformen, die neuartigen Konsum antrainieren.

Das klingt erst mal nach einer Kritik, soll es aber gar nicht sein. Content-Marketer müssen sich darüber bewusst sein, wie User Inhalte im Internet konsumieren. Begeistert ein Inhalt nicht von Anfang an? Dann sind sie schnell weg. Verstehen sie nicht, was eine Website ihnen mitteilen möchte? Schon springen sie weiter und suchen woanders nach einer Antwort. Es liegt auf der Hand, wie wichtig diese Erkenntnis des modernen Medienkonsums für die Inhalte auf der eigenen Website ist. Das Thema, mit dem sich Marketer nun beschäftigen müssen, heißt: Content UX.

Content UX – eine Begriffserklärung

Die User Experience (kurz: UX) beschreibt die Erlebnisse im Laufe einer Customer Journey, die User an den verschiedenen Touchpoints mit einem Unternehmen haben. Die Content UX ist ein Teilbereich davon und nimmt den Konsum von Inhalten in den Fokus. Denn damit sind die Erlebnisse gemeint, die User haben, wenn sie sich auf einer Website Inhalte ansehen.

„Online-Text ist anstrengend zu lesen!“

Meist besteht der Content auf einer Website aus Texten, unterstützt von Bildern oder Videos. Noch einmal zur Erinnerung: User schenken Inhalten nur wenige Sekunden Aufmerksamkeit, dann müssen sie überzeugen. Gerade online ist es für Menschen anstrengend, Texte zu lesen. Content UX setzt hier an und beschreibt die Gestaltung von Inhalten, um sie so attraktiv und angenehm konsumierbar wie möglich zu machen.

Warum ist die Content UX wichtig?

Aus zwei Gründen ist Content UX ein wichtiges Thema für Content-Marketing. Der erste Grund liegt auf der Hand: Es geht darum, User oder potenzielle Kunden auf die Website zu ziehen und sie dort zu halten. Ist das erst mal geschafft, können Unternehmen oder Websitebetreiber ihre Audience von ihrem Produkt oder ihrer Message überzeugen. Eventuell schaffen sie es sogar, eine Conversion zu erzielen.

Der zweite Grund ist nicht weniger wichtig: SEO. Denn Websitebetreiber müssen davon ausgehen, dass Google die User-Signale auswertet. Wie viel Zeit verbringen Leser auf der Website? Springen sie sofort zurück zu den Suchergebnissen und besuchen eine andere Website? Oder gefällt ihnen der Inhalt so gut, dass sie mit der Website interagieren? All das kann einen Einfluss auf Rankings in der Suchmaschine haben, die wiederum einer der mächtigsten Kanäle für Traffic auf Websites ist.

Google-Updates und der Weg zur Page Experience

Im letzten Jahr drehte sich die SEO-Welt um den Begriff Core Web Vitals, denn das war laut Google ein großer Bestandteil der Updates im Sommer und Herbst. Viele Websitebetreiber handelten und schraubten im letzten Jahr deshalb – einfach gesagt – an der Geschwindigkeit der Website. Was möchte Google damit erreichen? Die Suchmaschine will den Usern die perfekte Antwort auf ihr Problem, eine passende Inspiration oder genau das Produkt, nach dem sie suchen, bieten. Die Updates aus dem letzten Jahr sollten vor allem die Page Experience verbessern – kein nerviges Warten, keine verzögerten Antworten der Website. User sollen die Nutzung der Website so angenehm wie möglich empfinden. Entspricht eine Seite nicht diesen Standards von Google, verliert sie an Wertigkeit und damit an Rankings.

Was bedeutet das für den Content? Websitebetreiber dürfen bei all der Optimierung der Core Web Vitals nicht vergessen, dass mit diesem Update die Content-Standards aus den letzten Jahren keineswegs hinfällig sind. Nach wie vor ist es wichtig, hochwertigen Content mit Mehrwert, Autorität und Alleinstellungsmerkmal zu kreieren.

Die optimale Content UX ist eine Gratwanderung

Und wie genau soll Content auf der Website nun aussehen? Mehr Snackable Content, buntere Elemente, Videos, interaktive Buttons, möglichst viel Action? Nein, das ist sicher nicht das, was Content UX meint. Zum einen gefährden zu viele interaktive Elemente die Geschwindigkeit Ihrer Website. Was aber noch viel wichtiger ist: Die Seite trifft womöglich gar nicht das, was der User in dem Moment sucht. Im schlimmsten Fall sorgen zu viele bunte, interaktive Elemente nur für Verwirrung und Überforderung. Ist weniger mehr? Vermutlich trifft das oft den Kern, aber auch nicht immer. Das Wichtigste ist, auf den User und seine Bedürfnisse zu hören.

Die Zauberformel für die optimale Content UX: User Centricity

„Der Kunde ist König“ hieß es früher, heute heißt es „Customer Centricity“ und ist wohl eines der Top-Trendwörter im Marketing. So ironisch das klingt, so wichtig ist es aber auch in Bezug auf Content-Marketing. Denn die optimale Content UX orientiert sich an den Bedürfnissen der User und diese unterscheiden sich je nach Intent.

  • In der Awareness-Phase haben User ein Problem, eine Fragestellung oder suchen nach Inspiration, kennen die Lösung aber noch nicht. Oft sind es Ratgeberartikel, die ihre Bedürfnisse befriedigen. Sie suchen nach Informationen zu einem bestimmten Thema und wollen neutrale und umfassende Artikel lesen. Möchten Unternehmen in dieser Phase Leser gewinnen, sollten sie auf Werbung innerhalb eines Artikels weitestgehend verzichten. Es gilt, das Vertrauen zu gewinnen und sich als kompetenter Spezialist zu positionieren. Der Vorteil in dieser Phase: Die Keywords haben in der Regel ein sehr hohes Suchvolumen, sodass der Traffic auf einer Seite signifikant ansteigen kann.
  • User der Consideration-Phase sind meist schon mit dem Unternehmen in Berührung gekommen oder haben eine grobe Vorstellung davon, was die Lösung ihres Problems sein könnte. Sie möchten sich allerdings näher informieren. Auf Keywordebene ist es nun sehr wichtig, sich genau zu überlegen, welche Intention ein User hat, sobald er einen Begriff googelt. Denn in dieser Phase vermischen sich transaktionale mit informationalen Intents. Sie müssen genau hinterfragen, wie viele transaktionale Elemente der User sehen möchte, ob sie am Anfang, in der Mitte oder am Ende auftauchen sollten. Gleichzeitig sollten Texte weiterhin informieren, sie sollten z. B. verschiedene Lösungsansätze vergleichen und ihre Vor- und Nachteile gewissenhaft gegeneinander abwägen. Dabei – je nach Keyword – aber nicht nur auf die eigenen Produkte eingehen, sondern eher auf verschiedene Lösungsansätze oder Produktgruppen.
  • In der Transaktions-Phase geht es darum, User von einem konkreten Produkt oder einer Dienstleistung zu überzeugen. Werbliche Sprache, überzeugende Argumente und vor allem eine auf Conversions optimierte Landingpage sind passende Ansätze. Dennoch sollten Sie auch Detailinformationen zu Produkt bzw. Dienstleistung anbieten und offene Fragen des potenziellen Kunden beantworten. Keywords in dieser Phase haben oft ein recht niedriges Suchvolumen, vor allem im B2B-Bereich. Aber diese Keywords sind dafür absolut entscheidend, denn sie deuten auf einen konkreten transaktionalen Intent, also eine Kaufabsicht hin. In diesem Fall spielt das Suchvolumen deshalb eine weniger große Rolle.
  • Die Experience-Phase ist ebenso wichtig wie die Phasen zuvor – auch wenn sie häufig weniger Beachtung findet. Der Kunde hat ein Produkt oder eine Dienstleistung gekauft. Unternehmen können ihm nun mit passendem Content beiseitestehen und dafür sorgen, dass er das meiste aus dem Produkt herausholt, es z. B. richtig anwendet und pflegt. Kurz: In der Experience-Phase kann Content dafür sorgen, dass der Kunde zufrieden mit dem Produkt ist. Das kann in Blogbeiträgen mit passenden Keywords passieren, oft spielt E-Mail-Marketing aber eine größere Rolle.
  • Eine erfolgreiche Customer Experience in den anderen Stages ist die Grundlage der Loyalty-Phase. Denn hier geht es darum, auf weitere Produkte oder Neuheiten hinzuweisen. Passen die Empfehlungen zum Profil des Kunden und ist er zufrieden mit der bisherigen Erfahrung, kauft er gern wieder und wird zum loyalen Kunden.

Zwölf Elemente für eine gelungene Content UX

Schluss mit Theorie, wie sieht die Praxis aus? Welche Elemente können Sie auf Ihrer Website einsetzen, um eine gelungene Content UX zu kreieren?

  • Zwischenüberschriften: Klingt banal, ist aber wichtig: Online sollten Absätze nur sehr kurz sein und sprechende Zwischenüberschriften haben, die dem Leser genau sagen, worum es in welchem Absatz geht.
  • Bullets: Bullets lockern den Text auf und fassen bestimmte Aufzählungen prägnant zusammen. Der Leser erfasst schnell, worum es geht, und kann entscheiden, ob er sich die Bullets ansieht oder sie überspringt.
  • Inhaltsverzeichnis: Digitale Nutzer lesen in der Regel nicht linear. User suchen oft nach einer bestimmten Antwort und möchten direkt dort hinspringen. Ein klickbares, eventuell sogar mitlaufendes Inhaltsverzeichnis unterstützt sie dabei. Und auch Google versucht immer stärker, User bei einer spezifischen Suchanfrage direkt zu dem Absatz zu navigieren, den sie suchen.
  • Infoboxen: Tipps, Exkurse oder aktuelle Informationen lassen sich in Infoboxen farblich oder gestalterisch gut vom Rest des Textes abheben und in CI-Farben präsentieren.
  • Interaktive Elemente: Kleine GIFs oder Boxen, die sich mit einem Klick umdrehen lassen, sind gute Möglichkeiten, um Content aufzubereiten und erlebbar zu machen. Aber auch hier gilt: Weniger ist oft mehr. Die Elemente sollten immer einen Mehrwert bieten.
  • FAQs: Frage- Antwort-Elemente sind eine gute Möglichkeit, um die Fragen der User auf einen Blick zu beantworten. Ausklappbare FAQs bringen zudem viel Content in ein schlankes Design.
  • Grafiken: Grafiken können dabei helfen, komplexe Inhalte schnell verständlich zu machen. Sie lockern den Text auf und sprechen die User an, die stärker visuell veranlagt sind.
  • Bilder: Um Emotionen zu wecken oder Inspiration zu geben, eignen sich Bilder sehr gut. Gerade bei z. B. Einrichtung oder Mode können auch Rat gebende Artikel kaum auf Bilder verzichten, weil genau diese die Intention decken. Bei weniger visuellen Themen sollten Sie jedoch prüfen, ob die Bilder einen Mehrwert bringen oder nur Platz wegnehmen.
  • Videos: Vor allem How-tos sind in einem Video oft am einfachsten darstellbar. In diesem Fall lohnt es sich, in dem Artikel auch ein Video zu integrieren. Achten Sie dabei aber darauf, es so einzubinden, dass die Geschwindigkeit der Seite nicht darunter leidet. Ob Content für Videos geeignet ist oder nicht, können Sie außerdem mit Keywordtools für Videoplattformen prüfen.
  • Zitate: Zitate sind eine einfache Möglichkeit, um Autorität zu vermitteln. Sie können Meinungen von Fachexperten einbinden und so mehr Vertrauen für den Inhalt bei Lesern gewinnen. Gleichzeitig lockert ein Zitat mit einem Porträtfoto und einem etwas größer dargestellten Text den Artikel schnell auf.
  • Checklisten: Je nach Artikel sind Checklisten zum Download oder als optisch hervorgehobenes Element eine praktische Ergänzung oder Zusammenfassung eines Artikels.
  • Autorenboxen: Um vor Google und den Lesern die Autorität eines Artikels bzw. einer Website zu unterstreichen, eigenen sich Autorenboxen, in denen Sie beschreiben, wer den Artikel geschrieben hat und warum er oder sie qualifiziert ist. Am besten verlinken Sie zusätzlich auf die Website oder das Social-Profil der Person, um die Autorität unter Beweis zu stellen.

Dies alles sind Möglichkeiten, um Texte aufzulockern und leichter konsumierbar zu machen. Behalten Sie das Bedürfnis der User dabei im Hinterkopf. Setzen Sie nur auf die Elemente, die das Lesen des Artikels unterstützen, und überfrachten Sie Ihre Inhalte nicht, sodass der Leser kaum noch Orientierung hat.

„Weniger ist oft mehr – das gilt auch beim Texten.“

Tipps, um die Content UX im Alltag zu integrieren

Zunächst müssen Grafiker und Programmierer einige Elemente entwerfen und als Modul in das CMS integrieren, sodass Content-Manager sie beim Einstellen von Artikeln nur noch auswählen müssen. Ist das erledigt, kann es hilfreich sein, eine Liste mit allen Elementen zu kreieren, damit Sie eine Übersicht haben oder diese Übersicht an externe Agenturen oder Texter weiterleiten können. Um zu gewährleisten, dass Texte eine gute Content UX mitbringen, ist es nämlich hilfreich, die Texte schon im Worddokument „vorzugestalten“. Die Module können sogar eine Inspiration für Texter sein. Im Nachhinein einen Text auf die Module anzupassen, ist hingegen schwierig und umständlich.

Zu guter Letzt: Die Sprache nicht vergessen

Content UX ist oft mit visuellen Elementen assoziiert. Die Sprache ist aber ein ebenso wichtiger Aspekt, der nicht unerwähnt bleiben soll. Komplexe Sätze und schwierige Wörter, wie sie aus wissenschaftlichen Arbeiten bekannt sind, eignen sich nicht für den digitalen Konsum. Mit der geringen Aufmerksamkeit, mit denen Menschen im Internet surfen, würde das nur zu Absprüngen führen. Versuchen Sie deshalb, nicht nur auf visueller, sondern auch auf sprachlicher Ebene der Art des Medienkonsums gerecht zu werden: Schreiben Sie aktiv, vermeiden Sie Substantivierungen und Schachtelsätze – schon ist der Text viel einfacher lesbar, ohne an Inhalt zu verlieren.