101 Rechtsfehler im Online-Marketing – Folge II

Martin Schirmbacher
Martin Schirmbacher

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht bei HÄRTING Rechtsanwälte in Berlin. Er berät Mandanten im Datenschutz und IT-Rechtsfragen. Zu seinen Mandanten zählen Großkonzerne ebenso wie kleine AdTech-Start-ups. Seit Jahren trägt auf Branchenevents vor und schreibt über Rechtsfragen im Online-Marketing.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

Im Online-Marketing kann man bekanntlich viele teure Fehler machen. Für viele Marketer besonders mysteriös sind rechtliche Mängel. In den folgenden Heften wollen wir den häufigsten Fehlern auf den Grund gehen und jeweils kurz darstellen, was man alles falsch machen kann – und wie es besser geht. In Folge 2 geht es um Social Media und Display-Werbung.

Unzureichende Sensibilisierung von Mitarbeitern für Social Media

Ein Hauptproblem bei Social-Media-Auftritten kleiner und mittlerer Unternehmen ist die unzureichende Schulung der Kolleg:innen, die die Accounts mitbetreuen. Es würde schon helfen, wenn den Mitarbeiter:innen bewusst wäre, dass Facebook & Co keine Spielwiese sind, auf der man Dinge ausprobieren kann, die für die Website „zu gefährlich“ erscheinen.

Zu spät bei Account-Namen

Es ist für Unternehmen um ein Vielfaches günstiger, sich die einschlägigen Aliase bei neuen sozialen Netzwerken jeweils zu reservieren oder durch entsprechende Dienstleister reservieren zu lassen, als später mühsam die Accounts kaufen oder einklagen zu müssen. Dies gilt insbesondere für Start-ups und Unternehmen ohne starke Marken.

Facebook, Twitter und Co: fehlendes Impressum

Auch bei Twitter und Facebook muss ein Impressum vorhanden sein, wenn die Social-Media-Plattformen geschäftsmäßig genutzt werden. In Konzernen ist es wichtig, sich genau zu überlegen, welche Gesellschaft Betreiberin der Social-Media-Profile sein soll.

Fehlende Datenschutzinformation für Facebook-Page

Jede professionelle Facebook-Seite braucht eine Datenschutzinformation. Aus dieser muss sich ergeben, dass die Seite aus datenschutzrechtlicher Sicht gemeinsam mit Facebook betrieben wird. Außerdem sollte darin beschrieben sein, wie die Nutzer:innen ihre Rechte – etwa auf Auskunft und Löschung – geltend machen können.

Fehlende Einwilligung bei Mitarbeiterfotos

Wer Angestellte auf Fotos oder in Videos auf Social-Media-Präsenzen präsentieren möchte, sollte vorher schriftlich die Einwilligung einholen oder gleich eine Art Model-Release-Vertrag mit den jeweiligen Beschäftigten schließen. Wichtig ist, dass denjenigen, die das nicht möchten, kein Nachteil entsteht.

Firmenevents auf Facebook & Co

Wer vorhat, Firmenevents – wenn diese denn irgendwann einmal wieder stattfinden können – in sozialen Netzwerken zu bebildern, muss dafür sorgen, dass die Abgebildeten davon wenigstens wissen. Am besten ist es, schon bei der Einladung darauf hinzuweisen und auch am Veranstaltungsort entsprechende Aushänge zu machen. Wer sich nicht auf Facebook sehen möchte, hat ein Widerspruchsrecht. Wichtig ist in jedem Falle: Augenmaß bei der Auswahl der Bilder.

Selbstbewertungen

Nur weil die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, gering scheint, heißt das nicht, dass Unternehmen sich selbst positiv bewerten sollten. Es ist als Schleichwerbung wettbewerbswidrig. Auch eine Incentivierung positiver Bewertungen durch eigene Mitarbeiter:innen sollte unterbleiben. Im Übrigen kommt insbesondere systematische Selbstbeweihräucherung meist doch heraus, sei es über ausgeschiedene Kollegen, verärgerte Agenturen oder deren Mitarbeiter.

Rabatt gegen Bewertungen

Die Rechtsprechung sieht es außerordentlich kritisch, wenn Kunden Vorteile für die Abgabe einer Bewertung geboten werden. Evident rechtswidrig ist das Versprechen eines Rabatts für eine positive Bewertung. Vertragliche Vereinbarungen, etwa in AGB, negative Bewertungen zu unterlassen, sind unwirksam.

Werbung mit Preisen in Social Media ohne Pflichthinweis

Die Preisangabenverordnung gilt natürlich auch auf Facebook und Instagram. Wer dort gegenüber Privatleuten mit Preisen wirbt, muss mitteilen, dass die Preise inklusive Mehrwertsteuer sind und ob gegebenenfalls Versandkosten hinzukommen.

Anzeigen auf Facebook ohne Pflichtangaben

Auch Werbung in sozialen Netzwerken ist Werbung. Gibt es spezielle branchenspezifische Regeln für die Ausgestaltung von Werbung, müssen diese auch auf Twitter und Facebook eingehalten werden.

Laxer Umgang mit beleidigenden Kommentaren

Unternehmen sind für Nutzerkommentare verantwortlich, sobald sie Kenntnis davon haben. Enthalten etwa die Kommentare von YouTube-Videos Beleidigungen oder falsche Behauptungen, sind Unterlassungsansprüche der Betroffenen die Folge. Zensurvorwurf hin oder her: Rechtswidrige Kommentare müssen gelöscht werden, sobald der Betreiber der Seite davon Kenntnis erlangt.

Verwendung von User-Fotos ohne ausreichende Rechte

Es ist unzulässig, Fotos von Nutzer:innen zu verwenden, ohne dass diese damit einverstanden sind. Die Fotograf:innen haben stets das Recht zu bestimmen, ob und wo ihre Fotos veröffentlicht werden. Im Zweifel braucht es also eine ausdrückliche Erklärung von User:innen, wenn deren Fotos in Sovial-Media-Präsenzen von Unternehmen eingesetzt werden sollen.

Influencer-Marketing ohne Werbekennzeichnung

Jede nicht ohne Weiteres als solche erkennbare Werbung muss gekennzeichnet werden. In Verträgen mit Influencern müssen Unternehmen auf Transparenz drängen, um als Auftraggeber nicht selbst verklagt zu werden.

Unscheinbare Werbekennzeichnung von Influencern

Die Rechtsprechung ist streng und verlangt eine deutliche Kennzeichnung von Influencer-Marketing als Werbung. Ein unscheinbares #ad am Ende einer Wolke aus Hashtags genügt nicht. Besser ist eine deutliches #Werbung oder #sponsored.

Anbieten von Glücksspielen

Die Grenze zwischen erlaubtem Gewinnspiel und verbotenem Glücksspiel sind teilweise fließend. Man muss also darauf achten, dass das Marketing keine Spiele veranstaltet, bei denen die Spieler einen finanziellen Einsatz leisten müssen, um teilnehmen zu können. Einen Like oder Kommentar zu hinterlassen, zählt allerdings nicht als geldwerter Einsatz, der ein Gewinnspiel zu einem illegalen Glücksspiel macht.

Unzureichende Teilnahmebedingungen bei Gewinnspielen

Es gibt keinen Zwang, für jedes Gewinnspiel Teilnahmebedingungen vorzusehen. Allerdings empfiehlt sich das häufig, um die gesetzlichen Pflichtangaben unterzubringen. Diese sollten dann alle wesentlichen Angaben zu dem Gewinnspiel enthalten.

Verwendung von Gewinnspieldaten zu Werbezwecken

Die Tatsache, dass jemand an Ihrem Gewinnspiel teilgenommen hat, rechtfertigt nicht, dieser Person Werbung zuzusenden. Die Nutzung von Daten zu Werbezwecken setzt in aller Regel eine Einwilligung des Betroffenen voraus. Ob man die Teilnahme an einem Gewinnspiel von der Erteilung einer Werbeeinwilligung abhängig machen darf (Kopplung), wird unterschiedlich bewertet. Die Datenschutzbehörden sind eher kritisch.

Werbung in Direktnachricht ohne Einwilligung

Für die Direktwerbung in sozialen Netzwerken gelten die gleichen Regeln wir für die Werbung per E-Mail. Es ist unzulässig, werbende Direktnachrichten zu versenden, ohne dass der Empfänger zuvor eingewilligt hat.

Custom Audience ohne Nutzereinwilligung

Für das Re-Targeting von Nutzern über soziale Netzwerke braucht man in der Regel eine Einwilligung der Nutzer. Dies gilt nach Ansicht der Datenschutzbehörden auch für den Einsatz des Facebook-Pixels.

Direkteinbindung von Social-Plug-ins auf der Website

Datenschützer halten die Einbindung des Like-Buttons und anderer Plug-ins für rechtswidrig, weil eine Übermittlung personenbezogener Daten unmittelbar an das soziale Netzwerk erfolge, ohne dass der Nutzer eingewilligt habe. Drittinhalte sollten wo möglich mit datensparsamen Varianten integriert werden.

Anreicherung von CRM-Daten um Informationen aus Social Media

Sollen Daten aus dem eigenen Customer-Relationship-Management-System mit Daten zusammengeführt werden, die über Social-Media-Monitoring erhoben wurden, setzt dies praktisch immer die Einwilligung des Betroffenen voraus. Fehlt diese, liegt ein Datenschutzverstoß vor.

Getarnte Displaywerbung

Beachten Sie das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt. Wenn sich nicht aus dem Banner unmittelbar ergibt, dass es Werbung ist, muss das Werbemittel als Anzeige gekennzeichnet sein.

Datenerhebung in interaktiven Bannern

Werden personenbezogene Daten über interaktive Banner erhoben, ohne dass der Betroffene dies erkennen kann, ist dies ein Datenschutzverstoß. Jedenfalls bedarf es einer Datenschutzinformation. Vorsicht ist geboten bei zu vielen Pflichtfeldern – es gilt das Gebot der Datenminimierung.

B2C-Bannerwerbung mit Nettopreisen

Werden in Bannern Preise für bestimmte Produkte angegeben, muss es sich dabei um Gesamtpreise handeln. Es ist ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit wettbewerbswidrig, wenn zu den angegebenen Preisen noch weitere Kosten hinzutreten.

Umgehung von Pop-up-Blockern

Werden Pop-ups technisch so ausgestaltet, dass sie herkömmliche Pop-up-Blocker umgehen, ist dies eine unzumutbare Belästigung.

Gekaufte Advertorials

Werbung ist stets von redaktionellen Inhalten zu trennen. Wird Unternehmen die Möglichkeit gegeben, sich im Rahmen eines Advertorials werblich darzustellen, muss die Werbung als Anzeige gekennzeichnet werden.

Fake-Bewertungen

Es ist zwar üblich, aber klar wettbewerbswidrig, vermeintlich objektive Produktbewertungen in Online-Portalen abzugeben. Wenn Mitarbeiter einer PR-Agentur Produkte von Kunden in Online-Portalen lobend erwähnen oder der Verlag auf Amazon eine geschönte Rezension eines eigenen Buches verfasst, ist dies als Schleichwerbung wettbewerbswidrig.

Fehlende Einwilligung beim Targeting

Werden personenbezogene Daten für Targeting-Maßnahmen verwendet, bedarf es häufig einer Einwilligung, jedenfalls aber einer transparenten Information des Nutzers.

Targeting: fehlendes Opt-out

Auch wenn keine Einwilligung erforderlich sein sollte (etwa bei einfachem Re-Targeting), muss dem Nutzer die Möglichkeit gegeben werden, der Profilbildung (auch unter Pseudonym) zu widersprechen. Es bedarf also einer Opt-out-Möglichkeit. In der Praxis geschieht dies in der Regel durch Setzen eines Opt-out-Cookies.

Location Based Messages ohne Einwilligung des Nutzers

Wenn Sie mit mobilen Nachrichten werben, müssen Sie die Einwilligung des Empfängers haben – sowohl für die Zusendung von Werbung als auch für die Nutzung der Standortdaten.

Kundenprofile im Mobile Targeting

Die Bildung umfangreicher Nutzerprofile bedarf nach der Rechtsprechung einer Einwilligung der Betroffenen. Dies gilt jedenfalls, wenn Daten, die auf der Website erhoben werden, mit Klardaten des Betroffenen zusammengeführt werden. Werden Nutzerprofile etwa bei der mobilen Werbung mit Log-in-Daten des Nutzers abgeglichen, um noch mehr Informationen über einen konkreten User zu erhalten, ist das ein Datenschutzverstoß, wenn keine Einwilligung des Nutzers vorliegt.