Die Positionierung als Erfolgsfaktor im Online-Marketing

Bastian Sens
Bastian Sens

Aufgewachsen in einer Familie mit Getränkeläden, gestartet im Kinderzimmer. Bastian Sens ist jetzt seit über neun Jahren Geschäftsführer der Sensational Marketing GmbH – der Agentur für strategisches Suchmaschinenmarketing mit Fokus auf den E-Commerce. Mittlerweile hat Bastian Sens drei Bücher im Springer-Gabler-Verlag publiziert und ist Dozent für Online-Marketing in Köln.

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Über 271 Millionen Domains buhlen im Internet um unsere Aufmerksamkeit. Alle Betreiber wünschen sich für ihre Bemühungen Aufmerksamkeit und Anerkennung – zum Beispiel durch Traffic und Umsatz. Sie betreiben SEO, Videomarketing & Co. mehr oder weniger erfolgreich. Doch die Basis des Online-Marketings wird oft vernachlässigt: Die Positionierung des Unternehmens! Die Positionierung ist der Erfolgsfaktor Nummer 1. Worauf es dabei ankommt, erklärt Bastian Sens.

Die Positionierung ist die erste und elementarste Phase der Online-Marketing-Strategie, denn mit ihr steht und fällt der Online-Erfolg eines Unternehmens. Doch warum ist gerade die Positionierung für ein Unternehmen so wichtig? Die Antwort darauf ist ganz einfach: Die Positionierung greift überall. Dies soll an den folgenden Beispielen erläutert werden:

Beispiel 1: Sneaker-Socken

Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie suchen im Internet nach Sneaker-Socken. Sie tippen den Suchbegriff „Sneaker Socken Online Shop” bei Google ein und erhalten eine ganze Bandbreite an Suchergebnissen (Abb. 1). Sie finden bekannte Online-Shops wie Amazon oder Zalando – aber auf den weiteren Positionen auch für Sie unbekannte Online-Shops wie sockenshoppen.de. Worin unterscheiden sich nun die Suchergebnisse? Meinem Empfinden nach kaum. Sie können lediglich aufgrund der Markenbeliebtheit – zum Beispiel, weil Sie Zalando mögen – entscheiden. Das ist natürlich ein großes Problem für unbekannte Shops! Deshalb gilt es schon in der Meta-Description bzw. dem Title die eigene Positionierung klarzumachen und insbesondere das Nutzenversprechen aufzuzeigen. Denn seit Langem ist bekannt, dass die Nutzersignale die wichtigsten SEO-Bewertungskriterien von Google sind (siehe dazu die Studien von Searchmetrics www.searchmetrics.com/de/knowledge-base/ranking-faktoren/).

Stellen wir uns weiterhin vor, dass Sie auf das Suchergebnis sockenshoppen.de klicken. Welche Argumente besitzt der Shop, bei ihm zu bestellen und nicht bei bekannten Shops wie Zalando? Surfer entscheiden innerhalb weniger Sekunden, ob sie auf einer Website bleiben oder wegnavigieren. Der Nutzen und die Vorteile müssen sofort klar erkennbar sein. Und das sind sie in dem Fall nicht.

Beispiel 2: Online-Kurs zur Fischerprüfung

Die Angebote von Online-Kursen nehmen dramatisch zu. Die Online-Vorbereitungskurse für eine Auto-Führerscheinprüfung existieren schon seit über zehn Jahren. Seit einigen Jahren bietet das Unternehmen fishing-king.de mit Gründer Hubertus Massong diverse Online-Kurse zur Fischerprüfung an. Ein Online-Kurs ist ein Online-Kurs – könnte man meinen. Worin sollte sich fishing-king.de nun von seinen Wettbewerbern unterscheiden? Ist es die Anzahl der Videos? Die Erfolge des Gründers? Auszeichnungen? Welchen besonderen Nutzen kann das Unternehmen seiner Zielgruppe bieten?

„Online-Marketer können nicht zaubern!“

Die Realität ist oftmals anders!

Die Liste weiterer Beispiele im Online-Marketing können wir endlos fortführen. Auf allen Social-Media-Portalen werden Inhalte publiziert, die die Zielgruppe erreichen und überzeugen sollen. Einfach nur etwas online zu stellen, genügt nicht mehr, denn: Online-Marketer können nicht zaubern! Sicherlich können sie eine Marke durch SEO und andere Maßnahmen für die Zielgruppe sichtbar machen, doch der Erfolg bleibt bei vielen Unternehmen aus. Der Ursprung dieses Problems ist oft die Positionierung. Der Grund ist einfach: Online können die Angebote recht schnell verglichen werden. In der Offline-Welt können wir durch Sympathie andere Menschen einfacher überzeugen. Online sind die Menschen distanzierter. Deshalb gilt es, sich von den Wettbewerbern zu differenzieren, und vor allem: der Zielgruppe Nutzen zu stiften. Und wenn dies auffällig auf der Website kommuniziert wird, tritt der Preis in den Hintergrund und das Online-Marketing wird profitabel.

Was impliziert die Positionierung konkret?

Die Positionierung hängt stark mit einem Produkt oder einer Dienstleistung zusammen, jedoch ist sie nicht auf die rein physische Existenz des Produktes oder der Dienstleistung beschränkt. Sie ist vielmehr das, was das Produkt in den Köpfen der Kunden auslöst. Dabei ist es wichtig, sich auf die Zielgruppe zu konzentrieren und das Produkt so zu inszenieren, dass es den Vorstellungen, Wünschen und Träumen der Kunden entspricht. Das Ziel der Positionierung ist es, die rationalen und noch stärker betonten emotionalen Dienstleistungs- bzw. Produkteigenschaften mit den von der Zielgruppe bei einem solchen Produkt als wichtig angesehenen Eigenschaften in Einklang zu bringen. Laut dem Buchautor und Experten für Neuromarketing Dr. Häusel treffen Menschen über 70 % ihrer Kaufentscheidungen emotional. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, die emotionalen Aspekte des Produktes oder der Dienstleistung in den Vordergrund zu stellen.

Vier Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Positionierung

  • Marktpotenzial: Da es viel Aufwand bedeutet, eine Positionierung durchzusetzen, muss Ihre Zielgruppe groß genug sein, um diese Positionierung wirtschaftlich zu vertreten.
  • Image. Die Positionierung muss zum Unternehmens- bzw. Markenimage passen, da das Unternehmen bzw. die Marke ansonsten unglaubwürdig erscheinen.
  • Alleinstellung/Unterscheidbarkeit: Die Positionierung muss eine merkfähige, kreative und glaubwürdige Alleinstellung im Wettbewerbsumfeld einnehmen können.
  • Produktnutzen: Ein Produkt ist umso wertvoller für die Zielgruppe, je mehr Emotionen es hervorruft. Emotionen werden als Produktwert verkauft. Ist der emotionale Produktwert größer als das Preisopfer, ist die Zielgruppe bereit, zu kaufen.

Die EKS®-Strategie als ein möglicher Weg zur eigenen Positionierung

Die Positionierung muss eine Zielgruppe ansprechen, die groß genug ist, und sie muss Ihrer Zielgruppe einen Mehrwert bieten können. Es gibt viele Wege, um ans Ziel einer guten Positionierung zu gelangen. Ich persönlich habe die besten Erfahrungen mit der EKS®-Strategie (Engpasskonzentrierte Verhaltens- und Führungsstrategie) gemacht, die von dem Buchautor Wolfgang Mewes konzipiert wurde.

Bei der Strategie geht es insbesondere um die Erarbeitung einer Nischenstrategie, d. h., dass Sie einen Bereich finden, der weniger umkämpft ist, um in dieser Nische die Probleme Ihrer Kunden als absolut Bester zu lösen. Die Strategie ist vor allem von folgender Leitfrage geprägt: Welchen Nutzen stiftet mein Unternehmen? Um sich dieser Frage zu nähern, beinhaltet die Strategie vier Grundprinzipien:

  1. Konzentration der Kräfte auf Stärkepotenziale
  2. Orientierung der Kräfte auf eine eng umrissene Zielgruppe
  3. In die Lücke (Marktnische) gehen
  4. Sich in Details der Problemlösung einarbeiten

Die EKS®-Strategie in der Praxis

Eines meiner Lieblingsbeispiele der EKS®-Strategie ist das Unternehmen Kieser Training. Im B2C-Bereich eröffnete Werner Kieser 1966 sein erstes Fitnessstudio in Zürich. Er konzentrierte sich auf ein großes Problem seiner Zielgruppe: Rückenschmerzen und fragte sich: Was braucht meine Zielgruppe? Er bot seinen Kunden ein reduziertes Angebot an, das ganzheitlich nur ein Ziel hatte: einen gesunden und starken Rücken. Damals wie heute kämpfen so viele Fitnessstudios um Neukunden, doch Kieser Training ist immer noch unangefochten die Nummer 1 – als Spezialist. Hochprofitabel und stetig wachsend – seit über 50 Jahren.

Sehr schön sieht man die EKS®-Strategie von Kieser Training auch auf der Website (Abb. 2):

Sie sehen einen starken und gesunden Rücken abgebildet, zusammen mit dem Slogan: „Älter werden ist ok. Schwächer werden nicht.” Kieser Training richtet sich an Personen, die häufig mit dem Problem Rückenschmerzen zu kämpfen haben.

Auch hier lässt sich die Liste der Beispiele beliebig erweitern, weshalb im Folgenden weitere Beispiele dargestellt werden, um die Positionierung noch einmal zu verdeutlichen.

Weitere Beispiele einer erfolgreichen Positionierung

Online-Kurs zur Fischerprüfung

Spezialisten können zumeist einen größeren Nutzen als Generalisten anbieten. Aufgrund ihrer Fokussierung werden sie schnell als Experte wahrgenommen. Das ist die große Chance für Unternehmen, um sich in der Zukunft gegen die großen Portale bzw. gegen andere Unternehmen durchzusetzen. Fishing-king.de hat sich als Spezialist für Online-Fischerprüfungen etabliert. Der Gründer Hubertus Massong beschäftigt sich kontinuierlich intensiv mit seiner Zielgruppe und wie er deren emotionale Probleme und Wünsche beheben bzw. erfüllen kann. Bedenken hat die Zielgruppe sicherlich, ob Fishing King ein seriöser Anbieter ist und ob man später wirklich die Prüfung besteht. Deshalb hat das Unternehmen diverse Kooperationsverträge mit Landesfischereiverbänden vereinbart, kann also eine offizielle Zertifizierung nachweisen und bietet letztlich eine Prüfungserfolgsgarantie von 250 % an. Das klingt gewiss unorthodox. Besteht der Kunde die Prüfung nicht, erhält er die doppelte Kursgebühr zurück und die Prüfungsgebühr wird auch erstattet. Das zeugt von Selbstbewusstsein und schafft Vertrauen. Insbesondere unbekannte Marken müssen primär für Vertrauen sorgen!

Sneaker-Socken

Wir nehmen noch einmal das Beispiel der Sneaker-Socken auf und schauen uns den Online-Shop snocks.com mit der entsprechenden Landingpage snocks.com/products/fusslinge an. Wir kennen alle die Probleme, dass die Socken irgendwann Löcher haben, schlecht sitzen und die Sneaker-Socken auch schon einmal vom Fuß abrutschen. Snocks hat sich als Experte für Socken positioniert und die Probleme der Kunden verstanden. Für diese Probleme hat Snocks jeweils eine Lösung und gibt den Kunden sogar Garantien: sowohl eine Anti-Loch-Garantie (siehe Abb. 3) als auch 30 Tage Testzeit mit Rückgaberecht! Das hebt den Shop erheblich von dem Wettbewerb ab und verspricht hohe Konversionsraten.

SEO betreibt der Shop offensichtlich noch nicht – unter anderem sind die Meta-Tags des Shops nicht optimiert. Speziell die Meta-Description für die Landingpage könnte jedoch wie folgt aussehen: „Du wünschst dir unsichtbare Sneaker-Socken? Für Damen und Herren: Bei SNOCKS erhältst du die Anti-Loch-Garantie ✓ 30 Tage testen ✓ Jetzt online bestellen.“

Dieses Suchergebnis unterscheidet sich erheblich von den anderen (siehe Abb. 1). Die Klickrate für Snocks steigt, die Positionen in Google werden tendenziell besser und der wirtschaftliche Erfolg stellt sich ein.

Die acht Phasen einer Online-Marketing-Strategie

Dass eine erfolgreiche Positionierung wichtig ist, wurde durch diesen Artikel hoffentlich deutlich. Damit ist es jedoch nicht getan. Um online erfolgreich zu sein, bedarf es weitaus mehr. Man braucht eine Strategie. In insgesamt acht Phasen wird eine Online-Marketing-Strategie entwickelt, die ich in meinem aktuellen Buch „Das Online-Marketing-Cockpit“ beschrieben habe:

  1. Die erste Phase ist die Positionierung, die in diesem Artikel bereits erläutert wurde. Sie stellt mit der zweiten Phase die Basis des Online-Marketings dar.
  2. Die zweite Phase ist die Zielgruppenbestimmung: Wer soll mit dem Online-Marketing erreicht werden? Welche emotionalen Probleme und Wünsche hat die Zielgruppe? Welche Kriterien müssen im B2B- und B2C-Bereich berücksichtigt werden? Welche Erkenntnisse aus dem Neuromarketing können hier genutzt werden?
  3. Die dritte Phase ist die Zielsetzung: Welche konkreten Ziele sollen mit dem Online-Marketing verfolgt werden?
  4. Die vierte Phase beinhaltet die Kanal- und Instrumentenwahl: Welche Portale nutzt die Zielgruppe? Welche Maßnahmen sind für die gesteckten Ziele sinnvoll und welche können ausgeschlossen werden?
  5. Die fünfte Phase ist die der Contentauswahl und -erstellung: Die Kanäle sind bereits ausgewählt, jetzt gilt es, diese mit Inhalten zu füttern. Wie wird eine höhere Reichweite generiert? Wie kann die (Kauf-)Entscheidungsphase unterstützt werden? Welche Mittel aus der Verkaufspsychologie können genutzt werden?
  6. Die sechste Phase beinhaltet die Conversion-Optimierung: Durch stetige Website-Optimierung werden mehr Neukunden und Bewerber gewonnen. Der Rahmen hierfür muss jedoch erst geschaffen werden. Auch hierzu gibt es wieder einige Tools und Prozesse wie den Conversion-Cycle.
  7. Die siebte Phase beinhaltet das Controlling: Die gesetzten Ziele aus Phase drei müssen ganzheitlich erfasst werden. Nicht nur Google Analytics kann hierzu verwendet werden. Es gibt noch viele weitere Tools, die bei der Datenerfassung hilfreich sein können. Beispielsweise Matelso für die Erfassung von Telefonanrufen!
  8. In der achten und finalen Phase, der Automatisierung, ist es fast geschafft. Nach getaner Arbeit ist es Zeit, den Maschinen die Arbeit zu überlassen. Welche Möglichkeiten und Tools existieren dafür?
„Wer sich verzettelt, schrumpft – wer sich konzentriert, wächst.“

Die Strategie stets vor Augen

„Wer sich verzettelt, schrumpft – wer sich konzentriert, wächst.“ In unserer schnelllebigen Welt existieren tausend verschiedene Möglichkeiten der Ablenkung und gerade im Internet entwickeln sich die Dinge zum Teil schneller, als man gucken kann. Es ist demnach essenziell, dass alle Mitarbeiter die Online-Marketing-Strategie stets vor Augen haben. Sie sollte gut sichtbar für jeden sein – am besten auf einem Whiteboard. Warum ein Whiteboard? Ganz einfach: Die Strategie ist niemals fertig, sondern unterliegt einer ständigen Optimierung. Die Anpassung einzelner Aspekte ist somit um ein Vielfaches vereinfacht.

Fazit

Mit der Positionierung steht und fällt der Erfolg im Online-Marketing. Wenn die emotionalen Probleme, Wünsche oder Träume der Zielgruppe nicht angesprochen werden, können die Bemühungen durch SEO & Co. nicht erfolgreich sein. Sie sind einer von vielen und stechen nicht aus der Masse heraus. Wenn Sie jedoch die Positionierung in Angriff nehmen, werden Sie jede Maßnahme im Online-Marketing effizienter und erfolgreicher machen.