Google Mobile Index – alles nur noch Smartphone?

Thorsten Abrahamczik
Thorsten Abrahamczik

Thorsten Abrahamczik spezialisierte sich früh auf Suchmaschinenoptimierung, Webanalyse und Projektmanagement. Er ist seit 2008 im Bereich Suchmaschinenoptimierung unterwegs, baute anfänglich die SEO-Abteilung eines großen E-Commerce-Unternehmens auf und wechselte 2012 in den Agenturbereich. Hier kam er mit den vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Webanalyse und Suchmaschinenoptimierung in Kontakt und fokussiert sich heute primär auf technische und datengetriebene Maßnahmen. Bei der internetwarriors GmbH ist er für die Kundenbetreuung in den Bereichen Suchmaschinenoptimierung, Webanalyse und Programmierung verantwortlich.

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Im März 2015 gab Gary Illyes von Google bekannt, dass das Unternehmen an einem mobilen Suchindex arbeitet. Was dies genau bedeuten würde, ließ er allerdings offen. Auf der Pubcon 2016 griff Illyes seine Ankündigung vom Vorjahr auf und bestätigte, dass Google dabei sei, die Indexierung auf die mobilen Varianten der Webseiten umzustellen. Dieser Artikel beschreibt die Hintergründe der Umstellung, die daraus ableitbaren Implikationen für Webseitenbetreiber und gibt Handlungsempfehlungen für eine reibungslose Anpassung der eigenen Webseite.

Info

Der Google-Suchindex beinhaltet alle von Google verarbeiteten und indexierten Informationen zu den Webseiten. Bei jeder Suchanfrage werden die Suchergebnisseiten, basierend auf den Daten dieses Indexes, neu aufgebaut.

Schon seit mehreren Jahren propagiert Google, dass Webseiten für Smartphones optimiert sein müssen, und untermauert dies regelmäßig mit Veröffentlichungen von Kennzahlen zum Userverhalten. Die letzte Untersuchung wurde von DoubleClick im September 2016 unter dem Titel „The need for mobile speed: How mobile latency impacts publisher revenue“ veröffentlicht (goo.gl/M1C611). Bereits im Mai 2015 gab Google bekannt, dass in zehn Ländern inkl. den USA und Japan mehr mobile Suchanfragen gestellt wurden als über Desktop (goo.gl/ffSf0P). Bis heute hat sich diese Schere weiter vergrößert und umfasst zusätzliche Länder wie z. B. Deutschland. User leben und arbeiten also mobil.

Unterstützt wird diese Entwicklung durch Dienste wie Google Assistent, Siri oder Cortana, die User auf einfache Art im täglichen Leben unterstützen. Dies beinhaltet insbesondere schnelle Abfragen über Smartphones. Endanwender öffnen in diesen Fällen gar nicht mehr den Browser, sondern stellen eine mündliche Frage an das Smartphone. Das Gerät kümmert sich dann um die weitere Bearbeitung und reicht die Anfrage unter anderem an die großen Suchmaschinenbetreiber weiter. Android fragt Google, iOS fragt Bing.

Suchmaschinen nehmen also gar nicht mehr nur Suchanfragen über Browser entgegen, sondern arbeiten immer mehr auch mit sprachbasierten Diensten. Die Herausforderung an dieser Stelle ist, dass sprachbasierte Dienste die gleichen Antworten wie einzelne User über ihre Browser erhalten wollen. Es unterscheiden sich lediglich Interface und Schnittstelle. Die Suchmaschinen mit ihrem Wissen und die Endanwender mit ihren Fragen bleiben bestehen.

Für Suchmaschinen ist es daher eminent wichtig zu wissen, welche Informationen ein User gerade sucht. Auf der Desktop-Seite funktioniert das seit Jahren sehr gut. Suchmaschinen lesen Webseiteninhalte aus, verarbeiten diese und erstellen daraus die Suchergebnisseiten. Auf der mobilen Seite ist es etwas komplizierter. Was passiert zum Beispiel, wenn ein sprachbasierter Dienst wie Google Assistent eine User-Frage beantwortet, der User im Anschluss aber weiterführende Informationen wünscht? In diesem Fall vertieft er seine Suche vermutlich im Browser und versucht, die Seite zu öffnen, mit der Google Assistent die Eingangsfrage beantwortet hat. Nun ist diese Seite allerdings nicht mobil optimiert und wird nur schlecht auf dem Smartphone angezeigt. Der User sieht sich in diesem Fall mit dem Problem konfrontiert, dass Google seine Frage im ersten Schritt zwar gut beantwortet, im zweiten Schritt aber eine schwer nutzbare Webseite als Ergebnis ausspielt.

Warum also entwickelt Google einen mobilen Suchindex?

Mit Angeboten wie Page Speed Test, Google Friendliness, AMP-Test etc. bietet Google Lösungen an, um die Performance von Webseiten auf mobilen Geräten zu verbessern. Abbildung 1 zeigt die Eingabemaske des AMP-Tests von Google, mit dem beispielsweise Verleger überprüfen können, ob ihre Inhalte mittels AMP korrekt und schneller als bei der normalen Webseite an User ausgespielt werden.

Nutzen Webseitenbetreiber diese Angebote, profitieren viele User, mindestens indirekt, von den Optimierungen. Dennoch ist es weiterhin so, dass viele Webseiten nicht mobilfähig sind und entsprechend schlecht auf Smartphones dargestellt werden. Bei diesen handelt es sich teilweise aber um Webseiten, die exzellente Inhalte anbieten und für Leser einen echten Mehrwert bereitstellen. Solche Webseiten offerieren im Hinblick auf Content also genau das, was Google sich von Webseitenbetreibern wünscht.

Stand heute nutzt Google einen einzigen Suchindex, der die Suchergebnisse für Anfragen sowohl über Desktop als auch über Mobil bearbeitet und die Suchergebnisseiten (SERPs) entsprechend aufbaut. Dieser Index basiert gegenwärtig auf dem Crawl der Desktop-Version von Webseiten, liefert aber Ergebnisse, bei denen 85 % der Webseiten bereits mobil optimiert sind (goo.gl/JCegzS).

Info

Mobile Suchergebnisseiten (SERPs) werden aktuell alleinig auf Smartphones dargestellt. Suchergebnisseiten für Desktop nutzen die bekannte Darstellung und Tablets erhalten noch einmal andere SERPs als Desktops und Smartphones.

Aufgrund des zunehmend mobilen User-Verhaltens möchte Google dieser Entwicklung nun Rechnung tragen und entwickelt einen mobilen Suchindex. Für diesen nutzt Google seit Ende 2016 seinen mobilen Crawler und berücksichtigt die mobile Version einer Webseite. Auch der Google-Algorithmus wird entsprechend angepasst (goo.gl/U7y9VC).

Gegenwärtig wird der Suchindex von Google noch aufgebaut und soll erst in den nächsten Monaten live gestellt werden. Allerdings veröffentlichte Google am 04.11.2016 in einem Webmaster Central Blogpost, dass erste Anpassungen bereits getestet werden (https://goo.gl/YZfI7t). Vor der finalen Umstellung will Google die Webseitenbetreiber vorab aber mit einem weiteren Blogpost auf den Livegang hinweisen.

Welche Auswirkungen wird die Umstellung haben?

Mit dem Livegang des neuen Suchindexes werden nur noch mobile Inhalte als Grundlage für die Indexierung und Ausspielung von Webseiten in den SERPs herangezogen. Hierdurch kann es zu deutlichen Veränderungen in der Sichtbarkeit von Webseiten kommen. Eine klare Aussage seitens Google zur weiteren Verwendung des bisherigen Suchindexes gibt es bisher noch nicht. Google schaltet den bisherigen „Desktop“-Index laut eigener Aussage nicht ab und betreibt ihn parallel weiter. Allerdings ist davon auszugehen, dass dieser Index auf längere Sicht an Gewichtung verliert. Webseitenbetreiber sollten daher von Rankingveränderungen ausgehen.

Unterscheidet sich eine Webseite inhaltlich in ihrer mobilen Variante von der Desktop-Variante, kann dies zu signifikanten Sichtbarkeitsverlusten, auch im Desktop-Bereich, führen. In der Regel treten diese Unterschiede durch fehlende Inhalte in der mobilen Variante auf. Ist eine Webseite im mobilen Bereich inhaltlich schlechter aufgestellt, wird sich dies, entsprechend der exklusiven Berücksichtigung mobiler Inhalte, unmittelbar auch auf den Desktop-Bereich auswirken. Selbst wenn hier sehr gute und umfassende Inhalte vorhanden sind, wird die Webseite im Desktop-Bereich zukünftig weniger gut in den SERPs platziert sein.

Google empfiehlt allerdings ausdrücklich, eher eine reine Desktop-Variante zu behalten, als vorschnell mit einer unfertigen mobilen Variante live zu gehen. Laut Google kann eine reine Desktop-Webseite im mobilen Index deutlich besser ranken als eine unfertige mobile Webseite.

Nutzen Webseitenbetreiber eine Webseite im Responsive Design, bei der die Inhalte und Auszeichnungen mit Microdata identisch sind, wird es zu keinen großen Problemen kommen. In diesem Fall müssen Webseitenbetreiber keine Anpassungen vornehmen.

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Bei Microdata handelt es sich um die strukturierte Auszeichnung von Inhalten. Weitere Informationen hierzu gibt es auf www.schema.org.

Was sollten Webseitenbetreiber beachten?

Webseitenbetreiber sollten sich zunächst eine grundlegende Frage stellen: „Nutze ich eine Webseite mit Responsive Design?“ Wenn ja, dann brauchen sie nichts weiter tun. Wenn nein, dann sollten sie weitere wichtige Fragen stellen:

1. Kann die Website überhaupt mit Smartphones genutzt werden? Hier ist zu überprüfen, ob das Design auf Mobilgeräte optimiert ist. Separate mobile Seiten, häufig unter m.example.com erreichbar, sind in der Regel nicht responsive, trotzdem aber bereits für Mobilgeräte optimiert. Neben den eigenen Tests können hierfür auch Tools wie der Google Friendliness Test genutzt werden, für den Google Seite Ende Januar 2017 sogar eine Schnittstelle anbietet, die in eigenen Tools genutzt werden kann.

Die eigenen Tests zur Überprüfung von Layout und Funktionalität sollten, wenn möglich, direkt mit den passenden Geräten durchgeführt werden. Ist dies nicht möglich, helfen die Entwickler-Tools in den verschiedenen Browsern. Abbildung 2 zeigt, wie das Entwickler-Tool von Google Chrome aussieht. Wichtig ist, dass das zweite Icon von Links in der obersten Leiste aktiv ist (sichtbar durch die blaue Hervorhebung). Das Entwickler-Tool kann durch das Drücken der Taste F12 aktiviert werden.

Hier lassen sich nicht nur gezielt einzelne Layoutgrößen für Smartphones einstellen, sondern es kann auch der User-Agent so konfiguriert werden, dass der Browser sich als echtes Smartphone an der Seite anmeldet. Auf diese Weise lassen sich leicht das Design und die Funktionalitäten überprüfen. Abbildung 3 zeigt, wie Google Chrome die Seite im mobilen Entwickler-Modus darstellt, wenn der User-Agent auf das iPhone 6 Plus eingestellt ist.

Chrome und Firefox bieten bereits sehr gute Entwickler-Tools mit vorkonfigurierten Auflösungen für die verschiedenen Geräte, aber auch Internet Explorer, Edge und Safari stellen entsprechende Lösungen in ihren Browsern bereit.

Gleichzeitig gilt es, die Webseite unter funktionalen Aspekten zu überprüfen. Gibt es Features wie Formulare, Bestellprozesse, Videos etc., die Probleme auf Smartphones verursachen können?

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Ein User-Agent identifiziert eindeutig einen Browser. Hierfür werden bei jeder Übertragung von Daten, z. B. bei einem Seitenaufruf, der Browsername und die Versionsnummer übermittelt. Auf diese Weise weiß der Webserver genau, welcher Browser gerade eine Anfrage stellt. Über Server-Logs können Marketer dann z. B. nachschauen, zu welcher Uhrzeit Google das letzte Mal auf der eigenen Webseite war, da Google einen eigenen User-Agent für seine Crawler nutzt.

2. Sind alle wichtigen Inhalte auch auf der mobilen Webseite enthalten? Ist dies nicht der Fall, muss unbedingt überprüft werden, inwieweit eine entsprechende Portierung der Inhalte auf die mobile Webseite Sinn macht und möglich ist. An dieser Stelle ist zu berücksichtigen, dass es zukünftig auch auf der Desktop-Webseite zu Traffic-Einbußen kommen kann, sollte die mobile Webseite aufgrund fehlender Inhalte, Backlinks etc. in dem mobilen Suchindex schlechter ranken.

3. Kann Google die mobile Website problemlos crawlen? Dies sollten Webseitenbetreiber unbedingt überprüfen. In der Google Search Console muss hierzu, wenn noch nicht geschehen, eine separate Property für die mobile URL der Webseite erstellt werden (goo.gl/2uPj4e). Anschließend kann über die Funktion „Abruf wie durch Google“ genau überprüft werden, wie Google die Webseite auswertet. Dabei ist darauf zu achten, dass in diesem Fall der mobile Crawler für Smartphones eingestellt wird, da dies nicht die Standardeinstellung ist. Abbildung 4 zeigt die Funktion in der Google Search Console mit bereits auf mobil umgestelltem Crawler.

4. Ist die mobile Webseite mit der Desktop-Variante verknüpft? Hier gilt es zu überprüfen, ob das „alternate“-Tag im Quellcode der Webseite genutzt wird, mit dem Google signalisiert wird, dass es noch eine alternative Variante der Webseite unter einer separaten URL gibt. Dieses Tag ist für den User nicht sichtbar, hilft den Suchmaschinen aber, die mobile Variante der Webseite zu finden.

5. Wird bei der mobilen Variante dasselbe Microdata verwendet wie bei der Desktop-Variante? Dies gilt es genau zu überprüfen, um sicherzugehen, dass die strukturierte Datenauszeichnung auch zukünftig mobil und auf Desktop funktioniert. Nur wenn auf der mobilen Webseite dieselben Auszeichnungen wie auf der aktuellen Webseite vorhanden sind, ist sichergestellt, dass Google die Daten in derselben strukturierten Form und Qualität erhält wie bisher.

Google gibt an dieser Stelle den Hinweis, dass eine Webseite nicht mit strukturierten Auszeichnungen überfrachtet werden sollte. Wichtiger ist es, dass nur die Auszeichnung genutzt wird, die einen echten Mehrwert auf der Seite bietet, z. B. Produkt, Autoren, Blogpost, Rezepte etc. Darüber hinaus muss unbedingt mit dem Structured Data Testing Tool (goo.gl/WUOWDn) und der Google Search Console überprüft werden, ob die Implementierung korrekt umgesetzt wurde.

6. Lädt die mobile Variante schnell genug? Google geht davon aus, dass der User ein langsames Smartphone mit einer schlechten Internetverbindung nutzt. Trotzdem muss die Seite schnell laden. Hierfür muss überprüft werden, ob die aktuellsten Technologien genutzt werden und die Webseite schneller als drei Sekunden lädt. Webseiten, die länger für das Laden benötigen, haben nach Aussage von Google einen Nachteil in den Rankings.

Für eine Überprüfung sollten die zwei Tools Google Page Speed Test und WebPagetest.org genutzt werden. Das Google Page Speed Tool wird direkt von Google angeboten und überprüft, welche Technologien genutzt werden, um eine schnelle Ladezeit zu ermöglichen. Darüber hinaus überprüft es die Zeit, bis alle sichtbaren Inhalte, ohne Scrollvorgang, angezeigt werden, sowie die Zeit, bis die gesamte Seite geladen ist. Das Tool überprüft dabei ausschließlich Inhalte, die nicht internetverbindungsabhängig sind, da es abhängig von der Internetverbindung zu unterschiedlichen Ladezeiten kommen kann.

Das Tool WebPagetest.org ist ein OpenSource-Programm und wurde ausdrücklich von Google empfohlen, um die Seitenladezeit in Sekunden zu messen. Das Tool arbeitet deutlich granularer und listet sehr genau auf, wo Probleme beim Ladevorgang bestehen, wo bereits gute Umsetzungen vorgenommen wurden und wie hoch die genaue Ladezeit ist.

7. Wie wird mit Links umgegangen? Nutzt ein Webseitenbetreiber zwei separate URLs für seine mobile und seine Desktop-Variante, wird er das Problem haben, dass mobile Webseiten deutlich weniger verlinkt werden als Desktop-Varianten. Dies kann sich sehr stark auf das Backlink-Profil im zukünftigen Ranking auswirken und entsprechend die Reputation einer Webseite senken. Aus diesem Grund muss der Webseitenbetreiber über eine Anpassung der Webseite nachdenken.

Google selbst gibt in seinem Blogpost vom 04.11.2016 Tipps im Hinblick auf den Livegang des mobilen Suchindexes. Diese sind aber auch alle in den gerade aufgelisteten sieben Punkten enthalten.

Fazit

Aktuell füllt Google seinen mobilen Suchindex mit Inhalten und hat bereits damit begonnen, erste Tests auf der Suchergebnisseite durchzuführen. Webseitenbetreiber sollten die Zeit nutzen und sich bis zum Livegang des mobilen Suchindexes bestmöglich auf die Umstellung vorbereiten. Umfassendere Arbeiten kommen dabei auf Anbieter von Webseiten mit einer ausschließlichen Desktop-Variante zu. Anbieter von separaten, aber bereits mobil optimierten Webseiten müssen keine neuen Webseiten entwickeln. Sie sollten sich aber Gedanken machen, wie sie mit der externen Verlinkung oder den gleichen Inhalten auf Desktop und mobil umgehen. Webseitenbetreiber von responsiven Webseiten müssen keine gezielten Optimierungen im Hinblick auf die Umstellung des Suchindexes durchführen.