Google im stetigen Wandel

Was erwartet uns dieses Jahr in der organischen Suche?

Bastian Grimm
Bastian Grimm

Bastian Grimm verantwortet bei der Peak Ace AG die Bereiche Suchmaschinenoptimierung sowie Performance-Content-Marketing und blickt dabei auf mehr als 15 Jahre Erfahrung im Performance-Marketing bzw. SEO zurück. Peak Ace ist eine 2008 gegründete, international tätige Performance-Marketing-Agentur mit Sitz in Berlin. Mit mehr als 100 Mitarbeitern realisiert Peak Ace Kampagnen in mehr als 20 Sprachen auf Muttersprachler-Niveau, wofür wir u. a. zweifach mit dem Drum Search Award 2018 ausgezeichnet wurden. Unser technologieorientierter Ansatz ermöglicht es uns, flexible, datengetriebene Lösungen für alle relevanten Performance-Marketing-Kanäle anzubieten – damit helfen wir unseren Kunden, ihre Marketingausgaben effizienter einzusetzen und im Ergebnis deutlich profitabler zu arbeiten.

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Bereits 2016 war für Suchmaschinenoptimierer ein spannendes und gleichermaßen ereignisreiches Jahr, diverse Realtime-Algorithmen, Machine-Learning-Ansätze, Accelerated Mobile Pages und vieles mehr sorgten dafür, dass keine Langeweile aufkam. Was kann da noch kommen? Eine ganze Menge – meint SEO-Experte Bastian Grimm.

Optisch identische Suchergebnisse sind passé. Individualisierung, wohin das Auge reicht!

Lassen Sie uns einmal mit dem Offensichtlichen beginnen: Google-Suchergebnis ist schon lange nicht mehr Google-Suchergebnis – weder optisch noch inhaltlich. Vergleicht man einmal Googles aktuelle Ergebnislisten mit denen von vor einigen Jahren, so wird sehr schnell deutlich, dass sich hier viel getan hat. Und dabei geht es nicht nur darum, dass das Ganze heute selbstredend deutlich moderner wirkt: Nahezu jede Suchanfrage kommt im Jahr 2017 mit einer individuellen Ergebnisdarstellung daher. Neben der Einführung der sogenannten „Universal Search“ – also der Integration von News-, Bild- und Video-Suchergebnissen – wurde auch eine Vielzahl von Individualisierungen an der Standard-Darstellung für einzelne Bereiche vorgenommen. So gibt es mittlerweile unterschiedliche Darstellungen für beispielsweise Suchergebnisse aus den Bereichen Jobs (mit Angabe von Gehaltsstufen), Rezepte (mit Angabe von Kalorien, Zubereitungsdauer und einem Bild der Speise) oder Software (mit Details zum Betriebssystem, Preis und Bewertungen).

Und damit nicht genug: Für Sonderthemen hat Google zusätzlich sogenannte „One-Boxen“ geschaffen, welche entweder über externe Datenlieferanten (zum Beispiel im Fall von Wetterdaten) oder aus dem hauseigenen Knowledge-Graph (u. a. bei der Suche nach bekannten Persönlichkeiten) befüllt werden.

Doch damit immer noch nicht genug – neben der Abhängigkeit vom jeweiligen Query (dem verwendeten Suchbegriff) und dessen Intent (also der impliziten oder expliziten Suchabsicht) ist vor allem der User und dessen Kontext entscheidend: Google berücksichtigt unter anderem das Endgerät, die geografische Lage nebst Sprache und vor allem aber auch vergangene Suchanfragen, Klickdaten und weitere personenbezogene Informationen.

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Es empfiehlt sich unbedingt, einmal einen Blick in den Bereich „My Activity“ – zu finden unter myactivity.google.com – zu werfen. Ist es doch durchaus spannend zu sehen, welche Informationen Google hier protokolliert und möglicherweise auch zur Personalisierung verwendet.

Riesige One-Box zur US-Wahl

Auch die eventbasierte Aussteuerung von One-Boxen zu bestimmten Anlässen kann sich signifikant auf die Klickverteilung auswirken – so jüngst geschehen bei den US-Wahlen Anfang November 2016. Google hatte hier ab 14 Uhr (EST) amerikanischer Zeit für nahezu alle relevanten Suchanfragen wie „Wahlergebnis USA“ und ähnliche die Informationen direkt in den Suchergebnissen bereitgestellt:

A. Chronister merkte dazu an: CBS held the #1 / #2 spots in News and Organic all day. At 2PM EST Google took over the results with their election results block. Traffic declined in the millions per hour.” (Quelle: A. Chronister – Director, Audience Development @ CBS Interactive)

Es lässt sich also feststellen, dass Aussagen zu standardisierten Klickraten immer ungenauer werden bzw. nahezu unbrauchbar sind. Im Beispiel der vorgenannten Election One Box sind definitiv keine 32 % (Desktop) bzw. 25 % (Mobile) Click-Through-Rate (CTR) – gemäß AWR Studie – auf Platz #1 der organischen Listings mehr entstanden. Es ist eine durchaus valide Annahme, dass nahezu jede Suchergebnisseite komplett personalisiert sowie individualisiert und eine pauschale Aussage zur CTR-Verteilung demnach fast bedeutungslos ist. Gleiches gilt natürlich auch für die Betrachtung einzelner Keyword-Rankings.

Zufriedenheit der Besucher und positive Nutzererfahrung werden immer entscheidender für nachhaltig gute Rankings

Neben den klassischen E-Commerce-KPIs (Umsatz, Warenkörbe etc.) sowie natürlich auch dem organischen Traffic insgesamt sowie auf Verzeichnis- und/oder Landingpage-Ebene sollten insbesondere auch Softfaktoren wie Time-on-Site (ToS), Bounce-Rate (BR) und Pages per Session (PpS) betrachtet werden. Noch akkurater wird es, wenn man anstelle der ToS gar die Dwell Time misst (vereinfacht gesagt ist das die Zeit, die ein Besucher auf der Seite verbringt, bevor zurück in die Suchergebnisse gesprungen wird).

Das oberste Gebot für erfolgreiche Suchmaschinenoptimierung 2017 – und das ist eigentlich nicht neu, aber hoffentlich nunmehr angekommen: Macht endlich eure User happy! Und ebendies lässt sich unter anderem ganz hervorragend mit vorgenannten Daten kontrollieren.

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Google-Analytics-Nutzern seien an dieser Stelle unbedingt auch die „Benutzerdefinierten Benachrichtigungen“ ans Herz gelegt. Signifikante Veränderungen – in beliebigen Metriken – werden damit überwacht und bei einer Veränderung entsprechende E-Mail-Benachrichtigungen verschickt (mehr dazu unter einfach.st/benben).

Sie optimieren (noch) Title und Description? Super – aber Google ist schon zwei Schritte weiter!

Seit Jahren predigen Suchmaschinenoptimierer/-innen die Notwendigkeit der Snippet-Optimierung (sprich des Seitentitels, der Beschreibung sowie der URL/Breadcrumb). Im Grunde genommen absolute Basisarbeit – umso überraschender scheint es, dass dies auch heute immer noch ein Thema ist, was offenbar nicht in allen Köpfen angekommen ist. Für viele selbst hochkompetitive Begriffe finden sich Listings, die das maximale Potenzial bei Weitem nicht ausschöpfen. So wird es beispielsweise versäumt, entsprechende Längenlimitierungen zu beachten oder es fehlen USPs, eine klare Handlungsaufforderung bzw. die Beschreibungen sind schlicht grammatikalisch falsch oder gar unlesbar. Schade!

Tipp

Ein simpler Website-Crawl, beispielsweise mit DeepCrawl oder ScreamingFrog, kann alle URLs auflisten, deren Meta Descriptions oder Title gewisse Kriterien nicht erfüllen (z. B. zu lang oder zu kurz, Duplikate etc.), und bietet einen guten Ausgangspunkt für Aufräumarbeiten

Und Google ist hier bereits zwei Schritte weiter: Die sogenannten Rich Snippets (dt. erweiterte Vorschau) bieten bereits in den Suchergebnissen – abhängig von der jeweiligen Zielseite sowie dem Inhalt des Gesuchten – weitere Informationen. So liefert zum Beispiel die Suche nach „whatsapp download“ für den Google Playstore sowie Apple iTunes direkt auch eine Bewertung der Software, den Preis sowie das jeweilige Betriebssystem mit. Searchmetrics Zahlen aus 11/2016 (Quelle: pa.ag/2hCXjpL) zeigen, dass sich die Anzahl der Domains, die schema.org Markup verwenden (notwendig, um eben diese Rich Snippets zu erhalten) von 2013 bis 2016 nahezu verzehnfacht hat. Auch die Anzahl der Integrationen von strukturiertem Markup hat von zwei auf durchschnittlich fünf bis sieben verschiedene Markups noch einmal deutlich zugenommen.

Die logische Weiterentwicklung der sogenannten Rich Snippets sind nunmehr die Rich Cards; diese Kartendarstellung wurde optisch aufgewertet, mit weiteren Details versehen, basiert vollständig auf JSON-LD (einer JavaScript-ähnlichen Notation für schema.org) und bekam seitens Google sogar eine komplett eigenständige Integration in die Google Search Console spendiert.

Es ist zu erwarten, dass zeitnah weitere Formate im Card-Design dazukommen werden. Aktuell sind Rezepte, Veranstaltungen, Produkte, Bewertungen und Kurse im Card-Design verfügbar. Nicht zuletzt macht dies auch für Google deswegen sehr viel Sinn, weil sich diese Art der Darstellung hervorragend für Accelerated Mobile Pages (AMP) eignet sowie insgesamt gut zum neuen Card-Layout passt.

Die Vielzahl von Layout-Tests suggeriert einen Trend zum Card-Design – und möglicherweise einem neuen Interface inkl. Swipen als Bedienelement?

Nicht nur die Vorschau einzelner Elemente sowie Listings ändert sich – vielmehr gilt dies für Googles Suchergebnisseite (SERP) insgesamt, gleichermaßen auf Desktop sowie mobilen Endgeräten, einschließlich der Bedienbarkeit. Viele Tests sowie ein insgesamt dynamisches Umfeld sind Suchmaschinenoptimierer schon lange gewohnt; so war bereits im Jahr 2012 seitens Google von ca. 12.000 Tests und 660 Live-Änderungen – d. h. bis zu zwei pro Tag – die Rede. Betrachtet man die visuellen Änderungen des vergangenen Jahres einmal gesamtheitlich, so fällt insbesondere auf:

  1. Der Wegfall der Ads auf der rechten Seite vereinheitlicht das grundsätzliche SERP-Layout auf Desktop sowie für Mobile.
  2. Nahezu alle Elemente wurden in ein Boxformat umgewandelt und mit einem Rahmen versehen.
  3. Anstelle von horizontalem Scrollen wird ein vertikaler Ansatz verwendet (Desktop) bzw. Swipen durch eine Art von Karussell (Mobile).

Noch sind diese Änderungen nicht für jedermann immer zu sehen, zusätzlich ändern sich Details in der Darstellung immer einmal wieder. Es ist davon auszugehen, dass Google hier zum aktuellen Zeitpunkt noch in einer laufenden Testphase operiert.

Aber warum hat Google Interesse an einer Vereinheitlichung? Sicherlich gibt es mehr als eine Antwort auf diese Frage; klar ist aber, dass mittlerweile nahezu 60 % aller Suchanfragen auf mobilen Geräten stattfinden (Quelle: einfach.st/sel11) und Googles oberste Priorität ist, in diesem Kontext und auf dem entsprechenden Endgerät jeweils das bestmögliche Ergebnis zu liefern. Demnach fokussiert man sich bei allen Maßnahmen inklusive der SERP-Bedienbarkeit klar auf die entsprechende Mobile UX – die Desktop-Darstellung ist nur mehr „ein Abfallprodukt“.

"Google geht hier einen sehr konsequenten Weg und forciert die Denkweise, eine mobile Website nicht mehr als optional, sondern vielmehr als klares Must-have in den Köpfen zu verankern."

Mobile First Indexing: Eine der dramatischsten Änderungen steht für 2017 ins Haus

Eine weitere dazu passende Meldung sorgte ebenfalls Anfang November vergangenen Jahres für viele Diskussionen, Spekulationen und leider auch einige Verwirrung: Googles Ankündigung, im Jahr 2017 einer Mobile-First-Indexing-Logik zu folgen und zukünftig die Inhalte einer mobilen Website für die Berechnung der Rankings heranzuziehen – und nicht wie bisher die Inhalte der Desktop-Variante.

Betrachtet man dieses Thema einmal ein wenig genauer, wird relativ schnell klar, dass diese Änderung signifikanten Einfluss auf die Ranking-Performance einer Website in den organischen Ergebnissen haben kann. Nicht selten unterscheiden sich die Desktop- und Mobile-Varianten signifikant voneinander, in einigen Fällen gibt es auch gar keine benutzbare Mobile-Version. Klar scheint, dass mit einem vollständig responsiven Webangebot die bestmögliche Ausgangsbasis vorliegt – dennoch gibt es auch hier diverse Stolpersteine zu beachten. So kommt es ja in der Praxis durchaus vor, dass die Mobile-Variante über deutlich weniger Content verfügt, Google nun aber ebendiesen für das Ranking verwenden wird. Schlechtere Rankings sind da nicht auszuschließen. Über Fragenstellungen rund um Rel-Canonical und Rel-Alternate (wirken diese zukünftig dann plötzlich andersherum?) soll an dieser Stelle nicht weiter spekuliert werden. Fakt ist, derzeit scheint vieles noch unklar – und Google selbst bestätigte mehrfach, dass einige Dinge noch unklar seien und im Verlaufe der Testphase noch eruiert werden müssten. Es bleibt also spannend!

Info

Als Vorbereitung auf diese Umstellung sollten Seitenbetreiber zumindest einmal dafür sorgen, dass alle relevanten Desktop-Inhalte auch auf der mobilen Seite verfügbar sind. Insbesondere bei „alten“ Setups auf einer separaten, mobilen Subdomain scheint der Wechsel auf eine vollständig responsive Seite angebrachter denn je.

Performante Webseiten sind weiterhin zentraler Aspekt einer ganzheitlichen Optimierungsstrategie

Bereits 2010 verkündete Google, dass PageSpeed nunmehr ebenfalls ein Ranking-Faktor sei. Dabei wird leider immer wieder vergessen, dass PageSpeed auch „nur“ einer von über 200 verschiedenen Faktoren ist. Dennoch wird Google seitdem nicht müde, immer wieder die Wichtigkeit performanter Webseiten zu betonen – was auch durchaus sinnvoll erscheint. Denn betrachtet man aktuelle Zahlen einer Studie von Nielsen, so ist die Erwartungshaltung klar: 47 % aller Webseiten-Besucher erwarten, dass eine Seite in weniger als zwei Sekunden lädt! Performante Webseiten sind also vielmehr ein User-Experience-Thema – und SEO ist eher Nebensache (mehr und effizienteres Crawling ist aber natürlich immer ein schöner Bonus).

Der Teufel liegt hier im Detail: Ist schon die Performance-Optimierung von Desktop-Webseiten häufig alles andere als trivial, wird es insbesondere bei mobilen Angeboten (oder gar komplett responsiven Seiten) häufig extrem aufwendig, insbesondere dann, wenn auf bestehenden Strukturen aufgesetzt werden muss.

Accelerated Mobile Pages (AMP) als Heilsbringer? Was ist AMP?

Salopp formuliert könnte man AMP als „kastriertes HTML für maximale Performance“ bezeichnen. Die Idee dahinter ist, dass nur ein stark limitiertes Set an HTML-Tags verwendet werden darf (beispielsweise keine iFrames, JavaScript oder externes CSS). Damit wird gewährleistet, dass ebendiese AMPs schneller zwischengespeichert und vorgeladen werden können. Das Ergebnis ist beeindruckend: Eine AMP ist circa sechsmal schneller als eine reguläre mobile Webseite (Quelle: http://pa.ag/2iYWTdn). Es soll an dieser Stelle aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass es dazu extrem konträre Sichtweisen gibt: Zum einen stellt sich berechtigterweise die Frage, ob es denn wirklich ein „neues Format“ sein muss. Schnelle Webseiten ließen sich genauso auch mit bereits vorhandenen Technologien bauen. Zum anderen kämpfen Publisher noch mit diversen großen Problemen: Die Monetarisierung ist deutlich schlechter und die CTR auf die eigentliche Domain liegt bei gerade einmal 3 %, eine Interaktion mit der Marke an sich findet demnach so gut wie nicht statt. Das mag sich sicherlich perspektivisch ändern – aber momentan sollte immer einmal hinterfragt werden, ob AMPs eine entsprechend sinnvolle Investition sind.

Wie zu erwarten, lässt sich Google von diesen Aspekten aber nicht beirren. Mit diversen „Boni“ wie beispielsweise der prominenteren Darstellung in den Suchergebnissen (aktuell mit Icon und „AMP“-Label) und der Platzierung in den verschiedensten Karussells – natürlich über den normalen organischen Ergebnissen – scheint es fast unumgänglich zu sein, nun eben auch die eigene Seite zusätzlich im AMP-Format auszuliefern.

HTTPS & HTTP/2: Sicherheit trifft auf Performance – und warum Google Ihnen keine Wahl mehr lässt!

Ein weiterer Ranking-Faktor, welcher 2014 offiziell bestätigt wurde, ist die Verwendung von HTTPS – dem „sicheren“ Protokoll des WWW. Für die meisten E-Commerce-Angebote schon lange der Standard, doch ließ sich das Thema aus Publisher-Sicht noch ganz gut ignorieren, da hier meist keine sensiblen Daten übermittelt werden. Spätestens 2017 jedoch scheint die Zeit gekommen, jede Domain vollständig auf HTTPS umzustellen – denn Googles Chrome-Browser wird nicht sichere Eingabefelder markieren und perspektivisch jede HTTP-URL, egal, mit welchem sich darauf befindlichen Inhalt, als unsicher markieren – was sich in jedem Fall negativ auf die CTR in den Suchergebnissen auswirken wird. Ende Dezember 2016 bestätigte Firefox ein ähnliches Vorgehen in allen neuen Browser-Versionen.

Zudem wird, um zukünftig AMPs verwenden zu können, HTTPS ebenfalls nunmehr zwingend erforderlich sein (Quelle: http://pa.ag/2fuOdYq) – und auch Progressive Web Apps (PWA) benötigen bereits jetzt zwingend HTTPS.

Verpassen Sie nicht, hier nun sehr zeitnah zu reagieren!