Schnellstart mit Amazon „Gesponserte Produkte“

Johannes Stabel
Johannes Stabel

Johannes Stabel ist seit 2009 in der Agenturszene im Bereich Suchmaschinen-Marketing tätig. Als Head of SEA ist er für die Abteilungsleitung und die fachliche und operative Leitung der Paid-Kanäle bei der Berliner Full-Service-Agentur internetwarriors GmbH verantwortlich. Die kanalübergreifende Betrachtung, Bewertung und Aussteuerung aller Online-Marketing-Maßnahmen gehört zu seinen Kernkompetenzen.

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Für viele Online-Shops hat sich Amazon, zusammen mit Google, zur wichtigsten Umsatzquelle entwickelt. Zwar ist der Online-Riese aufgrund seiner Quasi-Monopolstellung gefürchtet, gleichzeitig bietet er Händlern aber auch viele Chancen, denn die Plattform steht allen Händler offen, um dort ihre Waren zu verkaufen. Die Listung der Produkte ist sogar kostenlos, erst bei einem erfolgreichen Verkauf wird eine Provision an Amazon fällig. Mit „Gesponserten Produkten“ gibt es die Möglichkeit, bezahlte Anzeigen auf Amazon zu buchen, um so die reguläre Reichweite zu steigern. Ob dies auch wirtschaftlich ist, zeigt SEA-Experte Johannes Stabel im Folgenden für Sie auf.

Was E-Commerce-Unternehmen wissen sollten

Die Online-Branche ist bekanntermaßen ziemlich schnelllebig. Welche Kanäle heute „en vogue“ sind, kann sich schon innerhalb weniger Monate verändern. Ende der 90er-Jahre führte eine solche Entwicklung zu umfangreichen Veränderungen im Suchmaschinen-Markt, woraus Google als Quasi-Monopolist hervorging. Aber auch in jüngerer Zeit sind mit Myspace und StudiVZ ähnliche Beispiele zu finden. Sie alle machen deutlich, wie instabil die Marktposition augenscheinlich großer Unternehmen im Online-Markt ist. Denn die Unternehmen sind abhängig vom aktuellen Nutzerverhalten, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Selbst für Unternehmen wie Google und Facebook ist das Verhalten der Nutzer daher kaum absehbar und noch schwerer zu kontrollieren. Neben technologischen Entwicklungen sind in den letzten Jahren vor allem die großen Online-Unternehmen marktbestimmend. Sie geben Regeln und Schlagzahl für eine ganze Branche vor und beeinflussen selbst das Surfverhalten der Nutzer. Amazon hat hinsichtlich Warenverfügbarkeit, Lieferzeit, Porto und allgemein Kundenservice ganz neue Maßstäbe im Markt gesetzt, an denen sich die übrigen Online-Shops messen lassen müssen. Für E-Commerce-Unternehmen, die sich bei ihrem Online-Marketing-Mix jahrelang erfolgreich stark auf Google als Traffic-Quelle (SEA und SEO) fokussiert haben, ist eine andere Entwicklung aber ebenso beunruhigend. Laut diverser US-Studien hat Amazon als Suchmaschine für Produkte Google bereits deutlich den Rang abgelaufen. Eine Studie von BloomReach kommt zu dem Ergebnis, dass 44 % aller produktbezogenen Suchen bei Amazon starten. Demgegenüber kommen Suchmaschinen wie Google, Bing und Yahoo! nur noch auf 34 % (http://einfach.st/prn2). Ein Paradigmenwechsel?

Das ist erst mal kein Grund, um in Panik zu geraten. Der Traffic-Kanal Google funktioniert weiterhin gut und neben den neuen Expanded-Textanzeigen steht mit Google Shopping ein performantes Format zur Verfügung, um produktspezifische Suchanfragen zu bedienen. Trotzdem sollten Werbetreibende einen Blick auf die Amazon-Plattform riskieren, um auch dort ihr Stück vom Umsatzkuchen zu erhalten.

Wie funktioniert Amazon?

Für viele Händler ist Amazon eine wichtige Plattform, um die eigenen Produkte (neben dem eigenen Online-Shop) anzubieten. Die Reichweite auf Amazon bietet große Chancen zur Umsatzsteigerung. Den Verkauf eines Produkts lässt sich Amazon durch eine Provision vergüten. Im besten Fall machen beide Seiten einen Gewinn.

Um den Umsatz der gesamten Plattform zu erhöhen, wird Amazon versuchen, den Nutzern zu ihren Suchanfragen möglichst relevante Produkte zu zeigen, die sich besonders häufig verkaufen. Da der Gewinn Amazons an der Provision hängt, spielt dabei auch der Produktpreis eine Rolle. Je höher dieser ist, desto mehr Provision wird auch für Amazon ausgeschüttet. Für den Amazon-Händler ergeben sich so, ähnlich wie bei der Google-Suche, Möglichkeiten, die Ausspielung der eigenen Artikel auf Keywords über Suchmaschinen-Optimierung zu verbessern (siehe auch Website Boosting #37: SEO – so funktioniert die Optimierung für Amazon). Vereinfacht erklärt kann man das Ranking über Darstellung der eigenen Produktartikel, die Versand- und Lieferbedingungen und den Kundenservice beeinflussen.

Eine Besonderheit bei Amazon ist die Buy Box, durch die pro Produkt ein Händler für den Kauf vorausgewählt wird. Andere Händler können zwar als Alternativen angezeigt werden, die Verkaufschancen erhöhen sich aber durch die Vorauswahl stark. Neben der reinen Produktsichtbarkeit auf den Suchergebnisseiten sind auch die Buy Boxes für den Verkaufserfolg wichtig (Abb. 1).

Die „Gesponserten Produkte“

Neben der Möglichkeit, das Produktsortiment bei Amazon als Händler einzustellen, können auch bezahlte Anzeigen gebucht werden. Dazu bietet Amazon das Format „Gesponserte Produkte“ an, mit dem Produkte sowohl auf den Suchergebnisseiten als auch auf den Produktdetailseiten ausgespielt werden können (Abb. 2 und 3). Dadurch ergeben sich zusätzliche Chancen, die Produkte erfolgreich auf Amazon zu platzieren und die eigene Reichweite zu erhöhen. Gerade für Händler mit einer kurzen Verkaufshistorie ist es oftmals schwierig, nur über die organischen Suchtreffer auf sichtbaren Positionen aufzutauchen. Ob sich die Schaltung bezahlter Anzeigen für das eigene Unternehmen rechnet, kann über einen Test herausgefunden werden. Im Folgenden wird Schritt für Schritt durch die Erstellung der ersten „Gesponserte Produkte"-Kampagne geführt.

Info

  • Die „Gesponserten Produkte“ verwenden ein CPC(Cost Per Click)-Gebotsmodell. Bezahlt wird somit nur für Klicks auf die Produktanzeigen.
  • Bei den „Gesponserten Produkten“ kommen nur Artikel für die Schaltung infrage, die es als vorausgewählter Händler in die Buy Box schaffen.
  • Bezahlte Anzeigen, die den Amazon-Kunden auf den eigenen externen Shop führen, sind seit Ende 2015 nicht mehr möglich. Der gesamte Verkaufsprozess findet auf Amazon statt.

How to Start – das Kampagnen-Set-up

Bevor die erste Werbekampagne erstellt werden kann, ist eine Registrierung als Amazon-Händler notwendig. Auch die Produkte, die bei Amazon verkauft werden sollen, müssen über einen Produktdatenfeed übermittelt werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht im Amazon Seller Central unter dem Tab „Werbung“ der Punkt „Kampagnen verwalten“ zur Verfügung (Abb. 4).

Wie von anderen Tools gewohnt, verwendet auch Amazon zur Strukturierung der Werbeanzeigen die Elemente „Kampagnen“ und „Anzeigengruppen“. Unter „Kampagne erstellen“ gelangt man auf eine Übersicht, in der unter anderem zwischen den beiden Ausrichtungsarten „Automatische Ausrichtung“ und „Manuelle Ausrichtung“ gewählt werden kann (Abb. 5).

Es ist empfehlenswert, zunächst mit einer Kampagne und der automatischen Ausrichtung zu starten, um dort das gesamte Produktportfolio gesammelt einzustellen. Amazon spielt dann die eingestellten Produkte automatisch zu relevanten Keywords aus. Besonders hilfreich ist das für Händler mit einer großen Produktanzahl, um herauszufinden, zu welchen Artikeln eine Anzeigenschaltung überhaupt möglich ist. Durch entsprechend niedrige CPC-Gebote wird sichergestellt, dass die „Catchall“-Kampagne dabei auf kostengünstigem Niveau läuft. Auf der nächsten Seite des Set-ups können der Anzeigengruppenname und die zugehörigen Artikel über die SKU (Stock Keeping Unit) oder ASIN (Amazon Standard Identification Number ) vergeben werden (Abb. 6).

Die Anzeigengruppen sollten genutzt werden, um die Gesamtheit der Händlerprodukte zu strukturieren. Das auf dieser Ebene vergebene Gebot gilt nämlich für alle Artikel in der Anzeigengruppe. Ohnehin sollte das Anzeigengruppengebot zunächst auf einem niedrigen Wert eingestellt werden. Bewährt hat sich, die Produkte über die Anzeigengruppen nach Marken oder Produktkategorien aufzusplitten. Bei einem kleineren Produktsortiment kann dies, wie eben beschrieben, über das Menü im Amazon Seller Central geschehen. Bei einer größeren Menge von Artikeln sollte allerdings auf die Kampagnenbearbeitung über den Bulk-Upload zurückgegriffen werden. Der Bedienungskomfort ist zwar suboptimal, stellt aber ab einer gewissen Kampagnengröße die einzige Möglichkeit dar, , Änderungen durchzuführen. Am besten lädt man sich zuerst die bestehenden Kampagnen als XLSX- oder CSV-Datei herunter, um an die richtige Spaltenbenennung zu gelangen (Abb. 7).

Ähnlich wie bei den AdWords-Kampagnen verwendet auch Amazon für jedes Element der Kampagnen eine eigene Spalte. In der Spalte „Typ der Aufzeichnung“ wird festgelegt, ob es um eine Information auf Kampagnen-, Anzeigengruppen- oder Anzeigenebene geht. Um im ersten Schritt zum Beispiel alle Marken als Anzeigengruppen mit einem CPC-Gebot von 0,05 € anzulegen, könnten die Daten analog wie in Abbildung 8 aussehen.

Auch die einzelnen Produkte werden auf diese Weise über die Spalte SKU in die entsprechenden Anzeigengruppen eingestellt. Im Amazon Seller Central lassen sich die Daten über den Punkt „Upload & Status“ hochladen, um so die Änderungen auch in den Kampagnen live zu stellen.

Nach Abschluss dieser Prozedur sind alle verfügbaren Produkte unter ihrer jeweiligen Marken-Adgroup angelegt und bereit für den Livegang der Kampagne (Abb. 9).

Laufende Optimierung der Kampagne

Nun ist ein wenig Geduld erforderlich. Bis zu 48 Stunden kann es dauern, bis Amazon alle Werte für die Auswertung und Optimierung bereitstellt. Dann lassen sich die ersten Ergebnisse mithilfe des Drop-down-Menüs (Abb. 10) jeweils für die aktuelle oder letzte Woche auswählen (bzw. analog auf Wochen-, Monats- und Jahresebene).

Bereits mit diesen Zahlen können nun die Adgroup-Gebote anhand der Verkaufsleistung justiert werden. Weitaus interessanter dürften allerdings die Suchbegriffe sein, zu denen die Produkte der automatischen Kampagne geschaltet wurden. Unter dem Tab „BERICHTE“ è „Werbungsberichte“ findet man unter anderem den „Suchbegriffbericht“ (Abb. 11).

Dieser gibt Auskunft über die Leistungswerte der geschalteten Suchbegriffe. Begriffe mit schlechter Performance können über negative Keywords für die Zukunft ausgeschlossen werden. Bei Suchbegriffen, die zu Verkäufen geführt haben, lohnt es sich, dazu eine neue Kampagne anzulegen. Zusätzlich zur Catchall-Kampagne benötigt man dann eine Kampagne mit der „Manuellen Ausrichtung“ (vgl. Abbildung 5), in der die performanten Keywords aus der Catchall-Kampagne mit den verkauften Artikeln angelegt werden. Zum Beispiel hat die Leistungsanalyse der Catchall-Kampagne ergeben, dass der Taschenrechner von Texas Instruments mit der ASIN „B016UFB1II“ über die Suchanfrage „ti 30 x“ einen Verkauf erzielt hat. In der manuellen Kampagne wird daraus eine eigene Adgroup mit dem Namen „Texas Instruments/ti 30 x“, die auf das Produkt B016UFB1II ausgerichtet ist und neben „ti 30 x“ auch weitere relevante Keywords enthalten kann, die zu diesem Produkt passen. Bei der Einbuchung der Keywords gibt es die Auswahl zwischen den „Übereinstimmung“-Typen bzw. Matchtypes „Exakt“, „Phrase“ und „Broad“, wie von Google und Co. gewohnt. Hiermit wird geregelt, wie genau die Abstimmung zwischen eingebuchtem Keyword und geschalteten Suchbegriffen erfolgen soll. Es ist empfehlenswert, mit Exakt und Phrase zu starten.

Den Überblick behalten: Berichte und Auswertungen

Wer AdWords, Bing oder Facebook Ads kennt, wird sicherlich bei Amazon vieles an Usability vermissen. Was sich bei dem Anlegen der Kampagnen bereits angedeutet hat, zeigt sich umso stärker bei der täglichen Auswertung und Optimierung. Mit den Möglichkeiten, die das Drop-down-Menü (Abb. 10) bietet, werden erfahrenere Kampagnenmanager kaum weit kommen. Ausschließlich über den „Leistungsbericht der Kampagnen“, der sich bei „Werbeberichte“ abrufen lässt, können die Kampagnen genauer analysiert werden. Leider lassen sich jeweils nur die gesamten Daten der letzten 60 Tage abrufen. Es empfiehlt sich also, diesen Bericht regelmäßig zu erstellen, um so Veränderungen in der Leistung besser sehen zu können. Eine grafische Aufbereitung der Daten über einen Chart sucht man vergeblich. Es bleibt zu hoffen, dass Amazon hier in absehbarer Zeit nachlegt, um das Optimieren der Kampagnen zu erleichtern.

Fazit

Trotz der schwierigen Bedienung des Seller Central sollten sich besonders Retailer die „Gesponserten Produkte“ genauer anschauen. Die Klickpreise sind derzeit wirklich noch sehr niedrig. In unseren Tests konnten teilweise CPCs von 0,02 € erzielt werden. Selbst mit der unspezifischen Ausrichtung der Catchall-Kampagne gelang so eine wirklich sehr gute Wirtschaftlichkeit, sogar unter Berücksichtigung der Verkaufsprovision von Amazon. Durch die eingeschränkten Bearbeitungsmöglichkeiten der Kampagnen sind Optimierungen und großflächige Änderungen derzeit noch mit einem gewissen zeitlichen Aufwand verbunden. Wer die Amazon-Anzeigen aber nach einem erfolgreichen Test als profitablen Kanal für sich entdeckt hat, kann auch mit externen Anbietern arbeiten, die die Funktionalität von Amazon deutlich verbessern. Sicherlich wird aber auch Amazon selbst in nächster Zeit vieles verbessern und auch neue Funktionen veröffentlichen. Zurzeit bieten sich wirklich gute Chancen, mit geringen Investitionen erfolgreich in den bezahlten Amazon-Kanal einzusteigen, bevor die große Masse an Werbetreibenden dort mitmischt und die Klickpreise steigen.