Transparenter AdWords-Qualitätsfaktor

Googles neuer „Quality-Score-Report“ gibt den Blick hinter die Kulissen frei

Mario Gäbler
Mario Gäbler

Mario Gäbler ist Team-Manager im Bereich SEA bei der Hamburger Performance-Agentur eprofessional. Mit viel Erfahrung steuern er und sein Team den Kanal Search Advertising für bekannte Brands und umsatzstarke Shops. Zum 15. Geburtstag von AdWords schickten sie Google eine Wunschliste zur Verbesserung des SEA-Kampagnen-Managements. http://www.internetworld.de/onlinemarketing/google/15.-geburtstag-wunschliste-an-google-adwords-1021070.html

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Der Qualitätsfaktor ist einer der entscheidenden Faktoren für den Klickpreis und das Ranking beim Schalten von AdWords-Anzeigen. Bekanntlich ergattert man die besten bezahlten Plätze nicht unbedingt durch das höchste Gebot und Platz eins zahlt nicht automatisch den höchsten Preis bei einem tatsächlichen Klick. Verantwortlich dafür ist der sog. Qualitätsfaktor bei AdWords, mit dem Google auch qualitative Daten mit einfließen lässt. Das marktwirtschaftliche Prinzip der Auktion wird also „bedämpft“ oder „beschleunigt“, wenn die Nutzer sich messbar zufrieden(er) mit einer Werbekampagne zeigen – oder eben nicht. Mit anderen Worten: Wer eine miese Landingpage hat und dazu noch unscharfe Keywords bucht, muss pro Klick mehr bezahlen. Zum Erkennen von ggf. nötigem Handlungsbedarf hilft Googles „Quality Score Report“. Er liefert dem SEA-Kampagnen-Manager dafür die richtigen Hinweise.

Als dickste aller heiligen Kühe genießt der Quality Score (QS) für Keywords eine Sonderstellung im bezahlten Suchmaschinenmarketing. Grund hierfür ist sein Einfluss auf den Anzeigenrang innerhalb einer Keyword-Auktion und damit indirekt auch auf den tatsächlichen Klickpreis. Grob gesprochen sinkt der Klickpreis bei steigender Qualität auf gleichem Anzeigenrang.

Während noch vor einigen Jahren die Zusammensetzung des Faktors, der einen Wert zwischen 1 und 10 besitzt, ein Mysterium war, offenbart Google mittlerweile zumindest die wichtigsten Komponenten und zeigt sogar deren jeweiligen Status auf Keyword-Ebene im AdWords-Interface an: die voraussichtliche Klickrate (Expected CTR), die Anzeigenrelevanz (AdRelevance) und die Nutzererfahrung mit der Zielseite (Landingpage). Der Status dieser drei Komponenten kann jeweils „unterdurchschnittlich“, „durchschnittlich“ oder „überdurchschnittlich“ sein.

Dass diese drei wichtigsten Komponenten nicht allein ausschlaggebend für den Wert des Faktors sind, ist seit jeher ein offenes Geheimnis. Aus gutem Grund hatte man als Markeninhaber bisher prinzipiell bei Keywords, welche die eigene Marke betreffen, einen Top-Quality-Score. Dieser war unabhängig davon, wie irrelevant die Anzeigentexte tatsächlich waren. Bei den Keywords hingegen, die mit der Marke des Wettbewerbers in Verbindung stehen, hatte man stets seine liebe Mühe, diese auf einen einigermaßen angemessenen Score zu optimieren.

Start mit Einstiegshürden

Google sorgte 2015 mit kurzzeitigen branchenübergreifenden Einbrüchen in Brand-Quality-Scores und mit der Einführung eines Default-Quality-Scores neue Keywords und neue Kampagnen betreffend für reichlich Unmut bei SEA-Kampagnen-Managern. Insbesondere der Default-Quality-Score führt seither zu erheblichen Problemen beim Start neuer Kampagnen. Durch die pauschale Zuweisung eines relativ schlechten Scores (6 von 10) für alle neuen Keywords entsteht die paradoxe Situation, dass man bei der eigenen Marke trotz eigentlich überdurchschnittlicher Leistung ungerechtfertigt hohe Einstiegshürden für die erste Seite hat und in der Startphase einer neuen Kampagne für einen Zeitraum über mehrere Tage oder sogar Wochen viel zu hohe Klickpreise zahlt.

„2015 änderte Google die Regeln für neue Kampagnen.“

Besonders fatal ist diese Situation im Nonbrand-Bereich, wo Kosten-Ertrags-Relationen sensibler als im Brand-Bereich zu bewerten sind. Gerade Branchen mit sehr hohen CPCs im zweistelligen Euro-Bereich müssen sich nun zweimal überlegen, unter welchen Bedingungen sie bereit sind, eine kostenintensive Kampagnen-Startphase mit nachweislich viel zu hohen First Page Bids tragen zu wollen.

Am folgenden Beispiel soll dies noch einmal deutlich gemacht werden: Der Test zeigt die Leistungsdaten desselben Keywords, mit denselben Anzeigentexten und derselben Zielseite, einmal in einer bereits länger laufenden Bestandskampagne und einmal in einer neu aufgesetzten Kampagne.

Pauschal werden alle drei Komponenten des Qualitätsfaktors des neuen Keywords mit durchschnittlich (average) und dieser selbst mit dem Wert 6 belegt. Auch eine überdurchschnittliche tatsächliche Klickrate überzeugt Google nicht, die voraussichtliche Klickrate ebenfalls mit überdurchschnittlich zu bewerten. Die Nutzererfahrung mit derselben Zielseite – obwohl dieselbe wie bei der schon länger laufenden Kampagne – wird beim neuen Keyword schlechter bewertet als beim alten Keyword.

Die Aussage von Google, dass der Default-Score ein Update bekommt, sobald das Keyword genügend Impressions gesammelt hat, ist grundsätzlich nachvollziehbar, jedoch nicht, dass das Update „about a day or so later“ erfolgt. Die Praxis sieht anders aus. Auch definiert Google nicht, was unter „genügend Impressions“ zu verstehen ist. Die Aussage, dass der Default-Score keinen Einfluss auf den AdRank hätte, ist angesichts der gestiegen First Page Bids ebenfalls nicht nachvollziehbar. Wer also größere, generische oder auch Longtail-Keyword-Sets starten möchte, hat eine kostenintensive Startphase.

In dieser Situation kommt es umso mehr darauf an, nicht nur den Blick auf den aktuellen QS eines jeden Keywords zu richten, so wie er im Adwords-Interface abgebildet wird, sondern sowohl die Entwicklung der Scores im Zeitverlauf zu beobachten als auch dessen Komponenten detailliert zu analysieren. Nur wer systematisch den Überblick über Entwicklung und Status quo seiner Qualitätsfaktoren behält, kann schnellstmöglich reagieren und entsprechende Optimierungsmaßnahmen in die Wege leiten.

„QS-Tracking-Scripts helfen, Veränderungen besser zu messen.“

Die Entwicklung der Scores im Zeitverlauf zu messen, ist bereits seit Längerem über sogenannte QS-Tracking-Scripts möglich, welche standardmäßig bei größeren Brands im Einsatz sein sollten. Je nach Kontenstruktur und Komplexität des Kampagnen-Set-ups ist es so beispielsweise möglich, den täglichen Wert des Faktors auf Kampagnen-, Adgroup- oder Keywordebene zu ermitteln und automatisiert via Spreadsheets zu überwachen. Dadurch lassen sich sowohl Optimierungserfolge nachweisen als auch plötzliche Einbrüche rechtzeitig erkennen (Alert-Funktion).

Insbesondere Top-Keywords sollten stets zusätzlich separat getrackt werden. Wenn Google bei einem optimierten Top-Keyword den Score nach unten ändert, kann man sich dann automatisiert per E-Mail benachrichtigen lassen und sofort Ursachenforschung betreiben, um entsprechende Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten.

Um die Ursachen für schlechte oder durchschnittliche Scores zu ermitteln, hat man, wie eingangs bereits erwähnt, die Möglichkeit, zu jedem Keyword den Status der drei Hauptkomponenten im Adwords-Interface zu ermitteln. Hierzu ist es nötig, auf dem Tab „Keywords“ die Maus über das Sprechblasensymbol neben dem jeweiligen Keyword zu bewegen. Während dies für die Analyse einzelner Keywords noch eine zumutbare Option ist, wird diese Mouseover-Methode jedoch bei größeren Mengen an Keywords unpraktikabel. Insbesondere der nicht zu vernachlässigende Einfluss der Zielseitenqualität lässt sich aus der Froschperspektive des einzelnen Keywords nur schwer verifizieren.

Immer im Blick: Keywords und Kampagnen

Gerade für den systematischen Einblick in die Komponenten ist daher ein Report von Vorteil, wie ihn Google seit Kurzem zur Verfügung stellt und der für alle Traffic-Keywords sowohl den Status der Komponenten als auch die Traffic-Daten in einer übersichtlichen Tabelle bereitstellt. Hieraus wiederum lassen sich bei guter Konten- und Adgroup-Struktur nicht nur Qualitäts-Rückschlüsse zu einzelnen Keywords ziehen, sondern auch die Qualität auf übergreifender Ebene ermitteln. Im folgenden Beispiel wurde beispielhaft eine Kampagne analysiert, die auf eine Produktkategorie-Seite einsprang und deren Keyword-Set folgende QS-Leistungswerte (siehe Abbildung 4) aufwies:

Die erwartete Klickrate der Kampagne ist mit 83 Prozent überdurchschnittlich und zu 98 Prozent mindestens durchschnittlich. Die Nutzererfahrung mit der Zielseite ist bei 98 Prozent aller Keywords überdurchschnittlich. Die Anzeigen-Relevanz hingegen ist nur bei 28 Prozent aller Keywords über- und in 23 Prozent aller Fälle sogar unterdurchschnittlich. Hieraus ließe sich als Sofortmaßnahme ableiten, dass das Anzeigengrundkonzept der kompletten Kampagne überdacht werden sollte. Vorher sollte man sich die Komponenten der Keywords in den Top-Adgroups genauer anschauen. Hierzu wäre die gleiche Auswertung noch einmal auf Adgroup-Ebene durchzuführen. (Bei dieser Beispielkampagne war in den Top-Adgroups die Anzeigenrelevanz ebenfalls überdurchschnittlich.)

Anders sieht es im folgenden Beispiel (Abbildung 5) aus. Hier scheint eher die Nutzererfahrung mit der Zielseite das Problem zu sein:

In fast der Hälfte aller Fälle ist die Nutzererfahrung mit der Zielseite hier unterdurchschnittlich und in 86 Prozent aller Fälle maximal durchschnittlich. In so einem Fall sollte man sich mit dem SEO-Ansprechpartner in Verbindung setzen. Analog zum Ranking im organischen Index werden die Anzeigen aufgrund der offenbar suboptimalen Zielseite einen schlechten Rang erhalten. Auch die Zielseitenerfahrung der Nutzer hat Einfluss auf den Qualitätsfaktor der bezahlten Suche und somit auf den Anzeigenrang und die Werbekosten.

Letztlich sollte man bedenken, dass der Komponentenstatus „durchschnittlich“ nicht zwangsweise bedeutet, dass man einen schlechten Quality-Score hat. Auch wenn einer von drei Faktoren nicht „überdurchschnittlich“ ist, kann man trotzdem noch einen Score von 9 haben. Für einen Score von 8 darf eine der Komponenten sogar unterdurchschnittlich sein. Aber nur wer seine Keywords auf die Optimierungsspitze treibt und bei allen Komponenten einen überdurchschnittlichen Status erreicht, darf sich über den Faktor 10 und alle damit verbundenen Vorteile freuen.

Fazit

Der Quality-Score-Report schließt endlich die Lücke, die seit Jahren bei der Auswertung des Qualitätsfaktors bestand. Der Report liefert einen Überblick über alle Faktoren des Quality-Scores und für das gesamte Keyword-Set. Mit diesen Insights erhalten professionelle SEA-Manager wertvolle Hinweise zur Kampagnenoptimierung; Kunden und SEO-Manager bekommen Hinweise auf die Optimierungspotenziale der Landingpages.