Trichteranalysen

erweiterte Visualisierung von Konversionspfaden mit Google Analytics Premium

Michael Generotzky
Michael Generotzky

Michael Generotzky leitet das Digital-Analytics-Team bei der Trakken Web Services GmbH, welche nationale und internationale Kunden aus sämtlichen Branchen rund um alle Themen der digitalen Analyse betreut, wie z. B. Tool-Implementierung, Erstellung von Analysen, Aufbau einer Data-driven Unternehmenskultur etc.

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Der Trichter stellt eine beliebte Visualisierungsform für mehrstufige Zielerreichungsprozesse in der digitalen Analyse dar. Google Analytics hat nun in seine Enterprise-Lösung „Google Analytics Premium“ das neue Feature „Trichter“ integriert, welches sich im Gegensatz zu den bereits bekannten Zieltrichtern u. a. durch eine stärkere Individualisierbarkeit und somit auch genauere Analysemöglichkeit der einzelnen Schritte abhebt. Im nachfolgenden Artikel geht Michael Generotzky auf die neue Funktionalität sowie Konfigurationsmöglichkeiten anhand von Praxisbeispielen näher ein.

Trichteranalysen

Prozesse, die aus mehreren Schritten bestehen und ein klar definierbares End-/Konversionsziel haben, lassen sich optimal in Form eines Trichters analysieren, da auf einen Blick erfasst werden kann, wie viele Nutzer in den Prozess einstiegen, wie viele bei welchem Schritt ausstiegen und wie viele Nutzer das Ziel letztlich erreichten. Besonders häufig finden sich Anwendungsfälle im E-Commerce-Bereich, da die meisten Webseiten einen mehrstufigen Bestellprozess besitzen, wie z. B. Warenkorbseite -> Anmeldung/Registrierung -> persönliche Daten -> Bezahlung -> Bestellübersicht -> Bestellbestätigung. Im Trichter kann relativ schnell erkannt werden, an welchen Stellen es ggf. Probleme gibt bzw. wo ein besonders hoher Anteil an Nutzern, welche den Prozess vorzeitig verlassen, festzustellen ist. So könnte im genannten Beispiel ein hoher Fallout zwischen den Schritten „Bezahlung“ und „Bestellübersicht“ beispielsweise auf eine für den Nutzer unattraktive Auswahl an Bezahlmethoden hinweisen. Diese Hypothese gilt es dann im Weiteren näher zu analysieren.

Zielvorhaben vs. personalisierter Trichter

Seitenbezogene Prozesse konnten bisher in Google Analytics bereits in Form von „Zielvorhaben“ mit Einsatz einer Trichter- oder Zielprozessfluss-Visualisierung (Verwalten > Datenansicht > Zielvorhaben) abgebildet werden. Als Ziel kann die Endseite des jeweiligen Prozesses (z. B. /shop/danke.html) eingerichtet sowie die vorherigen Schritte im Bereich „Trichter“ definiert werden. Ein großer Nachteil dieses Reports ist die fehlende Möglichkeit, Daten auch rückwirkend abzubilden und zu analysieren, d. h., der Trichter beinhaltet erst Daten ab dem Zeitpunkt seiner Einrichtung und Aktivierung. Eine weitere Einschränkung stellt ebenfalls die Voraussetzung dar, dass die jeweiligen Prozessschritte zwingend dem Hittype (Art des übermittelten Trackingaufrufs – z. B. Seitenaufruf, Ereignis, Transaktion etc.) „Seitenaufruf“ in Google Analytics entsprechen müssen. Diese Einschränkung macht es insbesondere schwer, Prozesse zu visualisieren, deren Schritte nicht nur auf einzelnen Seitenaufrufen basieren, sondern auch auf anderen Hittypes wie einem Ereignis – z. B. bei der Einbeziehung einzelner Formularfelder oder Layer in den Prozess.

Der neue Trichterreport von Google Analytics, der sich aktuell noch im BETA-Stadium befindet, bietet die Möglichkeit, solche individuellen Gegebenheiten im Reporting mit zu berücksichtigen, um Konversionspfade ganzheitlich und auch rückwirkend abbilden zu können.

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Funktionalitäten in Google Analytics stellt auch noch der zeitliche Umfang, der sog. Scope, dar. Zielvorhaben sind immer sitzungsbezogen, d. h., es wird immer betrachtet, wie viele Nutzer innerhalb einer Sitzung, also während eines einzelnen Besuchs auf der Website, welche Schritte der Strecke durchliefen und ggf. konvertierten. Dies bedeutet auch, dass ein Ziel innerhalb einer Sitzung lediglich einmal erreicht werden kann. Neben dieser bereits bekannten Zählweise können die personalisierten Trichter hingegen auch nutzerbasiert aufgesetzt und ausgewertet werden. Das bedeutet, dass das Durchlaufen der Schritte sowie das Erreichen des finalen Ziels nicht innerhalb einer Sitzung passieren müssen, sondern sich über mehrere Sitzungen erstrecken können. Am Beispiel des anfänglich genannten E-Commerce-Trichters könnte somit der folgende Fall gemessen werden: Ein Nutzer steigt in den Kaufprozess ein, beendet diesen allerdings, nachdem er seine Produkte in den Warenkorb gelegt hat. Zwei Tage später kommt der Nutzer erneut in den Shop und schließt seinen Kauf mit den bereits im Warenkorb liegenden Produkten ab. In der nutzerbasierten Betrachtung würde (bei entsprechender Zeitraumauswahl) ein erfolgreich durchlaufener Kaufprozess angezeigt werden, während bei der sitzungsbasierten Betrachtung ein Einstieg in den Kaufprozess mit einem Abbruch nach der Warenkorbseite sowie ein separater Einstieg auf die Warenkorbseite mit einem erfolgreichen Abschluss gezählt würden. Somit stellt die Festlegung des Scopes einen wichtigen Aspekt für die spätere Auswertung dar, da die unterschiedlichen Zähl- und Betrachtungsweisen folgebedingt auch zu unterschiedlichen Ergebnissen wie beispielsweise bei der Berechnung der Konversionsrate führen.

Konfiguration & Anwendungsbeispiele

Der neue Trichterreport kann in Google Analytics als Option beim Anlegen eines neuen benutzerdefinierten Berichts (Personalisieren > Neuer benutzerdefinierter Bericht > Typ: Trichter) ausgewählt werden:

Der Typ „Trichter“ kam somit zu den bisher bekannten Typen Explorer, Tabellenliste und Karten-Overlay neu hinzu und ist aufgrund des derzeitigen BETA-Stadiums auch noch als solche Funktionalität extra gekennzeichnet. Das Feature sowie das zugehörige „Trichter“-Tab stehen nur in Datenansichten von Web Properties zur Verfügung, die sich auf Premium-Status befinden.

Im Auswahlfeld des Analysetyps kann der bereits angesprochene Scope für die Berechnung des Trichters ausgewählt werden – Nutzer („Die einzelnen Phasen können in verschiedenen Sitzungen auftreten“) und Sitzungen („Alle Phasen müssen innerhalb einer Sitzung auftreten“). Je nach Auswahl des Scopes wird automatisch die jeweils zugehörige Metrik dem Trichter hinzugefügt – „Nutzer“ oder „Sitzungen“.

In den „erweiterten Optionen“ kann zusätzlich definiert werden, ob es sich bei dem Report um einen offenen oder geschlossenen Trichtertyp handeln soll. Ein geschlossener Trichter bedeutet, dass Nutzer den ersten Schritt des Trichters zwingend durchlaufen haben müssen, um in den nachfolgenden Schritten berücksichtigt zu werden, d. h., Quereinstiege in den Prozess wären nicht möglich. Bei einem offenen Trichter hingegen sind genau solche Quereinstiege möglich, allerdings können offene Trichter nur in Verbindung mit einem sitzungsbasierten Scope angewendet werden. Zusätzlich zu der Einstellung des Trichtertyps kann auch die Ablauffolge der Schritte näher spezifiziert werden. Festgelegt werden kann einerseits, ob die einzelnen Schritte direkt hintereinander durchlaufen werden müssen („Die anschließende Phase folgt unmittelbar nach einer Phase“), d. h., wenn der Prozess aus den Schritten A-B-C besteht, muss diese Reihenfolge der Schritte auch zwingend eingehalten werden, womit also ein Einstieg in Schritt „C“ nur über Schritt „B“ möglich wäre, während Nutzer, die sich von Schritt „B“ ausgehend zunächst noch weitere Seiten ansehen und von einer dieser Seiten zu Schritt „C“ navigieren, nicht berücksichtigt würden. Alternativ hierzu kann definiert werden, dass zwischen den einzelnen Schritten auch andere Seiten und Interaktionen aufgerufen werden dürfen („Die anschließende Phase folgt zu einem beliebigen Zeitpunkt nach einer Phase“), womit der vorher skizzierte Fall im Trichter Berücksichtigung fände. Mit der Option „Ich möchte die Folge für jede Phase individuell festlegen“ können die beiden beschriebenen Zählweisen je Schritt einzeln festgelegt werden.

Als „Phasen“ werden die einzelnen Schritte des Trichters bezeichnet. Je Trichter können bis zu fünf Phasen definiert werden. Die Definition jeder Phase erfolgt über inkludierende oder exkludierende Filter, wobei je Phase bis zu fünf Filtereigenschaften konfiguriert werden können. Zur Verfügung stehen hierfür alle Standarddimensionen, individuell befüllte Dimensionen (sog. „benutzerdefinierte Dimensionen“) sowie auf Tool-Verknüpfungen basierende Dimensionen (z. B. AdWords, Doubleclick). Als Filteroperator kann zwischen einer exakten Übereinstimmung („Genau passend“) und regulären Ausdrücken („RegEx“) gewählt werden. Werden mehrere Phasenregeln definiert, gilt es zu beachten, dass alle eingestellten Regeln für die jeweilige Phase zutreffen müssen, damit entsprechende Nutzer oder Sitzungen berücksichtigt werden.

Die folgende erste Phasenregel würde somit nur Nutzer inkludieren, die auf der Checkout-Seite („/shop/checkout“) waren und über die Startseite („/home“) einstiegen.

Auf diesem Wege können sehr spezifische Trichteranalysen durchgeführt werden, allerdings empfiehlt es sich, die Strecken und zugehörigen Filter besser generisch aufzubauen, da der Trichterreport später auch mithilfe der normalen Segmente noch weiter untergliedert und vertieft werden kann. Wie in vielen anderen Anwendungsbereichen der digitalen Analyse stellen auch hier Segmente ein wichtiges und sehr zu empfehlendes Werkzeug dar, um auf diese Weise schnell erkennen zu können, ob der Konversionspfad oder einzelne Schritte ggf. unterdurchschnittlich performen, wie z. B. beim Einsatz mobiler Endgeräte oder beim Einstieg über bestimmte Online-Marketing-Kanäle und -Kampagnen.*

Im folgenden Beispiel-Trichter wurde ein klassischer E-Commerce-Check-out-Prozess, bestehend aus den fünf Schritten Check-out, Adresseingabe, Liefermethode, Bezahlmethode und Bestellbestätigung, visualisiert und nach den Zugriffen über mobile Endgeräte segmentiert:

Die definierten Schritte werden horizontal abgebildet und zeigen die Nutzer/Sitzungen, die in den Prozess einstiegen, und wie viele von ihnen diesen letztlich auch beendeten. Je Phase wird dargestellt, wie viele Nutzer in den nächsten Schritten weitergingen und wie viele den Prozess an dieser Stelle abbrachen (sog. „Fallout“). Am obigen Beispiel lässt sich also erkennen, dass insgesamt 430 Nutzer (42,2 %), die über ein mobiles Endgerät kamen, nach dem Aufruf der ersten Check-out-Seite nicht mehr zum zweiten Schritt weitergingen. Für diese Nutzer kann nun aus dem Report heraus direkt ein Segment für weitergehende Analysen sowie für Remarketing erstellt werden. Auf diese Weise kann schnell in tiefer gehende Analysen eingestiegen werden, wenn ein Schritt bspw. einen überdurchschnittlich hohen Fallout aufweist, um mögliche Ursachen untersuchen zu können. Abgesprungene Nutzer können über die erstellten Segmente des Weiteren direkt als Remarketing-Zielgruppe definiert und den verknüpften Produkten AdWords und Doubleclick bereitgestellt werden, um diese Nutzer mit passenden Werbemitteln und Suchanzeigen wieder gezielt ansprechen zu können. Im Falle des E-Commerce-Shops würden sich hier beispielsweise besonders gut Nutzer eignen, die bereits ein Produkt in den Warenkorb legten, den Kaufprozess aber nicht abschlossen. Diese potenziellen Käufer könnten mit entsprechenden Werbemaßnahmen unter Berücksichtigung des zurückliegenden Zeitraums, seit die Produkte dem Warenkorb hinzugefügt wurden, erneut angesprochen werden, um sie zum Abschluss des Kaufs zu bewegen.

Fazit

Das neue Trichter-Feature hilft Google-Analytics-Nutzern, ihre individuellen Konversionsstrecken noch besser abzubilden und jetzt auch auf Nutzerbasis zu analysieren. Die einzelnen Schritte des Prozesses können durch Einsatz komplexer Filter granular abgebildet und somit genau auf die jeweilige Website zugeschnitten werden, damit alle relevanten Phasen in der Analyse mit berücksichtigt werden. Durch die Einsetzbarkeit von Segmenten sowie die Möglichkeit, je Schritt passende Segmente direkt zu kreieren und als Remarketing-Zielgruppe weiterzuverwenden, wird die Analyse von Onsite-Prozessen und deren zugehöriger Einzelschritte sowie die Einleitung passender Marketingmaßnahmen deutlich vereinfacht.