Präventiver Schutz vor Betrug und Mitstörerhaftung im Affiliate-Marketing

Markus Kellermann
Markus Kellermann

Markus Kellermann ist Experte im Affiliate-Marketing und bereits seit 1999 im Online-Marketing tätig. Als Gesellschafter und Geschäftsführer leitet er die Digital-Marketing-Agentur xpose360 GmbH mit Sitz in Augsburg. Als Autor hat Markus Kellermann bereits eine Vielzahl von Artikeln in Fachmagazinen publiziert. Zudem organisiert er mit der Affiliate NetworkxX, der Affiliate TactixX und der Affiliate Conference drei der bedeutendsten Affiliate-Veranstaltungen Deutschlands und betreibt neben dem Affiliate-Portal AffiliateBLOG.de auch den Podcast Affiliate MusixX.

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Die Augsburger Digital-Marketing-Agentur xpose360 GmbH erstellte gemeinsam mit der Xamine GmbH und RDP Röhl Dehm & Partner Rechtsanwälte eine Studie zum Schutz von Affiliates und Merchants im Affiliate-Marketing. Ziel der Untersuchung war die Analyse der allgemeinen Geschäftsbedingungen von Affiliate-Programmen in Deutschland auf ihre Nützlichkeit hinsichtlich rechtlicher Problemfelder im Affiliate-Marketing, insbesondere in Bezug auf die Betrugsprävention.

Wenn man sich mit Affiliate-Programmen befasst, muss man sich der vielfältigen, einander gegenüberstehenden Interessen bewusst sein. Die Interessen des Merchants sind dabei regelmäßig anders gelagert als die des Affiliates. Für das Verhältnis zwischen den Parteien sind daher unbedingt Regelungen nötig, die dieses Verhältnis klar beschreiben und abgrenzen.

Es gibt bekanntlich eine Vielzahl von Möglichkeiten für Affiliates, Provisionen mit Methoden zu generieren, die nicht im Einklang mit den Interessen der Merchants stehen. Darüber hinaus gibt es weitere Interessen der Merchants, wie die Bestimmung der Werbeumfelder (z. B. keine Bad Ads wie Babynahrung auf Seiten mit pornografischem Bezug), die sie gegenüber den Affiliates durchsetzen möchten. Aber auch hinsichtlich etwaiger Haftungsfragen, die z. B. durch ein Verhalten der Affiliates begründet werden können (Mitstörerhaftung), besteht ein Regelungsbedarf. Die Merchants haben daher prinzipiell die Pflicht, Regeln vorzuschreiben, die z. B. das Erschleichen von Provisionen und andere Handlungen untersagen, sodass die Interessen der Werbenden gewahrt bleiben.

Aufgrund der durchgeführten Untersuchung ist es möglich, die Interessen der Merchants in typische Vermarktungsthemen zu fassen und dabei dreizehn relevante Bereiche zu identifizieren, in denen Regelungen unbedingt benötigt werden.

Ziel dieser Studie ist es, den Merchants einen Weg aufzuzeigen, das Betrugsthema im Affiliate-Marketing einzudämmen und dazu beizutragen, der Branche durch ihr innovatives und dynamisches Geschäftsmodell ein positives Image zu sichern.

„Ziel der Studie ist es, der Branche durch ihr innovatives und dynamisches Geschäftsmodell ein positives Image zu sichern."

Definition rechtlicher Vermarktungsthemen

Es gibt eine Vielzahl von Affiliate-Programmen, die von einer noch viel größeren Anzahl von Affiliates genutzt werden. Dabei ist es essenziell, dass das vertragliche Verhältnis zwischen den Parteien klar definiert ist. Diesbezüglich sind verschiedene Regelungen nötig, die dieses Verhältnis festlegen.

Grundlage zur Betrugsprävention ist in der Regel die Aufstellung entsprechender Regeln für die Nutzer der Affiliate-Programme durch allgemeine Geschäftsbedingungen. Unter allgemeinen Geschäftsbedingungen versteht man alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Es sind dabei alle Regelungen zu beachten, die ein Programmanbieter vorgibt.

Die Verfasser der Studie filterten auf Grundlage der jahrelangen Erfahrung mit entsprechenden Programmen die wichtigen Regelungsbereiche im Verhältnis Merchant zu Affiliate heraus und definierten zwölf essenzielle Vermarktungsthemen, die unbedingt eine Regelung in den Programmbedingungen benötigen. Daneben gibt es, wie oben erwähnt, verschiedene Betrugs- oder Missbrauchsmöglichkeiten im Rahmen des Affiliate-Marketings, worunter z. B. das Cookie-Dropping oder die Nutzung von Vertipperdomains fallen. Entscheidend ist, ob die Affiliate-Netzwerke und auch die Affiliate-Programmanbieter (Merchants) diese Betrugsmöglichkeiten erkennen und in allgemeinen Geschäftsbedingungen Regeln aufstellen, die eine Auszahlung entsprechender Provisionen verhindern und eine rechtliche Verfolgung derjenigen Nutzer ermöglichen, die Missbrauch begehen.

Folgende Vermarktungsthemen wurden hierzu herausgearbeitet:

  1. Provisionszahlungen an Affiliates
  2. Der Einsatz von Werbemitteln
  3. Verwendung von Gutscheinen
  4. Verwendung von Postview, Retargeting
  5. Verwendung von Produktdaten
  6. Fremdvermarktung über eBay
  7. Werbeumfelder
  8. Haftungsfragen
  9. Vertragsstrafen bei Regelverstößen
  10. Nutzungsrechte von Produktbildern
  11. Nutzung von Meta-Netzwerken
  12. Rechtsverhältnis zwischen Affiliate und Merchant
  13. Betrugsprävention (Missbrauchsmöglichkeiten wie Cookie-Stuffing, SEA-Brandhijacking, Vertipperdomains, E-Mail-Spam, falsche Identitäten, Fake-Bestellungen, Spyware/Adware)

Analyse der Netzwerk-AGB

Hinsichtlich der genannten Vermarktungsthemen wurden nunmehr die AGB verschiedener Affiliate-Netzwerke untersucht, um festzustellen, inwiefern diese Regelungen enthalten, die zum Schutz der Merchants und der Affiliates beitragen.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass allgemeine Regeln, die für eine Vielzahl von Partnerprogrammen gelten sollen, oftmals an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen. Nicht alle Affiliate-Kampagnen sind gleichzubehandeln, sodass etwa die Verwendung von eBay ebenso unterschiedlich geregelt sein kann wie der Einsatz von Werbemitteln oder die Verwendung von Gutscheinen. So ist gerade in Bezug auf Werbeumfelder oftmals eine individuelle Regelung nötig.

„Allgemeine Regeln, die für eine Vielzahl von Partnerprogrammen gelten sollen, stoßen oftmals an die Grenzen ihrer Möglichkeiten."

Insgesamt zeigt sich, dass es Vorteile bringt, wenn die Netzwerke entsprechende Grundregeln aufstellen, doch ist eine individuelle Regelung für jedes Programm immer noch unentbehrlich und kann nicht durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Netzwerke ersetzt werden.

Bezüglich der Provisionsauszahlungen wurde festgestellt, dass die Regelungen der Netzwerke meist sehr ausführlich sind. Da die Auszahlungen der Provisionen über die Netzwerke erfolgen, verwundert dies nicht und war zu erwarten. 

Im Hinblick auf die Punkte 2 bis 12 sind dagegen immer wieder keine ausführlichen Regelungen vorhanden. Diese werden teils nur sehr oberflächlich geklärt. Die jeweiligen Netzwerke unterscheiden sich darin jedoch mitunter erheblich.

Hinsichtlich etwaigen Missbrauchs ist festzustellen, dass alle Netzwerke teilweise sehr umfassende Regelungen aufgestellt haben. Die Schwerpunkte dieser Regelungen sind jedoch oftmals sehr unterschiedlich. Zum Teil sind die Missbrauchsregelungen sehr allgemein gefasst, in manchen Fällen werden aber auch konkrete Verhaltensweisen, die untersagt sind, festgelegt. Zu den anderen Problemkreisen sind zum Teil hervorragende Regelungen enthalten, aber auch wichtige Bereiche nicht geregelt, sodass eine individuelle Gestaltung der eigenen Bedingungen unerlässlich ist. Allen Netzwerken gemeinsam ist ein diesbezüglicher Hinweis.

Analyse der Partnerprogramm-AGB

Im Rahmen der einzelnen Partnerprogramme wurden sodann die eigenen AGB der Merchants ebenso wie die sogenannten Programmbeschreibungen, die ebenfalls Bestandteil der Vereinbarung zwischen Affiliates und Merchant werden, auf etwaige Regelungen bezüglich oben genannter Problemstellen untersucht. Hierzu wurden AGB aus den Branchen Retail/Shopping, Dating, Finanzen, Versicherungen, Mobilfunk/DSL, Reisen und Services untersucht. Um keine Werbung für entsprechende Programme zu machen, werden die Namen der Anbieter nicht genannt.

Es wurden über 2.183 Partnerprogramme untersucht. Davon hatten 79,5 % der Merchants überhaupt keine Geschäftsbedingungen für die entsprechenden Vermarktungsthemen. Die übrigen Partnerprogramme (ca. 20,5 %), die entsprechende Regelungen hatten, wurden anschließend detailliert untersucht.

Hierzu wurden insgesamt 65 Programme mit entsprechenden Regelungen detailliert analysiert. Die Auswertung ergab, dass eine erhebliche Anzahl von Anbietern keinerlei Regelungen für die wirklich relevanten Vermarktungsthemen vorsieht.

Jeder Anbieter sollte überlegen, ob er das Risiko einer etwaigen Haftung oder das Auftauchen seiner Werbung auf illegalen Seiten wirklich akzeptieren kann. Es ist unbedingt nötig, entsprechende Regelungen zu treffen, um die eigene Haftung sowie das eigene Handeln rechtfertigen zu können und insbesondere auch die Marke und den eigenen Ruf zu schützen.

„Jeder Merchant sollte überlegen, ob er das Risiko einer etwaigen Haftung oder das Auftauchen seiner Werbung auf illegalen Seiten akzeptieren kann."

Auch hinsichtlich der Betrugsprävention ist zu beobachten, dass Anbieter zwar versuchen, diese in den AGB umzusetzen, doch sind diese Regelungen oftmals weder ausreichend noch aktuell genug.

Es ist ganz entscheidend, dass eine genaue Definition der Verbote erfolgt, da so ein einfaches und wirksames Vorgehen vor Gericht oder auch außergerichtlich möglich ist. Sind die jeweiligen Betrugsmöglichkeiten präzise beschrieben und definiert, ist es für ein Gericht ein Leichtes, diese im Verhalten des Affiliates wiederzuerkennen und sofort ein wirksames Verbot auszusprechen. Gibt es aber beispielsweise eine allgemeine Regelung, dass Missbrauch verboten ist, und hat nun ein Anbieter eine Tippfehlerdomain benutzt, müsste erst ausführlich dargelegt werden, dass eine Tippfehlerdomain immer einen Missbrauch darstellt. Dies kann äußerst problematisch werden, insbesondere, weil das Gericht evtl. den Vortrag als nicht ausreichend oder detailliert genug erachtet oder eine andere Auffassung hinsichtlich der rechtlichen Einordnung vertritt. Existiert jedoch ein ausdrückliches Verbot von Tippfehlerdomains, kann ein dem widersprechendes Verhalten leichter sanktioniert werden.

Sofern nun noch präziser festgelegt ist, dass eine Tippfehlerdomain aus einer Domain besteht, die sich in einem Buchstaben von der Ausgangsdomain unterscheidet, ist es sehr einfach, eine entsprechende Domain als Tippfehlerdomain zu definieren und schneller ein Verbot durch das Gericht zu erwirken. Entscheidend ist also die Präzision der Formulierungen. Laut vorliegender Studie besteht diesbezüglich noch enormer Nachholbedarf, insbesondere bei der Betrugsprävention. 

Fazit und Handlungsempfehlungen

Als Ergebnis der Untersuchung kann konstatiert werden, dass die Mehrheit der Anbieter keine ausreichenden Bedingungen vorhält. Nur ein Bruchteil der entsprechenden Anbieter verfügt über wirklich herausragende AGB oder Nutzungsbedingungen, die laut Einschätzung der an der Studie beteiligten Experten keinerlei Verbesserung bedürfen. Alle anderen Anbieter haben entweder keine Regelungen für wirklich essenzielle Vermarktungsthemen und Betrugsmethoden oder die Bedingungen sind zwar vorhanden, jedoch verbesserungswürdig.

Insgesamt ist somit entweder eine präzise Neuerstellung oder eine umfangreiche Überprüfung der AGB bei fast allen Anbietern nötig, wobei anzumerken ist, dass gerade im Bereich Betrugsprävention auch immer der aktuelle Stand berücksichtigt werden muss. Die Aktualisierung der diesbezüglichen Bedingungen ist fortwährend notwendig, ebenso die ständige Überwachung des Marktes.

Es kann abschließend festgehalten werden, dass bei nahezu allen Anbietern Optimierungspotenziale im Hinblick auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erkennen sind und insbesondere eine ständige Aktualisierung der Betrugspräventionsmaßnahmen nötig ist.

Die komplette 14-seitige AGB-Studie kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.xpose360.de/presse/affiliate-agb-studie