Abgestraft und abgemahnt –

über Google und andere SEO-Risiken

Jörg Erdmann
Jörg Erdmann

Jörg Erdmann ist CMO bei der finanzen.de AG. Er verantwortet und koordiniert die Bereiche SEO, SEA, E-Mail-Marketing und Redaktion. Als Member of the Board entwickelt er Strategien und forciert die bereichsübergreifenden Synergieeffekte im Unternehmen.

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Gregor Zmuda
Gregor Zmuda

Gregor Zmuda leitet seit drei Jahren das SEO-Team der finanzen.de AG und entwickelt zukünftige Strategien für die verschiedenen Portale des Berliner Unternehmens. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften entdeckte er schnell seine Leidenschaft für die Suchmaschinenoptimierung und das Online-Marketing.

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In der SEO-Szene hat sich in den letzten Jahren vieles verändert. Heute geht es nicht mehr nur darum, ein Top-Ranking bei Google zu erzielen, sondern auch darum, rechtlich alles richtig zu machen, um Abmahnungen zu vermeiden und hohen Vertragsstrafen von vornherein aus dem Weg zu gehen. Teure Fehler sollten sich SEOs vor allem dann nicht erlauben, wenn sie für einen Kunden arbeiten.

Das Dienstleistungsangebot von SEO-Agenturen ist vielfältig geworden. Von Keyword- und Konkurrenzanalysen über Beratung, Konzepterstellung und Websitepflege bis hin zu Linkaufbau und konkreten Platzierungsversprechen können Unternehmen heute alles einkaufen. Kunden, die ihren Traffic und ihren Umsatz mit guten Rankings in die Höhe treiben wollen, selbst aber keine oder nur wenig Ahnung von Suchmaschinenoptimierung haben, fragen genau diese Leistungen immer häufiger nach.

Solange ein SEO-Dienstleister dem Kunden gegenüber hält, was er verspricht, wird er von seinem Auftraggeber auf Händen getragen. Doch wehe der Agentur, die einen versprochenen Erfolg nicht liefern kann oder ihrem Kunden ein anwaltliches Schreiben oder gar einen schmerzhaften Rankingverlust beschert. Hier ist der Ärger vorprogrammiert und es steht fast immer die Frage im Raum, wer nun zur Verantwortung gezogen werden kann und wer womöglich sogar für einen entstandenen Schaden haften muss.

Genau aus diesem Grund empfiehlt es sich für SEO-Dienstleister, frühzeitig alle wesentlichen Risiken der eigenen Tätigkeit zu bedenken. Die Zeiten, in denen Google das einzige Risiko für SEOs war, sind lange vorbei. Agenturen müssen sich heutzutage nicht nur mit den Richtlinien des Suchmaschinen-Giganten auskennen. Sie müssen mindestens genauso gut wissen, wie man professionell mit urheber-, marken- oder wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen umgeht und welche Folgen ein Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung haben kann. Darüber hinaus sind sie gut beraten, die Verträge mit ihren Kunden richtig zu gestalten. Wer schon bei den Vertragsverhandlungen vorausschauend handelt, der gefährdet auch nicht seine eigene Existenz, falls später bei der Suchmaschinenoptimierung etwas schiefgeht.

Risiko Nr. 1: Google ist und bleibt eine Gefahr

Natürlich ist und bleibt Google ein ganz wesentliches Risiko. Spätestens nach den letzten Panda- und Penguin-Updates sollte das jedem SEO klar geworden sein. Google wird besser und bestraft diejenigen SEOs, die es mit der Optimierung übertreiben. Dies geschieht entweder durch automatische algorithmische Filter oder durch manuelle Maßnahmen seitens der Google-Mitarbeiter. SEO-Dienstleister sollten daher bei ihrer täglichen Arbeit stets im Hinterkopf behalten, welche Auswirkungen ein Rankingverlust für ihre Kunden haben kann. Jede einzelne Maßnahme sollte auf den langfristigen Erfolg des Auftraggebers ausgerichtet sein und die Sichtbarkeit der Kundenwebsite in keiner Weise gefährden.

Der Grund für diese Vorsicht: Sobald sich Traffic und Umsatz einer Kundenwebsite aufgrund eher fragwürdiger SEO-Methoden gänzlich anders entwickeln als geplant, wird ein unaufgeklärter Agenturkunde den Fehler sehr schnell bei der Agentur suchen. Umso wichtiger ist es, dem Kunden genau dieses Risiko nicht vorzuenthalten. Gerade gegenüber unerfahrenen Kunden spielen Transparenz und Kommunikation eine enorm wichtige Rolle.

Professionelle Dienstleister machen keine falschen Versprechungen, sondern klären ihre Auftraggeber fortwährend über die Chancen und Risiken der Suchmaschinenoptimierung auf. Das ist zum einen deshalb sinnvoll, weil die Risiken nicht verschwinden, indem man sie verschweigt. Sollte sich das Ranking eines Kunden zum Beispiel nach einer Änderung am Algorithmus verschlechtern, kann dem Auftraggeber dann auch viel leichter die Ursache erklärt werden. Zum anderen kann eine SEO-Agentur, die transparent kommuniziert, auch durchaus die Verantwortung an den Kunden abgeben.

Möchte ein Kunde schnell und kurzfristig Erfolge sehen, so kann ein erfahrener SEO natürlich auf entsprechende Maßnahmen zurückgreifen, die mitunter nicht zu empfehlen sind. Ein schneller Linkaufbau in Form von Linkkauf oder Linktausch wäre nur ein Beispiel für eine solche Maßnahme, die kurzfristig durchaus wirksam, langfristig aber nicht ratsam ist. Hier sollte der Kunde vorab schriftlich versichern, das Risiko zu kennen, damit die Agentur im Anschluss nicht für mögliche negative Folgen zur Verantwortung gezogen werden kann.

Ebenfalls empfehlenswert sind Hinweise auf Gefahren, die durch die aktuellen Gegebenheiten auf der Kundenwebsite bereits zu Beginn einer Zusammenarbeit offensichtlich sind. Typische Beispiele sind ein schlechtes Linkprofil oder viel Duplicate Content. Rankt die Seite trotz dieser schlechten Faktoren für umkämpfte Suchbegriffe, ist es häufig nur eine Frage der Zeit, bis Google den Betreiber durch algorithmische oder manuelle Maßnahmen abstraft. Agenturen sollten solche gegenwärtigen Risiken nicht verschweigen, um später nicht für einen Rankingverlust verantwortlich gemacht zu werden.

Risiko Nr. 2: Gesetze, Gesetze und noch mehr Gesetze

Ein anderes, ernst zu nehmendes Risiko für SEOs und für deren Kunden ist das geltende Recht. Wer im World Wide Web heutzutage einfach tut und lässt, was er für richtig hält, der wird nicht lange auf eine Abmahnung warten müssen. Gerade dann, wenn es um rechtliche Fragestellungen geht, sollten SEO-Dienstleister ein gewisses Feingefühl für teure Fehler entwickeln. Zwar müssen sie für ihre Auftraggeber keine Rechtsberatung leisten, dennoch sollten sie die rechtlichen Grundlagen ihrer Arbeit genau kennen und, falls erforderlich, auch ihre Kunden über branchentypische Risiken aufklären können. Dies schafft nicht nur Vertrauen zwischen Agentur und Kunden, sondern unterstreicht auch die Kompetenz eines Dienstleisters.

Die Folgen eines Rechtsverstoßes können sowohl für einen Agenturkunden als auch für den SEO-Dienstleister gravierend sein. Eine urheber-, marken- oder wettbewerbsrechtliche Abmahnung kostet zwar Zeit, Geld und Nerven, ist aber so gesehen noch das kleinere Übel für alle Beteiligten. Wesentlich schlimmer kann es zum Beispiel werden, wenn ein Agenturkunde die vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung eines Wettbewerbers ohne Weiteres unterzeichnet und diese Information in der zuständigen Agentur verloren geht. Ein späterer Verstoß gegen diese Unterlassungserklärung durch die Agentur kann für den Kunden dann schnell eine fünfstellige Vertragsstrafe zur Folge haben. Wenn es für den Anbieter richtig schlecht läuft, wird der Kunde dieses Geld im Anschluss von ihm zurückverlangen.

Eine solche Situation wäre dann wohl nicht nur für kleinere Agenturen eine echte existenzielle Bedrohung. Insofern ist es für SEO-Dienstleister äußerst ratsam, die Gesetzeslage sowie aktuelle Streitfälle in der Branche stets aufmerksam zu verfolgen. Die Kommunikation mit den Kunden und die agenturinternen Prozesse sollten dann entsprechend gestaltet werden. Ein sensibles Thema in diesem Zusammenhang ist auch die mögliche rechtliche Konsequenz nicht gekennzeichneter Werbelinks. Da fast jeder gekaufte Link einen werbenden Charakter hat, verstoßen SEOs und Publisher hier nicht nur gegen die Google-Richtlinien, sondern unter Umständen auch gegen das gesetzliche Schleichwerbeverbot. In der Praxis haben die nicht gekennzeichneten Werbelinks derzeit noch keine nennenswerten rechtlichen Folgen. Das Beispiel zeigt aber, welche möglichen Gefahren hier in Zukunft auf SEOs zukommen können.

Die SEO-Szene ist ständig in Bewegung – nicht allein wegen Google, sondern auch wegen der Gesetzgebung und der Rechtsprechung, die den Handlungsraum von SEOs mittlerweile deutlich stärker begrenzt als noch vor ein paar Jahren. SEOs, die wissen, dass sie sich in einem äußerst dynamischen Umfeld bewegen, wandeln sich stetig und entwickeln ihre Arbeitsweise dementsprechend weiter. Angesichts der rechtlichen Risiken, die heutzutage allesamt beachtet werden wollen, brauchen sie außerdem einen guten Draht zu einem fachkompetenten Rechtsanwalt. Dieser ist insbesondere auch dann zu empfehlen, wenn es um das dritte große Risiko von SEOs geht: den Kunden.

Risiko Nr. 3: Ärger mit dem Auftraggeber

Der Erfolg, den eine SEO-Agentur liefern kann, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Ein Dienstleister, der gegenüber einem unaufgeklärten Kunden behauptet, all diese Faktoren zu kennen und beeinflussen zu können, schadet der Branche enorm und begibt sich darüber hinaus auf sehr dünnes Eis. Kann er nämlich ein vertraglich zugesagtes Ergebnis doch nicht erreichen, so ist durchaus denkbar, dass der Auftraggeber am Ende sein Geld zurückverlangen darf. Agenturen sei in diesem Zusammenhang geraten, sich mit Versprechungen zu konkreten Erfolgen möglichst zurückzuhalten. Wer partout mit einem Erfolgsversprechen werben möchte, dem muss klar sein, dass er dieses Versprechen gegenüber dem Kunden auch halten muss – egal, ob er nun 15 Links in drei Wochen oder eine Top-3-Platzierung innerhalb von drei Monaten zugesagt hat.

Der Hintergrund: Sobald sich der Dienstleister zu einem bestimmten Erfolg verpflichtet, liegt ein Werkvertrag vor. Für die ordnungsgemäße Vertragserfüllung ist dann einzig das erfolgreiche Ergebnis entscheidend. Gänzlich anders sieht es aus, wenn der SEO seinem Kunden lediglich zusagt, sich im Rahmen der vereinbarten Tätigkeit um den Eintritt eines bestimmten Erfolgs zu bemühen. An dieser Stelle liegt ein Dienstvertrag vor und der Dienstleister garantiert nicht für ein konkretes Ergebnis. Der Kunde bezahlt ihn dann allein für sein Tätigwerden und muss im Grunde selbst bei einer schlechten Performance zahlen. Die richtige Vertragsgestaltung spielt hier also von vornherein eine ganz wesentliche Rolle, um Streitigkeiten mit dem Kunden zu vermeiden.

Das trifft im Übrigen auch dann zu, wenn man das Haftungsrisiko von SEOs bei einer Abstrafung des Agenturkunden betrachtet. Hier stellt sich natürlich schnell die Frage, wer in einem solchen Fall zur Verantwortung gezogen werden kann und ob der abgestrafte Kunde womöglich sogar einen Schadenersatzanspruch gegen den SEO geltend machen kann. Grundsätzlich ist es gar nicht so abwegig, dass ein SEO-Dienstleister für eine Abstrafung haftbar ist, insbesondere, wenn er ohne die Zustimmung des Kunden gegen die Google-Richtlinien verstößt und diesen durch Spammethoden schädigt. In der Realität wird es aber für den Auftraggeber äußerst schwierig, einen Schadenersatzanspruch durchzusetzen. Die Darlegungs- und Beweislast liegt eher auf dessen Seite und es wird für den Kunden nahezu unmöglich, ein Agenturverschulden nachzuweisen. Dennoch ist es für Agenturen empfehlenswert, den Worst Case schon bei der Vertragsgestaltung zu bedenken und beispielsweise solche Maßnahmen, die nicht gänzlich konform mit den Richtlinien sind, vorab vom Kunden absegnen zu lassen. Spätestens, wenn dieser ein Linkkaufbudget freigibt, kann er die Agentur später nicht dafür belangen, dass sie Links gekauft hat. Voraussetzung ist natürlich die vorherige Aufklärung der Agentur über die geltenden Google-Richtlinien.

Eine weitere, nicht zu vernachlässigende Gefahr, die SEOs in jedem Fall bedenken müssen, sind Kunden, die die Agenturleistungen nicht wie vereinbart zahlen. Um dieses Risiko möglichst gering zu halten, ist es empfehlenswert, kurze Zahlungszyklen mit dem Auftraggeber zu vereinbaren und im Vertrag ein Kündigungsrecht bei Zahlungsrückstand festzuhalten. Wer sich mit seinem Kunden auf eine erfolgsabhängige Vergütung einigt, sollte zudem sicherstellen, dass der Kunde sich dazu verpflichtet, die von der Agentur empfohlenen Maßnahmen auch umzusetzen. Andernfalls kann der Erfolg einzig und allein deshalb ausbleiben, weil der Kunde nicht tätig wird. Der Dienstleister wird dann lange auf sein Geld warten können.

Fazit

Um Ärger mit Google, mit dem Gesetz und insbesondere auch mit den Kunden zu vermeiden, sollten SEOs möglichst frühzeitig über die spezifischen Risiken ihrer Tätigkeit nachdenken und entsprechend vorsorgen. Vor allem dann, wenn Suchmaschinenoptimierung als Dienstleistung angeboten wird, gibt es einige typische Gefahren, die von Beginn an bedacht werden müssen.

Für SEO-Dienstleister empfiehlt sich heutzutage in allererster Linie der Kontakt zu einem erfahrenen Rechtsanwalt. Dieser kann zum einen dabei helfen, Fehler schon bei der Vertragsgestaltung mit einem Auftraggeber zu vermeiden. Zum anderen dient er als kompetenter Ansprechpartner, sobald es um den professionellen Umgang mit Abmahnungen, Unterlassungserklärungen und vor allem auch unzufriedenen sowie zahlungsunwilligen Kunden geht.

Wenn ein Streit mit einem Auftraggeber langwierig und dadurch auch teuer wird, stellt das insbesondere für kleinere SEO-Agenturen schnell eine echte Existenzbedrohung dar. Aus diesem Grund ist eine gewisse finanzielle Absicherung für jeden Dienstleister empfehlenswert. Zum einen kann es hier sinnvoll sein, eine Rücklage für den Ernstfall zu bilden. Zum anderen lohnt es sich in diesem Zusammenhang auch, den eigenen Versicherungsschutz zu überprüfen und gegebenenfalls auszuweiten. Die richtigen Policen – etwa eine Berufshaftpflichtversicherung oder eine Firmenrechtsschutzversicherung – können die finanziellen Risiken, die SEO-Dienstleister heutzutage haben, zumindest ein Stück weit minimieren.