Retourendaten machen SEA profitabler

Alexander Paluch
Alexander Paluch

Alexander Paluch ist Product Owner beim Technologieunternehmen crealytics und für die strategische Produktentwicklung der semantischen SEA-Technologie camato zuständig. Er verfügt über langjährige Erfahrung mit datengetriebenen SEA-Lösungen.

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Retouren beeinflussen den Gewinn eines Online-Händlers auf verschiedenen Ebenen. Auch in der Suchmaschinenwerbung sollten sie berücksichtigt werden. Erst wenn Retouren-Informationen ins Tracking und Bid-Management einfließen, kann der Werbekanal Search sein Potenzial zur Gewinnerzielung im E-Commerce optimal ausschöpfen, denn nur auf diese Weise lässt sich der tatsächlich erbrachte Gewinn einer Werbemaßnahme korrekt ermitteln und optimieren. Damit dies gelingt, müssen einige Aspekte beachtet werden. Der Lohn sind hocheffiziente und stark gewinnorientierte Search-Kampagnen.

Eine um zehn Prozent niedrigere Retourenquote lässt den Gewinn um bis zu fünf Prozent ansteigen: Dieser Meinung ist ein Drittel der deutschen Online-Händler. Das ergab eine Studie des Instituts ibi research an der Universität Regensburg. Ein umfassendes Retourenmanagement ist somit ein wichtiger Erfolgsfaktor für E-Commerce-Treibende. Von der Suchmaschinenwerbung (Search Engine Advertising – SEA) darf dieser Erfolgsfaktor nicht ignoriert werden.

Um profitabler zu verkaufen, müssen Online-Händler ihre Retouren zunächst detailliert analysieren. Zusätzlich zur Auswahl des Produktportfolios, dem Warenbestand sowie der Optimierung des Shops können die Retourendaten im Bid-Management für Suchwortanzeigen berücksichtigt werden, beispielsweise im Rahmen von Google-AdWords-Kampagnen.

Die profitabelsten Platzierungen finden

Bid-Management-Systeme verteilen in der Pay-Per-Click (PPC)-Suchmaschinenwerbung ein Werbebudget automatisch auf verschiedene Kampagnen, die das eigene Produktportfolio bewerben. Retouren sollten immer dann mit einbezogen werden, wenn dabei eine Optimierung von Umsatz oder Profit erreicht werden soll.

Wie relevant die Retouren für SEA-Kampagnen sind, verdeutlicht ein kleines Beispiel: Durch die richtige Positionierung der Anzeigen auf der Suchergebnisseite soll eine Bid-Management-Lösung nicht undifferenziert Traffic für die Zielwebsite generieren, sondern ganz gezielt den Profit des Werbungtreibenden maximieren. Es gilt: Profit = Marge – Werbekosten.

Ein zu platzierendes Keyword verfügt grundsätzlich über verschiedene Eigenschaften (siehe Abbildung 1). In Abhängigkeit von der Position und den auf ihr zu erwartenden Klicks kann das Bid-Management anhand dieser Parameter die Wirtschaftlichkeit eines Keywords auf allen Positionen abschätzen und das Gebot für das Keyword so setzen, dass es auf der profitabelsten Position platziert wird. In diesem Fall ist es die Position 1. Der erwartete Profit beträgt an dieser Stelle 875 € (siehe Abbildung 2).

Werden mögliche Retouren jedoch nicht mit einbezogen, kommt es zu einer zu optimistischen Einschätzung (siehe Abbildung 2). Denn auftretende Retouren und die damit verbundenen Rückzahlungen schmälern die Marge. Insbesondere entstehen in der Praxis durch die Abwicklung der Rückläufer zusätzliche Kosten: Porto und Zeitaufwand oder gar eine Wertminderung der Ware.

Sollten die Retouren die erwartete Marge beispielsweise um nur zehn Prozent verringern, ergibt sich für die Profitabilität einer Anzeigenpositionierung bereits ein ganz anderes Bild. Die profitabelste Position ist nun auf Platz 4 angesiedelt (siehe Abbildung 3). Eine Anzeige auf dieser Position wird in diesem Beispiel zwar seltener angeklickt und sie erzielt auch weniger Umsatz als die Anzeige auf Position 1, aber die Differenz aus Marge und Werbungskosten sorgt dafür, dass der Profit an der vierten Position am größten ist.

Datenqualität und Tracking beachten

Die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Bid-Management ist das detaillierte Tracking der Kampagnen und des Nutzerverhaltens. Es führt die Bestellungen auf atomare Kampagnenbestandteile wie z. B. Keywords (Google AdWords) oder Produktziele (Google Shopping) zurück.

Ein professionelles Tracking sollte auch Retouren erfassen können. Damit erhalten Kampagnenbestandteile wie Keywords nicht nur Gutschriften bei einer Bestellung im Shop, sondern eben auch Abzüge bei eingetretenen Retouren. Google selbst bietet das hauseigene Google-Conversion-Tracking an. Leider kann es Retouren nicht abbilden.

Andere Trackingsysteme sind jedoch dazu in der Lage. Sie können die Retouren auf verschiedene Weise berücksichtigen, wobei sie die Rückläufer unterschiedlich genau abbilden: von der pauschalen Retourenquote bis hin zur Stornierung einzelner Posten einer Bestellung. Diese Verfahren lassen sich prinzipiell unterscheiden:

  1. Shop-Quote: Es wird eine pauschale Retourenquote von allen Bestellungen abgezogen. Dies ist das ungenaueste aller Verfahren, da es stark über Durchschnitte geht, aber immer noch besser als nichts.
  2. Segment-Quote: Für verschiedene Segmente (z. B. Produktarten oder Marken) werden unterschiedliche Retourenquoten angelegt.
  3. Warenkorbebene: Ganze Bestellungen können im Tracking storniert werden. Hierzu muss das Trackingsystem die tatsächlichen Bestellungen kennen, die dann über die Bestellnummer storniert werden können.
  4. Artikelebene: Einzelne Posten einer Bestellung können storniert werden. Diese Art erlaubt es dem Shop-Betreiber, eine ihm nicht ganz unbekannte Situation abzubilden: Der Kunde bestellt mehrere Varianten und kalkuliert deren Rücksendung dabei bewusst mit ein. Hierzu muss das in Abbildung 4 skizzierte Tracking zusätzlich jeden Posten des Warenkorbs differenziert mit übertragen.

Für die beiden letztgenannten Mechanismen empfiehlt es sich, aufgetretene Retouren automatisch einzuspielen. Der Shop übergibt hierzu typischerweise einen Stornofeed, der über eine technische Schnittstelle in das Trackingsystem gelangt. Mittels Aggregationen können dann beispielsweise die im SEA-Kanal gewinnträchtigsten Marken aus dem Produktportfolio des Shops vor und nach Storno ermittelt werden. Hier kommt es nicht selten zu Überraschungen und neuen Erkenntnissen.

Marken Top 5 vor und nach Retouren:

Stornogrenzen für das Bid-Management

Ein gutes Tracking schafft die richtigen Voraussetzungen, um Retourendaten für das SEA bereitzustellen. Doch für das Bid-Management gibt es dennoch ein Problem, da es auf den jüngsten historischen Daten arbeitet. Werden die Stornos auf Bestell- oder Warenkorbebene im Tracking eingespielt, kann man bei einem 30-tägigen Rückgaberecht noch nicht alle Retouren kennen, denn diese werden erst in der Zukunft eintreten. Hilfreich ist es daher, eine Stornogrenze zu definieren. Alle Verkäufe, die vor dieser Stornogrenze stattgefunden haben, gelten als gesichert (siehe Abbildung 6).

Das Bid-Management muss nun mit Daten mit vollständigen und nur teilweise bekannten Retouren arbeiten. Es kann dabei auf mehrere Arten vorgehen. Zum einen kann das Bid-Management ausschließlich auf Basis der stornierten Konversionswerte arbeiten. Dabei wird in Kauf genommen, dass heute noch unbekannte Stornos eben nicht in das neue Gebot gerechnet werden. Zum anderen ist es möglich, dass ein Bid-Management immer nur mit unstornierten Konversionswerten arbeitet und daran eine Stornoschätzung anlegt. Die Stornogrenze spielt hier praktisch keine Rolle mehr. Bei der dritten Option segmentiert das Bid-Management die Datenmenge an der Stornogrenze. Für Daten vor der Stornogrenze legt es die realen Stornos zugrunde, für die aktuellen Daten eine Stornoschätzung mit Hochrechnung.

Vorsicht bei Schätzungen

Arbeitet das Bid-Management auf Basis unstornierter Konversionswerte oder wird die Datenmenge an der Stornogrenze segmentiert, sind in beiden Fällen Stornoschätzungen notwendig. Achtung: Wenn die angebotenen Produktsegmente stark unterschiedliche Retourenquoten aufweisen, sollten Schätzungen so wenig wie möglich auf Durchschnittswerten basieren. Ein differenziertes Vorgehen ist nötig, denn besonders gute Keywords für Produktsegmente mit überdurchschnittlich niedrigen Retouren werden bestraft, da für sie trotzdem die Standardstornorate gilt. Und damit wird Ihnen durch zu niedrige Gebote der Hahn leider zu- statt aufgedreht.

Checkliste für Entscheider

Sollen Retourendaten im Suchmaschinen-Advertising berücksichtigt werden, müssen im Vorfeld interne Informationen beschafft werden. Dafür können Sie die jeweiligen Fachabteilungen oder Experten zurate ziehen.

Fragen an die Business Intelligence und den Einkauf:

  • Stellen Sie fest, welche Ihrer Marken und Produktarten von der Durchschnitts-Retourenquote Ihres Shops besonders abweichen.

Fragen an das Tracking:

  • Finden Sie heraus, wie Retouren in das SEA-:Tracking, auf dem das Bid-Management aufsetzt, einberechnet werden: gar nicht, als (pauschale) Quote oder sogar exakt pro Bestellung?
  • Werden Retourdaten (betroffene Bestellungen, stornierte Artikel) automatisiert in das Trackingsystem gespielt, um verbuchte Umsätze und Margen von retournierten Bestellungen auch auf Keyword-Level zu stornieren?

Fragen an das Bid-Management:

  • Ist die Berücksichtigung von Retouren für die Optimierungsziele des Bid-Managements relevant?
  • Wie berücksichtigt das Bid-Management aufgetretene Stornos?
  • Wie schätzt das Bid-Management unvollständige Stornoraten des aktuellen Monats?

Kurzum: Das Umsatzpotenzial wird durch zu wenig Traffic nicht voll ausgenutzt. Besonders schlechte Keywords für Produktbereiche mit überdurchschnittlich hohen Retourraten werden hingegen nicht hart genug bestraft. Durch zu hohe Gebote wird zu viel Traffic eingekauft, der am Ende nicht nur die Werbekosten für unrentable Klicks, sondern auch die Servicekosten durch vermehrte Retourenabwicklung in die Höhe treibt.

Es lohnt sich also, die Qualität der Trackingdaten genauer unter die Lupe zu nehmen. Wer beim Tracking und anschließendem Reporting die Retouren nicht mit einbezieht, kann die Wirtschaftlichkeit seiner SEA-Aktivitäten nur schwer bewerten. In jedem Fall gilt: Wenn die profitable Aussteuerung des SEA-Kanals eine wichtige Rolle spielt, sollte das Bid-Management aufgetretene Retouren in die Berechnung der Gebote unbedingt einbeziehen.