Basics der Konversionsoptimierung

Filipe Pereira Martins
Filipe Pereira Martins

Anna E. Kobylinska und Filipe Pereira Martins sind international anerkannte IT-Consultants und Mitgründer der Aktiengesellschaft McKinley Denali Inc., USA, mit Schwerpunkt auf Cloud-Lösungen, strategisches IT-Consulting und Intellectual Property.

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Anna E. Kobylinska
Anna E. Kobylinska

Anna E. Kobylinska und Filipe Pereira Martins sind international anerkannte IT-Consultants und Mitgründer der Aktiengesellschaft McKinley Denali Inc., USA, mit Schwerpunkt auf Cloud-Lösungen, strategisches IT-Consulting und Intellectual Property.

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Soll eine Website ihr volles Potenzial ausschöpfen, sollte man die Konversionsrate näher unter die Lupe nehmen. Was es damit ganz grundlegend auf sich hat, wie man vorgehen kann, was es konkret bringt und wie man die üblichen Stolperfallen umschifft, erfahren Sie zusammen mit einer Menge praktischer Tipps von Anna E. Kobylinska und Filipe Martins.

Jede Web-Präsenz hat bestimmte Aufgaben zu erfüllen, sei es Produkte über einen Webshop verkaufen, Dienste oder Informationen bereitstellen, Kontaktdaten von Interessenten sammeln (zum Beispiel im Tausch gegen ein kostenloses E-Book). Wie gut eine Website eine konkrete Aufgabe meistert, lässt sich anhand der sogenannten Konversionsrate beziffern. Das einzige Problem: Was man unter dem Begriff „Konversionsrate“ versteht, ist Ermessenssache.

Konversionen im Visier – nicht nur für Webshops

Die Konversionsrate (auch Konvertierungsrate oder englisch „Conversion-Rate“ (CR) genannt) misst, wie erfolgreich es Ihnen gelingt, Website-Besucher zur Umsetzung einer bestimmten Handlung zu verleiten. Diese Kennzahl definiert den Erfolg als einen Anteil der sogenannten Konversionen an dem angenommenen Gesamtpotenzial der maximal möglichen Konversionen bei der aktuellen Besucherzahl.

Die Konversionsrate kann zum Beispiel als die Anzahl abgeschlossener Verkäufe anhand der Gesamtzahl aller Besuche des Webshops berechnet werden.

Von je 1.000 Besuchern eines Webshops springen vielleicht so um die 260 aus verschiedenen Gründen sofort wieder ab; die sogenannte Absprungrate (Bounce-Rate) liegt in diesem Falle bei 26 %. So um die 350 weitere Besucher des Beispielshops greifen auf die Suchfunktion zu; die übrigen 390 stöbern vielleicht durch die Produktkategorien. Besucher gelangen über verschiedene Wege zu einer Produktseite, ehe sie ein Produkt in den Warenkorb legen. Diese alternativen Navigationswege, die den Besucher ans Ziel führen – im Beispiel also die Suchfunktion und die Textnavigation durch Produktkategorien – nennt man Trichter (Funnel). Jeden dieser Funnel können Sie separat beobachten und optimieren.

Beim Erreichen des vordefinierten Ziels durch den Besucher – zum Beispiel beim Aufgeben einer Bestellung – spricht man von einer Konversion.

Der Anteil aller Besucher, die ein konkretes Navigationsziel erreichen und die gewünschte Handlung ausführen, gemessen an der Gesamtanzahl aller Besucher, denen diese Möglichkeit zur Verfügung stand, ist die Konversionsrate des Ziels in dem betreffenden Funnel. Zur Optimierung der Konversionsrate möchten Sie Ihre Besucher in die gewünschten Funnel hineinleiten und ohne störende Ablenkungen zum Ziel führen. Erreicht der Besucher einen Zwischenschritt (einen sogenannten Meilenstein), spricht man von einer Mikrokonversion. Der Begriff bezeichnet ein Ereignis innerhalb einer Konversion, beispielsweise einen Mausklick auf eine bestimmte Schaltfläche beim Einkaufsbummel. Klickt ein Besucher etwa auf „Jetzt kostenpflichtig bestellen“, nachdem er die betreffende Produktseite geladen hat, kommt eine Mikrokonversion zustande. Gibt er die Bestellung dann auch auf, ist die Konversion abgeschlossen. Auch dieses Ereignis können Sie messen, um zu ermitteln, an welcher Stelle des Vorgangs die meisten Besucher abspringen. Gewappnet mit dieser Information können Sie wiederum potenzielle Hürden aus dem Weg schaffen, um ihre Annahmen anhand neuer Messwerte zu bestätigen oder zu widerlegen.

Von je 1.000 Besuchern der Startseite eines Shops werden vielleicht schlussendlich nur 130 Nutzer ein Produkt in den Warenkorb legen, davon werden aber möglicherweise weniger als 90 Besucher tatsächlich eine Bestellung aufgeben. Ein solcher Webshop kann also bei dem Kaufvorgang auf eine Konversionsrate von etwa 9 % verweisen. Wer diese Zahl verdoppeln kann, verdoppelt automatisch den Umsatz.

Das Konzept von Konversionen ist nicht nur für Webshops von Relevanz. Wann immer ein Besucher eine von Ihnen erwünschte Handlung umsetzt, also ein Produkt in den Warenkorb legt, ein Werbebanner anklickt, ein Video abspielt, einen bestimmten Blog-Beitrag liest oder kommentiert, eine Software herunterlädt oder einen Newsletter abonniert, spricht man ebenfalls von einer Konversion.

Jeder Website-Betreiber legt seine Konversionsziele selbst fest und definiert seine eigene Formel der Konversionsrate, je nachdem, was er messen möchte. Daher sind diese Messgrößen unter Umständen nicht direkt miteinander vergleichbar.

Der eine definiert die Konversionsrate seines Webshops als die Anzahl der Verkäufe dividiert durch die Anzahl eindeutiger Besucher (Unique Visitors), der andere als die Anzahl der Verkäufe minus die Anzahl der Rückerstattungen dividiert durch die Gesamtzahl aller Besuche. Im letzteren der beiden Fälle wird die Konversionsrate natürlich geringer ausfallen. Zum einen werden Rückerstattungen nicht als Erfolge gewertet. Zum anderen wird ein Besucher, der seinen Einkauf unterbricht und später wiederkommt, um mit seinem Warenkorb zur Kasse zu gehen, in dem zweiten Szenario als zwei potenzielle Käufer gezählt, obwohl es sich dabei um einen und denselben Einkaufsvorgang handelt. Zwei verschiedene Formeln führen zu zwei verschiedenen Resultaten. Pauschale Vergleiche von Konversionsraten verschiedener Webshops untereinander machen daher nur bedingt Sinn, denn die ihnen zugrunde liegenden Formeln und Rahmenbedingungen können voneinander abweichen.

Die Erkenntnis, der eine Webshop habe eine Konversionsrate in Höhe von etwa 3,3 % vorzuweisen, während ein anderer mit 30 % prahlt, ist so gut wie bedeutungslos. Es kommt auf den Kontext an. Ein Webshop mit Hunderttausenden Besuchern pro Monat und einer Konversionsrate von 5 % ist besser aufgestellt als ein Webshop mit einigen Hundert Besuchern pro Monat und einer Konversionsrate von 50 %. Erst der Kontext verleiht der Konversionsrate ihre wahre Bedeutung.

Der Branchenprimus Amazon erzielt Experten zufolge eine Konversionsrate von „nur“ 9 % bis 10 % (Nielsen/NetRatings); das Online-Auktionshaus eBay bringt seine Konversionsrate auf einen Wert zwischen 11 % und 12 %. Dennoch konnte Amazon in den letzten drei Jahren ein Umsatzwachstum von durchschnittlich 35,6 % vorweisen, indem, unter anderem, zusätzliche Besucherströme angezapft wurden.

Beharrlichkeit, Aufgeschlossenheit und Feingefühl

Die Optimierung der Konversionsrate erfordert viel Feingefühl, eine Menge Beharrlichkeit und eine gehörige Dosis an Aufgeschlossenheit. Man weiß ja nie, was einen erwartet. Anhand der Konversionsrate lassen sich subtile Usability-Probleme genauso wie nicht offensichtliche Marketing-Fehler diagnostizieren und korrigieren. Ob ein Redesign der Landeseite oder eine neue Social-Media-Kampagne: Eine umfassende Analyse der Entwicklung der eigenen Konversionsrate erlaubt es, auf Rätselraten zu verzichten, katastrophale Fehlentscheidungen zu vermeiden und das Potenzial der betreffenden Website so weit es geht auszuloten.

Das Gegenteil der Konversionsrate ist die Ausstiegsrate: der Anteil der Besucher, die ihren Besuch einer Webseite abbrechen. Das Minimieren der Ausstiegsrate ist natürlich erstrebenswert, aber es ist an sich noch keine Garantie für den Erfolg. Der Besucher eines Webshops kann endlos im Kreise navigieren und dennoch nichts kaufen. Wer einen Erfolg verbuchen möchte, fokussiert in erster Linie auf die Konversionsrate.

Werden die Erkenntnisse der Konversionsoptimierung tatkräftig umgesetzt, kann sich der Feldzug scheinbar kleiner Optimierungen unmittelbar positiv auf die Geschäftszahlen auswirken. Zahlreiche Beispiele aus dem Online-Handel und dem Online-Dienstleistungssektor belegen es eindeutig.

Uhrenhändler lernen den Wert der Authentizität

Express Watches, ein britischer Online-Verkäufer für Armbanduhren, lernte die Bedeutung der Konversionsrate kennen, als er beschloss, zu untersuchen, ob die Käufer einen höheren Wert auf einen günstigen Preis oder auf die Authentizität der Produkte legten. Den Uhrenhandel im Internet plagt eine hohe Verbreitung unehrlicher Händler mit raubkopierten Replikas. Die geringsten Zweifel an der Echtheit des Angebots könnten den Umsatz schmälern, die Frage war nur, wie stark. Um diese Frage zu beantworten, ersetzte Express Watches eine einzige Abbildung auf der Produktseite: Anstelle von „Tiefstpreise“ platzierte der Händler ein winziges Bild mit der Aufschrift „Seiko: Autorisierter Händler“. Die eher magere Konversionsrate in Höhe von 1,81 % schnellte in die Höhe auf respektable 3,76 %. Der Umsatz verdoppelte sich (ein Wachstum von 107 %).

Die ursprüngliche Produktdetailseite bei dem Uhrenhändler Express Watches hatte z. B. den Preisvorteil betont (Abbildung 1).

Es stellte sich jedoch heraus, dass die Zielgruppe des Online-Händlers einen noch höheren Wert auf die Authentizität der Produkte legt: Die höchste Konversionsrate erzielte ein Design der Produktseite mit dem offiziellen Siegel eines autorisierten Seiko-Händlers (Abbildung 2).

Eine ähnliche Erfahrung machte der niederländische Uhrenhändler Horloges (Horloges.nl): „Autorisierter Händler von G-Shock – 2 Jahre Garantie auf alle Armbanduhren“ und ein klares Versprechen einer Gratiszustellung am nächsten Morgen bescherten dem Anbieter eine um 41 % höhere Konversionsrate und entsprechend mehr Umsatz.

Mehr Kundennähe durch proaktiven Chat bei Intuit

Intuit, ein Hersteller von Buchhaltungssoftware, experimentierte mit proaktivem Chat als Instrument zur Absatzsteigerung an verschiedenen Stellen der eigenen Website. Website-Besucher konnten die Chat-Schaltfläche klar sehen, mussten jedoch selbst die Initiative ergreifen und den Chat-Raum betreten. Die Resultate des Experiments waren generell positiv. aber nicht überwältigend, bis die Chat-Funktion in die Produktvergleichsseite integriert wurde. Der Umsatz explodierte daraufhin mit einem Wachstum von 211 %. Dieselbe Chat-Funktion auf anderen Seiten der Online-Präsenz des Anbieters hatte „lediglich“ ein zweistelliges Wachstum zur Folge (Abbildung 3).

AMD boostet Social Sharing um 3.600 %

Der kanadische Grafikkartenhersteller AMD wollte durch Social Sharing der eigenen Website-Inhalte fördern. Social Sharing gleicht einer kostenlosen Promotion: Website-Besucher nutzen eine Schaltfläche auf der betreffenden Webseite, um sie über Facebook, Twitter & Co. zu empfehlen. AMD nutzte den Dienst ShareThis (sharethis.com), war jedoch mit der Konversionsrate nicht so recht zufrieden. Die Schaltfläche wurde selten genutzt. Um die Konversionsrate zu boosten, führte AMD sogenannte A/B-Tests an sechs Varianten der Webseite mit unterschiedlich platzierten ShareThis-Schaltflächen durch (kleine und große Schaltflächen links, rechts und unter dem Seiteninhalt). Die Tests dauerten fünf Tage, die Resultate waren eindeutig. Die Platzierung von ShareThis im Footer der Webseite enttäuschte auf der ganzen Linie, unabhängig von der Größe und Form der Schaltflächen. Die beste Konversionsrate erzielte eine vertikale Leiste links vom Inhalt der Seiten. Die Konversionsrate schnellte um bemerkenswerte 3.600 % in die Höhe. Interessanterweise blieb die Konversionsrate des Engagements der Besucher (sonstige Aktivitäten auf der Webseite wie Downloads von Grafikkartentreibern) unverändert bei 23 %. In der Zwischenzeit verfolgt AMD eine andere Social-Media-Strategie und hat die Schaltflächen verworfen. Der ShareThis-Dienst setzt inzwischen dieselbe Platzierung der Funktionalität zum Zugriff auf Social-Media-Icons links von den Seiteninhalten ein.

Ein Online-Riese reduziert die Registrierungsangst

Ein prominenter Online-Händler, der nicht namentlich erwähnt werden möchte, zog externe Berater zu Rate, um den Bestellvorgang zu verbessern.

Die geringe Konversionsrate des Warenkorbs ließ darauf schließen, dass viele potenzielle Käufer nach dem Anklicken der Schaltfläche „Zur Kasse gehen“ von dem beabsichtigten Kaufvorgang zurücktraten. (Die Konversionsrate des Warenkorbs misst den Anteil an Käufern, die eine Bestellung tatsächlich aufgeben, an allen Besuchern des Webshops, die mindestens ein Produkt in den Warenkorb gelegt haben.)

Die Lösung des Rätsels erwischte den Online-Händler kalt: Alles deutete auf ein optionales Registrierungsformular hin, welches das Aufgeben neuer Bestellungen erleichtern und nicht erschweren sollte. Dieses Registrierungsformular bestand aus gerade einmal zwei Feldern, einem für die E-Mail-Adresse und einem für das Benutzerpasswort, sowie aus zwei Schaltflächen „Registrieren“ und „Anmelden“. Einfacher als zwei Eingabefelder geht es nun wirklich nicht. Registrierungsformulare dieser Art sind im Online-Handel gang und gäbe. Und doch sprach die niedrige Konversionsrate des Warenkorbs eine unmissverständlich klare Sprache.

Das Registrierungsformular konnte nicht das Problem sein. Um diese Annahme zu bestätigen bzw. zu widerlegen, genügten die Daten des Analytics-Systems allerdings nicht; die Forscher mussten direktes Feedback der Käufer einholen. Zu diesem Zweck stellten sie einigen Versuchspersonen finanzielle Mittel zur Verfügung, um den Bestellvorgang unmittelbar beobachten zu können.

Die ursprüngliche Überzeugung des Online-Händlers, dass sich neue Kunden an der Registrierung nicht stören würden, erwies sich als falsch. Einige Käufer konnten sich nicht erinnern, ob sie sich schon mal registriert hatten, und probierten vergeblich verschiedene E-Mail-Passwort-Kombinationen durch. Andere registrierten sich doppelt und dreifach. Viele fühlten sich dazu gegen ihren Willen gezwungen und nahmen dem Händler die Aufforderung zur Registrierung übel.

Die ungeschickte Platzierung des Formulars war den Besuchern ein Dorn im Auge. Potenzielle Käufer wurden mit dem Formular konfrontiert, als sie mit ihrem Warenkorb zur Kasse gehen wollten.

Als die Forscher die interne Kundendatenbank des Händlers unter die Lupe nahmen, stellten sie fest, dass die Registrierungsprozedur die Entstehung von Duplikaten von Kundenaccounts nicht verhindern konnte. Die Platzierung des Formulars konnte jedoch potenzielle Kunden hinreichend verärgern, um einen vollen Warenkorb zu verwerfen, ohne den Kauf abzuschließen.

Einige Kunden machten sogar einen Versuch, ein verlorenes Passwort anzufordern – insgesamt kam dies 160.000-mal pro Tag vor. Von diesen Besuchern machte sich leider nur jeder Dritte die Mühe, nach Erhalt des Passworts zur Kasse zu gehen und die Bestellung aufzugeben. Zwei Drittel (75 %) der betroffenen Besucher stiegen trotz Erhalt des Passwortes aus.

Auf das Registrieren seiner Käufer wollte der Händler aus verständlichen Gründen nicht verzichten. Stattdessen benannte er die Schaltfläche „Registrieren“ in „Weiter“ um und versah sie mit etwa der folgenden Erläuterung: „Um bei uns einzukaufen, brauchen Sie sich nicht zu registrieren. Klicken Sie einfach auf die Schaltfläche ‚Weiter‘, um zur Kasse zu gehen. Wenn Sie Ihre künftigen Bestellungen noch schneller aufgeben möchten, können Sie sich an der Kasse registrieren.“

Das Ergebnis: Die Konversionsrate schnellte nach diesen Änderungen um 45 % in die Höhe. Die Anzahl der täglichen Passwortanfragen fiel um 80 %. Der Umsatz stieg in der ersten Woche um 6 Millionen USD an und hielt das neue Niveau permanent ein. Durch eine falsch benannte Schaltfläche und die daraus resultierende verspürte Registrierungspflicht (die es im Übrigen de facto nicht gab) hatte der Händler unbemerkt einen Umsatz von schätzungsweise 220 Millionen Euro (300 Millionen USD) pro Jahr eingebüßt.

Auch bei Tupperware (Abbildung 5) machte man die Erfahrung, dass eine Zwangsregistrierung Verkäufe hemmt, und stellt seither den Besuchern frei, ob sie sich registrieren möchten oder nicht.

Expedia eliminiert ein Feld im Kreditkartenformular

Das Reiseportal Expedia (expedia.de) stellte bei einer Untersuchung des eigenen Bestellvorgangs eine hohe Absprungrate fest, die kurioserweise nach dem Abschicken des Bezahlformulars mit den Kreditkartendaten entstand. Eine interne Untersuchung wies auf Probleme mit dem Bestellformular hin. Um das Formular benutzerfreundlicher zu gestalten, wurden optionale Felder entfernt und die Konversionsraten der verschiedenen Versionen des Formulars untersucht. Es stellte sich heraus, dass sich die abgebrochenen Bestellungen auf ein einziges optionales Texteingabefeld zurückführen ließen: „Firmenname“. Dieses Feld war direkt oberhalb des Abschnitts mit der Rechnungsadresse platziert und hatte offenbar Missverständnisse verursacht. Eine genauere Untersuchung ergab, dass zahlreiche Besucher dieses (optionale) Feld als eine Aufforderung zur Eintragung des Namens des eigenen Kreditkarteninstituts verstanden und anschließend das Domizil ihrer Bank anstelle der eigenen Rechnungsadresse eintrugen. Ein Versuch, die zugehörige Kreditkarte zu belasten, schlug dann natürlich fehl, und die jeweilige Bestellung wurde durch das System verworfen. Nach dem Entfernen des problematischen Eingabefeldes, welches ja ohnehin als „optional“ gekennzeichnet war, fiel die Fehlerrate ins Bodenlose. Das Resultat unterm Strich: knapp 9 Millionen Euro (12 Millionen USD) an zusätzlichem Gewinn pro Jahr.

Nicht alle Erkenntnisse lassen sich verallgemeinern; die Resultate können von Fall zu Fall sehr unterschiedlich ausfallen, so wie zum Beispiel im Falle von BliVakker. Der norwegische Anbieter von Schönheitsprodukten (BliVakker.no) wollte sein 17 Felder starkes Bestellformular vereinfachen und erleichterte es um drei Felder (aus 17 wurden 14). Die Konversionsrate stieg zwar, aber nur um 10,48 %. Als noch einige weitere Formularfelder entfernt und die Navigation übersichtlicher gestaltet wurde, stieg die Konversionsrate nicht mehr. Sie fiel.

Die Devise heißt: „Testen, testen, testen.“ Das Aufsetzen von Tests kostet nun leider Zeit. Das ist noch nicht mal das größte Problem: Statistisch signifikante Resultate erfordern vergleichsweise hohe Besucherzahlen (je mehr Testvarianten, desto mehr Besucher). Der Anbieter von Datenbanklösungen Calpont (calpont.com) musste auf statistisch signifikante Resultate des sozialen Engagements ganze drei Wochen warten und erhielt sie in dieser Zeit nur für drei von elf Testkandidaten. Kleinere und mittelgroße Websites ziehen hier klar den Kürzeren, denn während sie auf aussagekräftige Resultate warten, schießen sie sich durch schlechtes Design und unangemessene Inhalte möglicherweise ins sprichwörtliche Knie. Es hilft, einige bewährte Praktiken zu kennen, die sich so gut wie immer bestätigen lassen, um nicht unnötig die Geduld der Besucher auf die Probe zu stellen.

Call-to-Action

Eine beliebte Methode, um Besucher zum Handeln zu verleiten, ist eine prominent platzierte, nicht zu übersehende Handlungsaufforderung (im Fachjargon „Call-to-Action“). Diese Lektion lernten unter anderem der Anbieter von Hygieneprodukten L’Axelle (laxelle.de; Resultat: die Konversionsrate des betroffenen Werbebanners stieg um 93 %), die Fluglinie Nature Air (natureair.com; plus 591 %) und The Vineyard (www.the-vineyard.co.uk), ein Luxushotel in Großbritannien (32,12 % mehr Konversionen nach dem Einführen einer roten Schaltfläche zur Zimmerreservierung), und SAP BusinessObjects, eine Sparte der deutschen Softwareschmiede SAP (SAP.com; 32 % mehr Konversionen nach dem Vergrößern einer Schaltfläche).

Je größer der Text der Handlungsaufforderung, je dynamischer und je persönlicher er formuliert wurde, desto höher ist die Konversionsrate.

Eine kurze Landeseite ist meistens besser. Noch besser ist eine kurze Landeseite mit einem großen Foto einer liebenswerten Person. Ein klar definierter Preis auf der Landeseite erhöht normalerweise die Konversionsrate; einschüchternd wirkende Formulare verringern sie. Kundenbewertungen wirken sich positiv auf die Konversionsrate des gesamten Webshops (wenn auch nicht unbedingt aller Produktseiten) aus. Und noch eines: Ordnung ist besser als Unordnung.

Tools und Techniken: Ziele und Funnels

Für die Optimierung der Konversionsrate gibt es zwei grundlegend unterschiedliche Ansätze.

Der eine Ansatz beruht auf ausgiebigen Tests unter Beteiligung echter Besucher, deren Verhalten ausgewertet wird, um daraus für die inhaltliche Zusammenstellung der Website und ihr grafisches Design Schlüsse zu ziehen. Mithilfe von A/B- oder MVT-Tests (siehe Kasten „Mit einer Lizenz zum Testen“) wird die Reaktion der Zielgruppe auf verschiedene Bilder, Überschriften oder Schaltflächen untersucht.

Der Nachteil dieses Ansatzes besteht darin, dass so nur diejenigen Variablen berücksichtigt werden, die sich in einem der Tests erfassen lassen. Die Gründe für eine niedrige Konversionsrate (und somit eine hohe Absprungrate) können jedoch sehr vielfältig sein; schlechtes Design mit schwacher Usability ist nur das kleinste aller Übel. Einige Besucher werden wohl den Bestellvorgang abbrechen, weil ihnen die gebotenen Liefermethoden nicht zusagen, andere empfinden vielleicht die Zahlungsbedingungen als zu restriktiv („Keine Alternativen zu PayPal?“) oder wurden auf die Landeseite durch eine missverständlich formulierte Anzeige gelockt und gehören gar nicht zu der anvisierten Zielgruppe (ihre Klicks auf die PPC-Anzeige wurden dennoch bezahlt). Um diesen und ähnlichen Ursachen auf die Spur zu kommen, ist ein tief greifendes Verständnis der Zielgruppe vonnöten. Darauf fokussiert der zweite Ansatz zur Konversionsoptimierung: Eine umfassende Zielgruppenforschung und Marktsegmentierung bildet die optimale Grundlage zur Formulierung einer Marketingstrategie und einer maßgeschneiderten Marketingbotschaft, deren Wirkung sich anschließend anhand der Konversionsrate in Tests bestätigen, widerlegen oder verstärken lässt.

Keine Website kann es allen Website-Besuchern gleichermaßen recht machen, aber zumindest lassen sich mittels multivariaten Tests hinreichend viele alternative Designs durchtesten, um daraus Schlüsse zu ziehen. Durch eine geschickte Segmentierung der Zielgruppe können Sie jeden Besucher mit unterschiedlichen Wünschen und Vorlieben berücksichtigen und die Konversionsrate weiter steigern.

Inzwischen gibt es verschiedene Tools und Dienste zur Analyse und Optimierung von Konversionen (siehe Kasten „Die besten Tools zur Konversionsoptimierung“). Dazu zählen Web-Dienste wie Google Analytics Conversions und Content Experiments (zuvor Google Website Optimizer) und Visual Website Optimizer von Wingify. Mit diesen beiden Tools können Sie die Konversionsraten diverser Varianten einer Webseite mit abweichenden Designs und unterschiedlichen Inhalten untersuchen.

Mit der Integration von Content Experiments in Google Analytics hat der Suchriese allerdings die Unterstützung von reinen A/B- und MVT-Experimenten verworfen. Stattdessen testet der Dienst bis zu fünf Versionen einer Webseite, die er aus verschiedenen URLs bezieht (siehe Kasten „Tests mit Google Analytics Content Experiments“).

Tipp

Unter der Adresse www.google.com/analytics/apps/ finden Sie interessante Zusatztools, die Google Analytics unter anderem um Zusatzfunktionen zur Optimierung der Konversionsrate im Multi-Channel-Marketing erweitern (Abbildung 8).

Sollten klassische Methoden der Konversionsoptimierung keine eindeutigen Resultate ans Tageslicht fördern, gilt es, das Arsenal der Werkzeuge zu erweitern, um das Verständnis der Bedürfnisse der eigenen User zu vertiefen. Mit einem Dienst wie Crazy Egg können Sie anhand von Heatmaps das Klickverhalten unter die Lupe nehmen. Testhub, ein Dienst der Berliner Testhub GmbH, ermöglicht Ihnen die Durchführung von Usability-Tests mit Testpersonen und garantiertem Feedback. Alternativ können Sie mit Lösungen wie Idea Informer (idea.informer.com), Qualaroo (qualaroo.com) oder SimpleFeedback (simplefeedback.com) die Meinung der Besucher Ihrer Seite direkt erforschen. Visual Website Optimizer von Wingify bietet im Übrigen zusätzlich zu klassischen A/B- und MVT-Tests unter anderem auch Heatmaps, Behavioral Targeting und das Mitverfolgen von Umsatzkennzahlen.

Fazit

Die Konversionsrate ist ein exzellentes Messinstrument für den Erfolg einer Website, wenn man den richtigen Umgang damit beherrscht. Mit den richtigen Tools können Sie das Angebot Ihrer Website für Ihre Zielgruppe ganz präzise noch weiter optimieren und damit den Umsatz oft sofort spürbar steigern.