Webanalyse mit Google Analytics

Tobias Aubele
Tobias Aubele

Dr. Tobias Aubele ist Professor für E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und Berater für Webcontrolling (u. a. „Deutschlands bester Conversion Optimierer 2018“ sowie „CRO Practitioner of the year 2020“). Er lehrt das Themenumfeld Conversion-Optimierung, Usability und Webanalytics im Studiengang E-Commerce. Zuvor war er viele Jahre in einem internationalen Multi-Channel-Unternehmen in diversen Führungspositionen tätig, zuletzt als Bereichsleiter E-Commerce.

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Google Analytics, als weltweit meisteingesetztes Webanalyse-System, hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. In mehr als 70 Releases allein 2013 werden permanent neue Funktionen in sehr kurzen Zyklen ausgerollt und den Anwendern kostenlos zur Verfügung gestellt. Den Analysten wird dadurch ein Tool an die Hand gegeben, jeden Tag mehr über die eigene Zielgruppe zu erfahren, und damit die Chance, das eigene Geschäft nachhaltig weiterzuentwickeln. Der Weg ist das Ziel – weg vom nichtssagenden, passiven PI- oder Time-on-Site-Tracking, hin zum universellen, proaktiven User-Verständnis.

Die Möglichkeiten, die Google Analytics bietet, sind in einem einzigen Artikel nicht darstellbar. Dafür ist das System zu mächtig und zu umfangreich. Im Folgenden werden punktuell Funktionen erläutert, die in der Praxis schnell umsetzbar sind und Nutzen stiften. Gerade neue Funktionen, wie die Integration demografischer Daten, ermöglichen einen erleuchtenden Blick auf die Webseitenbesucher und deren Besuchsintention. Sofern der wahre Grund des Besuches verstanden wird, kann die Online-Marketing-Strategie zielgruppenkonform adjustiert werden und dann klappt´s auch mit der Konversion.

Dashboards – wenn´s mal schnell gehen muss

Mittels eines Dashboards können wiederkehrende Fragestellungen auf einen Blick beantwortet werden. Elemente können frei konfiguriert und angeordnet werden (siehe Abb. 1). Die verschiedenen Dashboards können ein eigenes Spektrum an KPI abbilden und automatisiert per E-Mail an einen Verteilerkreis gesendet werden. Dies hat den Vorteil, dass zielgruppenspezifische Analysen termingesteuert in das Postfach wandern und regelmäßige Berichterstattung auch an Empfänger ohne Analytics-Kenntnisse gewährleistet wird.

Tipp

Über den Menüpunkt „+ Neues Dashboard“ können ein existierendes Dashboard, Segmente und benutzerdefinierte Berichte aus der Analytics Solution Gallery importiert und angepasst werden. Dadurch kann von Wissen und Best-Practice-Vorgehen der Google Analytics Community profitiert werden.

Ebenfalls einen schnellen Zugriff auf Berichte bietet die Funktion „Verknüpfung“, welche einen direkten Link auf oft genutzte Analysen mit den jeweiligen Konfigurationseinstellungen ermöglicht.

PageSpeed – schneller konvertiert besser

Die Ladegeschwindigkeit ist für die User Experience und damit für die Konversions- bzw. Absprungrate ein elementarer Faktor. Analytics zeigt neben einer Stichprobe der Ladezeit konkrete Verbesserungsvorschläge zu einzelnen Seiten an – sowohl mobile als auch für die Desktop-Variante. Hier gilt es, gemeinsam mit den Entwicklern herauszufinden, welche der Vorschläge schlussendlich umgesetzt werden können. Insbesondere im mobilen Umfeld zählt ob der fehlenden Bandbreite jedes Kilobyte (leider steht nicht jedem Besucher LTE zur Verfügung).

Demografische Merkmale – Alter, Geschlecht und Interesse der Besucher

Google Analytics bietet nach einer Aktivierung und einem Update des Codes (siehe einfach.st/ga9) weiterführende Informationen über die Webseitenbesucher an. Sofern bereits der kostenlose Google-Tag-Manager genutzt wird, ist die Aktivierung lediglich ein Klick im Analytics-Tag („Aktivieren Sie Funktionen für Display-Werbetreibende wie Remarketing“). Der Einsatz des Tag-Managers erleichtert die Steuerung von Tags, da neben der Zusammenfassung von Trackingcode keine IT-Abteilung herangezogen werden muss (weitere Infos unter www.google.de/tagmanager). Die Aktivierung der demografischen Merkmale sollte auf jeden Fall mit einer simultanen Erweiterung der Datenschutzrichtlinien einhergehen (siehe einfach.st/ga10).

Neben dem Geschlecht werden Altersklassen sowie Interessen der Webseitenbesucher wie Sport, Musik bekannt gegeben (siehe Abb. 3). Google ermittelt diese Informationen über besuchte Webseiten sowie Informationen aus sozialen Netzwerken und Google-Profilen. Das eigentlich Spannende ist die Möglichkeit, den Traffic nach diesen Merkmalen zu segmentieren und Optimierungspotenzial an den Marketingkampagnen zu offenbaren.

Hinweis: Sofern das Tracking bereits auf das neue Universal-Tracking umgestellt ist, kann dieses Feature (noch) nicht genutzt werden.

Segmentierung – der Durchschnitt lügt!

Generell liegt die Stärke der Webanalyse in der Bildung und Betrachtung von Segmenten. Metriken werden standardmäßig summarisch bzw. per Durchschnitt dargestellt, d. h., es wird bspw. die gesamte Anzahl an Besuchern betrachtet und ggf. mit dem Vorjahr verglichen. Sollte dann die Konversionsrate gegenüber dem Vorjahr – bei steigender Besucherzahl – fallen, gehen oft die roten Warnlampen an. Wie kann das sein, dass trotz steigenden Traffics weniger Besucher konvertieren? Die Lösung liegt meist an einer geänderten Zusammensetzung der Webseitenbesucher. Waren es bspw. im Vorjahr noch 14 % des Traffics, der über mobile Endgeräte auf die Webseite kam, so können es im laufenden Jahr bereits 30 % gewesen sein (siehe Abb. 4). Aufgrund der veränderten Nutzungssituation und -intention wird der mobile Traffic wahrscheinlich deutlich schlechter konvertieren, was dazu führt, dass trotz eines beispielhaften Trafficzuwachses von 12,5 % im Dezember ein Auftragsrückgang zu verzeichnen ist. Wird der Traffic jedoch in die Gruppen Mobil und Desktop segmentiert und entsprechend analysiert, sind die Veränderungen schnell erkenn- und erklärbar. Der Durchschnitt zeigt damit ein falsches Bild der Realität.

Analytics bietet standardmäßige Segmente wie „wiederkehrende Besucher“ oder „Besucher mit einer Konversion“. Die Segmentierung hilft, Erkenntnisse zu erlangen, in welchem Verhalten sich bspw. konvertierende und nicht konvertierende Besucher unterscheiden (Nutzung der Suche, Filter, …). In der Definition dieser Segmente liegt damit die eigentliche Stärke der Analysen und des entsprechenden Reportings. Google Analytics bietet hier nahezu unbegrenzte Definitionsmöglichkeiten. So kann bspw. ein Segment erstellt werden, welches ausschließlich Frauen im Alter von 18-24 Jahren, die sportinteressiert sind und die Webseite in den letzten vier Wochen mindestens dreimal besucht haben, enthält. Dieses kann anschließend mit einem Segment verglichen werden, welches nur Männer beinhaltet. Damit ist ein Vergleich zwischen diesen Gruppen möglich. Ggf. stellt sich dabei heraus, dass mit den AdWords-Anzeigen die falsche Altersklasse oder das falsche Geschlecht angesprochen wird und entsprechende Textanpassungen notwendig werden. Der Analyse sind damit Möglichkeiten eröffnet, die einem klassischen Medium wie Print verwehrt bleiben.

Tipp

Nutzt man den oben erläuterten Import von Dashboards aus der Solutions Gallery, so werden meist benutzerdefinierte Segmente angeboten. Auch der Community können damit interessante Segmente abgekupfert und Fragestellungen aufgeworfen werden, die bislang noch nicht betrachtet bzw. erkannt wurden. (Benutzerdefinierte) Segmente sind das Salz in der Suppe der Analyse und ändern den Blickwinkel massiv.

Hier noch ein wichtiger Hinweis: Werden mehr als 500.000 Besuche von Analytics verarbeitet, dann werden die Daten durch Stichproben ersetzt. Bei Überschreitung dieser Summe stimmen die einzelnen Tage nicht mit dem gesamten Zeitraum überein. Sofern die Ladezeit der Berichte verkürzt werden soll, kann die Stichprobe reduziert werden. Hierzu bedarf es der Einstellung mittels des Schiebereglers (siehe Abb. 6).

Daten in Analytics aggregieren – Webmaster-Tools, AdWords & Co.

Google Analytics bietet die Möglichkeit des automatisierten Imports der Performancedaten aus den Webmaster-Tools, Google AdWords, Google AdSense sowie den Import von Kostendaten Dritter. Hierzu muss Analytics jeweils einmalig die Freigabe erteilt werden. Sollen bspw. Impressions zu Keywords aus den Webmaster-Tools angezeigt werden, muss die Berechtigung im Menüpunkt „Suchmaschinenoptimierung“ erteilt werden (siehe Abb. 7). Eine erteilte Freigabe kann jederzeit wieder entzogen bzw. einer neuen Quelle zugeordnet werden.

Anschließend sind die Ergebnisse aus den Webmaster-Tools direkt aufrufbar (siehe Abb. 8). Eine ähnlicher Ablauf zur Verknüpfung ist bei AdWords & Co. notwendig, absolut empfehlenswert und liefert bilateral Vorteile. Einerseits kann Google Analytics damit zur zentralen Datenquelle werden und Segmente, Ziele und Konversionen sind spezifischer analysierbar. Andererseits sind Absprungsraten aus Analytics durch die Verknüpfung in AdWords verfügbar und helfen, die Kampagnen zu optimieren.

Unerkannte Fehler können sehr teuer werden!

Benutzerdefinierte Benachrichtigung – User, wir haben ein Problem!

Unerkannte Fehler können sehr teuer werden. Wurde bspw. versehentlich die Brandkampagne pausiert, freuen sich Affiliates und ggf. Brandbidder. Google Analytics bietet die Möglichkeit, Kennzahlen automatisch zu überwachen und bei definierten Abweichungen eine E-Mail zu senden. Sollten damit bspw. die Klickzahlen, Kosten, CTR etc. einer Kampagne einen Grenzwert unter- bzw. überschreiten, werden Benachrichtigungen versendet (siehe Abb. 9). Es lohnt sich damit, wichtige Metriken zu überwachen, um im Bedarfsfall schnell handeln zu können. Neben den selbst definierten Benachrichtigungen ermittelt Google mittels Algorithmen Anomalien der Webseite und stellt diese unter dem Menüpunkt „Radar-Ereignisse“ zur Verfügung. Eine frühzeitige Warnung kann viel Ärger und Geld sparen.

Kampagnentracking – Erfolge direkt sichtbar machen

Neben Google AdWords besteht die Möglichkeit, bezahlte Werbung bei anderen Suchmaschinen zu tätigen. Darüber hinaus können Angebote/Links auch in sozialen Netzwerken oder auf Partnerseiten gestreut werden. Sofern diese Werbekampagnen nicht kodiert werden, wird der Traffic dem Medium organic bzw. referral zugeordnet und ist damit ein Teil dieser Kategorie des Traffics. Damit der Erfolg dieser Werbemaßnahmen schnell und eindeutig zuordenbar ist, muss der Link kodiert werden. Hierzu müssen der URL mindestens drei Parameter nach folgendem Schema angefügt werden:

www.domain.de/?utm_source=Kampagnenquelle&utm_medium=Kampagnenmedium&utm_campaign=Kampagnenname

Damit wird in diesem Beispiel die Homepage eindeutig einer Kampagne zugeordnet.

Sobald dieser Link entsprechend in den Newsletter eingebaut oder bspw. bei Facebook (modifiziert) gepostet wird, sind die Besucher über den Menüpunkt Kampagne direkt ersichtlich und NICHT einer von vielen in der Gruppe referral (siehe Abb. 11). Die (Fleiß-)Aufgabe der Kampagnendefinition erleichtert die Analyse immens. Jeder Newsletter, jede Social-Media-Kampagne, bezahlter Traffic aus Bing etc. ist damit eindeutig identifizierbar und das große Silo „referral“ bzw. „organic“ damit korrigiert und inhaltlich greifbarer.

Konversionsrate & Ziele – wie gut ist die Seite wirklich?

Ist die von Mediamarkt publizierte Konversionsrate von 0,3 % wirklich unterdurchschnittlich? Nein! Es kommt darauf an, welches Ziel ein Besucher verfolgt und ob die Webseite dieses erfüllt. Es ist damit sinnvoll, mittels der Ziele zu bestimmen, inwieweit der Besucher seine Anforderung an die Webseite erfolgreich abgeschlossen hat. Nicht nur die Makro-Konversion (Kauf) ist von Bedeutung, sondern insbesondere die sog. Mikro-Konversionen. Wie im Beispiel in Abb. 12 ersichtlich, ist die Konversionsrate im Dezember auf 5 % gegenüber 3 % im Vormonat gestiegen. Sind damit im November 97 % der Besucher „verloren“ und ist der Dezember wirklich besser? Wieder ein klares NEIN, da von großer Bedeutung ist, welche Mikro-Konversionen die Besucher hatten. Wird auf der Webseite ein Newsletter angeboten, die Bestellung eines Kataloges ermöglicht, werden Jobangebote publiziert und absolvieren potenzielle Kunden den jeweiligen Prozess erfolgreich, hat die Webseite die Besuchsintention befriedigt. Die Makro-Konversion im Dezember könnte dabei aus der erfolgreichen Katalogbestellung vom November resultieren und durch die Kenntnis der Mikro-Konversionen sind schlussendlich nicht nur 3 % des Verhaltens bekannt, sondern ggf. 78 %.

Fazit: In Analytics können je Datenansicht 20 Ziele definiert werden, d. h., es können sehr viele Nutzungsabsichten der Besucher erfasst und analysiert werden. Die Webseite hat damit nicht nur eine Konversionsrate, sondern 21 Konversionsraten und gibt damit sehr detailliert Auskunft über den Erfolg einer Webseite im Zeitverlauf. Soll bspw. die Newsletterregistrierung als Erfolg gemessen, monetär bewertet und zusätzlich der Konversionstrichter (Registrierungsfunnel) getrackt werden, muss das Ziel entsprechend Abb. 13 definiert werden. Damit ist nicht nur messbar, wie viele Abonnenten gewonnen wurden, sondern ob der Newsletteranmeldeprozess eine gute Usability aufweist. Sollten im Trichter viele Personen aussteigen, deutet dies auf Optimierungspotenzial hin.

Multi-Channel-Trichter – Last cookie wirklich wins?

Neben den Zielen und umfassender Analyse der E-Commerce-Daten (Verkäufe) stellt Google Analytics die Möglichkeit der Attribution bereit. Ähnlich dem Fußball, bei dem die Stürmer dem Erfolg der Partie vorstehen, wird im E-Commerce dem letzten Kontakt die Konversion gutgeschrieben (Last-cookie-wins-Prinzip). Dabei wird außer Acht gelassen, dass die Konversion im Normalfall von mehreren Parteien vorbereitet wird (Display-Anzeigen, SEO, Social-Media-Kampagnen etc.) und ggf. die SEA-Brand-Kampagne den Kauf „nur“ final abschließt. Mittels des Multi-Channel-Trackings in Google Analytics kann die Customer Journey verfolgt werden und vorbereitete Kanäle können am Erfolg richtigerweise partizipieren (Menüpunkt Conversions). Neben den Multi-Channel-Trichtern, die aufzeigen, welche Kanäle eher vorbereitend wirken, gibt es die Möglichkeit, den Erfolg durch mehrere Attributions-Szenarien darzustellen (siehe Abb. 14). So kann bspw. der Umsatz abgebildet werden, bei dem alle beteiligten Kanäle gleichmäßig partizipieren („linear“). Das klassische „Badewannenprinzip“ zeigt hingegen die Aufteilung, dass der Kanal, der den ersten Kontakt mit dem Kunden eröffnet, bspw. 40 % erhält, der letzte (schließende) Kontakt ebenfalls 40 % und die verbleibenden 20 % werden linear zwischen den beteiligten Kanälen aufgeteilt. Dadurch kann der Umsatz sehr schnell aus verschiedenen Blickwinkeln analysiert werden und ggf. Kanäle/Kampagnen hervorbringen, die für die Einleitung des Kaufes (Konversion) sehr wichtig sind, jedoch nie an der letzten Stelle stehen. Voraussetzung der Messung ist eine entsprechende Vertaggung der Kampagnen bzw. Traffickanäle.

Die obigen Beispiele sind nur Auszüge aus den umfangreichen Funktionalitäten von Google Analytics. Durch die aktuelle Weiterentwicklung zu Universal Analytics werden weiterführende Möglichkeiten eröffnet (u. a. Cross-Device-Tracking). Das Tool liefert durch seine schnelle und unkomplizierte Integration binnen kurzer Zeit tief greifende Einblicke in das Benutzerverhalten und muss sich keinesfalls vor großen Namen der Analysebranche verstecken. Insbesondere durch die individuelle Anpassungsmöglichkeit des Analytics-Trackingcodes können mittels sog. Events Scrollverhalten, Downloadaktivitäten etc. untersucht und dokumentiert werden.

Neben Büchern, wie bspw. Google Analytics von Timo Aden, sind im Web sehr viele Anwendungsmöglichkeiten und (Code-)Anpassungen dokumentiert. Unscheinbare Ankündigungen im offiziellen Blog von Google Analytics (http://analytics.blogspot.de/) können unternehmensindividuell einen enormen Mehrwert bieten. Darüber hinaus bietet Google auf der englischsprachigen Analytics Academy umfangreiches Lehrmaterial mit Videos an (siehe einfach.st/gatut). Ein Besuch dort ist auf jeden Fall lohnenswert.

In diesem Sinne: Stay tuned!