Die russischen Inseln auf dem Ozean des World Wide Webs –

Яндекс.острова

Mor Janos Deak
Mor Janos Deak

Mór János Deák ist Head of International SEO bei der finanzen.de AG in Berlin und verantwortet die internationalen SEO-Projekte des Unternehmens. Zuvor leitete er mehrere internationale, vor allem osteuropäische Projekte bei der Münchener Agentur eviom.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden
Peter Dobler
Peter Dobler

Peter Dobler arbeitet in den Bereichen SEO, SEA und CRO bei FinanceScout24. Internationale Erfahrungen sammelte er auf Agenturseite in zahlreichen Projekten. Dabei analysierte Peter Backlinkprofile von Kunden und Wettbewerbern und definierte auf dieser Basis Linkbuilding-Strategien, die von Partner-Agenturen des jeweiligen Landes umgesetzt wurden.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

In der letzten Ausgabe der Website Boosting haben Mór János Deák und Peter Dobler über SEO in Osteuropa berichtet und sind dabei auch auf Yandex eingegangen. In dieser Ausgqabe Artikel stellen sie nun die neueste Entwicklung aus dem Hause Yandex vor: Die Yandex.Inseln (russisch: Яндекс.острова).

Über Yandex

Die Geschichte von Yandex reicht bis zu den Zeiten der Auflösung der Sowjetunion zurück, als der spätere Yandex-Gründer Arkadi Wolosch in Moskau einen Suchalgorithmus entwickelte. Wolosch wollte damit die russische Suche mit den kyrillischen Buchstaben ermöglichen, da die Buchstaben die unterschiedlichen Fälle und Verbformen erschweren. Dieser Suchalgorithmus wurde kontinuierlich verbessert und erhielt 1993 den Projektnamen „Яндекс”, welcher sich aus zwei Wörtern zusammensetzt: aus dem Wort „Язык” (zu Deutsch „Sprache”, wobei das „Я” so viel wie „Ich” bedeutet) und aus „индекс” (deutsch: „Index“ bzw. „Sprachindex“).Man kann also sagen, dass es zu Deutsch so viel bedeutet wie „Sprachindex” oder „Ich indexiere”. Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Suchalgorithmus wurde zur Grundlage der Yandex-Suche.

Yandex ging am 23. September 1997 (etwa ein Jahr vor Google!) online und bietet seitdem zahlreiche Dienste (Übersetzer, E-Mail, Karte, Nachrichten, Wetter, Video usw.) an. Ebenso wie Yahoo! oder Google News dient Yandex auch als Anlaufstelle für aktuelle News.

Der Erfolg von Yandex in den GUS-Ländern basiert auf dem Suchalgorithmus, der die Komplexität der russischen Sprache lösen konnte. Yandex erkennt alle Buchstaben, Verbformen und Konjugationen aller ostslawischen Sprachen (Russisch, Ukrainisch, Weißrussisch) und bietet daher qualitativ bessere Suchergebnisse als der Konkurrent Google.ru an. Hinzu kommen die zahlreichen angebotenen Dienstleistungen wie News, Wetter, Programmempfehlungen etc., ebenso die Implementierung der Yandex-Suche auf Rambler.ru, der Seite mit den drittmeisten Usern dieser Länder. Somit ist Yandex mit 62 % (ohne Rambler.ru) die am häufigsten genutzte Suchmaschine Russlands. Dieser hohe Marktanteil und die clevere Entwicklungsstrategie machten Yandex zum erfolgreichsten Unternehmen Russlands!

Dank des Erfolges in den russischsprachigen Ländern wagte Yandex vor ca. eineinhalb Jahren den bisher größten Schritt in der Firmengeschichte: Die türkische Yandex-Seite (www.yandex.com.tr) ging online. Ziel war es, den türkischen Suchmaschinenmarkt mit qualitativ hochwertigen Suchergebnissen zu erobern. Yandex verfolgt damit zwei Ziele: Zum einem wollen sie beweisen, dass ihre Suche nicht nur für die ostslawischen Sprachen geeignet ist, und zum anderen wollen sie einen Markt erschließen, den sie zum Testen nutzen können. In den türkischen Suchergebnissen testet Yandex das neue Produkt bzw. den neuen Suchalgorithmus: die „Yandex.Inseln”.

Yandex Island - No Man Is an Island

Seit Anfang Juni 2013 ist auf der Yandex-Beta-Seite (http://beta.yandex.com) ein Werbevideo zu sehen. Mitarbeiter sowie unter anderem der 2013 verstorbene Mitgründer Ilja Segalowitsch erklären, was die neue Suche anbieten wird. Dabei steht eines im Vordergrund: die Zeit, die Nutzer auf der Zielseite mit der Suche nach der Antwort verbringen. Die Yandex-Inseln werden dabei folgendermaßen erklärt_ „An island is an interactive response which offers a solution to a problem right on the page of the search results.” Das Ziel der Online-Suche ist nicht immer eine Information, sondern es soll eine Lösung für ein bestimmtes Problem  gefunden werden. Yandex versucht daher über die Suche die Wege zwischen User (Problemsuche) und der Webseite (Lösung) zu verkürzen. Der Nutzer soll schneller an das richtige Ziel geführt werden. Yandex’ Idee, die „Problemlösung zu beschleunigen”, ist nichts Neues. „We are in a world where search engines are evolving and need to compete with mobile applications (...). Mobile apps have a very focused way for the user to get what they really need, to buy a ticket or find a hotel (…). With this interface, we believe our web search will become more interactive and closer to the end-point of the user destination”, erklärte Ilja Segalowitsch, der verstorbene Co-Gründer von Yandex, im Mai auf der Moskauer Online-Marketing-Konferenz.

Inseln

Die neuen Suchergebnisse bestehen aus interaktiven Blöcken, die als „Inseln” (russisch: острова) bezeichnet werden. Diese Blöcke sind die ersten Schritte zur Lösung, weil Yandex den Webmastern eine zusätzliche Möglichkeit anbietet, den Nutzer bereits in den SERPs zu „kontaktieren”: Transaktionen (Hotelbuchungen, Flug-Check-in, Auto mieten usw.), Informationen in Echtzeit (Zugverspätungen, Sportergebnisse etc.) oder das Ausfüllen kleiner Formulare.

Ein Snippet ermöglicht die Darstellung der Interaktion, die in den Suchergebnissen direkt unter der Webseitenbeschreibung platziert ist. Damit ein Formular direkt in den SERPs angezeigt wird, müssen die Daten lediglich entsprechend markiert werden (mittels XML-Mark-ups, siehe Schema.org). Die Snippets passen sich automatisch der Suche, und womit der User seine Suche durchführt, an: Wird nach einem neuen Ford Focus gesucht, füllt sich das Formular bereits mit den entsprechenden Parametern aus.

Grigory Bakunov, der Head of Technologies bei Yandex, schreibt in seiner Anleitung (http://einfach.st/grig1), dass man die Daten für das Snippet entweder als Mark-up auf der Seite oder in einem separaten XML/JSON-File speichern soll, damit die Suchmaschine diese Informationen findet.
Wenn man also nur einen Transaktionsbutton (zum Beispiel für Flug-Check-in) oder ein einfaches Formular (einfache Buchungsform, Beispiel: Abbildung 3.) einbinden möchte, muss man entweder die Open-Graph- (bei OG muss der folgende Tag in dem Head-Bereich implementiert werden: prefix="ya: http://webmaster.yandex.ru/vocabularies") oder die Schema.org-Richtlinien beachten.

Für komplexere Formulare (Abbildung 5) wird die zweite Variante mit dem separaten XML/JSON-File empfohlen (Mark-up kann hier getestet werden: http://webmaster.yandex.ru/microtest.xml). Die XML/JSON-Datei muss entweder dem Open-Graph-Protokoll oder den erweiterten Schema.org-Richtlinien angepasst werden (eine detaillierte Erklärung findet man unter: einfach.st/ydx2). Die angepasste Datei muss dann beim Island.Editor (http://einfach.st/ydx3) hochgeladen und bearbeitet werden, damit Yandex das korrekte Formular anzeigen kann.

Um in den SERPs Daten in Realtime anzeigen zu lassen (Abbildung 4), benötigt man eine entsprechende API. Entweder kann dies via Open-Graph-Mark-up gelöst werden oder die Einbindung wird in den Yandex-Webmaster-Tools angegeben.

Wichtig zu beachten ist, dass diese Snippets keinerlei Einfluss auf die Rankings haben: „Yandex’s ranking is not affected by Islands, as such. A website’s natural position, however, does depend on the quality of the user experience it provides. The better is the website, the more popular it is with the users, the higher is the ranking. It is quite possible that web users may like a website more because it has an interactive snippet, but the mere fact of having such a snippet won’t propel a website to the top of the search results page” (http://einfach.st/ydx4).

Prognose

Seit der Bekanntgabe der Beta-Phase sorgte Yandex Island für große Aufregung: Viele Experten wie zum Beispiel Jessica Lee sehen die „Inseln” als eine positive Weiterentwicklung der Snippets und sind darauf gespannt, wann Google dies adaptiert. Im Grunde genommen verändert Google ja bereits die eigenen SERPs mit Google Compare (siehe Suche nach „car insurance” bei Google.co.uk). Allerdings platziert Google hier das eigene Angebot, mit dem es Kfz-Versicherungen vermittelt. Die Yandex Island bescheren den oben platzierten Webseiten zusätzlichen Traffic inkl. des direkten Einstiegs in die Webseite mit Parameterübergabe. Aktuell kann man davon ausgehen, dass Yandex seinen Usern tatsächlich „uneigennützig” helfen möchte, das beste Ergebnis zu finden – wohingegen Google Compare eine weitere Möglichkeit der Monetarisierung für das Unternehmen bedeutet. Barry Schwartz schreibt in einem Blogbeitrag (http://einfach.st/seort):  „I am telling you, if Google did this, we would all go mad with anger. Of course, it does seem like Google, Bing and other search engines are heading this way. Yandex was the first to fully admit it."
Es ist sehr wahrscheinlich, dass Yandex in den nächsten Jahren versuchen wird, in weiteren europäischen Ländern Marktanteile zu gewinnen. Ein Hinweis hierfür ist die Registrierung von Domains in Deutschland, Italien und Rumänien durch Yandex (im letzten halben Jahr 27 neue Domains, davon 16 europäische TLDs, die auf Yandex.com weitergeleitet werden).

Eins ist sicher: Yandex hat bereits während der Beta-Phase versichert, dass für spezielle Inhalte (z. B. Erotik oder Gewalt) keine Inseln erstellt werden können. Es sollen lediglich sinnvolle Inhalte, die dem User weiterhelfen, angezeigt werden. Noch ist nicht klar, ob die Snippets nur beim Erstplatzierten ausgespielt werden oder ob auch den darunter rankenden Ergebnissen diese Möglichkeit gegeben wird. Klar ist: Hat Platz 1 kein Mark-up seiner Daten vorgenommen, das dahinter rankende Ergebnis allerdings schon, so wird das Snippet von #2 ausgespielt. Insgesamt kann man vorhersagen, dass sich der Traffic noch stärker auf die Anzeigen sowie auf die erste Position, bei Daten-Mark-up, verteilen wird. Der Wettbewerbsdruck und die Ausgaben in SEO und SEA werden weiter enorm steigen.

Webmaster haben die Möglichkeit, für einzelne Landingpages „eigene Inseln” zu erstellen, z. B. den Check-in für einen Flug. Die bezahlten Suchergebnisse, die sogenannten „Yandex.Direct”-Ads werden erst im nächsten Update angepasst. Die Inseln werden aber den Wert der bezahlten Suchergebnisse nicht beeinflussen, da diese einen sehr wichtigen Teil der SERPs ausmachen. Das Unternehmen verdient hiermit schließlich viel Geld.

Interessant ist, dass wir weder mit Yandex.Metrika (Tracking-Tool von Yandex) noch mit anderen Tracking-Tools in der Lage sein werden, die über die Snippets erzielten Interaktionen nachzuvollziehen. Hier bleibt den Webmastern nichts anderes übrig, als die Daten, die dann auf der Webseite auflaufen, zu interpretieren. Um bei Yandex weiterhin gute Ergebnisse in der organischen Suche erreichen zu können, müssen wir uns bereits jetzt mit der Erstellung und Optimierung der Snippets beschäftigen.

Für den User können die Yandex Island eine wirkliche Vereinfachung darstellen. Dennoch muss auch hier zwischen gleichen Suchanfragen differenziert werden: Der eine Nutzer sucht nach einem neuen Ford Focus, da er sich ein neues Auto kaufen möchte, der andere Nutzer sucht dabei nur nach Bildern oder nach Leistungsdaten des Autos, um es mit dem eigenen besser vergleichen zu können. Hier muss die Praxis erst zeigen, ob die Inseln am Ende tatsächlich bringen.