Acht Dinge, die garantiert jeden SEO-Consultant auf die Palme bringen

Andre Alpar
Andre Alpar

Andre Alpar ist seit über 20 Jahren unternehmerisch im Bereich Online-Marketing tätig. Er hat unter anderem die ehemals 170-köpfige Performance-Marketing-Agentur AKM3 gegründet, welche nach dem Verkauf an Publicis zum wesentlichen Bestandteil von Performics wurde. Heutzutage ist er als Investor, Fachautor (über 50 veröffentlichte Fachartikel), Keynote Speaker (über 150 Fachvorträge) und Podcaster (#askOMR) aktiv.

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Magdalena Mues
Magdalena Mues

Magdalena Mues ist Gründerin und Geschäftsführerin von Claneo, einer der führenden deutschen Online-Marketing-Agenturen für internationales Search- und Content-Marketing mit Sitz in Berlin. Mit ihrer Expertise berät sie Kundinnen und Kunden bei deren Online-Marketing-Strategie und unterstützt bei der strategischen, technischen und inhaltlichen Suchmaschinenoptimierung sowie im Bereich Content-Marketing.

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Es sind Sätze wie „Ihre Konkurrenz ist viel günstiger“ oder „Wir zahlen, wenn wir mit allen Keywords auf Platz 1 sind!“, die einen SEO-Consultant dazu bringen, im Stillen Stoßgebete zum Himmel zu schicken. Nach einer unbestimmten Zeit in diesem Beruf hat sicherlich ein jeder Erfahrungen mit Situationen gemacht, in denen man an seine persönlichen Grenzen stoßen kann. Andre Alpar und Magdalena Mues lassen ihren Gedanken einmal freien Lauf und fassen zusammen, was ihnen unfassbar oft begegnet.

Der Arbeitsalltag eines SEO-Consultants ist zweifelsohne abwechslungsreich und gefüllt mit stetig neuen Herausforderungen. Mit der Routine kristallisieren sich jedoch auch immer wieder Situationen heraus, mit denen man durch Kunden, die sich noch nicht so ausführlich mit dem SEO-Kanal auseinandergesetzt haben, konfrontiert wird. Meist sind es wiederkehrende utopische Vorstellungen über die Performance oder illusionäre Anforderungen an den SEO-Kanal, die selbst den geduldigsten SEO-Consultant den Kopf schütteln lassen.

Wir haben acht typische Situationen aus dem Bereich der SEO-Beratung identifiziert, mit denen wir in mehr als einem Fall konfrontiert wurden. Sie sollen jedoch eher ein Schmunzeln auf das Gesicht aller (ehemaligen) SEO-Consultants und deren Kunden zaubern und weniger als Anklage wahrgenommen werden. Vielleicht ist die Liste ja genau der richtige Anlass, die unterschiedlichen Themen neu aufzurollen und zu erklären, damit die Einsicht und das gegenseitige Verständnis die Zusammenarbeit effizienter und effektiver machen.

  1. „Content ist doch nur relevant für Suchmaschinen …“ 
    Ziel der Content-Erstellung ist es, den Spagat zwischen Mehrwert für User und Optimierung für Suchmaschinen zu schaffen. Gute SEO-Consultants haben es längst verinnerlicht und verdrehen bereits die Augen, wenn es wieder heißt: Content is King! Für einige Kunden ist Content jedoch nur zweitrangig, da sie sich der Wichtigkeit fesselnder Texte nicht bewusst sind. Manche bevorzugen es gar, den mit Keywords angereicherten Text in Nähe des Footers vor den Augen der User zu verstecken, um der Conversion-Rate nicht durch zu viel Text zu schaden.
    Es kann daher eine wahre Herausforderung sein, Kunden davon zu überzeugen, dass das Einbinden von Texten ungeahnte Möglichkeiten bietet. Anstatt den Content zu verbergen, sollten Kunden von SEO- Consultants verstehen, wie essenziell es ist, den Usern durch kreativen Content einen Grund zum Sharen, Liken, Plussen, Twittern und – vor allem – zum Wiederkommen zu geben! Die Content-Erstellung sollte nicht länger als Pflicht, sondern vielmehr als Chance angesehen werden – als Chance, sich von der Masse abzuheben und die User durch informativen und unterhaltsamen Inhalt von ihrer Seite zu überzeugen.
     
  2. Performancebasierte Vergütung
    Kunden, die bisher hauptsächlich mit anderen Online-Marketing-Kanälen gearbeitet haben, tendieren auch im SEO-Bereich dazu, eine performancebasierte Vergütung zu fordern. Ist es bei SEA, Affiliate- und Display-Marketing etc. relativ unkompliziert, eine Vergütung pro Klick oder Sale zu vereinbaren, so ist eine performancebasierte Vergütung im SEO-Bereich allerdings nur schwer bis gar nicht umzusetzen. Gute Rankings hängen von diversen Faktoren ab, die der SEO-Consultant nicht beeinflussen kann.
    Der verzögerte Wirkungseffekt von SEO ist ein weiterer Punkt, der eine performancebasierte Vergütung von SEO-Dienstleistungen undenkbar macht. SEO ist als ein langsamer Online-Marketing-Kanal bekannt: Die Auswirkungen der Optimierungen sind nicht unverzüglich erkennbar, sondern manifestieren sich vielmehr auf lange Sicht. Der wichtigste Faktor bleibt dabei die Zusammenarbeit mit dem Kunden, denn SEO ist nicht komplett outsourcebar, sondern basiert auf der Kooperation unterschiedlichster Bereiche im Unternehmen. Wenn sich tatsächlich eine Konstellation findet, wo ein SEO-Consultant seine Dienstleistungen performancebasiert abrechnen kann, muss man sich ehrlich fragen, ob der Dienstleister genauso risikoavers handeln wird, wie es für den Kunden strategisch gesehen richtig wäre.
     
  3. „Wieso haben sich meine Sales noch nicht verbessert?“
    Es gibt Kunden, die nicht verstehen, dass SEO und Conversion-Optimierung zwei verschiedene Disziplinen innerhalb des Online-Marketings sind, die optimalerweise  Hand in Hand gehen sollten. Davon kann man allerdings nicht automatisch ausgehen. Das Ziel von SEO ist es, gute Rankings innerhalb der organischen Suchergebnisse zu erzielen und somit Traffic für die rankende Seite zu generieren. Wie eine Seite die gewonnenen Besucher abholt und zum Kunden konvertieren lässt, ist die Königsdisziplin der Conversion-Optimierung.
    Ferner ist SEO ohne ein Zusammenspiel mit der Conversion-Optimierung nicht in der Lage, für eine Steigerung der Verkaufszahlen zu sorgen, wenn die Usability der Webseite, der Service oder gar das Produkt selbst unbefriedigend sind.
     
  4. „Ich mache Ihnen ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können.“
    Manchmal vergleichen Kunden die Angebote verschiedener Dienstleister zunächst auf Preisebene und tendieren zu der SEO-Beratung mit dem preiswertesten Angebot. Natürlich bieten manche Berater einen unschlagbar guten Preis, doch sollte potenziellen Kunden bewusst sein, dass das Gefälle zwischen guter und schlechter SEO-Beratung enorm groß ist. Unserer Einschätzung nach geht die Schere bei der Leistung deutlich weiter auseinander als beim Preis.
    Sehr gute SEO-Beratung gibt es nicht zum Schleuderpreis – und das nicht ohne Grund. Auffallend günstige Angebote gehen meist Hand in Hand mit einem qualitativ minderwertigen Service, bei welchem Nachhaltigkeit und gute Betreuung zu kurz kommen – im schlimmsten Fall entsteht sogar ein Schaden.
    In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass ein guter und seriöser SEO-Consultant (potenziellen) Kunden realistische Vorstellungen vermitteln sollte. Anstelle utopischer Versprechen, die immer uneingelöst bleiben, sollte das Bemühen stehen, unrealistische Erwartungen zu korrigieren. Es gilt auch weiterhin: Wenn es zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es nicht wahr!
     
  5. „Unsere Konkurrenz geht hier anders vor …“
    Es kommt sogar vor, dass Kunden ihr Augenmerk vorrangig darauf richten, wie die Konkurrenz vorgeht. Selbstverständlich ist es wichtig, seine Mitstreiter im Auge zu behalten, jedoch ist es essenziell, eine Seite aufzubauen, die den eigenen Bedürfnissen entspricht. Ferner sollte man den Kunden verständlich machen, dass es allein aus Kostengründen nicht lohnenswert ist, sich einzig am Wettbewerb zu orientieren. Es kommt vor, dass die Auswirkung einer gewünschten Optimierung den technischen Aufwand nicht kompensiert. Aus diesem Grund sollte man immer abwägen, was für das eigene Projekt das Beste ist und welche Änderungen den größtmöglichen Nutzen bringen.
     
  6. SEO-Beratung erst nach dem Launch der Webseite
    Einige Kunden betrachten SEO als das Sahnehäubchen des Online-Marketings und sind der Meinung, dass es erst nach dem Launch der Webseite lohnenswert ist, eine SEO-Beratung in Anspruch zu nehmen. Oft geschieht dies aus Kostengründen. Dabei ist es im Endeffekt häufig kostengünstiger und effizienter, einen SEO-Consultant bereits im frühen Stadium der Webentwicklung zurate zu ziehen. So kann bestenfalls bereits vor der Programmierung eine SEO-Strategie erarbeitet und der technische Aufwand um ein Vielfaches reduziert werden.
     
  7. SEO für innovative Produktideen
    Es gibt sehr viele gute und kreative Ideen für Online-Start-ups, doch leider sind manche Ideen so innovativ, dass SEO in jenen Fällen nicht ertragreich ist. Wenn das Haupt-Keyword-Set (noch) kein Suchvolumen hat, ist es aussichtslos, eine Webseite hierauf zu optimieren – getreu dem Motto: „If you build it, he will come.“ User werden im Netz nicht nach Angeboten oder Dienstleistungen suchen, von deren Existenz sie noch nicht wissen. Hier gilt es also zunächst, die Zielgruppe durch andere Marketing-Kanäle auf das Produkt aufmerksam zu machen.
     
  8. Zeitlich begrenzte Linkmarketing-Maßnahmen
    Natürliche Links durch erstklassigen Content zu generieren, ebnet einer Seite den Weg an die Spitze der SERPs. Nachdem für das relevante Keyword-Set gute Rankings erzielt wurden, spielen manche Kunden mit dem Gedanken, das Volumen der Linkmarketing-Maßnahmen herunterzufahren, da sie das Ziel ihrer Optimierung erreicht haben.
    Sollte von dem kompletten Stopp der Linkmarketing-Maßnahmen abgeraten werden, ist das Herunterfahren des Linkmarketing-Volumens erfahrungsgemäß nicht problematisch. Allerdings sollte bedacht werden, dass mehrere Faktoren an dem Erhalt der guten Rankings beteiligt sind. Im Gegensatz zu der eigenen Seite sind Wettbewerber und Google Faktoren, die nicht unter der Kontrolle des Kunden stehen. Gute Rankings können daher schneller wieder verloren werden, als sie erarbeitet wurden. Daher sollten die Rankings kontinuierlich überwacht werden, damit einem Negativtrend in den Rankings rechtzeitig entgegengewirkt werden kann.

Die oben beschriebenen Situationen werden einigen Lesern wahrscheinlich bekannt vorkommen. Dadurch zeigt sich umso mehr, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit der Verantwortlichen des Projektes mit dem externen SEO-Consultant ist. Letzterer sollte die Aufgabe übernehmen, den Kunden tiefer in das Thema SEO einzuführen, bei Entscheidungen zu unterstützen und ggf. von nicht zielführenden Maßnahmen abzuraten.

Ach ja, und selbstverständlich sind fast alle diese Phänomene sehr einfach übertragbar auf einen Inhouse-SEO-Kollegen und übergeordnete Hierarchien, die vielleicht etwas weniger im Thema SEO stecken. Insofern kann man nach dem Schmunzeln über die Punkte aus dem Artikel vielleicht auch hier in spannende und aufklärende Gespräche über den SEO-Kanal einsteigen.