Erfolgreicher (Re-)Launch: To-dos für Online-Shops

Patrick Klingberg
Patrick Klingberg

Patrick Klingberg ist seit dem 01. Januar 2013 Vorstand und Chief Marketing Officer (CMO) bei der Agentur für Suchmaschinenoptimierung artaxo AG in Hamburg. Außerdem ist er Dozent für Online-Marketing an verschiedenen Bildungseinrichtungen. Er war fünf Jahre lang Geschäftsführer der wirkungsvoll GmbH, die er 2007 gründete und für die er ein SEO-Traineeship mit dem dazugehörigen Portal SEO-Trainee.de ins Leben rief.

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Der E-Commerce-Markt wächst und immer mehr stationäre Händler entscheiden sich, ihr Sortiment ins Internet zu bringen. Aber wie kann ein Shop-Betreiber sein Angebot in diesem dynamischen Markt etablieren? Auf den ersten Blick scheint das nicht weiter kompliziert: Domain gesichert, Shop-System aufgesetzt, Inhalte eingestellt und fertig. Damit der Shop aber im Netz auch erfolgreich ist, sollten Betreiber genügend Zeit in die Konzeption investieren. Patrick Klingberg, Vorstand/CMO der artaxo AG, stellt wesentliche Punkte vor, die Shop-Betreiber vor dem (Re-)Launch bedenken sollten.

Für den Erfolg der eigenen Webpräsenz entscheidende Faktoren sollten nicht zu spät auf die Agenda gesetzt werden, denn nur zu Beginn der Konzeption stehen Shop-Betreibern noch alle Optimierungsmöglichkeiten offen. Wer beispielsweise einen Online-Shop an den Start bringt und im Nachhinein überlegt, welche SEO-Maßnahmen für ein besseres Ranking sinnvoll wären, vergibt Chancen und verliert Zeit, denn was bringen ein herausragendes Design und innovative Features, wenn der Shop nicht im Netz gefunden wird? Sowohl SEO-Zielsetzungen als auch -Maßnahmen sollten deshalb bereits bei der Konzeption des Shops berücksichtigt werden.

Die Qual der Wahl: das Shop-System

Um von Anfang an auch SEO-Maßnahmen implementieren zu können, ist die Wahl des richtigen Shop-Systems entscheidend. Preislich reicht die Spanne von kostenlosen Open-Source-Lösungen bis hin zu Eigenentwicklungen, die mehrere 1.000 Euro kosten. Vier verschiedene Kategorien von Shop-Systemen stehen zur Auswahl:

  • Kauf-Shop
  • Miet-Shop
  • Kostenfreie Software
  • Eigenentwicklung

Die Kategorien unterscheiden sich sowohl in der Benutzerfreundlichkeit und im Funktionsumfang als auch beim Aufwand für Kosten, Einrichtung und Wartung. Auch das Design kann nicht mit jedem Shop-System angepasst werden. Welches das richtige ist, hängt von den Anforderungen des Betreibers ab. Wie groß ist das Produktsortiment? Wird eine Schnittstelle für das Warenwirtschaftssystem benötigt? Welche Erweiterungen der Produktpalette sind geplant? Große Händler setzen auf maximale Freiheit und entscheiden sich häufiger für kostspielige Eigenentwicklungen, während kleinere Händler sich öfter für kostenlose Software, Kauf- oder Miet-Shops entscheiden. 

Gefragt, was sie anders machen würden, wenn sie ihren Online-Shop noch einmal an den Start brächten, gibt die Hälfte der Händler an, die meiste Konzeptionszeit in die Auswahl des Shop-Systems investieren zu wollen (Studie der ibi research von 2011 zum Thema Shop-Systeme). Zu den häufigsten Entscheidungsfaktoren bei der Wahl des Shop-Systems zählen demnach:

  • Einfache Handhabung, Content-Management-System
  • Suchmaschinenoptimierung möglich
  • Umfang der Service-Funktionen
  • Customer Relationship Management
  • Häufigkeit von Updates
  • Alleinstellungsmerkmale (Unique Selling Proposition, USP) des Shop-Systems
  • Integration von Subdienstleistern
  • Qualifikation des eigenen Administrators
  • Wirtschaftlichkeit und Kosten

Entscheidend ist also u. a., dass das Shop-System SEO-Maßnahmen zulässt. Um den eigenen Online-Shop von Beginn an suchmaschinenfreundlich zu konzipieren, sollte das gewählte Shop-System folgende Basisfaktoren ermöglichen:

1. Optimierung des Contents

Suchmaschinen sind textaffin. Wenn es um SEO geht, spielt Content also immer eine wichtige Rolle. Worauf es aus SEO-Sicht beim Content ankommt:

  • Verwenden Sie einzigartige Kategorietexte und übernehmen Sie zumindest bei Ihren Bestsellern nicht die Beschreibungen der Hersteller.
  • Vermeiden Sie Duplicate Content und nutzen Sie Canonical-Tags.
  • Verwenden Sie Textlängen um die 250 Wörter.
  • Gliedern Sie die Texte mit H-Überschriften (<h1> und mind. <h2>).
  • Strukturieren Sie die Texte mit Bulletpoints.
  • Heben Sie wichtige Aussagen mit <strong> oder <i> hervor.
  • Binden Sie Keywords und Synonyme in Überschriften und im Fließtext ein.

2. Optimierung von Bildern

Suchmaschinen werden zwar immer besser darin, auch Bilder auszulesen, trotzdem kann der Seiten-Betreiber nachhelfen, die eigenen Produktbilder noch besser lesbar zu machen. Sinnvoll ist das, weil optimierte Bilder qualitativ hochwertigen Traffic generieren. Bilder optimiert man z. B., indem man das entsprechende Keyword bzw. die Produktbezeichnung in den Dateinamen übernimmt. Auch sollten beim Einbinden der Bilder Title und Alt-Tag ausgefüllt werden, was wichtig ist, um die Website barrierefrei zu gestalten.

3. Manuelle Anpassung der Snippets

Das Snippet in den Suchergebnisseiten ist wie ein kostenloser Gelbe-Seiten-Eintrag im Internet. Es besteht in der Regel aus dem Title, der Seiten-URL und der Description. Der Title ist ein relevanter Ranking-Faktor, daher sollte jede Seite einen einzigartigen Title mit einer Länge von bis zu 65 Zeichen bekommen. Das entsprechende Keyword sollte möglichst weit vorn und der Brand am Ende eingebunden sein.

Die Description ist zwar kein direkter Ranking-Faktor, wirkt sich aber positiv auf die Click-Through-Rate (CTR) aus. Auch hier sollte auf einzigartige Formulierungen und eine ansprechende Schreibweise geachtet werden. Die Description ist ein anteasernder Text zwischen 130 und 160 Zeichen Länge, der verständlich macht, was den User erwartet. Auch hier sollte das jeweilige Keyword möglichst weit vorn genannt und ein Call-to-Action am Ende eingebunden werden.

4. Individuelle Anpassung der URL-Struktur

Unabdingbar für gute Rankings und eine erstklassige CTR sind sprechende URLs, denn das Klickverhalten wird positiv beeinflusst, wenn die User bereits anhand der URL erkennen, welcher Inhalt sie auf der Seite erwartet. Die Relevanz einer URL steigt, wenn das gewünschte Keyword weit vorn zu finden ist. Dynamische URLs mit Parametern sollten am besten ganz vermieden werden. Schwierig ist das für Shops, die mit Session-IDs arbeiten. Wer darauf nicht verzichten kann, sollte Duplicate Content vermeiden. Durch die Session-IDs ist derselbe Inhalt nämlich theoretisch unter unendlich vielen URLs erreichbar. Um Ranking-Verluste und sinnlose Mehrfach-Indexierungen mit demselben Content zu umgehen, sollten Seiten mit Session-IDs von der Indexierung ausgeschlossen werden. Am einfachsten geht das über die Google-Webmaster-Tools. Generell sollten Session-IDs so spät wie möglich in den Kaufprozess eingebunden werden.

Duplicate Content kann auch entstehen, wenn ein Produkt in verschiedenen Kategorien, also unter unterschiedlichen URLs, zu finden ist. Um mögliche Abstrafungen zu vermeiden, sollten Shop-Betreiber pro Produkt eine Hauptseite definieren und dann per Canonical-Tag von den Produktseiten hierauf verweisen.

5. Cross Selling

Sehr userfreundlich, zudem conversionfördernd und gut für die interne Linkstruktur ist der Einsatz von Cross Selling. Gemeint ist zum Beispiel das Verlinken von Produkten aus der Kategorie „Das könnte Sie auch interessieren“ oder „Andere Kunden kauften auch“. Je nach Shop-System kann manuelles oder automatisiertes Cross Selling, manuelles oder automatisiertes Up Selling (dem Kunden im nächsten Schritt ein höherwertiges Produkt anbieten) eingesetzt werden.

6. Automatischer Export von Produktdaten an Preissuchmaschinen

Mittels Daten-Feed-Export werden die eigenen Produktdaten automatisch an Preissuchmaschinen wie Google Shopping, Shopzilla etc. weitergegeben. Die vollständige Indexierung eines Shops kann einige Zeit in Anspruch nehmen, was sich auch auf die zu erwartenden Umsätze niederschlägt. Sind die Produkte aber über Preissuchmaschinen zu finden, wird nicht nur vor der kompletten Indexierung des Shops durch die Suchmaschinen Traffic generiert, sondern auch danach stetig neuer qualitativ hochwertiger Traffic geliefert. 

Außerdem sollte das Shop-System es zulassen, benötigte SEO-Zusatzmodule zu installieren.

Trend: Mobile Shopping

Eine weitere wichtige Frage, die sich im Zusammenhang mit der Konzeption eines Online-Shops stellt, ist die nach dem mobilen Web-Auftritt. Smartphones, Tablets und Co. gehören nicht nur zum alltäglichen Leben, sondern werden auch immer mehr zum Online-Shopping genutzt. Shop-Betreiber sollten ihre (potenziellen) Kunden kennen und wissen, wie mobileaffin sie sind. Davon abhängig kann es unerlässlich sein, einen mobilen Auftritt zu planen. Zu Beginn steht die Frage, ob man sich für eine eigenständige mobile Website oder responsives Webdesign entscheidet.

1. Eigenständige mobile Website

  • Ist für mobile Endgeräte optimiert.
  • Ist auf die speziellen Bedürfnisse von Mobile Usern ausgerichtet.
  • Navigation, Größe und Position von Buttons, angezeigte Textlänge etc. sind an das Verhalten von Mobile Usern angepasst.
  • Erfordert viele Ressourcen, da sie ständig aktualisiert werden muss.

2. Responsives Webdesign

  • Ist ein Alleskönner: ein Design für alle mobilen Endgeräte.
  • Passt sich automatisch an das betrachtende Gerät an und steuert den Inhalt optimal aus.
  • Erfordert einen erhöhten Aufwand bei der Programmierung mit HTML 5 oder CSS3.
  • Verlangt später einen geringeren Betreuungsaufwand, da nur eine Website aktualisiert werden muss.
  • Ist die von Google empfohlene Lösung.

Ob die Entscheidung auf eine eigenständige mobile Version der Website oder responsives Webdesign fällt, hängt u. a. von den vorhandenen Ressourcen, dem Budget und der Nutzungsart der eigenen Kundschaft ab. Aus SEO-Sicht sind ähnliche Punkte wie bei der Desktopversion zu beachten. Allerdings werden bei der mobilen Suche weniger Zeichen in den Snippets angezeigt – und das sollte bei der Formulierung von Title und Description beachtet werden. Auch sollten Shop-Betreiber sichergehen, dass ihr mobiler Auftritt von den Suchmaschinen nicht als Duplicate Content gewertet wird. Canonical-Tags und der rel=“alternate“-Tag leisten Abhilfe.

Um Branding und Bekanntheit zu steigern oder den USP einer Marke zu unterstreichen, eignet sich auch eine App. Da es jedoch bereits zahlreiche Apps auf dem Markt gibt, sollte die eigene einen unschlagbaren Mehrwert für den User bieten. Gamification zum Beispiel ist im Trend, da die App so schneller Reichweite erlangen kann. Allerdings ist eine App nur schwerlich ein Ersatz für den mobilen Webauftritt, denn sie muss vom User bewusst heruntergeladen werden, verursacht hohe Kosten, einen großen Programmieraufwand und muss regelmäßig aktualisiert werden. Außerdem kann über eine App kein suchmaschinengesteuerter Traffic generiert werden. 

Optimierungsbedarf erkennen

Stehen das Konzept und die Online-Marketing-Maßnahmen inklusive SEO, kann der Online-Shop gelauncht werden. Jetzt heißt es tracken und weiter optimieren, denn nur wer Kennzahlen wie Conversion-Rate oder Customer Lifetime Value verfolgt, kann messen, wie erfolgreich die SEO- und SEA-Maßnahmen sind. Dank der Tracking-Daten weiß der Shop-Betreiber, wo Potenzial zur Optimierung besteht.

Welche Leistungskennzahlen (KPI, Key-Performance-Indikatoren) relevant sind, hängt mit den Zielen des Shop-Betreibers zusammen. Zu den KPI, die ein Online-Shop-Betreiber aus SEO-Sicht von Beginn an im Blick haben sollte, zählen:

Conversion-Rate (CR)

Sie ermittelt die Wirksamkeit einer Werbemaßnahme und gibt an, wie viel Prozent der User eine festgelegte Aktion (Kauf, Registrierung etc.) vollziehen. Durchschnittlich liegt die CR bei einem bis fünf Prozent und berechnet sich so: CR = Käufer : Besucher. 

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die CR pro Medium, die angibt, über welche Kanäle die höchste Conversion zustande kommt.

Bounce-Rate (BR)

Sie ermittelt die Wirtschaftlichkeit einer Kampagne und zeigt, wie viele User über eine Marketing-Kampagne auf den Shop gelangt sind und diesen, ohne eine Conversion zu tätigen, wieder verlassen haben. Eine hohe BR zeigt, dass der User nicht gefunden hat, wonach er sucht. Hier könnten Anzeigen auf unpassende Keywords geschaltet oder die Landingpage nicht ideal gestaltet worden sein.

Eng verbunden mit der Bounce-Rate ist die Verweildauer eines Users auf der Seite. Sowohl eine hohe BR als auch eine niedrige Verweildauer können ein Anzeichen dafür sein, dass die jeweiligen Landingpages optimiert werden müssen.

Diese beiden KPI sollten immer in direktem Zusammenhang mit den jeweiligen Traffic-Quellen (organische Suche, Adwords, E-Mail etc.) betrachtet werden. So wird schnell deutlich, welche Kanäle qualitativ hochwertigen Traffic liefern und welche optimiert werden müssen.

Cost per Action (CPA)

Dies ist eine der zentralen Kenngrößen im Online-Marketing und ermittelt die Kosten für die Kundenakquise. Sie gibt also an, wie viel ein neuer Kunde bzw. eine Conversion kostet. Hierunter fallen sowohl die Kosten für Google-Adwords-Kampagnen (CPC) als auch für SEO u. a. CPA hilft bei der Entscheidung, welche Marketingkanäle weiter ausgebaut und welche angepasst werden sollten.

Customer Lifetime Value (CLV)

Das ist die Kennzahl zur Planung und Verbesserung von Marketing-Strategien. Sie gibt an, wie viel Umsatz ein User dem Unternehmen voraussichtlich im Laufe seines gesamten „Kundenlebens“ bringt. So dient der CLV als Entscheidungsmodell für die Frage, ob und wann sich der Marketing-Einsatz mit negativem Wertbeitrag lohnt – natürlich unter der Prämisse, zukünftig profitable Geschäfte mit dem Kunden zu tätigen und den CLV so zu maximieren.

Customer Journey (CJ)

Sie ermittelt den Weg eines Users im Internet, den er von einem Bedarf bis hin zum Kauf eines Produkts zurücklegt. Mittels Tracking können alle Touchpoints (Kontaktpunkte) eines Users aufgedeckt werden. So lassen sich Zusammenhänge zwischen den einzelnen Kanälen erkennen und optimieren. Zudem werden Verhaltensweisen und Präferenzen der Zielgruppe deutlich.

Die einzelnen KPI hängen eng zusammen und können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Auch geben sie einen guten Anhaltspunkt dafür, an welcher Stelle die Conversion des Shops noch optimiert werden kann. Zeigen sie beispielsweise, dass viele User beim Kaufprozess abspringen, ist dieser wohl zu kompliziert gestaltet. Auch lohnt sich immer der Blick über den Tellerrand: Wie stehen meine direkten Mitbewerber da? Was machen sie anders? Die Qualität der eigenen KPI wird erst im Vergleich mit der Konkurrenz aussagekräftig.

Kosten und Nutzen

Es lohnt sich allemal, genügend Zeit für die Konzeption eines Online-Shops einzuplanen. Die Betreiber vermeiden beispielsweise unnötige Kosten für nachträgliche technische Anpassungen. Dazu kann es kommen, wenn auf ein unpassendes Shop-System gesetzt, SEO-Maßnahmen erst spät integriert oder Kennzahlen nicht rechtzeitig erhoben werden. Gerade im IT-Bereich können spätere Änderungen leicht den Budgetrahmen sprengen. Wer sich in Ruhe mit der Konzeption auseinandersetzt und alle relevanten Köpfe – von IT über Design und SEO bis hin zu Marketing und PR – schon zu Beginn an einen Tisch holt, ist seinen Wettbewerbern deutlich voraus.