Erfolg beim Newsletter ist kein Zufall – eine Fallstudie

Benjamin Uebel
Benjamin Uebel

Benjamin Uebel ist Geschäftsführer der Berliner Usability-Agentur Userlutions und Gründer von rapidusertests.com, einem Service für Online-Usability-Tests.
Seine Kernkompetenz ist die Optimierung von Online-Shops und Webseiten hinsichtlich ihrer Conversion-Rates und User Experience.

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„Online-Shop des Jahres 2012“ und Gesamtsieger des Shoplupe-Usability-Awards 2012: Der Brillenshop MisterSpex wurde vergangenes Jahr mehrfach ausgezeichnet. Nicht zufällig. Bei MisterSpex sind User-Experience-Tests in einen regelmäßigen Prozess integriert. Die vorliegende Fallstudie zeigt, wie mit Online-Usability-Tests die User-Experience des MisterSpex-Newsletters getestet und mit den Wettbewerbern Brille24, Netzoptiker und SmartBuyGlasses verglichen wurde.

Folgende Fragen sollten beantwortet werden: Was sind die Stärken und Schwächen des MisterSpex-Newsletters? Was kann MisterSpex von der Konkurrenz lernen?

Mithilfe des Online-Usability-Tools RapidUsertests versetzte sich MisterSpex in die Perspektive der Zielgruppe Brillenträger. Vier Newsletter-Varianten wurden an 20 Brillenträgern getestet. Die Tester erhielten über das Online-Tool Zugriff auf die Newsletter und testeten diese an ihren heimischen Rechnern. Dort konnten sie die Newsletter vergleichen und über ein Headset mündliches Feedback zur Gestaltung geben. Die Ergebnisse wurden online per Video aufgezeichnet und ausgewertet. MisterSpex gewann so Erkenntnisse zur Produktinszenierung, Preiskommunikation und visuellen Gestaltung der Newsletter. Außerdem konnte einiges über die Wirkung der Kommunikationsstrategien der Wettbewerber gelernt werden. 

Bei der Auswertung der Testmitschnitte kristallisierten sich drei Erfolgsfaktoren heraus.

Erfolgsfaktor 1: Funktionales Design

Ein Newsletter-Design muss nicht nur hübsch aussehen, es muss auch funktional aufgebaut sein. Dabei gilt der alte Grundsatz „Form follows Function“. Während hinter dem Design von SmartBuyGlasses und MisterSpex offenbar sehr klare Kommunikationsziele standen, schien es bei Brille24 und Netzoptiker, als hätte der Designer seine ganz persönlichen Kommunikationsziele umsetzen wollen.

So war die Darstellung der Brillen bei Brille24 grafisch sehr aufwendig inszeniert und hochwertig umgesetzt. Jedoch hatte der Designer nicht beachtet, dass man randlose Brillen vor einem weißgrauen, unruhigen Hintergrund kaum erkennen kann. 18 von 20 Testpersonen hatten große Schwierigkeiten, die Brillen zu erfassen. Die sehr kontrastarmen Brillen wurden vor einer Schneelandschaft inszeniert. Eine Testperson bezeichnete die Darstellungsweise treffend als „Augenschocker“. Auch die Analysen des virtuellen Eye-Trackings der RapidUsertests zeigten, dass die Produkte zwar nett inszeniert waren, aufgrund der mangelnden Kontraste jedoch sehr schwer vom Auge wahrzunehmen sind. Dieser Umstand führte zu einem weiteren Folgeproblem: Da sich die Testpersonen angestrengt auf die Betrachtung der Brillen konzentrierten, wurden die zugehörigen Texte überhaupt nicht mehr gelesen. Was kann man daraus lernen? Das hochwertigste Design nutzt nichts, wenn es nicht an die Wahrnehmungsweise des Menschen angepasst ist.

Auch der Newsletter von Netzoptiker zeigte einige Probleme: Das Ziel, Nutzer für konkrete Brillen zu begeistern, wurde durch handwerkliche Fehler nicht erreicht. So wurden die Brillen selbst nur sehr klein dargestellt. Die Modelle gingen für die Testpersonen zwischen dem Rest des Designs unter. Kein Eyecatcher zog die Aufmerksamkeit auf sich. Die zahlreichen grafischen Elemente lenkten bei 40 Prozent der Testpersonen die Aufmerksamkeit von den Brillen weg. Auch hier wurde durch ein nicht funktionales Design die Wirkung des Newsletters reduziert. Weiterhin wirkte das Layout auf die Hälfte der Testpersonen unstrukturiert. Die Abstände zwischen den einzelnen Rubriken waren zu gering und 10 der 20 Testpersonen fühlten sich vom Newsletter regelrecht erschlagen.

Das Design von Smartbuyglasses wurde hingegen von der Mehrzahl der Testpersonen positiv bewertet. Die Darstellung der verschiedenen Brillenmodelle liefert ein Beispiel für gutes funktionales Design. Die zahlreichen verschiedenen Brillen geben einen breiten Einblick in das Sortiment. Sie sind klein, aber noch ausreichend erkennbar dargestellt. Jedes Brillenmodell ist mit den wesentlichen Informationen versehen: Preis, Marke und Rabatt. Diese entscheidungsrelevanten Informationen wurden bei den Newslettern der Wettbewerber vermisst. SmartBuyGlasses stellte dabei die am höchsten rabattierten Brillen zuerst dar, um die wahrgenommene Attraktivität des Angebots zu erhöhen.

Beim Newsletter von MisterSpex wurde von 50 Prozent der Testpersonen die Gliederung des Newsletters gelobt: Nach einem aufmerksamkeitsstarken Claim folgen gut inszenierte Brillenmodelle als Eye-Catcher, dann werden die Vorteile von MisterSpex kurz kommuniziert, schließlich erfolgt die persönliche Ansprache. Die verschiedenen Rubriken sind visuell klar voneinander getrennt, was den Testpersonen eine schnelle Übersicht ermöglichte. Es fehlten jedoch Informationen zu den Preisen der Brillen. So erwarteten 30 Prozent der Testpersonen irrtümlicherweise hohe Preise hinter den Brillen, da diese überaus ansprechend in Szene gesetzt waren und im Newsletter viele Markennamen aufgelistet wurden. Damit kommen wir zum nächsten Erfolgsfaktor –  der Produktinszenierung.

Erfolgsfaktor 2: Produktinszenierung

Ein Shop-Newsletter sollte nicht nur unterhalten und die Marke stärken, er muss auch Umsätze generieren. Daher sollten die Produkte des Shops emotional aktivierend und aufmerksamkeitsstark in Szene gesetzt werden.

SmartBuyGlasses stach hier wieder positiv hervor: Obwohl das Design selbst nicht besonders aufwendig gestaltet ist, fühlten sich viele Testpersonen emotional angesprochen. Im Vergleich zu den Wettbewerbern war es der einzige Newsletter, der Brillen auf menschlichen Gesichtern zeigte. So kann man sich die Wirkung einer Brille auf dem Gesicht besser vorstellen. Die abgebildeten Personen schienen gut gewählt, da sie einerseits attraktiv, andererseits aber nicht zu perfekt auf die Testpersonen wirkten. Sie hatten Ecken und Kanten, Persönlichkeit und damit Identifikationspotenzial für die Betrachter. Außerdem fühlten sich Männer wie Frauen gleichermaßen angesprochen, da beide Geschlechter abgebildet wurden (wobei dies bei segmentiertem Newsletter-Versand nach Geschlecht nicht zwingend notwendig ist).

Auch die Inszenierung der Brillen bei MisterSpex wurde von 50 Prozent der Testpersonen ausdrücklich gelobt. Die Modelle der verschiedenen Marken sind groß abgebildet. Sie sind in ein hochwertiges, aber nicht vom Wesentlichen ablenkendes Design eingefasst. Für die meisten Testpersonen war sofort ersichtlich: Hier geht es um qualitativ hochwertige Markenbrillen.

Beim Newsletter von Brille24 waren die Brillen auch grafisch aufwendig vor einer Winterlandschaft in Szene gesetzt. Wie jedoch bereits beschrieben, waren die Brillen sehr schwer erkennbar, was die Betrachter als ermüdend und anstrengend empfanden.

Damit haben sich im Test drei wichtige Einflüsse auf die Produktinszenierung herausgestellt: erstens die gute visuelle Erkennbarkeit des Produkts, zweitens ein hochwertiges Design, um Vertrauen und Wertigkeit auszudrücken. Und schließlich Emotionalisierung, um den Betrachter zu aktivieren. Die Kaufentscheidung hängt jedoch auch sehr stark vom nächsten Erfolgsfaktor der Newsletter-Gestaltung ab: der Kommunikation eines attraktiven Angebots.

Erfolgsfaktor 3: Angebotskommunikation

Die beste Gestaltung und Inszenierung nützen wenig, wenn der Newsletter dem Empfänger kein attraktives Angebot unterbreitet.

Im Test wurden die Probanden direkt befragt, welche Kriterien sie bei der Auswahl eines für sie relevanten Angebots beeinflussen. Für 45 Prozent der Testpersonen waren Qualitätskriterien wie die Brillenmarke, die Seriosität des Anbieters oder Inklusivleistungen von entscheidender Relevanz. 50 Prozent der Testpersonen fühlten sich von Rabatten und Sonderaktionen angesprochen. Einem Viertel der Testpersonen war dabei eine größtmögliche Preistransparenz bereits im Newsletter wichtig.

Als am insgesamt attraktivsten wurde das Angebot von SmartBuyGlasses bewertet. SmartBuyGlasses lockte die Kunden mit großen Rabatten von bis zu 46 Prozent. Diese Rabatte galten auch für hochwertige Designerbrillen. Durch die transparente und übersichtliche Darstellung des Angebots fühlten sich die Testpersonen dabei sehr angesprochen, da keine versteckten Kosten erwartet wurden. Die höchsten Rabatte wurden bei den vorderen Brillenmodellen dargestellt – somit wurde auch schon beim ersten Blick die Attraktivität des Angebots klar.

Deutlich dahinter lag die wahrgenommene Attraktivität der Angebote von MisterSpex und Brille24. MisterSpex punktete bei den qualitätsorientierten Nutzern. Besonders die deutlich erkennbaren Inklusivleistungen wie die kostenlosen Qualitätsgläser, aber auch die hochwertigen Markenbrillen wurden als attraktiv eingeschätzt. Da MisterSpex jedoch keine Preise im Newsletter kommunizierte, wurde die Anziehungskraft des Angebots insgesamt eher mittelmäßig bewertet. Die fehlende Preistransparenz ließ einige Testpersonen angesichts der hochwertigen Marken eher teure Preise im Shop vermuten.

Da die Brillen im Newsletter von Brille24 sehr schlecht zu erkennen waren, sprangen nur wenige Testpersonen direkt auf das Angebot an. Sehr positiv wurde jedoch das mit „Exklusiv für Newsletter-Abonnenten“ betitelte Angebot aufgenommen. Durch das exklusive Angebot fühlten sich die Testpersonen in der Annahme bekräftigt, dass sich ein Newsletter-Abonnement langfristig zu lohnen scheine.

Am unattraktivsten wurde das Angebot von Netzoptiker eingeschätzt. Der 10-Euro-Rabatt wurde von allen Testpersonen erkannt. Die Brillenmodelle selbst waren jedoch sehr in den Hintergrund gerückt. Es fehlten Angaben zum Preis und zu den Brillenmarken. Aufgrund dieser mangelnden Transparenz und der geringen emotionalen Ansprache fühlten sich die Testpersonen offenbar kaum vom Angebot angesprochen.

Fazit

Der User-Experience-Test mit dem Online-Tool RapidUsertests offenbarte drei Erfolgsfaktoren, die für einen Shop-Newsletter relevant zu sein scheinen: funktionales Design, eine emotional ansprechende Produktinszenierung sowie die klare Kommunikation eines attraktiven Angebots. MisterSpex konnte durch diesen Test noch einige unbekannte Schwächen des eigenen Newsletters aufdecken. Durch den Vergleich mit den Wettbewerbern konnte MisterSpex andererseits inspirierende Anregungen für die Weiterentwicklung des Newsletters gewinnen.