Außen hui – und innen?

Der Kick für erfolgreiches Social-Media-Management

Kati Rieger
Kati Rieger

Kati Rieger, Inhaberin von Die | PROFIL | GESTALTER (Wiesbaden), arbeitet als Businessmoderatorin, Trainerin und Coach. Sie ist spezialisiert auf Teamentwicklung, Change-Management und Projektcoaching.

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Sabine Holicki
Sabine Holicki

Dr. Sabine Holicki ist Inhaberin des Beratungsunternehmens cki.kommunikationsmanagement (Mainz). Schwerpunkte der studierten Kommunikationswissenschaftlerin sind integriertes Marketing, Online-Marketing und Social-Media-Strategien. Außerdem hält sie Vorträge und Workshops rund um Social-Media-Themen.

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„Social-Media-Management: Gut aufgestellt für den Erfolg?“ fragten Dr. Sabine Holicki und Kati Rieger in ihrer Grundlagenstudie, an der mehr als 300 Social-Media-Manager teilgenommen haben. Die Studie schaut hinter die Kulissen des Social-Media-Managements und nimmt die erfolgskritischen Faktoren unter die Lupe. Ein schöner Außenauftritt genügt nicht – intern müssen die Voraussetzungen stimmen, damit man draußen auf den sozialen Plattformen auch wirklich punkten kann. Kompetenz, Konsequenz, Commitment lautet das Erfolgsrezept.

Social Media bieten ganz neue Berührungspunkte zwischen Unternehmen und ihren Zielgruppen. Dass Marken dabei auf einen professionell Auftritt Wert legen, versteht sich: Schicke Facebook-Seite, feine Apps, großartige Bilder und Videos, ein schön gestalteter Blog. Und natürlich wird viel dafür getan, damit die Zahl der Fans und Follower wächst. Gewinnspiele werden designt und der Auftritt wird fachmännisch beworben. Doch hinter der glänzenden Oberfläche sitzen Menschen, Social-Media-Manager, deren Aufgabe mehr ist als Marketing oder PR. Ihr Job ist – laut Internetterminologie – sozial, sie führen einen öffentlichen Dauerdialog mit den Kunden bzw. potenziellen Kunden. Sie posten Inhalte und initiieren Reaktionen, beantworten Nutzerfragen und nehmen Stellung zu Kommentaren. Sie hören zu, was die Fans so bewegt, versuchen Stimmungen aufzugreifen, aufkeimenden Unmut zu beschwichtigen oder Anfeindungen mit ruhiger Hand zu parieren. Tobt aus irgendeinem Grund der berüchtigte „Shitstorm“, eine zügellose öffentliche Empörungswelle im Internet, so sind sie es, die an vorderster Front stehen. Sind die Fans dagegen begeistert, ist es an ihnen, daraus messbare Ergebnisse für die Markenpositionierung und den Vertriebserfolg zu generieren. Ihre Aufgabe ist anspruchs- und verantwortungsvoll, und dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Doch die Studie belegt, dass dieser Aspekt von vielen Unternehmen stark unterschätzt wird.

Wissen, wie’s läuft: Erfolgsfaktor Kompetenz

Social-Media-Manager brauchen nicht nur Internetkenntnisse und Know-how rund um die entsprechenden Plattformen, sondern auch ausgeprägte Kommunikationskompetenzen. Darüber hinaus müssen sie fest im Unternehmen verdrahtet sein. Als „kommunikativer Außenposten“ benötigen sie ein tiefes Verständnis der Unternehmenskultur, außerdem Sicherheit und Souveränität, denn sie müssen schnell reagieren und können nicht alles erst langwierig abstimmen.

Kompetenz ist einer der erfolgsrelevanten Faktoren, die in dieser Studie identifiziert werden konnten. Dabei wurden zwei Gruppen gegenübergestellt: Befragte, die die Social-Media-Aktivitäten ihres Unternehmens als besonders erfolgreich bewerten, und diejenigen, die diese als mäßig oder weniger erfolgreich einstufen. Tatsächlich zeigen sich große Unterschiede beim Social-Media-Know-how dieser beiden Gruppen. Die Erfolgreichen haben ein breiteres und tieferes Know-how, sie kennen sich in allen Kompetenzfeldern besser aus und sind auch bei Randthemen relativ sattelfest.

"Die Erfolgreichen haben ein breiteres und tieferes Know-how, sie kennen sich in allen Kompetenzfeldern besser aus und sind auch bei Randthemen relativ sattelfest."

Social-Media-Manager müssen also mehr können, als nur Facebook und Twitter zu bedienen. Daher wäre es konsequent, wenn Unternehmen in das Know-how ihrer Social-Media-Manager investierten.

Voraussetzungen schaffen, damit es läuft: Erfolgsfaktor Konsequenz

Umso erstaunlicher, dass knapp die Hälfte der Unternehmen, aus denen die Befragten stammen (46 %), erwartet, dass die Mitarbeiter sich ihr Social-Media-Know-how selbst aneignen. Bei Unternehmen, die in den Social Media erfolgreich sind, tritt diese Haltung allerdings seltener auf. Sie bieten ihren Mitarbeitern weitaus häufiger die Möglichkeit, an Schulungen teilzunehmen.

Zur Konsequenz zählt auch, dass die nötigen Ressourcen eingeräumt werden, allen voran die Zeit. So ist bei den Erfolgreichen fast die Hälfte der Social-Media-Manager (47 %) hauptamtlich für Social Media zuständig, bei den weniger Erfolgreichen sind es dagegen nur 23 %. Der Rest betreut das Thema nebenbei und hat eigentlich andere Hauptaufgaben, beispielsweise in der PR, im Marketing, der IT oder dem Produktmanagement. Der Ruf nach mehr Zeit für Social Media steht denn auch ganz oben auf der Agenda der Verbesserungsvorschläge.

Wollen, dass es läuft: Erfolgsfaktor Commitment

Breites und tiefes Know-how und die Möglichkeit, dieses weiterzuentwickeln, sowie ausreichende Ressourcen für die Aufgabe – dies sind wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Social-Media-Management. Doch das genügt noch nicht. Social-Media-Manager können nicht auf einer Insel arbeiten. Sie müssen eng ins Unternehmen eingebettet sein, Impulse daraus schöpfen, frische Ideen generieren und Kollegen bei Bedarf einbeziehen, z. B. indem diese Feedback von außen an die Zuständigen weiterleiten.

"Social-Media-Manager können nicht auf einer Insel arbeiten. Sie müssen eng ins Unternehmen eingebettet sein."

Zu diesem Thema erbrachte die Studie durch eine offene Frage reiche Erkenntnisse: Was müsste passieren, um das Social-Media-Management im eigenen Unternehmen noch erfolgreicher zu machen? Die ausführlichen Antworten geben einen guten Eindruck davon, wie schwer sich Unternehmen damit tun.

„Einbindung aller Firmenmitarbeiter – um das Unternehmen (bspw. durch Fotos) ‚greifbar’ zu machen in den sozialen Kanälen“, das wünscht sich beispielsweise eine Onlineredakteurin bei einem mittelständischen Finanzdienstleister, der eigentlich sehr professionell und erfolgreich im sozialen Netz unterwegs ist. Dennoch wird die fehlende Mitarbeit der Kollegen als Minuspunkt empfunden. Wenn man „um jedes einzelne Foto seitens der Mitarbeiter, jedes einzelne ‚Like‘ unter einen Firmenpost bitten muss“, sei es mühsam, den Social-Media-Auftritt lebendig zu gestalten. Abgesehen davon, dass es frustrierend ist, wenn die Kollegen sich so gar nicht für ihre Arbeit im sozialen Netz interessieren. „Was will man erwarten, wenn viele Kollegen nicht einmal kontinuierlich die eigene Website besuchen und manchmal weniger informiert sind als unsere Kunden, geschweige denn unsere Facebook-Seite genutzt wird ...“, beklagt sich ein Marketingmanager aus der Industrie, dessen Unternehmen in Sachen Social Media erst am Anfang steht und noch wenig Erfolge verspürt. Und ein Onlineprojektmanager bei einem mittelständischen Dienstleister, ebenfalls neu in den sozialen Medien, ergänzt: „Es fehlen elementare Grundkenntnisse. Social Media wird von den meisten Mitarbeitern nicht ‚gelebt’, es herrschen die gängigen Klischees.“

Diese Hürde lässt sich nur überwinden, wenn das Unternehmen sich ganz klar zu Social Media bekennt – eine Aufgabe für Führungskräfte und die Unternehmensleitung. Solches Bekenntnis setzt Verständnis voraus: „Vor allem die Geschäftsführung müsste Social Media besser verstehen und die Zeit wertschätzen, die dafür investiert werden muss. Es fehlt an Basiswissen zu den einzelnen Kanälen – und es herrscht Desinteresse“, meint ein Eventmanager in einem kleineren Medienunternehmen. „Der Social-Media-Manager sollte mehr sein Fachwissen und seine Erfahrung in diesem Bereich einbringen können. Oft werden Vorschläge von der Geschäftsleitung oder anderen Bereichsmanagern abgelehnt, die allerdings kaum oder keine Ahnung von Facebook und Co. haben“, so die Erfahrung eines Social-Media-Recruiters bei einem großen Automobildienstleister.

Starre Hierarchien, aber auch Vorsicht können weitere Gründe dafür sein, dass die Führung mit Social Media nicht recht warm wird. „Altes Strukturdenken muss sich verabschieden. Angst vor Kontrollverlust ist ein scheußliches Hindernis,“ sagt ein Pressereferent bei einem Verband. Seine bisherige Erfahrung war: „Facebook Page eröffnen, dann wieder einstampfen, weil's jemandem nicht passt. Noch Fragen?“ „Hierarchie abflachen und Kommunikationswege verkürzen“, meint auch ein Website-Admin aus der Verwaltung einer Behörde, der weiter argumentiert: „Es muss ‚erlaubt werden’, dass auch Mitarbeiter als Multiplikatoren am Social-Media-Leben des Unternehmens teilnehmen. Die Angst, die Kontrolle über das Meinungsbild in der Öffentlichkeit zu verlieren, muss dem Wissen weichen, dass man eine Chance erhält, mit dem Kunden/Bürger direkt in Kontakt zu treten!“

Die Studie:

„Social-Media-Management: Gut aufgestellt für den Erfolg? Best Practice, strategische Handlungsfelder und praxisorientierte Empfehlungen“

Autoren: Sabine Holicki & Kati Rieger
Hrsg. von cki.kommunikationsmanagement Dr. Sabine Holicki, Mainz 2012
Online-Befragung von 306 Social-Media-Managern und -Verantwortlichen in Deutschland über die Erfolgsfaktoren im Social-Media-Management. Die Teilnehmer kommen aus Unternehmen und Organisationen zwischen 5 und über 100.000 Mitarbeitern und bilden ein breites Branchenspektrum ab.
Die Studie kann gegen eine Schutzgebühr bei cki.kommunikationsmanagement bezogen werden. Mehr unter www.gut-aufgestellt-fuer-social-media.de

„Die Angst, die Kontrolle über das Meinungsbild in der Öffentlichkeit zu verlieren, muss dem Wissen weichen, dass man eine Chance erhält, mit dem Kunden/Bürger direkt in Kontakt zu treten!“

Einige Social-Media-Manager sehen die Geschäftsleitung sogar noch stärker in der Pflicht. „Wirklichen Impact könnten wir erzielen, wenn unser Management aktiv bloggen würde. ‚Hear it from the horse's mouth’“, sagt ein Senior Communications Officer aus einem Finanzinstitut. Dem Marketingleiter eines mittelständischen IT-Unternehmens ist wichtiger, dass die Verantwortlichen eigene Erfahrungen sammeln: Die Geschäftsleitung müsse „selbst aktiv sein in den sozialen Medien und die Vorteile daraus selbst erleben, um das Ganze besser zu unterstützen. Vielleicht müsste dem Management ein ‚Shitstorm’ oder eine Krisensituation (natürlich hoffe ich das nicht) passieren, damit den Entscheidern klar wird, welche Risiken durch Nicht-Agieren und Nicht-Beobachten entstehen können.“

Mehr Verständnis, Unterstützung, Commitment vonseiten der Geschäftsleitung und der Kollegen, dies ist die dritte tragende Säule für den Erfolg im Social-Media-Management. Wer bereits Erfolge verzeichnen kann, ist hier bedeutend weiter, wie die Studie zeigt. Wer dagegen weniger erfolgreich ist, dem fehlen auch Strategie, Verständnis und Unterstützung im Umfeld. Mangelnde Transparenz und hinderliche Strukturen tragen ein Übriges dazu bei, dass diese Social-Media-Manager sich überwiegend als Einzelkämpfer fühlen – mit einem Job, der zutiefst auf soziale Interaktionen angelegt ist. Der Widerspruch ist evident und kann sich schlimmstenfalls auf die Glaubwürdigkeit des Auftritts im sozialen Netz auswirken. Auf jeden Fall wird eine Chance vertan, dort gemeinsam große Ziele zu erreichen.

Fazit: Was ist zu tun?

Fünf Punkte, mit denen sich die internen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Social-Media-Management optimieren lassen:

  • Social-Media-Know-how und Kommunikationskompetenz aufbauen und stetig weiter schulen
  • Den Social-Media-Managern die nötigen Ressourcen einräumen
  • Auf der Führungsebene Social Media als Teil der Unternehmensstrategie verankern
  • Im Kollegenkreis Social-Media-Verständnis, Unterstützung und die Möglichkeit der eigenen aktiven Beteiligung schaffen
  • Interne Transparenz, durchlässige Strukturen, einen „kurzen Draht“ des Social-Media-Teams zu allen wichtigen Bereichen sowie ein vertrauensvolles Kommunikationsklima schaffen

Um dies zu erreichen, können Schulungen, Workshops, Team- und Projektcoachings mit professioneller Begleitung sinnvoll sein. Die Anstrengung ist es wert, denn Unternehmen, die auf den Social-Media-Kanälen nach außen Transparenz und Dialogorientierung demonstrieren, müssen auch nach innen transparenter und dialogorientierter werden, sonst bleibt die Social-Media-Investition eine Luftnummer.