Informationsqualität im Internet Teil 2: Die Unternehmensperspektive

Olivier Blattmann
Olivier Blattmann

Dr. Olivier Blattmann ist geschäftsführender Teilhaber der Internetagentur iQual GmbH in Bern. iQual bietet Dienstleistungen in den Bereichen Webdesign, (E)CMS, Online-Marketing, SEO, Social Media, Webseiten-Optimierung und Qualitätsmanagement an und ist Exklusivpartner der SEO Controlling und Online Marketing Suite Xovi in der Schweiz. Daneben lehrt und forscht er als Oberassistent am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern, wo er 2011 seine Dissertation zum Thema Informationsqualität im Internet veröffentlichte.

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Internetnutzer und Suchmaschinenbetreiber stellen immer höhere Ansprüche an die Informationsqualität einer Website. In der Regel können und wollen Unternehmen nicht all diesen Ansprüchen gerecht werden. Damit entsteht eine Differenz zwischen der erwarteten und der angebotenen Informationsqualität, ein sogenannter Gap. Dieser Artikel beleuchtet aus einer methodisch, theoretisch und empirisch fundierten Perspektive, warum dieser Gap existiert. Erfahren Sie im zweiten Teil, warum insbesondere interdisziplinär arbeitende Suchmaschinenoptimierer und eine strategische Suchmaschinenoptimierung eine entscheidende Rolle für mehr Informationsqualität im Internet spielen können.

Informationsqualität als Herausforderung für Unternehmen

Die Bedeutung der Informationsqualität im Internet ist hoch – und dies nicht erst, seit Google Websites mit qualitativ hochwertigem Content in seinen Suchergebnisseiten bevorzugt behandelt. In der letzten Ausgabe (Website Boosting Nr. 16: Informationsqualität im Internet, Teil 1: Die Nutzerperspektive) wurde beschrieben, dass eine hohe Informationsqualität verschiedene positive Auswirkungen hat. So steigen die Nutzungsabsicht und die Nutzungsintensität sowie der Kundennutzen und die Zufriedenheit der Nutzer. Weiter werden die wahrgenommene Dienstleistungsqualität, die Wiederkaufsabsicht, die Kundenbindung und das Beschwerdeverhalten im Sinne der Websitebetreiber positiv beeinflusst.

Um von diesen positiven Effekten zu profitieren, muss einem Websitebetreiber klar sein, wer die Zielgruppen sind und welche Informationsbedürfnisse sie in welchen Phasen des Kundenlebenszyklus haben – also z. B. vor, während und nach einem Kauf. Es gilt herauszufinden, was die Nutzer auf der Website suchen und wie, d. h. in welcher Qualität, sie diese Informationen erwarten. Anschließend kann das Informationsangebot der Informationsnachfrage entsprechend ausgestaltet werden, wodurch die Erwartungen der Nutzer optimal erfüllt werden – so weit die Theorie im Bereich Informationsmanagement. Doch warum gibt es nur wenige Websites, welche dies tatsächlich konsequent und erfolgreich umsetzen?

Einzelkämpfer und Kleinunternehmen mit kurzen Entscheidungswegen und einem hohen Bewusstsein für die Mechanismen im Online-Marketing sind am ehesten in der Lage, ein solches Konzept umzusetzen. Das Einzige, was sie dabei investieren, ist Zeit und Engagement. Bei einigen prominenten Webprojekten, so ist zumindest der Eindruck, kommt es am Schluss gar nicht so sehr darauf an, ob sie sich wirklich rentieren – müssen sie ja vielleicht auch gar nicht, wenn sie den Seitenbetreibern und Nutzern Spaß machen.

„Es ist nicht einfach, ein nachhaltiges Content-Marketing oder Inbound-Marketing aufzubauen.“

Doch wie sieht es bei Unternehmen aus, die größer oder träger sind, in denen das Bewusstsein fehlt, das Know-how erst erarbeitet werden muss, interne Machtkämpfe herrschen und Ressourcen knapp sind? Wie einfach ist es, in einem Unternehmen nachhaltiges Content-Marketing, Inbound-Marketing oder z. B. ein System analog demjenigen von Karl Kratz (siehe Website Boosting Nr. 15: „Welcome to the system!“) aufzubauen? Wie erhalten Visionäre von der Chefetage tatsächlich den nötigen Rückhalt und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch die Mittel, um innovative Ideen umzusetzen? Oder um zum Kernthema des Artikels zurückzukehren: Was muss alles stimmen, damit im Internet eine hohe Informationsqualität angeboten werden kann? Alle, die je in einem größeren Webprojekt mitgearbeitet haben, wissen, dass keine dieser Fragen im Zusammenhang mit Suchmaschinenoptimierung einfach zu beantworten ist.

Suchmaschinenoptimierung als Querschnittsdisziplin

Moderne Suchmaschinenoptimierer agieren in größeren Projekten nicht mehr allein oder im stillen Kämmerlein. Sie arbeiten vielseitig und interdisziplinär, kommunizieren und interagieren über alle Hierarchieebenen hinweg. Je nach Art und Rolle beraten sie bspw. die Unternehmensführung, das Marketing und das Online-Marketing, die Kommunikationsabteilung oder die Informatik in strategischen Fragen. Sie schaffen Bewusstsein, bilden aus, analysieren, unterstützen Teams und Mitarbeitende bei operativen Aufgaben mit Fachwissen und geben Tipps oder – dies gilt speziell für Inhouse-SEOs in kleineren bis mittleren Unternehmen – arbeiten selbst höchst operativ in der Suchmaschinenoptimierung mit.

Nebst einem großen Fachwissen in der eigenen Kerndisziplin sind fundierte Kenntnisse in vielen verwandten Bereichen – aus dem Online-Marketing-Mix, der Suchmaschinenwerbung, der Webanalyse oder dem Webdesign und dem Webprojektmanagement – nützlich. Die SEO-Community ist sich noch uneinig, inwiefern Tätigkeiten wie z. B. das Texting oder die Usability-Optimierung noch zum Aufgabenbild eines modernen SEOs gehören oder gehören sollen, wie die Reaktionen auf einen Blogbeitrag von Julian Dziki zeigen (http://www.seokratie.de/seo-2012-halten-wir-es-einfach/).

Schaut man sich die Themen und Bereiche an, mit welchen sich Suchmaschinenoptimierer tatsächlich auseinandersetzen, macht es durchaus Sinn, Suchmaschinenoptimierung als eine Art Querschnittsdisziplin zu betrachten, denn nebst den verwandten Themen kommen auch Fragen auf den Tisch, welche typischerweise den Bereichen allgemeine BWL, Wirtschaftsinformatik, Organisationslehre oder Informationsmanagement zugeschrieben werden:

  • Strategie: Wozu, warum?
  • Organisatorische Strukturen: Was, wer, wo?
  • Organisatorische Abläufe und Prozesse: Wie, wann?
  • Verfügbare Ressourcen: Womit, wie viel?
  • Interne und externe Voraussetzungen?

Unter diesen Umständen erscheint es klar, dass es in der Regel keine einfache Erklärung für eine ungenügende Informationsqualität im Internet gibt. Wagen wir für diesen Beitrag deshalb einen Blick in die Wissenschaft und Forschung und suchen dabei nach Faktoren zur Erklärung der Diskrepanz zwischen der angebotenen und der erwarteten Informationsqualität.

Als Ansatz und Methode dient ein sogenanntes Gap-Modell, welches aus der Theorie abgeleitet und anschließend mit empirischen Daten aus einer Fallstudie weiterentwickelt wurde. Die nachfolgend beschriebenen Komponenten kommen in vielen mittleren bis großen Unternehmen so oder in sehr ähnlicher Art und Weise vor, weshalb das Modell allgemein zur Analyse der angebotenen Informationsqualität geeignet ist. Es versteht sich von selbst, dass das Modell je nach Kontext angepasst werden kann.

Das oberste Feld in Abbildung 1 visualisiert die Erwartungen der Internetnutzer an die Informationsqualität eines Webauftritts. Diesem gegenübergestellt ist die von einem Unternehmen angebotene Informationsqualität, die einerseits durch unternehmensinterne Akteure bestimmt und andererseits typischerweise auch durch externe Elemente beeinflusst wird.

Zwischen der erwarteten und der angebotenen Informationsqualität gibt es möglicherweise eine Differenz. Diese wird analog den klassischen Modellen aus dem Bereich der Servicequalität als Gap bezeichnet (vgl. dazu z. B. das populäre SERVQUAL-Modell). Im Idealfall entspricht die angebotene der erwarteten Informationsqualität und die Differenz zwischen diesen beiden Größen, in der Abbildung ausgedrückt als Gap8, ist null. In den meisten Fällen ist ein Unternehmen jedoch nicht in der Lage oder nicht gewillt, die Kundenbedürfnisse exakt zu befriedigen. Mögliche Gründe für diese Differenz liefern die in der Abbildung dargestellten Gaps 1 bis 7, auf die wir jetzt etwas näher eingehen wollen.

„In den meisten Fällen sind Unternehmen nicht in der Lage oder nicht gewillt, alle Kundenerwartungen zu erfüllen.“

Denkbar ist, dass zwischen der erwarteten Informationsqualität und der Vorstellung des Managements Unterschiede bestehen. Folglich entsteht eine Differenz zwischen der von den Internetnutzern erwarteten Informationsqualität und den Vorstellungen des Leiters der Abteilung Marketing und Kommunikation von diesen Erwartungen (Gap1). Letzterer berät sich in der Regel auch mit der übrigen Geschäftsleitung und gegebenenfalls auch mit einer externen Agentur.

Weiter ist es möglich, dass der Leiter der Abteilung Marketing und Kommunikation seine Vorstellungen unbewusst oder bewusst entgegen den Erwartungen der Internetnutzer nicht vollständig in konkrete Vorgaben bzw. Spezifikationen für die Ausgestaltung, Pflege und Vermarktung der Website umsetzt (Gap2). Bei der Umsetzung der Vorgaben bzw. Spezifikationen können wiederum Diskrepanzen bei der laufenden Pflege der Website (Gap3) und deren Vermarktung (Gap4) sowie generell bei deren Umsetzung (Gap5) auftreten. Im Modell wird angenommen, dass die Umsetzung der Website von der laufenden Pflege und Vermarktung getrennt wird, d. h., die Website wird von einem externen Dienstleister umgesetzt. Es erscheint deshalb plausibel, dass Gap3, Gap4 sowie Gap5 jeweils von anderen Faktoren beeinflusst werden und separat betrachtet werden müssen.

Bei der Umsetzung der Website muss auf die Anforderungen für den laufenden Unterhalt des Webauftritts Rücksicht genommen werden. Geschieht dies nicht in genügendem Ausmaß, können auch an dieser Stelle Defizite in der angebotenen Informationsqualität entstehen (Gap6). Als Letztes ist es möglich, dass im Zuge der Vermarktung der Website Erwartungen bezüglich der angebotenen Informationsqualität geweckt, aber nicht eingehalten werden (Gap7).

Der anfänglich erläuterte Gap8 kann letztlich als eine Funktion der Gaps 1 bis 7 verstanden werden, wobei verschiedene konkrete Faktoren diese Gaps beeinflussen, die im nächsten Abschnitt besprochen werden.

Relevante Einflussfaktoren aus der Theorie und Empirie

Zur Identifikation der Einflussfaktoren der einzelnen Gaps wurden Theorien aus der Medienwahl, der Adoptionsforschung und der Informationsökonomie berücksichtigt. In den nachfolgenden Tabellen werden die gefundenen Faktoren und dazu passende Beurteilungskriterien aufgelistet.

Die Vorstellungen eines Managers bezüglich der von Kunden erwarteten Informationsqualität im Internet entsprechen in der Realität meist nicht den tatsächlichen Kundenerwartungen. Wie die folgende Tabelle zeigt, wird Gap1 durch vier Faktoren mit insgesamt 15 möglichen Beurteilungskriterien beeinflusst.

Gap1

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Unterstützung durch die Marketing- und Kommunikationsagentur

Professionalisierungsgrad der Marketing- und Kommunikationsagentur

Wahrgenommene Unterstützung durch die externe Kommunikationsagentur

Marktforschungs- und Kundenorientierung

Gespür des Managements für die tatsächlichen Bedürfnisse der Kunden

Ausmaß der Berücksichtigung von Kundenfeedback

Ausmaß der Bemühungen, den Informationsnutzern den Informationsabruf und die Informationssuche zu erleichtern

Ausmaß der systematischen Verwendung von Webanalysen

Ausmaß, in welchem zur Analyse von Kundenbedürfnissen Marktforschungen genutzt oder in Auftrag gegeben werden

Grad, in welchem neue Forschungsergebnisse in die Gestaltung der Internet-Strategie bzw. der eigenen Website einfließen (z. B. in Zusammenarbeit mit Universitäten, Fachhochschulen etc.)

Ausmaß der Unterstützung durch Branchenverbände

Unternehmensweite vertikale Kommunikation

Ausmaß, in welchem die Mitarbeitenden hierarchieübergreifend Informationen austauschen und miteinander sprechen

Grad, in welchem sich verschiedene interne Anspruchsgruppen aus allen Abteilungen an der Ausgestaltung der Website mit Ideen, Änderungsvorschlägen etc. beteiligen

Positive Stimmung unter den Mitarbeitenden

Horizontale Kommunikation in der Geschäftsleitung

Gute horizontale Kommunikation in der Geschäftsleitung

Positive Stimmung unter den Geschäftsleitungsmitgliedern

 

Auch wenn einem Manager die Erwartungen der Kunden bezüglich der Informationsqualität der Website bekannt sind, gibt es eine Reihe von Faktoren, welche ihn in der Umsetzung seiner Vorstellungen in Vorgaben und Spezifikationen beeinflussen. In der nächsten Tabelle werden dafür neun Einflussfaktoren sowie insgesamt 37 Beurteilungskriterien präsentiert.

 

Gap2

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Stellenwert der Website

Wahrgenommene zukünftige Wichtigkeit des Internets

Vorhandensein internetaffiner Kunden

Wahrgenommene Eignung der Website, um Informationen für verschiedene Anspruchsgruppen zur Verfügung zu stellen

Wahrgenommene Eignung der Website für die Kommunikation mit verschiedenen Anspruchsgruppen

Wahrgenommene Eignung der Website für den Verkauf

Stellenwert des Onlineverkaufs in der Distributionsstrategie

Integration der Website im Unternehmen (Schnittstellen etc.)

Opportunistisches Anbieterverhalten

Ausmaß der bewussten Verschleierung aus Sicht der Marketing- und Kommunikationsabteilung unvorteilhafter Tatsachen zum Produkt, Unternehmen etc.

Innovationsfreudigkeit

Ausmaß des Interesses an neuen technischen Möglichkeiten für die Kundeninformation und Kommunikation

Offenheit gegenüber neuen Ideen für die Kundeninformation und Kommunikation

Ausprobieren neuer internetbasierter Tools

Freiwillige Nutzung internetbasierter technischer Hilfsmittel im Arbeitsalltag

Innovationsgrad im Vergleich zur Konkurrenz

Ausmaß des Beobachtens der Bemühungen der in- und ausländischen Konkurrenz

Innovationsadoption

Generell im Unternehmen wahrgenommene Unterstützung in Bezug auf Innovationen

Ausmaß des Interesses und der Offenheit von Vorgesetzten und Mitarbeitenden an neuen Ideen für die Kundeninformation und Kommunikation

Ausmaß, in welchem neue technische Lösungen nach der Einführung von den Mitarbeitern tatsächlich genutzt werden

Qualitätsphilosophie

Stetiges Streben nach Verbesserung

Vorhandensein einer Qualitätskultur im Unternehmen

Offenheit gegenüber Kritik, d. h., Kritik wird als Chance betrachtet

Informationsstrategie

Wahrnehmung aller im Unternehmen vorhandenen Informationen als strategisch wichtiges Gut

Grad der Zentralisierung aller im Unternehmen vorhandenen Informationen

Kommunikationsstrategie

Vorhandensein einer klaren Kommunikationsstrategie

Wahrgenommene Wichtigkeit der Website im Verhältnis zu anderen Kommunikationsmaßnahmen

Ausmaß, in welchem klar ist, an wen über die Website kommuniziert wird

Ausmaß, in welchem klar ist, welche Informationen an welche Zielgruppe kommuniziert werden

Ausmaß, in welchem klar ist, welche Botschaften kommuniziert bzw. welche globalen Kommunikationsziele mit der Website erreicht werden sollen

Ausmaß, in welchem klar ist, warum eine bestimmte Botschaft über die Website und nicht über einen anderen Informations- und Kommunikationskanal kommuniziert wird

Ausmaß, in welchem klar ist, über welches Internetmedium (eigene Website, Newsletter, Blog, Social Media etc.) welche Botschaften und Informationen kommuniziert werden

Ausmaß, in welchem klar ist, wie eine bestimmte Botschaft aufgebaut und strukturiert wird

Ausmaß, in welchem klar ist, wozu und für wen welche Informationsdarstellungsformen (Text, Bild, Ton, Film, interaktive Elemente etc.) eingesetzt werden

Ausmaß, in welchem für die Kommunikationsmaßnahmen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden

Änderungswiderstände

Vorhandene Änderungskultur im Unternehmen

Ausmaß, in welchem der Nutzen von Innovationen unternehmensintern kommuniziert wird

Ressourcen

Vorhandensein genügender finanzieller Ressourcen

Vorhandensein genügender zeitlicher Ressourcen

Vorhandensein genügender personeller Ressourcen

 

Die Vorstellungen eines Managers bezüglich der Informationsqualität der Website werden bei deren laufender Pflege manchmal nicht wie spezifiziert umgesetzt. Wie die Tabelle zeigt, konnten zum Gap3 sechs Faktoren sowie 20 Beurteilungskriterien identifiziert werden.

 

Gap3

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Eindeutige Definition von Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung

Aufgaben, Verantwortung und Kompetenzen zum Unterhalt der Website sind eindeutig definiert

Vertikale Kommunikation

Es herrscht Transparenz über den aktuellen Stand von Projekten und Aufgaben (z. B. durch klares Projekt- und Aufgabenmanagement)

Es finden häufig und regelmäßig Sitzungen zum Informationsaustausch und zur Planung und Diskussion von Projekten und Aufgaben statt

Die informelle Kommunikation mit Vorgesetzten ist einfach möglich (z. B. durch offene Büros, räumliche Nähe, gemeinsame Pausenzeiten etc.)

Teamwork

Mitarbeitende des ganzen Unternehmens helfen sich untereinander

Gegenseitige Unterstützung ist selbstverständlich

Übereinstimmung zwischen Fähigkeiten und Aufgaben

Die Mitarbeitenden haben die passende Einstellung für ihren Job

Die Mitarbeitenden verfügen über die notwendigen Fähigkeiten für ihren Job

Ausmaß von aufgabenbezogenen Schulungen der Mitarbeitenden

Ausmaß, in welchem die anfallenden Aufgaben unternehmensintern erledigt werden können und nicht extern in Auftrag gegeben werden müssen

Motivation und Zufriedenheit

Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden

Spaß an der Arbeit

Kontinuität im Team

Positive Stimmung im Team

Qualitätsmanagement

Aktive Förderung des Qualitätsdenkens

Ausmaß der Systemunterstützung in der Ausgestaltung und Pflege der Website (Prozess-, Workflow- und Aufgabenmanagement)

Vorhandensein strukturierter Arbeitsprozesse mit Kontrollelementen (formalisiert)

Vorhandensein einer formalisierten periodischen Qualitätskontrolle

Ausmaß, in welchem geprüft wird, ob strategische Vorgaben im operativen Betrieb wie geplant umgesetzt werden (können) oder nicht

Ausmaß der Messung des Erfolgs von Kommunikationsmaßnahmen

 

Die Vorstellungen eines Managers bezüglich der Informationsqualität der Website werden manchmal auch bei deren Vermarktung nicht wie spezifiziert umgesetzt. Im konkreten Fall besteht Gap4 nur aus einem Einflussfaktor mit einem Beurteilungskriterium. In einer Organisation mit separaten Abteilungen für das Online- und Offline-Marketing wären weitere Einflussfaktoren, analog denjenigen von Gap3, denkbar.

 

Gap4

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Multi-Channel-Marketing

Ausmaß der Koordination bei kanal- oder medienübergreifenden Marketingaktivitäten und Kommunikationsmaßnahmen

 

Zuletzt werden die Vorstellungen eines Managers bezüglich der Informationsqualität der Website auch bei deren Umsetzung nicht wie spezifiziert realisiert. In der folgenden Tabelle werden zwei Einflussfaktoren sowie insgesamt sechs Beurteilungskriterien zum Gap5 präsentiert.

 

Gap5

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Übereinstimmung zwischen Anforderungen, technischen Lösungen und zur Verfügung gestellten Ressourcen

Technische Lösungen werden so einfach wie möglich und so komplex wie nötig umgesetzt

Übereinstimmung zwischen den Bedürfnissen und der technischen Lösung

Die technische Lösung kann einfach und flexibel neuen Anforderungen/Bedürfnissen entsprechend angepasst werden

Ausmaß, in welchem die notwendigen Ressourcen für technische Lösungen zur Verfügung gestellt werden

Übereinstimmung zwischen Anforderungen und vorhandenen Kompetenzen beim Technologiepartner

Der Technologiepartner ist bezüglich technischer Möglichkeiten auf dem neuesten Stand

Vorhandensein der notwendigen Kompetenzen (d. h. Vorhandensein notwendiger Fähigkeiten beim Technologiepartner)

 

Die Informationsqualität einer Website wird auch durch die Übereinstimmung zwischen den Anforderungen bei der laufenden Pflege und der technischen Umsetzung einer Website beeinflusst. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, wurden zum Gap6 in der Analyse drei Faktoren sowie sieben Beurteilungskriterien identifiziert.

 

Gap6

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Einfachheit der technischen Lösungen

Dauer der Einarbeitungszeit für die Nutzung neuer technischer Lösungen

Grad der Ähnlichkeit verschiedener technischer Lösungen (z. B. gleiches CMS für verschiedene Websites)

Die Nutzung der technischen Lösungen ist einfach

Übereinstimmung zwischen Aufgaben und technischen Lösungen

Die technische Lösung unterstützt die tagtägliche Arbeit mit der Website optimal (z. B. Inhalte aktualisieren, News veröffentlichen etc.)

Mit der technischen Lösung sind auch größere Änderungen bei der täglichen Arbeit mit der Website einfach realisierbar (Struktur anpassen, Design ändern, spezielle Landingpages entwerfen, Kurz-URLs definieren etc.)

Support

Qualität des technischen Supports

Reaktionszeit des technischen Supports

 

Einen Einfluss auf die wahrgenommene bzw. angebotene Informationsqualität hat auch die Übereinstimmung der Vermarktung der Website mit deren laufender Pflege. In der vorliegenden Tabelle wird zu Gap7 nur ein Einflussfaktor mit zwei Messindikatoren beschrieben. In einer Organisation mit separaten Abteilungen für das Online- und Offline-Marketing sind auch hier weitere Einflussfaktoren denkbar.

 

Gap7

Einflussfaktor

Beurteilungskriterien

Horizontale Kommunikation im Team

Durch den regen Informationsaustausch ist jederzeit klar, an welchen Projekten und Aufgaben die Kollegen gerade arbeiten

Die informelle Kommunikation mit Kollegen ist einfach möglich (z. B. durch offene Büros, räumliche Nähe, gemeinsame Pausenzeiten etc.)

 

Wie weiter oben formuliert, beschreibt Gap8 die Differenz zwischen den Erwartungen der Nutzer und der tatsächlich angebotenen Informationsqualität. Je größer die einzelnen Gaps (1 bis 7) ausfallen, desto größer ist folglich auch Gap8.

Die Arbeit mit dem Gap-Modell

Werden bei einer Analyse der von einem Unternehmen angebotenen Informationsqualität Defizite festgestellt, können die einzelnen Einflussfaktoren gezielt und nach ihrer Wichtigkeit priorisiert angegangen werden. In vielen Fällen ist dabei nicht nur das spezifische Know-how im Bereich SEO gefragt, wie nachfolgende fiktive, aber durch den Alltag inspirierte Beispiele zeigen sollen (es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Stellt man nach ersten Gesprächen in einem Projekt fest, dass dem Management nicht wirklich klar ist, an wen welche Informationen über die Website kommuniziert werden sollen (Gap2: Kommunikationsstrategie), bietet sich z. B. ein Zielfindungsworkshop an.
  • Fehlen in einem Redaktionsteam das Wissen und das Bewusstsein für die Bedeutung der Suchmaschinenoptimierung (Gap3: Übereinstimmung zwischen Fähigkeiten und Aufgaben), kann eine SEO-Schulung für Redakteure sinnvoll sein. Es versteht sich von selbst, dass es nicht darum geht, die Mitarbeitenden bloßzustellen, da sie möglicherweise über Kompetenzen verfügen, die für das Unternehmen wichtig sind. Trotzdem oder gerade deswegen sind hier Fingerspitzengefühl und eine transparente Kommunikation gefragt.
  • Bei umfangreichen Webprojekten kommt es häufig vor, dass das Management die Komplexität und damit den Aufwand der technischen Umsetzung unterschätzt. Aus Budgetgründen wird zum Schluss die vermeintlich unwichtige Suchmaschinenoptimierung einer Website gestrichen (Gap5: Übereinstimmung zwischen Anforderungen, technischen Lösungen und zur Verfügung gestellten Ressourcen). Bleibt das Projekt im Web unsichtbar, sollen Suchmaschinenoptimierer retten, was noch zu retten ist. Besser und letztlich kostengünstiger ist es, in das interdisziplinäre Team, bestehend aus dem Management, IT, Marketing, Business-Analysten, Requirements Engineers etc., von Anfang an auch einen Experten für die Suchmaschinenoptimierung miteinzubeziehen. Damit dies in zukünftigen Projekten tatsächlich geschieht, ist es wichtig, dem Management die Bedeutung des Themas bewusst zu machen. Nützlich sind hierbei – in erster Linie finanzielle – Kennzahlen aus dem Bereich SEO-Reporting und Controlling.
  • Ist ein Content–Management-System (CMS) umständlich und mühsam zu bedienen (Gap6: Einfachheit der technischen Lösungen), entstehen schnell einmal Unsauberkeiten in Bezug auf die Suchmaschinentauglichkeit einer Website. Dann kann es sich rasch auszahlen, in benutzerfreundliche SEO-Plug-ins für ein CMS zu investieren. Für Redakteure kann daraus sogar eine Art motivationssteigerndes Spiel werden, wenn solche SEO-Helferlein mit Konzepten aus dem Bereich Gamification umgesetzt werden (z. B. erhalten Redakteure Punkte für die wöchentlich erscheinende teaminterne Rangliste, wenn sie Seiten erstellen oder optimieren, die mehr als 80 % der vorgegebenen Standardfaktoren erfüllen, etc.).
  • Herrscht in einem Unternehmen ein ausgeprägtes Abteilungsdenken (Gap7: Horizontale Kommunikation im Team), können Jobrotationen und Teambuildingevents möglicherweise verhindern, dass QR-Codes auf Produkte gedruckt werden, bei denen die hinterlegten URLs auf 404-Seiten führen oder Adwords-Kampagnen auf Landingpages geschaltet werden, die im Bereich SEO auf völlig andere Keywords optimiert wurden.

Es ist vermutlich wenig sinnvoll, wenn Suchmaschinenoptimierer nun vor allem Teambuildingevents und Kommunikationstrainings anbieten. Das Fach- und Expertenwissen ist und bleibt nach wie vor zentral. Dennoch wird klar, dass es für umfassende Beratungen im Zusammenhang mit der Steigerung der Informationsqualität im Internet sinnvoll ist, über den Tellerrand hinauszublicken.

Gerade in großen Organisationen werden häufig Daten und Informationen aus unternehmensinternen Systemen oder Datenbanken direkt auf der Website veröffentlicht (z. B. über Schnittstellen oder XML-Daten für Online-Shops, Produktspezifikationen, Mitarbeiterprofile etc.). Wie neueste Studienresultate bei der International Conference on Information Quality (15.-17. November 2012 in Paris) zeigen, ist die Daten- und Informationsqualität für die meisten Unternehmen heute ein strategisches Thema. Die Studie belegt jedoch ebenso, dass die Realität dem Wunsch nach Exzellenz bezüglich Daten- und Informationsqualität weit hinterherhinkt (Gap2: Qualitätsphilosophie und Gap2: Informationsstrategie sowie Gap3: Qualitätsmanagement). Ein effektives Business Process Modelling (BMP) und ein Informationsqualitätsmanagement (IQM), in welchen die Anforderungen von Websitenutzern tatsächlich berücksichtigt und befriedigt werden, stellt Organisationen vor komplexe und heute noch kaum lösbare Herausforderungen. Gerade hier kann der im Rahmen einer strategischen Suchmaschinenoptimierung beigezogene und interdisziplinär arbeitende Suchmaschinenoptimierer ein Unternehmen entscheidend weiterbringen.

„Die Realität hinkt dem Wunsch nach Exzellenz bezüglich Daten- und Informationsqualität weit hinterher.“

Fazit

Eine Analyse des Informationsangebots und der Informationsqualität einer Website deckt Mängel aus der Sicht der Nutzer auf (siehe dazu Website Boosting Nr. 16: Informationsqualität im Internet, Teil 1: Die Nutzerperspektive). Bei der Ursachenforschung können die in den Tabellen zu den sieben Gaps beschriebenen 26 Einflussfaktoren und insbesondere die 87 konkreten Beurteilungskriterien als Ausgangspunkt verwendet werden.

Jeder Suchmaschinenoptimierer, der schon einmal in einem SEO-Projekt in einem mittleren bis großen Unternehmen involviert war, weiß, dass in der Regel viele der genannten Beurteilungskriterien nur teilweise oder gar nicht erfüllt werden.

Nicht in allen Fällen ist eine vollständige Analyse des Informationsangebots und der Informationsqualität aus Kunden- und Unternehmenssicht notwendig. So lässt sich die insgesamt wahrgenommene Informationsqualität bereits durch Verbesserungsmaßnahmen in denjenigen Dimensionen, die offensichtlich Schwächen aufweisen und gleichzeitig für die Nutzer von großer Bedeutung sind, massiv steigern. Hohe Qualitätsziele in allen Bereichen benötigen und binden hingegen viele Ressourcen eines Unternehmens, deren Einsatz gut überlegt werden sollte.