»Site-Klinik: Auf nach Wien – ist Govienna net(t)?

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

„Unterziehen Sie die Domain bitte einer strengen Analyse“, schrieb uns Gerhard Frank, der Betreiber von govienna.net, einer mehrsprachigen Website zur Vermittlung für Apartments in Wien. In ihrer Blütezeit hatte die Domain einen PageRank von 5, aber mittlerweile hätte sich der Traffic, so Frank, stetig zurückentwickelt und stünde nun nur noch bei etwa der Hälfte. Das Ziel des Betreibers war es nach eigenen Angaben, eine Seite für den Besucher zu bauen, die perfekt auf die Kundenwünsche abgestimmt ist. Nur Google wäre davon noch nicht überzeugt. Unsere Experten schauten sich daher vor und auch hinter den Kulissen von govienna.net um, welche Gründe es dafür geben könnte und was wir alle daraus lernen können.

Bei diesmal weit über hundert Bewerbungen für die Site-Klinik hatten wir eine echte Qual der Wahl. Der Betreiber von govienna.net schrieb uns, dass keine der bisher getroffenen Maßnahmen den stetigen Rückgang des Traffics seiner Domain aufhalten konnte. Die Herausforderung war also – soweit das „von außen“ ohne weitere Daten möglich ist – eine möglichst tief gehende Analyse durchzuführen, um möglichen Ursachen auf den Grund zu gehen. Diesmal mussten wir daher vergleichsweise lange und tief wühlen und viele Steine und Steinchen umdrehen. Das Ergebnis kann sich sicher sehen lassen und dem Betreiber durchaus helfen, zumindest die Gründe für den Rückgang der Rankings zu erkennen und dann ggf. auch wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wie immer sind aber auch bestimmt eine Menge Learnings für alle dabei.

First Impressions

Vorweg muss man erwähnen, dass govienna.net für 18 Sprachen vorhanden ist, die man über eine ganze Batterie Flaggensymbole auswählen kann. Die Domain schaltet dann jeweils auf eine eigene Subdomain wie z. B. de.govienna.net oder es.govienna.net um. Zusammen mit der Hauptdomain sind das dann insgesamt 19 Domains, was Analysen natürlich nicht gerade erleichtert. Nach dem Aufruf der deutschen Startseite empfängt den Besucher ein dominantes Bild einer Wiener Sehenswürdigkeit, außerdem ein Buchungsscheck mit englischer Beschriftung, einige Zeilen in kleiner Schriftgröße, rollierende News und die Möglichkeit, via Banner den „transfer online zu booken“. Eine Sektion zeigt beispielhaft ein Apartment und bietet per „more Details“ und „All Apartments“ den eigentlichen Eingang. Praktisch unvermeidbar bei Websites aus der Reisebranche findet man auf der Startseite auch Banner von Apartments in Bratislava oder Budapest. Aus Vermarktungssicht ist das verständlich, aber wegen des immer knappen Platzes beim Gerangel um Aufmerksamkeit sollte man sich immer die Frage stellen, wie viele Besucher, die jetzt im Moment in Wien ein Apartment suchen, dann vielleicht doch lieber kurz entschlossen nach Bratislava wollen. Besucherinteresse sollte man in der Regel immer vor Vermarktungsinteressen stellen.

Aus dem Inhalt des langen Textes, der im unteren Teil folgt (siehe Abbildung 2), sind wir nicht so recht schlau geworden. Einerseits ist bekannt, dass Suchmaschinen viel Text mögen und brauchen. Umgekehrt brauchen oft auch die Besucher selbst einige wichtige Informationen. Der Text scheint aber weder suchwortoptimiert zu sein noch wirkt er wie für Besucher getextet. „Welche Wohnung ist die richtige für Sie? Diese schwierige Frage sollten sie sich selber stellen bevor sie unsere Wohnung buchen. Am besten machen sie einen Anforderungskatalog …“, liest man da z. B., begleitet von immer wieder auftretenden Tipp- und Kommafehlern. Es ist völlig klar, dass solche Fehler beim Tippen vorkommen, auf den Besucher können sie unkorrigiert allerdings fatal wirken, indem diese unbewusst geistig einige Vertrauenspunkte abziehen. Dem Vernehmen nach können mittlerweile auch Suchmaschinen die Textqualität maschinell ganz gut einschätzen. Vor zu vielen Tippfehlern sollte man daher tunlichst aus beiden Gründen Abstand nehmen. Zurück zur inhaltlichen Aussage: Lieber Kunde, bevor Du buchst, stell Dir eine schwierige Frage und mach Dir einen Anforderungskatalog – einfach so mal schnell buchen ist nicht gut … So negativ oder gar etwas abschreckend bzw. warnend sollte man vielleicht nicht formulieren. Was dann aber sehr viel ärgerlicher wäre: Falls jemand diesen Text wirklich lesen und sich tatsächlich einen solchen kleinen Katalog mit für ihn wichtigen Dingen zusammenstellen sollte, wird er anschließend enttäuscht sein, denn die Darstellung der Apartments lässt keinerlei Filterfunktion zu. Man kann sie tatsächlich nur durchscrollen und muss jedes einzeln aufrufen und ansehen.   

Von der Anmutung her wirkt die Startseite vielleicht etwas überladen. Hier wäre durchaus denkbar, es einmal mit einem mehr einstimmenden Design zu versuchen. Man könnte die Besucher erst einmal optisch deutlicher „abholen“ und ihm zeigen: Wenn man im Herzen von Wien kostengünstig ein Apartment sucht, ist man hier richtig. In dem kleinen Textkasten sind zwar alle wichtigen Informationen vorhanden, aber eben nur als Fließtext, und das dominante Bild zeigt nur Sehenswürdigkeiten, keine gemütlichen Wohnungen. In der Abbildung 3 sehen Sie im Vergleich acht Sites, die in Wien Apartments anbieten. Welche spricht Sie auf Anhieb optisch besonders an? Solche einfachen Vergleiche der First Impression können Sie übrigens auch selbst für Ihre eigene Domain machen, indem Sie sich mit Mitbewerbern gleichwertig darstellen und unternehmensfremde Personen um eine intuitive Einschätzung bitten. Aber Achtung: Die Erkenntnisse aus solchen Experimenten können sehr niederschmetternd sein und zum schnellen Redesign der vorher als passend empfundenen Startseite führen ;-) 

Die Wohnungsübersicht selbst listet dann unter einem Stadtplan von Wien alle Apartments auf, allerdings nach keinem erkennbaren Muster. Auch nützliche Filtermöglichkeiten wie nach dem Preis, dem Buchungsminimum für die Anzahl der Nächte oder der max. Personenzahl fehlen. Die Zahlen in dem grünen Ballonsymbol (siehe Abbildung 4) erleichtern das Auffinden in der Karte. Klickt man z. B. auf die Nummer 2, wird in der interaktiven Karte die Lage der Nr. 10 gezeigt. Es entsteht der Eindruck, dass dieses „Click to find“ nicht richtig funktioniert. Der Grund liegt darin, dass sich einige Apartments in einem Haus befinden und somit die gleiche Adresse haben. Auf den Besucher wirkt dies allerdings verwirrend und er wird diese ansonsten ja sehr nützliche Funktion wahrscheinlich nicht mehr nutzen.  

Der Mischmasch aus Deutsch und Englisch (MORE DETAILS) stört vielleicht ein wenig. Man kann leicht übersehen, dass unter „Price from“ der Betrag pro Person ausgegeben wird. Die benötigte Personenanzahl variiert ja individuell bei jedem Anfragenden und daher ist diese prominent dargestellte Preisangabe eher weniger hilfreich. Direkt neben dem Bild steht die korrekte Preisspanne für die gesamte Wohnungsmiete.   

Was ist bei einer Detailansicht zu einer Wohnung neben dem Preis besonders wichtig? Richtig, gute und aussagekräftige Bilder. Die sind zwar vorhanden, rollieren aber automatisch und ohne sichtbare Eingriffsmöglichkeit durch. Nach dem Klick auf das Bild geht ein vergrößertes Fenster auf, aber darauf muss man erst einmal selbst kommen. Hier würde ein Hinweis oder das übliche Symbol eines Vergrößerungsglases sicher helfen. Die Detailansicht versucht leider nicht zu verbergen, dass wir es hier mit dem Auszug aus einer Datenbank zu tun haben. Den Wiener Charme einer Urlaubseinladung versprüht sie optisch jedenfalls nicht. Das ist schade, denn der Text wirkt gerade am Ende durchaus individuell geschrieben. Ohne eine vernünftige Struktur fließt jedoch alles in etwas angestaubtem Webdesign einfach um das Bild herum. Gerade bei umgebrochenen Aufzählungen wirkt das zusammen mit den Schreib- und Tippfehlern etwas lieblos. Die per iframe eingebundene englischsprachige Buchungsmaschine verbessert diesen Eindruck nicht unbedingt. Der Betreiber dieser Buchungsmaschine hat, wie man, in Abbildung 5 erkennt, offenbar noch nicht mitbekommen, dass es mittlerweile neben dem Internet Explorer noch weitere Browser gibt. Ein ausgewähltes Datum kann man nicht mehr vollständig sehen, da die Felder unverständlicherweise viel zu klein für zwei Stellen geraten sind. My-bookings.org befindet sich hier allerdings in sehr guter Gesellschaft, denn diese für Besucher ärgerliche Nachlässigkeit findet man immer wieder im Web – z. B. auch bei Air Berlin, deren Entwickler es scheinbar auch ablehnen, die eigenen Seiten einmal mit dem Firefox oder gar dem mittlerweile weit verbreiteten Chrome-Browser anzusehen. Auf den Besucher können solche Nachlässigkeiten als schlampig oder wenig ernsthaft wirken, worin die eigentliche Gefahr liegen dürfte: „Da stellt mir jemand ein Pull-down-Feld hin, das zweistellige Zahlen zur Auswahl bietet. Nach dem Auswählen wird aber nur die erste Zahl angezeigt. Viel Mühe haben die sich aber nicht gegeben oder es ist ihnen einfach egal, ob wir Kunden hier zurechtkommen und uns wohlfühlen.“ Solche wirklich auffälligen und für jeden sichtbaren Fehler zählen wohl zu denen, deren Grund man am wenigsten versteht, und daher wird wohl die „Ist denen egal“-Theorie bevorzugt. Dabei wären gerade solche Kleinigkeiten ganz einfach abzustellen. 

Was gibt es alles in Wien?

Das zu erfahren vermutet man unter dem Menüpunkt „.Viena“. Aber ab hier kommuniziert der Betreiber nur noch mit rund einem Drittel der deutschen Bevölkerung, denn nur so viele beherrschen die englische Sprache gut genug. Neben einer ganzen Batterie ausgehender Links wurden zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Wiens englische Beschreibungen hinterlegt. Die Texte sind leider alles andere als individuell – für einige findet man bis zu 2.000 exakte Kopien im Web. Für Google und andere Suchmaschinen ein recht klares Signal, dass hier keine redaktionelle Eigenarbeit auf den Besucher wartet, sondern zusammenkopierter Einheitsbrei. 

Hinsichtlich des Contents war es das dann auch schon für den Besucher. Unter „.Contact“ findet man noch Impressumsangaben und einen Facebooklink zum Seitenbetreiber. Rechnet man den für Suchmaschinen crawlbaren echten Content in deutscher Sprache aus dem gesamten Textangebot auf de.govienna.net zusammen, kommt man etwa auf etwa 2.200 Worte. Zum Vergleich: Dieser Beitrag hat bis hierher etwa die gleiche Anzahl an Worten. Berücksichtig man nun noch, dass einige der Apartmentbeschreibungen auch auf anderen Webangeboten auftauchen, dann erscheint der Informationsgehalt unter dem Strich doch etwas gering – für Suchmaschinen sowie für Besucher. Hier wäre die Mühe, etwas mehr Text zu schreiben, und vor allem solchen, der nur auf dieser Domain auftaucht, sicherlich gut investiert. Der Betreiber selbst hat offenbar noch weitere Domains mit gleichem oder ähnlichem Inhalt. Eine davon war um den Testzeitraum allerdings so langsam und fehlerhaft, dass man den Content tatsächlich nur aus dem Cache von Google ziehen konnte. Solche Strategien, gleich mehrere Domains ins Rennen zu schicken, gehen nicht immer auf. Betreibt man sie aus Gründen der Risikostreuung (falls die Hauptdomain unerwartet einen Absturz in den Suchergebnissen haben sollte), dann nützt es relativ wenig, die gleichen Texte zu verwenden und diese Ableger nur mangelhaft zu betreuen.  

Und was meinen wohl die Suchmaschinen?

Prüft man das in den einzelnen Sichtbarkeitskennzahlen der SEO-Tool-Hersteller verdichtete Rankingverhalten, so spiegelt sich wider, was der Betreiber beklagt: ein nennenswerter Trafficeinbruch. Die Kurven verlaufen bei den einzelnen Anbietern von Analysetools etwas unterschiedlich, weil alle einen eigenen Keywordpool haben und vor allem aber die Indexwerte so niedrig sind, dass kleinste Veränderungen den Verlauf bereits sichtbar verändern. Zudem muss man die unterschiedlichen Zeitachsen berücksichtigen.

Die wilden Sprünge beim PageRank im Juli 2011 in der Abbildung 13 sind aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen Mess- oder Rückmeldungsfehler zurückzuführen und können daher ignoriert werden. Man erkennt, dass nach einem Anstieg auf PageRank 5 vor etwa zwei Jahren die Domain aktuell bei einem Wert von 2 liegt. (Nachtrag: Kurz nach Redaktionsschluss stieg der von außen sichtbare Wert allerdings wieder auf 5 an, die Rankings blieben aber erwartungsgemäß davon unbeeinflusst).

Im Schnellvergleich der deutschen Subdomain de.govienna.net mit einigen Mitbewerbern (Abbildung 15) zeigt sich, dass diese hinsichtlich der Linkstrukturen deutlich besser aufgestellt sind. Der „Sieger“ in diesem Vergleich hat sogar sechs Backlinks von den als wichtig geltenden .edu-Domains (registrierte Bildungseinrichtungen) bekommen. Durch eine pfiffige Vorgehensweise kann man Universitätsseiten oder dort beheimatete Studentenseiten durchaus bei freundlicher Nachfrage dazu bringen, auch auf Apartments z. B. als temporäre Wohngelegenheit für Besucher der jeweiligen (Universitäts-)Stadt hinzuweisen – auch durch einfaches Sponsoring. Ein weiterer Vergleich mit Mitbewerbersites zeigte, dass diese generell einen deutlich höheren Anteil an sog. Nofollow-Links haben. Dies spiegelt eine gewisse Natürlichkeit der eingehenden Links wieder. Der Anteil an Follow-Links liegt bei govienna.net bei 99,79 % und das wirkt definitiv unnatürlich.

Woran mag es liegen, dass sich die Suchmaschinen zunehmend abwenden?

Auf die deutsche Subdomain „de.govienna.net“ zeigen aktuell tatsächlich nur ganze zwei unabhängige Backlinks: ein relativ wertloser von einem Ping-Dienst mit einem Redirect (Weiterleitung) und ein weiterer von einem Urlaubsportal mit dem Linkattribut „nofollow“ und dem Linktext „zur Homepage“, also suchmaschinentechnisch gesehen auch relativ nutzlos. Hier zeigt sich der Nachteil einer Länderaufteilung per Subdomain. Die eingehenden Links verteilen sich auf viele Domains, statt sich auf eine einzige zu konzentrieren, welche dann die Linkpower leichter in Unterverzeichnisse weitergeben kann. Die Backlinks auf die Hauptdomain sind laut den gängigen SEO-Tools deutlich höher.

Nach der Bereinigung von Linkdatenduplikaten blieben am Ende knapp unterschiedliche 53.000 Links übrig. Da die Domain allerdings nur eine Domainpopularität (hier wird nur die Anzahl der verlinkenden Domains gezählt) von etwa 460 hatte, lohnt bei einer solchen Asymmetrie immer ein tieferer Blick in die Details. Wirklich als unabhängig zu wertende Linkquellen (sog. IP-C-Class-Links) sind es übrigens nur knapp 190. Und tatsächlich fördert der tiefere Blick einige strukturelle Probleme zutage. Alleine 9.000 Links kommen z. B. von einer kroatischen Website, davon etwa 3.500 Links mit Mustern wie domainname.com. Die Zahl nach „?id=“ zählt dabei munter nach oben und die Links befinden sich auf Seiten, die eigentlich zum Ausdrucken gedacht sind. Noch einmal die gleiche Anzahl kommt von der gleichen Domain, nur mit „www.“ vor dem Domainnamen. Hier hat der Betreiber der kroatischen Seite, von wo domainweit Links gesetzt wurden, den Server nicht sauber konfiguriert oder denkt, mit der Verdoppelung der Seitenanzahl mehr Chancen in Suchmaschinen zu bekommen – was natürlich nicht der Fall ist.  

Es wird noch schlimmer. Weitere 22.000 Links kommen von einer Domain und weisen ebenfalls ein spezifisches Muster auf: www.domainname.com/Calendar/date=2074-06-03. Hierbei ist besonders auf das Datum in der URL zu achten, es zeigt auf das Jahr 2074. Die Ursache dieses Phänomens liegt in einem Kalendertool, das von der linkgebenden Domain zu govienna.net zeigt. Hier bekommen wir einen netten kleinen Einblick, wie schwer es für die Bots von Suchmaschinen ist, mit solchen Unachtsamkeiten umzugehen. Die Bots rufen natürlich alle Links auf, die auf einer einzelnen Seite vorhanden sind. Hier klicken sie tumb auch auf die einzelnen Links zu jedem Tag im Kalender und schieben diesen dann über die Vorschau des nächsten Monats immer weiter in die Zukunft. Da der Betreiber der Site das Datum nicht begrenzt hat (wer bucht heute schon für das Jahr 2074), laufen sich sämtliche Bots hier einen Wolf. Dieser Bug schlägt mehrmals zu, denn auch andere, offenbar zum gleichen Betreiber gehörende Domains verwenden das gleiche Datumsfeld und produzieren somit nicht nur prinzipiell unendlich viele Links zu govienna.net, sondern haben selbst das Problem, für Google & Co. unendlich viele Duplikatseiten (sog. Duplicate Content*) zu erzeugen. Dass Suchmaschinen keine Lust haben, sich an solchen fehlerhaften Programmierungen zu reiben und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen, dürfte jedem sicher klar sein.

In Summe hat govienna.net durchaus gute und themenrelevante Backlinks. Diese werden aber durch Kooperationen mit anderen Domains, auf denen Links sitewide (also auf jeder Einzelseite) gesetzt und mit einem nicht dem Domainnamen entsprechenden Linktext „Apartments Wien“ versehen sind, mehr als verwässert. Nimmt man dann noch die oben nur kurz angerissene Problematik der weiteren, unkontrolliert entstehenden Links dazu, ergibt sich eine gefährliche Gratwanderung, die man vielleicht am besten so veranschaulichen kann: Der Betreiber fährt mit Vollgeschwindigkeit die Steilkurve am Hockenheimring entlang – allerdings oben auf dem Kurvenkamm und nur auf zwei der vier Reifen.

Auf der Startseite wurden im Fußbereich sehr viele Links gesetzt. Diese wurden augenscheinlich einfach aneinandergereiht, damit sie „da“ sind und den Unterseiten bei der Vererbung von Power helfen. Betrachten wir zum besseren Verständnis die Abbildung 18 einmal mit einem menschlichen Auge und nicht durch die Brille einer Suchmaschine. Wer findet eine solche schnöde Aneinanderreihung von Links nützlich? Wer würde sein Auge da gerne durchquälen, um etwas zu finden? Wahrscheinlich die wenigsten unter uns. Früher fanden Suchmaschinen solche Auflistungen super. Aber nachdem man dort erkannt hat, dass diese nur für sie, die Suchmaschinen, angelegt wurden und für Menschen eher schrecklich sind, hat man den positiven Effekt zunächst abgeschwächt. Da aber offenbar trotzdem immer mehr Webmaster diese Linkgräben verwenden, hat man die Zügel wohl stärker angezogen, und nach Meinung vieler Experten kann dies unter ungünstigen Umständen mittlerweile sogar schaden. Die rot markierten Links in Abbildung 18 sind übrigens Nofollow-Links. Der Betreiber hat damit ausgehende Links zu anderen Domains für Google „entwertet“, d. h. diese Links übertragen keinen PageRank. Man setzt das Nofollow-Attribut ein, wenn man sich inhaltlich von den Linkzielen distanziert bzw. für diese nicht als „Empfehlung“ verantwortlich zeichnen möchte, wie das z. B. bei URLs in Blogkommentaren der Fall ist. Oder man verwendet es, weil man Links verkauft oder vermietet und dies den Google-Richtlinien entsprechend dem Bot dokumentieren möchte. Der erste Grund dürfte wegfallen, denn es handelt sich ja um bewusst gesetzte Links. Der zweite Grund scheint aber ebenso wenig plausibel, soweit man das von außen beurteilen kann. 

Der dritte Grund, nämlich das sog. PageRank Scuplting, fällt zumindest von der Wirkung her weg, denn auf diesem Weg per Nofollow-Attribut funktioniert diese Art der Beeinflussung der PageRank-Berechnung ja schon lange nicht mehr – was auch seitens Google immer wieder bestätigt wurde. 

Der Betreiber von govienna.net hat laut Impressumseintrag noch mindestens eine weitere Domain, welche die gleichen Inhalte anbietet. Diese wurde größtenteils in Flash erstellt und sogar Textteile wurden als Grafiken abgelegt. Da dort aber zum Zeitpunkt des Tests weder die Buchungsschnittstelle noch die Kartenansicht funktionierte, wirkt sie eher wie eine vergesse Experimentierplattform. Menschen werden sich zwar höchstwahrscheinlich nicht dorthin verirren, aber Suchmaschinen finden natürlich auch solche Webpräsenzen und eine von ihnen erkannte Verbindung z. B. über eine Verlinkung mit solchen Domainwüsten bringt sicherlich keine Pluspunkte. 

Die interne URL-Struktur der Site ist prinzipiell sehr gut und flach aufgebaut. Ausgerechnet bei den wichtigen Detailseiten werden aber URL-Monster wie Ñhttp://de.govienna.net/apartment-detail.php?object=1222424883&from=&to=&nights=0&persons=&aname=Apartment%20Vienna%202%20-%20Fewo%20Wien%20-%20Quellenstrasse%20128%20Top%2028ì erzeugt. Das ist gleich aus mehreren Gründen ungut. Zum einen lassen sich solche URLs schlecht kopieren und von Interessenten per Mail weitergeben – und wenn doch, werden sie nicht selten umgebrochen und damit fehlerhaft. Dies gerade bei der Vermietung von Apartments zu machen, wo ja oft mehrere Menschen über die Auswahl entscheiden, ist sicher nicht förderlich. Der zweite Grund liegt in dem Textsnippet und der angezeigten Adressleiste bei Suchmaschinen, die wegen ihres „maschinellen“ Aussehens möglicherweise eben auch nicht gerade zum Durchklicken reizt – wenn die anderen Ergebnisse eleganter und vielversprechender aussehen. Studien zeigen immer wieder, dass kurze URLs spürbar häufiger angeklickt werden als lange und v. a. kryptisch wirkende. Die vielen „%20“ in der URL rühren übrigens daher, dass der Betreiber seine Dateinamen mit eigentlich ungültigen Leerzeichen auf dem Webserver abgelegt hat. Google wandelt diese in Bindestriche um und zeigt sie auch so im Chrome-Browser an. Im Firefox werden sie wiederum in Leerzeichen umgewandelt. Möchte jemand von außen auf eine solche Seite verlinken, könnte es durchaus zu Problemen kommen.

TIPP

Der Einsatz des hreflang-Tags erleichtert Google die Zuordnung einer Webseite zu Land und Sprache. Dabei wird allerdings nicht das Ranking selbst beeinflusst! Taucht z. B. eine für Deutschland gedachte Seite in den Suchergebnissen auf, aber der Suchende kommt aus der Schweiz und es wurde über hreflang auf eben dieser Seite im Head die URL des Schweizer Pendants hinterlegt, gibt Google beim Klick auf das Suchergebnis nicht die ursprüngliche deutsche URL zurück, sondern leitet auf die entsprechende Schweizer Seite weiter. Damit kann man z. B. auch Suchenden aus der Schweiz gezielt die von ihnen gewünschte Sprachversion deutsch, französisch oder italienisch ausliefern lassen. Johannes Müller (JohnMu) von Google gab uns auf Anfrage die Auskunft, dass derzeit alle Sprachen und Länder unterstützt werden, die im entsprechenden Standard definiert sind. Zusätzlich gab er den Hinweis, dass es bei 18 Sprachversionen durchaus Sinn machen kann, das Markup auch in der Sitemap zu verwenden, wo eine entsprechende Verarbeitung ebenfalls unterstützt wird.  Google stellt hierzu auch eine recht ausführliche Hilfe unter einfach.st/gland zur Verfügung. 

Was man in jedem Fall vermeiden sollte, sind Broken Links auf den eigenen Seiten. Finden Suchmaschinen solche Links zu nicht mehr existierenden Seiten – und sie finden sie auf jeden Fall –, lässt das zu Recht auf mangelnde Sorgfalt des Webmasters schließen. Gibt es zu viele solcher toten Links, handelt sich die Domain eine Abwertung ein, denn schließlich sollen klickende Besucher nicht im digitalen Nirwana landen. 

An govienna.net ließen sich auch noch einige wichtige Basisoptimierungen vornehmen. So sind bei der Mehrzahl der Seiten die Titles zu lange und bei zehn Seiten sind sie doppelt vorhanden. Die Länge der Meta-Descriptions ist bis auf wenige Ausnahmen korrekt. Warnungen über Probleme in diesem Bereich kann man selbst sehr leicht in den Webmaster-Tools von Google sehen, wo sie gesondert ausgewiesen werden. Und wenn Google schon selbst solche Fehler „anmahnt“, tut man als Sitebetreiber gut daran, sie auch zu beheben.

Ebenso könnte man die Verwendung von Überschriften mit H1, H2 etc. noch optimieren. Viele wichtige URLs sind deutlich zu lang und auf die wichtigen Seiten mit den Details zu den Apartments gehen weniger interne Links ein als auf die anderen Seiten der Domain. 

Wo sich die Domain zunehmend gut aufgestellt hat, ist der Bereich Social Networks. Während alle Kennzahlen im SEO-Umfeld rot nach unten zeigen, steigt vor allem die Zahl der Likes, Shares und auch die der Kommentare an, was sicher in erster Linie auf das Engagement des Sitebetreibers zurückzuführen ist. 

Bei Eingabe von „govienna“ erscheint bei Google die internationale Startseite. Dies zeigt, dass die deutsche Subdomain offenbar nicht stark genug ist, um für Suchende aus Deutschland im Ergebnis zu dominieren (Abbildung 25, Ziffer 1). Hier würde sich der Einbau des neuen hreflang-Tags empfehlen, um Google ein Signal zu geben, welche Seite in welchem Land am besten an den Suchenden übermittelt wird. 

Im Fall govienna.net würde ein Muster für die Implementierung des hreflang-Tags für die deutsche (de), französische (fr) und spanische (es) Version dann z. B. wie folgt aussehen und müsste im Head der Startseite eingefügt werden:

<link rel=“alternate“ hreflang=“de-de“ href=“http://de.govienna.net“>
<link rel=“alternate“ hreflang=“fr-fr“ href=“http://fr.govienna.net“> 
<link rel=“alternate“ hreflang=“es-es“ href=“http://fr.govienna.net“> 
…

Über diese Feinsteuerung ließe sich sogar z. B. für Besucher aus der Schweiz, die aber vornehmlich französisch sprechen, über deren Präferenz via Browsereinstellungen die korrekte Sprachversion einstellen:

<link rel=“alternate“ hreflang=“fr-ch“ href=“http://fr.govienna.net“>

Das erste Kürzel „fr“ steht für die gewünschte Sprache (hier französisch) des Besuchers und das zweite „ch“ für das Land, aus dem er sucht (Schweiz). 

In Abbildung 25, Ziffer 2 erkennt man am Rande bemerkt noch mal das Problem gleicher Textbausteine, wenn man diese auch zum Eintrag bei anderen Domains verwendet. Hier kann ungewollt Duplicate Content entstehen, der im Extremfall dazu führt, dass eine fremde (Vermittlungs-)Domain im Ergebnis auftaucht, wenn sie deutlich stärker ist als die eigene. 

Fazit

Der abnehmende Traffic der analysierten Domain kann vielerlei Gründe haben. Optimieren Mitbewerber ihre Seiten massiv für Suchmaschinen, drängt es natürlich die eigene Site immer mehr zurück – ohne dass bei einem selbst negative Muster auftreten. Dieser Umstand wird bei entsprechenden Beobachtungen oft übersehen und man meint fast reflexartig, die eigene Site hätte ein Problem mit Google, weil sie langsam zurückfällt. Letztlich lässt sich ja nicht entscheiden, ob Domain A an B im Ranking deshalb vorbeizieht, weil sie selbst z. B. mehr Backlinks erhalten hat, oder ob bei Domain B Backlinks aus der Wertung von Google weggefallen sind und sie „nur“ deswegen schwächer wird. Im Fall govienna.net deutet vieles darauf hin, dass Backlinks, die früher im Algorithmus bei Google vielleicht noch stärker gewichtet wurden, nun einfach aus eben dieser Bewertung herausrausgefallen sind bzw. nicht mehr als positive Signale gewertet werden –obwohl sie natürlich in den Backlinkanalysen noch erscheinen. Für die Domain selbst könnte durchaus ein Penalty* bzw. eine Strafe vorgelegen haben, denn Sprünge im PageRank-Wert von 5 auf 2 und anschließend wieder auf 5 lassen dies durchaus im Bereich des Möglichen erscheinen. Sehr wahrscheinlich ist, dass zumindest für einzelne Keywords eine Strafe verhängt wurde und dies seine (maschinelle!) Begründung in den beschriebenen unglücklichen Linktexthäufungen findet. Zwar hält der Betreiber 18 Sprachen für die Besucher zur Verfügung, aber auf die einzelne Sprache bezogen gibt es vergleichsweise nur wenig Content auf den Kernseiten der Subdomains – sieht man von den englischen Textkopien über Wien ab. Eine Seite, die in Textblöcken ausgehende Links zur Verfügung stellt, ist in den Augen einer Maschine wohl eher dafür gut, die linkempfangenden Seiten zu stärken, als selbst ein guter Kandidat für das Ranking zu sein. Und in der Tat ist es ja auch so, dass die Seite über Wien die Besucher eher von der Domain weg zu anderen Zielen leitet und damit eben deutlich keine Informations-„Endstelle“, sondern eher eine Verteilerseite darstellt. Suchende aber gleich direkt zu den „Endstellen“ zu führen und nicht erst auf solche Verteilseiten, ist ja Aufgabe der Suchmaschinen, die mit ihren Algorithmen genau dies versuchen: Nicht eine Verteilseite zu ranken, sondern besser gleich das Ziel.

Auch die Absprungrate der Besucher, denen die optische Gestaltung von Mitbewerbern vielleicht mehr zusagt, kann dafür sorgen, dass eine Domain im Laufe der Zeit in Google-Augen an Ansehen verliert. Als wahrscheinlichster Grund ist aber sicherlich der Wegfall der Wertung vieler qualitativ minderwertiger und themenfremder Backlinks zu sehen, was der Domain zu schaffen macht. Die Zeiten, wo Google jeden eingehenden Links freudig der vermeintlichen Reputation einer Domain zuschlug, sind längst vorbei. Der Suchgigant wird gerade in der letzten Zeit spürbar besser, wenn es darum geht, Linkspreu vom Linkweizen zu trennen. Die Siebe werden dabei immer feingranularer und beim Sieben der Kandidaten für die Suchergebnisse bleiben daher immer mehr Domains oben im engeren Gitterwerk bei den Spelzen hängen. Hier mag es für alle Seitenbetreiber sicher keine schlechte Empfehlung sein, einmal beherzt und rechtzeitig feucht durchzuwischen und schlechte Links nach und nach abzubauen. Gleichzeitig sollte man sich aber immer auch um wirklich qualitativ hochwertige Links bemühen, vor allem auch um solche, über die auch wirklich echte Besucher kommen, und nicht von Seiten, die für jeden erkennbar nur für Suchmaschinen ins Netz gestellt wurden. Fast genauso wichtig ist es, auf deutlich mehr Linktexten den Domainnamen stehen zu haben sowie Keywords und vor allem auch Footerlinks, sowohl eingehend als auch ausgehend, möglichst zu vermeiden. Der gleichzeitige Aufbau guter Backlinks kompensiert nämlich ein temporäres Abschwächen der Domain im Ranking bei der Rücknahme schlechter Links, denn leider gibt es noch immer keine verlässliche Möglichkeit, wirklich genau zu erkennen, ob Google einen Link nun tatsächlich nicht mehr wertet. 

Trotzdem bleibt es nur eine Frage der Zeit, bis Links, die sogar das menschliche Auge auf Anhieb als minderwertig erkennt, auch von der Maschine erkannt werden und ab dann nicht mehr positiv und im schlimmsten Fall sogar negativ über Keyword-Strafen auf das Ranking einzahlen.