Wie Infografiken das Web erobern

Benjamin Wienzoschek
Benjamin Wienzoschek

Benjamin Wienzoschek ist geschäftsführender Gesellschafter des Link-Marketing-Spezialisten suxeedo GmbH, der sich auf die Entwicklung von Infografiken spezialisiert hat. Zuvor war er bei der Rocket Internet GmbH beschäftigt und ging einer mehrjährigen beratenden Tätigkeit für Verlage und Medienunternehmen nach, entwickelte für diese Online-Strategien und begleitete die Umsetzung.

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Infografiken wecken Neugier, erregen Erstaunen oder entlocken dem Betrachter einfach ein Schmunzeln. Sie sind ein emotionales Contentformat, das einer Website neuen Nutzwert verleiht und zugleich als Linkbait Einsatz findet. Welche weiteren Funktionen Infografiken erfüllen und welche Anforderungen bei ihrer Entwicklung zu berücksichtigen sind, erfahren Sie in nachfolgendem Artikel.

Mittels Visualisierung machen Infografiken komplexe Sachverhalte einfach zugänglich und verständlich. Auf der Grundlage hochwertiger, interessanter Daten soll eine Infografik den User aber nicht nur informieren, sondern zudem einen Unterhaltungswert bieten, der Freude bereitet und dafür sorgt, dass sich der Betrachter dem Bann der Infografik nicht entziehen kann.

Funktionell sind Infografiken ein Marketingmittel, mit dem organisch Links aufgebaut werden können. Die freiwillige Verlinkung erfolgt von Websites, in die die Infografik mittels HTML-Code eingebunden wird. Die letzten Google-Updates legen vor allem Wert auf die Wertigkeit von Links und strafen überoptimierten Linkaufbau ab. Organische Links, wie sie eine Infografik generiert, sind dadurch besonders wertvoll.

Die Infografik dient jedoch auch anderen Unternehmenszielen. Der redaktionell hochwertige Content in der Infografik wertet eine Website als Ganzes auf. Sofern eine Kommentarfunktion eingebunden ist, wird die Landingpage darüber hinaus regelmäßig mit aktuellem Content versorgt. So kann die Infografik zum Beispiel auch in eine Landingpage eines Onlineshops integriert werden und einen dazu Beitrag leisten, User in Käufer zu konvertieren. Ein weiterer Effekt ist eine stärkere Bindung des Users durch vertrauenswürdige Inhalte.

Wird das Unternehmenslogo in die Infografik integriert, kongruiert dies in der Regel mit den Zielen der PR-Strategie. Der Brand bzw. die Marke erzeugt online eine neue Sichtbarkeit, und vielfach lässt sich eine Kampagne somit, zumindest teilweise, aus dem Budget der Public Relations finanzieren.

Schließlich ist auch der zu erwartende Traffic von themenrelevanten Portalen und den Social-Media-Kanälen ein nicht zu unterschätzender Faktor im Zusammenhang mit Infografiken, denn eine erfolgreiche Kampagne generiert immerhin fünfstellige Besucherzahlen.

Die beste Werbung ist keine Werbung

Eine Infografik bietet sich nicht an, um ein Produkt zu bewerben, denn eine Werbegrafik wird von keinem Webseitenbetreiber eingebunden. Vielmehr ist jeder markenbildende Effekt ein zusätzlicher Bonus.

Eine Marktinnovation, ein soziales Phänomen oder ein aktuelles, gesellschaftlich relevantes Ereignis mittels Infografik aufzugreifen, ist dagegen sinnvoller. Bei Unternehmen mit regionalen Vertriebsansätzen bietet es sich beispielsweise an, Städte oder Regionen thematisch vorzustellen und daraus resultierend auf lokaler Ebene Backlinks einzusammeln.

Spricht ein Thema eine Zielgruppe an oder ermöglicht gar die Identifikation mit der Grafik, ist eine fundamentale Voraussetzung für ihre erfolgreiche Verbreitung erfüllt. Dies gelingt insbesondere dann, wenn die Passion einer Zielgruppe bedient wird oder ihre Ambitionen bestätigt werden. Ist das Thema gefunden, müssen die Inhalte entwickelt werden. Das Motiv kann überspitzte Stereotype ebenso thematisieren wie eine nutzenorientierte Diskussion, die auf objektiven Fakten beruht.

 

Konzeptionelle Entwicklung: Provokation und Humor erregen Aufmerksamkeit

Die Inhalte für eine Infografik können verschiedenen Quellen entstammen. Sie können beispielsweise eigengeneriert sein durch Daten, die dem Unternehmen bereits vorliegen, wie etwa Abverkaufszahlen oder Daten aus unveröffentlichten Umfragen bzw. Studien. Liegen keine eigenen spannenden Informationen vor, bietet es sich an, Informationen über Recherchen zusammenzutragen. Zu beachten ist bei fremden Inhalten, dass diese nicht bereits allzu bekannt sind. Zudem ist die Quelle verwendeter Informationen unter der Grafik aufzuzeigen, auch wenn fremde Daten mit eigenen Erkenntnissen aus Untersuchungen für einen neuen Mehrwert kombiniert werden.

Ein bedeutender Erfolgsfaktor ist die Qualität des Contents der Infografik: Ist dieser einzigartig und für die Zielgruppe ansprechend, so ist bereits eine wichtige Hürde genommen. Infografiken sollen den User verblüffen! Wird etwas „geshared“, also geteilt, so wird im Social-Media-Jargon prinzipiell ein Wissensvorsprung geteilt, meist um positive soziale Reaktionen und Anerkennung in der Community hervorzurufen: „Seht her, ich weiß etwas. Ich habe etwas Interessantes entdeckt und teile es nun mit euch!” Der Leser muss schon in den ersten Sekunden durch die visuelle Gestaltung und den Header gepackt werden, um überhaupt weiterzulesen und am Ende den Share-Button zu klicken. Aufmerksamkeit zu erregen, ist an dieser Stelle also besonders wichtig.

Visualisierung mit Liebe zum Detail

Die aufmerksamkeitserregende Visualisierung kann entweder durch den Inhouse-Grafiker oder durch einen auf Infografiken spezialisierten Illustrator erfolgen. Erfahrungsgemäß ist Ersterer häufig auf einen bestimmten Visualisierungsstil geeicht, der meist durch einen klassischen Werbungsstil geprägt ist. Die Anforderung für eine erfolgreiche Umsetzung einer Infografik ist eine ausgeprägte Illustrations- und Layoutkompetenz. In der Regel kann der Spezialist effizienter ein besseres Ergebnis produzieren. Ferner ist sichergestellt, dass ihm ausreichend zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen.

Im Bereich der Visualisierung sind einige bedeutsame Faktoren zu berücksichtigen, denn wie bereits erwähnt, bleiben nur wenige Augenblicke Zeit, um das Interesse des Betrachters zu gewinnen und aufrechtzuerhalten. So kann ein Eyecatcher – beispielsweise ein herausgehobenes Symbol oder eine Zahl – erste Aufmerksamkeit erregen, um den User gemäß typischer Leseverläufe durch die Grafik zu führen. Eine der größten Herausforderungen für Infografiken besteht deshalb darin, eine große Informationsdichte verständlich, klar strukturiert und mit so wenig Fließtext wie möglich zu präsentieren.

Werden im Entstehungsprozess detailreiche Verbesserungsschleifen durchlaufen, erhöht dies zwar den Aufwand, es zahlt sich jedoch anschließend durch eine zunehmende Verbreitung der Grafik aus. Liebe zum Detail wird von den Usern also erkannt und durch eine rege Verbreitung honoriert.

Verbreitung der Infografik

Ist die Infografik fertiggestellt und in eine Landingpage integriert, beginnt das Seeding. Die Streuung der Grafik ist der essenziellste Schritt für eine wirkungsvolle Präsenz im Netz. Es ist nicht damit getan, eine informative und ansprechende Infografik auf einer Landingpage zu publizieren, wo sie anschließend niemand findet, denn diese sind meist tief in der Seitenstruktur versteckt. Es braucht eine Starthilfe, bevor eine gute Infografik später zum Selbstläufer werden kann. Das Seeding umfasst die Verbreitung von Infografiken über eine maximale Zahl digitaler Kanäle, um für die Einbindung in relevante und hochwertige Seiten zu sorgen. Dies sind im Wesentlichen Blogs, Portale, Magazine und soziale Medien. Ein nachhaltiger Kontaktaufbau und die Pflege bereits bestehender Kontakte sind von allerhöchster Bedeutung, da ein gutes Verhältnis sich später auszahlt, indem bessere Verhandlungsmöglichkeiten entstehen und somit auch die Linkqualität erhöht wird. Weitere Aspekte sind besonders zu beachten:

Die Recherche potenzieller Linkquellen

Linkquellen werden am besten mithilfe von Suchmaschinen recherchiert. Ein Tipp: Nutzen Sie die erweiterte Suche und Operatoren. Die Suchkriterien, wie Keywords und Themen, sollten vorher zusammengetragen und dabei sollte „um die Ecke“ gedacht werden. Es soll herausgefunden werden, für wen die Infografik von Nutzen ist – auch für all jene, die auf den ersten Blick nicht unmittelbar mit dem Thema konfrontiert sind. Ein Beispiel: Während der Konzeption einer Infografik für ein Immobilienportal wurden mehr Stakeholder ermittelt als zuvor angenommen, so konnte die Grafik Blogbetreibern für Hunderassen, Hundesalons, Hundebedarf und vielen weiteren zur Veröffentlichung angeboten werden. Zudem können Namen von Fachautoren und Journalisten recherchiert werden, da diese oft eigene hochwertige Blogs betreiben. Blogverzeichnisse (bloggeramt.de, topblogs.de etc.) und Blogrolls einzelner Blogs bringen gute Ergebnisse für eine Vielzahl an Bereichen. Hilfreich kann auch eine Suche in einer blogspezifischen Suchmaschine (blogpulse.com, icerocket.com, etc.) sein. Durch den immensen Aufwand der Recherche ist eine nachhaltig geführte Datenbank sehr wichtig.

 

Ansprache und Anschreiben von Multiplikatoren

Idealerweise sollte jede potenzielle Linkquelle individuell angeschrieben werden. Ein Basistext, der wesentliche Informationen zu Link und Grafik enthält, ist effizient. Wurden in der Vergangenheit bereits Grafiken eingebunden, wird auf diese Bezug genommen. Aufgrund ihrer Reputation sollten Magazine (z. T. auch Portale und hochwertige Blogs) persönlich via Telefon kontaktiert werden. Erstklassige Seeding-Partner sollten in der Anfrage entsprechend behandelt werden, daher ist der Griff zum Telefon notwendig. Um ein Telefongespräch vorzubereiten, erfolgt der erste Kontakt zum Redakteur entweder über die persönliche E-Mail-Adresse oder, besser noch, über soziale Netzwerke. Bei kleinen Magazinen erhöhen sich die Chancen, wenn vorbereitete Textbausteine mitgeschickt werden. Anschließend wird telefonisch ein Follow-up gemacht.

Social-Media-Seeding

Das Social-Media-Seeding wird zunehmend und zukünftig einen hohen Stellenwert einnehmen, da diese authentischen Bewertungen auch für Suchmaschinen immer interessanter werden. Die Einzelwerte von „Likes“, „Shares“ oder „Pins“ sind zwar mit Backlinks nicht vergleichbar, ihre Masse und die Verbreitungsgeschwindigkeit sind aber umso höher. Der zeitliche Aufwand des Social-Media-Seedings sollte dennoch deutlich unter dem Umfang für Backlink-Seeding liegen, solange dies im gleichen Umfang weiterbetrieben wird.

Um Seeding innerhalb sozialer Netzwerke effizient zu nutzen, empfiehlt es sich, über gezielte Ansprachen Multiplikatoren mit hohem Vertrauenspotenzial zu kontaktieren. Diese können die Infografiken in relevante Umfelder mit großer Reichweite und einem höchstmöglichen Anteil der potenziellen Zielgruppe einbinden. Die Ansprache, Vorstellung der Inhalte und Betreuung sollten langfristig und kontinuierlich durch untereinander vernetzte, authentische Profile erfolgen, die auf allen wichtigen Kanälen vertreten sind:

Pinterest ist hervorragend für Bilder und Grafiken geeignet, da deren Einbindung und Verbreitung durch repins sehr simpel sind. Das Prinzip orientiert sich an Twitter, bietet aber mit übersichtlichen Kommentarfunktionen zu einzelnen Bildern (Pins) oder ganzen Pinnwänden (Boards) mehr Möglichkeiten. Ziel ist es, User mit hoher Reichweite und großem Know-how zu kontaktieren und eine langfristige Kooperation aufzubauen, um frühzeitig Trends und Entwicklungen zu erkennen sowie aktuelle Grafiken vorzustellen. Für spezielle Infografiken werden meinungsführende User mit einer gewissen Autorität angesprochen.

Twitter hat sich zur beliebtesten Kontaktquelle für Journalisten entwickelt. Echtzeitnews ermöglichen hier das Erkennen neuer Trends schneller als bei jeder anderen Plattform. Mit einem eigenen Twitter-Account werden Autoritätspersonen zu den entsprechenden Themen recherchiert und angesprochen. Professionelles Auftreten ist dabei wichtig, denn nur mit relevanten Posts nehmen Twitterer aktiv am Geschehen teil und vermitteln eigenes Know-how.

Facebook bietet attraktive Möglichkeiten, insbesondere in Gruppen und Seiten, um sich in einem professionellen Umfeld auszutauschen, neue Interessenten zu akquirieren und aktuelle Grafiken vorzustellen. Auf diesem Wege kann eine fachliche Autorität erarbeitet werden, aus der neue Seeding-Kontakte resultieren.

In weiteren Portalen wie XING, LinkedIn oder Google+ sind ebenfalls wichtige Multiplikatoren vertreten. Dabei liegen die Schwerpunkte der Geschäftsnetzwerke eher in der langfristigen Kontaktpflege. Google+ ist insbesondere wegen seiner zukünftigen Rolle für das Linkbuilding wichtig. Meinungsführer haben enormen Einfluss auf Suchergebnisse und somit auch auf die Verbreitung von Infografiken.

Fazit

Infografiken werden in Blogs eingebunden, in Zeitungen oder Fachmagazinen abgedruckt und selbst in Websites von Vereinen oder Verbänden integriert, von denen es anderweitig nur geringe Chancen auf Verlinkung gäbe. Eine gelungene Kampagne mittels Infografik ist ferner ein Aufmerksamkeitsmagnet in den sozialen Medien wie Facebook, Twitter oder Pinterest: Sie wird mehrere Tausend Mal geteilt und diskutiert, verursacht zuweilen Kontroversen und fortlaufend Reaktionen. Auch nach Abschluss der Grafik und mit kontinuierlichem Seeding generiert die Infografik weitere Backlinks – für eine erfolgreiche Kampagne mit nachhaltiger Wertigkeit.

Infografiken sind aufgrund ihrer dargestellten Eigenschaften ein ideales Werkzeug im SEO. Sie sind unterhaltsam, lehrreich und erfreuen sich großer Beliebtheit. Was kurzweilig und anschaulich daherkommt, ist tatsächlich aufwendig erstellt und erfordert viel Liebe zum Detail. Eine „Handarbeit“, die in der Regel jedoch mit einem nachhaltigen Kampagnenerfolg honoriert wird, denn auch nach Abschluss der Grafik generiert die Infografik fortlaufend weitere Backlinks.