Best Practice: Louis.de

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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An schlechten Beispielen kann man viel lernen, weil Fehler besonders schnell auffallen und man an Stolpersteinen unübersehbar hängen bleibt. Bei guten Websites ist das gar nicht so einfach. Man besucht sie, findet schnell alles, was man gesucht hat, und der Bezahlvorgang geht einfach und mit wenig Aufwand von der Hand. Genau dies fällt einem dann in der Regel eben nicht auf: Warum geht es hier so leicht, warum fühlt man sich auf einer Website „wohl“ und warum macht es vielleicht sogar Spaß, sich hier aufzuhalten? Wenn man genauer hinsieht, erkennt man jedoch die oft entscheidenden Kleinigkeiten, die den Kunden den Umgang mit der Website oder dem Shop erleichtern. Ein solches Positivbeispiel ist die Firma Louis in Hamburg, die wir uns für den folgenden Beitrag etwas genauer angesehen und wo wir für Sie die Learnings herausgearbeitet haben. 

Zugegeben, Motorradzubehör zu verkaufen oder zu kaufen, macht sicher mehr Freude als feuerfeste Gummimuffen, Toilettenpapier oder Aluminiumstangen. Diese Freude, die Passion, spürt man bei Louis übrigens nicht nur im Webshop, sondern auch in den vielen Läden vor Ort. 

Beim Aufrufen der Startseite fällt dem aufmerksamen Beobachter auf, dass der Cursor im Suchfeld links oben (Abbildung 1) bereits aktiv gesetzt wurde und einladend blinkt. Damit entfällt schon das erste Zielen und Klicken mit der Maus, wenn man schon weiß, was man möchte, oder gar die Artikelnummer aus einem der vielen Kataloge zur Hand hat. Diese kleine Erleichterung findet man noch nicht einmal bei Amazon oder Otto, und damit darf man sie getrost als nicht selbstverständlich werten.   

Die Navigation wirkt aufgeräumt und vor allem überschneidungsfrei. Die Highlights der monatlich an die Kunden verschickten Prospekte findet man gleich über der Falz und ebenso jeweils eine prominente Darstellung des aktuellen Prospektes, der wahrscheinlich einen wichtigen Trigger für Besuche darstellt. Insofern ist es eine sehr gute Idee, diesen optisch nicht in der Navigation zu verstecken, sondern unübersehbar anzubieten. So kann man als Besucher über den virtuellen Prospekt in der gleichen optischen Darstellung mit hohem Wiedererkennungswert, wie man sie ggf. gerade in der Papierform in der Hand hatte, auswählen.  

Solche Katalogdarstellungen sind technisch nicht immer ganz unumstritten. Darf man das dafür gut geeignete Flash benutzen und damit die Nutzer eines iPads aussperren? Bei Louis geht man offenbar keinerlei Kompromisse ein, wenn es aus technischer Sicht um einen einfachen Zugang für den Kunden geht. Man listet nicht nur auch die vergangenen Prospekte übersichtlich auf, sondern bietet sie jeweils wahlweise als PDF, in klassischem HTML (was die Suchmaschinen besonders freut) oder mit interaktiven Möglichkeiten in Flash an.

Der Flashkatalog zieht dabei alle Register. Es sind nicht nur alle Produkte einzeln anklickbar, sondern es erscheint jeweils beim Überstreichen mit der Maus eine Erklärung zum Produkt. Sollte es Probleme mit der Darstellung geben, hat man einen Link zu einer PDF-Ansicht der Seite und damit zu einer vernünftigen Druckmöglichkeit oder auch zum Weiterschicken an Freunde vorgesehen. Auch eine Telefonnummer mit 24 Std. Verfügbarkeit steht oben in der Leiste. Der Katalog ist durchsuchbar, man kann einzelne Seiten gezielt anspringen, Lesezeichen anbringen oder sich über eine Seitenübersicht schnell einen Überblick verschaffen. Das Design dieses interaktiven Kataloges kommuniziert eindeutig: „Wir kümmern uns!“

Motorräder brauchen ab und zu Ersatzteile. Bei der Vielfalt des Angebotes ist es keine kleine Herausforderung, dem suchenden Kunden eine vernünftige Suchhilfe zur Verfügung zu stellen. Bei Louis hat man das über eine filterbare Suche gelöst. Dabei werden alle notwendigen Informationen wie Motorradmarke, Typ und Baujahr, aber eben auch die interne Bezeichnung des Herstellers mit angegeben, die Motorräder auseinanderhält, welche über die Jahre die gleiche Typenbezeichnung führen, aber sich selbstverständlich technisch unterscheiden. Das eigentliche Highlight sind aber die Datenblätter zu einzelnen Motorrädern. Dort findet man neben vielen technischen Daten z. B., wie viel und welcher Öltyp eingefüllt werden muss, welche Bremsflüssigkeit zugelassen ist oder für die Extrembastler auch den Elektrodenabstand der Zündkerzen. Kurzum, es kann und muss sich niemand unsicher sein, was er nun genau für sein Motorrad an Betriebsstoffen oder Ersatzteilen benötigt – auch ohne die ohnehin nie auffindbare Betriebsanleitung zu suchen. Solche Informationen halten noch nicht einmal die Motorradhersteller auf ihren Webseiten bereit. Das Zusammentragen und Sammeln all dieser Daten war sicherlich recht aufwendig, dürfte sich aber lohnen. Wer einmal gesehen hat, wo er die Daten zu seiner Maschine problemlos abrufen kann, der kommt sicherlich öfter wieder zu Besuch. Und warum dann nicht gleich die passenden Zündkerzen oder das Getriebeöl online mitbestellen? Der Punkt ist: Je weniger Fragen und Unsicherheiten beim Besucher bestehen bleiben, umso höher ist die Kaufneigung und letztlich natürlich auch die entstehende Kundenbindung. Wer für solche Features den Return on Investment zu knapp kalkuliert, dem kommt die Erstellung freilich häufig zu aufwendig vor.

Sind Sie Brillenträger?

Aus der Vielfalt von Helmen den Richtigen herauszufinden, ist ebenfalls keine einfache Sache für einen unerfahrenen Anfänger. Hier hält Louis ein gut gemachtes Beratungssystem parat. Über ein Frage-Antwort-System wird der potenzielle Käufer durch ein Interview geführt. Dabei werden nicht nur eine Menge Fragen gestellt, sondern es wird auch jeweils der Grund für die Frage mit erklärt. Man erhält so das Gefühl, dass es bei Weitem um mehr geht als um die Größe des Kopfes, und fühlt sich ein weiteres Mal umsorgt. Tragen Sie eine Brille? Fahren Sie auch bei schlechtem Wetter? Erneut entsteht zwischen den Fragen eine Zwischen-den-Zeilen-Kommunikation: „Wir kümmern uns!“ 

In Abbildung 7 erkennt man eine weitere der vielen Kleinigkeiten, die einem wie oben erwähnt fast nicht bewusst auffallen. Man fragt nicht einfach über ein Pulldown-Menü ab, welchen Helmtyp der Kunde bevorzugen würde. Gut unterscheidbare Risszeichnungen deuten an, welche Helmart damit gemeint ist, und daneben wird über grüne Balken visualisiert, wie wichtige Auswahlkriterien von so einer Bauart erfüllt werden. Im Gegensatz dazu arbeiten viele andere Shops eher über Begriffe und verlangen dem Besucher damit ab, sich bitte sehr schon etwas auskennen zu müssen, um zu verstehen, worum es genau geht. Hier dagegen bleibt keine wichtige Frage mehr offen. Am Ende des Prozesses werden dann alle infrage kommenden Helme angezeigt und auch die prozentuale Erfüllung der vom Käufer angegebenen Wünsche. Über weitere Filter kann man die Auswahl dann direkt mit einigen Mausklicks noch weiter einschränken.

Das Herzstück eine Shops: die Produktdarstellung

Und wie hat Louis die Darstellung einzelner Produkte im Shop gelöst? Abbildung 8 zeigt auf, dass auch hier viel Denkarbeit investiert wurde. Neben den wirklich umfassenden Produktbeschreibungen fehlt praktisch kein Feature. Eventuelle Testsiege werden angegeben, die Bewertung bisheriger Käufer, eine Lupenfunktion fehlt ebenso wenig wie eine 3-D-Rundumsicht, das Hinterlegen auf einer Wunschliste, die einzelnen Größen und Farben (im Beispiel bei Helmen) und ihre aktuelle Lieferbarkeit sind in einer strukturierten Tabelle mit genauem Datum und Uhrzeit abgelegt und auch die Social-Media-Funktionen zum Weitersagen via Twitter und Facebook fehlen nicht. 

Nützliche Details: Die jeweilige Katalogseite im Jahreskatalog steht bei jedem Produkt dabei. So kann man es auch im Katalog schnell finden, sollte man ihn zur Hand haben. Es wird aber auch gleich hochgerechnet, welche monatliche Rate bei einem Ratenkauf zu begleichen wäre. Da Louis auch eine Kundenkarte ausgibt, werden auch die Sammelpunkte für das jeweilige Produkt für Shopper mit Jäger- und Sammlerdrang mit ausgewiesen. 

Sehr selten sieht man jedoch die Möglichkeit, sich einen Link zu genau dieser Seite generieren zu lassen, um die Adresse ggf. per E-Mail weitergeben zu können oder sie gar über ein Forum oder einen Blog direkt anzulinken. Dies ist sicherlich keine Funktion, die jedermann braucht – aber gerade Detailseiten in Shops anzulinken ist nicht immer einfach, denn die meist individuell generierten URL taugen dazu oft nicht und die Links laufen auf Fehler oder ins Leere.

Die „Kleinigkeiten“ machen es aus

Was zeichnet Motorradfahrer in der Regel aus? Viele von ihnen lieben es, an ihren Maschinen herumzuschrauben (bei Bikern heißt das Basteln „schrauben“). Genau hier setzt Louis an. Man will nicht nur verkaufen, sondern auch Hilfestellung geben. Dazu hat man ein umfassendes Archiv an einzelnen PDFs mit Anleitung „how to“ angelegt. Ambitionierte Schrauber finden hier Hilfe, wie man selbst eine Kette wechselt, die Kupplung erneuert oder den Vergaser wieder auf Vordermann bringt. Weiterhin kann man ein 148-seitiges und aufwendig gestaltetes Schrauberhandbuch kostenlos downloaden oder selbstverständlich auch online darin blättern. 

Der Grund dafür ist klar: Dies dient alles letztlich der Verkaufsförderung, schließlich will Louis wie alle anderen Unternehmen am Ende auch Geld verdienen. Der Unterschied ist, dass hier nichts in den Warenkorb drängt. Die Informationen werden als echte Informationen angeboten und nicht als verkappte Verkaufsshow. Und diejenigen, die an ihrem Bike niemals selbst Hand anlegen würden? Auch bei denen dürfte ein positiver Eindruck entstehen: Kompetenz! Louis ist in all diesen Bereichen offenbar kompetent und gibt dieses Know-how offen weiter. Vielleicht braucht man das ja doch irgendwann mal. Und wieder: „Die kümmern sich!“ 

Mail me!

Selbstverständlich verschickt Louis einen dem Webauftritt ebenbürtigen Newsletter, der in der Regel perfekt auf die Monatskataloge und die Website abgestimmt ist. Zusätzlich lockt man die Kunden mit Rabatten, Sonderaktionen und vielen Specials. Was uns in der Redaktion aber besonders beeindruckt hat, war die Individualisierungsmöglichkeit für das eigene Motorrad. Nach der Bestellung des Newsletters findet man am Ende einen Kasten für den eigenen Fahrzeugtyp – der Louis natürlich noch nicht bekannt ist (Abbildung 11). Diesen in Erfahrung zu bringen, um dann ggf. gezielt Angebote für das Motorrad des Kunden zu verschicken, würden die meisten Shopbetreiber wohl per Dropdown-Menüs auf der Webseite erledigen, durch die sich der Kunde klicken muss. Nicht so bei Louis. Es genügt, einfach eine E-Mail an order@louis.de zu schicken und im Klartext seine Anschrift und den Motorradtyp hineinzuschreiben. Den Rest erledigen die Mitarbeiter. Der nächste Newsletter kommt dann an dieser Stelle bereits personalisiert (motorradisiert?). Man sieht das eigene Bike im Bild und gelangt per Klick auf „Produkte zeigen“ in eine bereits korrekt vorgefilterte Produktansicht, in der nur Artikel sichtbar sind, die für das angegebene Motorrad passen. Auch zu den passenden technischen Daten (siehe Abbildung 5) gelangt man ab dann per Mausklick im Newsletter.

An dieser Stelle zeigt sich besonders gut, wie durchdacht das Online-Konzept ineinandergreift. Und eben auch, dass man sich bewusst dafür entschieden hat, die Barrieren für den Kunden (Klick dich durch Auswahlmenüs und such vorher aber deine Kundennummer heraus!) so niedrig wie möglich zu halten. Und eine E-Mail mit Klartext zu akzeptieren und manuell zu verarbeiten, ist sicherlich nicht wenig Aufwand, den viele andere dann doch lieber dem Kunden aufbürden – oft nicht, ohne zu lamentieren, dass man ärgerlich niedrige Konversionsraten in diesem Bereich hat. Alles in allem aber wird sich dieses gefühlte Beineausreißen und der auf den ersten Blick vielleicht übertriebene Aufwand für Louis langfristig in jedem Fall lohnen. Jedenfalls hat man es geschafft, das Verkaufen-Wollen in den Hintergrund treten zu lassen und es mit einem „Wir kümmern uns“ zu überdecken. Genau das scheint der richtige Weg zu sein, die Distanz von der Website zum Menschen zu verkürzen. 

Info

Möchten Sie Ihren Shop von unseren Experten unter die Lupe nehmen lassen? Sie möchten hier lesen, was Sie alles richtig gemacht haben, ertragen aber auch die öffentliche Kritik an Dingen, die Sie noch optimieren müssten? Dann bewerben Sie sich einfach bei uns über redaktion@websiteboosting.com mit den Stichwort „Shopklinik“. Wichtig: Die E-Mail muss vom Inhaber bzw. der Person kommen, die im Impressum als verantwortlich für den Inhalt angegeben ist!

Fazit:

Würden wir ein Siegel für besonders benutzerfreundliche Shops vergeben, wäre Louis.de ein sicherer Anwärter für einen der obersten Plätze. Dort machen Informieren, Einkaufen und Stöbern wirklich Spaß. Man hat an jeder Ecke den Eindruck, dass man sich ganz besonders darüber Gedanken gemacht hat, welche Fragen zu dem einen oder anderen Produkt beim Käufer auftauchen könnten. Die Antworten hat man dann an die richtigen Stellen gepackt: Ein Leuchtturm in der ansonsten durchaus oft anstrengenden Online-Shoppingwelt in Deutschland!