Viele Wege führen zur Conversion: Registrieren leicht gemacht

Marcel Semmler
Marcel Semmler

Marcel Semmler ist als Produktmanager bei dem Technologieanbieter allyve
GmbH & Co. KG in Hamburg für die Entwicklung von Social Media Marketing &
Optimization Tools für Unternehmen zuständig. Seine Themen sind Strategien
beim Einsatz von Social Media in Produkt und Marketing sowie der Social
Graph. Der studierte Medienmanager bloggt über seine Spezialgebiete
regelmäßig im allyve-Blog.

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Bei Online-Shops sind zwanghafte oder umständliche Registrierungsprozesse ein Grund, warum Kunden mit Kaufabsicht vom Kauf absehen. 16 Prozent der potenziellen Neukunden und sogar noch vier Prozent der Bestandskunden springen beim Log-in ab. Grund genug, die Registrierungsprozesse für den Nutzer so einfach wie möglich zu gestalten, um die Abbruchrate an dieser Stelle zu senken. Doch welche Wege der Simplifizierung gibt es? Der Autor stellt diese vor – von der Vereinfachung des Formulars bis zu Social Sign-on.

Das Web hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Nach dem Zusammenbruch der Dotcom-Blase führte die Auferstehung der Internetindustrie im Web 2.0 zu einem Boom an neuen Webseiten und Webdiensten. Auf der Suche nach dem neuen Facebook und getrieben von neuen Internettechnologien wie zum Beispiel HTML5, CSS3 und OAuth entstehen täglich innovative Geschäftsmodelle. Wo früher jedoch statische Inhalte das Internet dominierten, findet man heute ein Meer aus personalisierbaren und individualisierten Angeboten. Seien es To-do-Listen, Shoppingclubs oder Musikportale: Der Mehrwert solcher Webseiten erschließt sich für den Nutzer meist erst nach erfolgreicher Registrierung. Doch gerade hier liegt das Problem für viele Webseitenbetreiber.

Nutzer müssen heute eine Vielzahl von Internetidentitäten und damit Log-ins pflegen. Was für den Nutzer bei den großen Namen wie Facebook, Twitter und Google noch leicht und mit hoher Motivation von der Hand geht, stößt bei neuen und kleineren Angeboten schon eher auf Skepsis.
Eine 2010 von ECC Handel und Mücke, Sturm & Company durchgeführte Studie zum Thema Conversion-Rates im E-Commerce kommt zu dem Ergebnis, dass in Online-Shops knapp 16 Prozent der möglichen Neukunden bei der Registrierung den Kauf abbrechen. 
 

Gründe für den Kaufabbruch bei der Registrierung sind meist ein zu komplizierter Registrierungsprozess und die Notwendigkeit, ein weiteres Benutzerkonto zu pflegen. Doch wie kann man die Conversion-Rate steigern, wenn die Nutzer eine grundsätzliche Aversion gegen jede weitere Registrierung haben?

Eine innovative Webseite mit einem hohen Nutzwert sorgt bereits für eine deutliche Absenkung der Hemmschwelle. Nutzer sind interessiert an neuen Diensten und Produkten. Die Entwicklung des Mobilfunkmarkts in den letzten Jahren hat dies sehr deutlich gezeigt. Erfolgsgrundlage von Smartphones ist die hohe Anzahl zur Verfügung stehender Apps, die – obwohl oft mit einem Registrierungsprozess versehen – millionenfach heruntergeladen und genutzt werden. Auch für den Registrierungsprozess an sich gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Conversion-Rate signifikant gesteigert werden kann:
 

Conversion-Rate

Die Conversion-Rate oder Konversionsrate bezeichnet das Verhältnis zwischen den Besuchern der Webseite und der gewünschten Aktion (zum Beispiel Anforderung von Infomaterial oder Kauf).

Der Nutzer im Mittelpunkt

Registrierungen sind für den Nutzer nur Mittel zum Zweck. Sie werden benötigt, um personalisierte Inhalte abzurufen, Einstellungen zu speichern oder einfach um Funktionen auf einer Webseite ausführen zu können. Für den Nutzer nimmt der Registrierungsprozess daher einen untergeordneten, beiläufigen, aber erforderlichen Stellenwert beim Besuch einer Webseite ein. Diese Sichtweise sollten Webseitenbetreiber immer im Hinterkopf behalten. Der Registrierungsprozess ist für den Nutzer gedacht und der möchte diesen ohne großen Aufwand durchlaufen können.

Dass dies in der Praxis leider nur die Ausnahme und nicht der Regelfall ist, erfährt man bei der täglichen Internetnutzung nur zu gut. Allzu oft ist der Registrieren-Button klein und unauffällig oder nicht direkt auffindbar. Aber häufig warten bei der Registrierung noch weitere Fallstricke auf den Nutzer, zum Beispiel: 

  • Die Sortierung der Eingabefelder erfolgt nicht in einer vom Nutzer gelernten Reihenfolge.
  • Das Formular ist über mehrere durch den Nutzer zu bestätigende Schritte gestreckt.
  • Bei Betätigung der Tabulator-Taste auf der Tastatur springt der Cursor nicht zum nächsten Eingabefeld, sondern quer durchs Formular oder auf irrelevante grafische Elemente der Seite.
  • Fehlermeldungen bei Falscheingaben sind gar nicht oder nur unzureichend vorhanden.

Um diese Fehler zu vermeiden, sollten Webseitenbetreiber ein paar allgemeine Tipps zur Gestaltung des Registrierungsprozesses beachten:

  • Überlassen Sie die Reihenfolge der Felder nicht dem Zufall. 
  • Orientieren Sie den Registrierungsprozess an den Bedürfnissen Ihrer Nutzer, nicht an dem geringsten Aufwand für Ihre Technik.
  • Definieren Sie in jedem Schritt einen Call-to-Action.
  • Halten Sie die Anzahl der Schritte bis zur erfolgreichen Registrierung so gering wie möglich.
  • Schaffen Sie Klarheit und Struktur für den Nutzer.
  • Vermeiden Sie die Vergabe abstrakter Benutzernamen, nutzen Sie lieber die E-Mail-Adresse als Erkennungsmerkmal.
  • Lassen Sie den Nutzer das Passwort selbst wählen.

Call-to-Action

Der Begriff Call-to-Action stammt aus dem Marketing und bezeichnet die zentrale Handlungsaufforderung. Bei Webseiten ist dies in der Regel ein auffälliger und aus der Masse hervorstechender Button, der den Nutzer deutlich zum Klicken auffordert.
 

Weniger ist mehr

Der Fokus auf das Essenzielle besitzt beim Registrierungsprozess einen so immensen Stellenwert, dass ihm ein eigener Abschnitt gewidmet werden soll. Viele Webseiten verlangen bei der Registrierung das Ausfüllen eines langen Formulars, welches noch nicht einmal ohne Scrollen der Seite einsehbar ist. Es wird nach Vorname, Nachname, Geschlecht, E-Mail-Adresse, Ort, Postleitzahl, zweiter E-Mail-Adresse und so weiter gefragt. Für viele Nutzer ist das der Punkt, an dem sie die Seite verlassen und nie wiederkommen. Warum Webseitenbetreiber so viele Informationen verlangen, wird dem Nutzer nicht klar und auch der Betreiber selbst kann auf diese Frage meist keine genaue Antwort geben. Viele sammeln Informationen um des Sammelns willen. 

Dieser Ansatz ist jedoch falsch. Auch wenn er früher, als es noch wenige Webseiten mit Registrierung gab, zum Teil funktionierte, so gibt es heute eine fast schon unüberschaubare Anzahl an Diensten mit eigener Registrierung. Nicht nur dadurch haben die Nutzer gelernt, welche Informationen für eine Registrierung wirklich erforderlich sind. Dementsprechend nimmt die Bereitschaft ab, mehr Informationen anzugeben als unbedingt notwendig. 

Bei Online-Shops ist es wichtig, dass der Nutzer eine Versand- und Rechnungsadresse hinterlegt, denn diese Informationen sind inhärenter Bestandteil eines Einkaufsprozesses. Warum aber eine Webseite zum Erstellen von Lesezeichensammlungen seine Nutzer nach dem Geschlecht fragt, ist schleierhaft.
Hier gilt daher die Regel: Weniger ist mehr. Bevor Sie als Webseitenbetreiber ein Registrierungsformular implementieren, müssen Sie sich folgende Frage stellen: Welche Nutzerinformationen sind für die Nutzung meines Services essenziell? Wenn Sie Informationen abfragen, die dem Nutzer auf den ersten Blick vielleicht nicht erforderlich erscheinen, erklären Sie, warum Sie sie brauchen. 

Das Gute vor dem Notwendigen

Wie bereits erwähnt, ist die Registrierung für den Nutzer nur das Mittel zum Zweck. Eine Registrierung wird von einem Nutzer niemals um ihrer selbst willen durchgeführt. Im Mittelpunkt einer Webseite steht immer der Mehrwert, den sie für den Nutzer bringt. Der Besuch eines Online-Shops erfolgt zum Beispiel aufgrund des Wunschs, eine Ware oder Dienstleistung zu kaufen. Die Schritte für diesen Kaufprozess sind die Produktauswahl, die Bestätigung des Warenkorbs, die Eingabe der Versandadresse und die Angabe der Zahlungsmodalitäten. Eine Registrierung ist für die Erfüllung des Nutzerwunschs nicht erforderlich. Sie kann aber für einen späteren Zeitpunkt – bei einem erneuten Einkauf – sehr hilfreich sein, da die wichtigsten Angaben für den Kaufprozess schon vorhanden sind und automatisch eingetragen werden können.

Webseitenbetreiber sollten daher einfach das Gute vor das Notwendige stellen. In Online-Shops könnte der Nutzer erst nach erfolgreicher Bestellung gefragt werden, ob er seine Daten für einen späteren Einkauf speichern und somit ein Benutzerkonto anlegen möchte. In einem solchen Fall muss nur noch ein Passwort vergeben werden und schon ist die Registrierung abgeschlossen; alle anderen Daten sind aus dem Kaufprozess bereits vorhanden. Die Registrierungshürde für den Nutzer wird damit auf ein Minimum reduziert und die Conversion-Rate dementsprechend steigen.

Dieser Weg der Conversion-Optimierung ist natürlich auch bei anderen Webseiten einsetzbar. So könnte ein Nutzer bei einer Webseite zur Erstellung von To-do-Listen erst einmal ein paar Punkte anlegen und priorisieren, bevor er für das Speichern dieser Liste ein Benutzerkonto anlegen muss. Auch hier erfährt der Nutzer erst einmal den Mehrwert der Webseite, wodurch die Hemmschwelle für eine Registrierung mit jedem angelegten Punkt in der To-do-Liste sinkt.

Die Macht des Social Web nutzen

Last, but not least gibt es noch eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Conversion-Rate, die besonders in den letzten Jahren auf große Beliebtheit gestoßen ist: der Social Sign-on. Social Sign-on bezeichnet die Registrierung auf einer Website mittels eines bestehenden Profils bei sozialen Netzwerken (wie Facebook, Twitter und Google+), E-Mail-Anbietern (Google Mail, Yahoo etc.) und anderen Webdiensten.

Das wohl bekannteste Beispiel für diese Art der Registrierung ist der „Login with Facebook“-Button, ehemals „Facebook Connect“. Klickt ein Nutzer diesen Button auf einer entsprechenden Webseite, so öffnet sich ein Facebook-Pop-up, in dem der Nutzer der Webseite einmalig entsprechende Genehmigungen erteilen muss. Hierzu gehört unter anderem der Zugriff auf verschiedene Informationen des Nutzers wie das Profil, die „Likes“, Interessen, Fotos oder Freunde. Des Weiteren kann der Nutzer auch Genehmigungen für verschiedene Funktionen wie das Verfassen von Pinnwandeinträgen oder den Versand direkter Nachrichten vergeben. Nach erfolgreicher Zustimmung erhält die Webseite die entsprechenden Daten des Nutzers über eine Schnittstelle (API) von Facebook übermittelt. Damit die APIs Nutzerdaten einfach zur Verfügung stellen können, werden heute Standardprotokolle und Technologien wie OAuth und OpenID eingesetzt. 
 

Die so erhaltenen Informationen kann die Webseite für die automatische Registrierung des Nutzers, das Vorausfüllen eines Registrierungsformulars oder das Log-in des Nutzers verwenden. Der Nutzer muss somit nur wenige Klicks tätigen und im Idealfall überhaupt keine Formularfelder ausfüllen. Außerdem wird ihm nicht die Bürde auferlegt, sich eine weitere Benutzername-Passwort-Kombination merken zu müssen. Die Registrierungshemmschwelle sinkt mit Social Sign-on signifikant.

Für Webseitenbetreiber hat die Registrierungsform des Social Sign-on drei entscheidende Vorteile: 

  • Sie können auf eine breite und aktive Nutzerbasis zurückgreifen (allein Facebook hat mehr als 800 Millionen Nutzer weltweit, davon 20 Millionen deutschsprachige).
  • Sie erhalten eine Fülle an bereits validierten Nutzerinformationen, unter anderem die E-Mail-Adresse und den Namen des Nutzers.
  • Sie können ihre eigene Webseite um weitere soziale Features erweitern, die die entsprechenden sozialen Netzwerke über ihre Schnittstelle zur Verfügung stellen.

Eine Analyse des Marktforschers Blue Research im Jahr 2010 zu diesem Thema ergab, dass 66 Prozent der befragten Internetnutzer die Registrierung über ein bestehendes Profil in sozialen Netzwerken als attraktive Alternative zu bisherigen Registrierungsprozessen ansehen. Außerdem planen Nutzer, die über den Social Sign-on auf eine Seite gelangen, sich intensiver mit der Webseite auseinanderzusetzen, mehr Geld beim Shopping auszugeben und auch Freunden von der Webseite zu erzählen.

OAuth vs. OpenID

OpenID wurde 2005 entwickelt und ist ein dezentrales Authentifizierungsprotokoll, bei dem eine Nutzeridentität zwischen allen beteiligten Webseiten geteilt wird. Die Entwicklung des OAuth-Protokolls begann hingegen erst Ende 2006; es zeichnet sich durch seinen zentralisierten Ansatz aus. Der Nutzer authentifiziert sich dabei direkt gegenüber seinem „Provider“ (z. B. Facebook), und die Webseite erhält über ein Token-System innerhalb der API Zugriff auf die entsprechend angeforderten Profildaten des Nutzers.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele Wege zur Conversion führen und im Idealfall nicht losgelöst voneinander betrachtet werden sollten. Je nach Zielsetzung der Webseite sollten die Ansätze in verschiedenen Kombinationen Verwendung finden, um das optimale Ergebnis zu erzielen. Dass Conversion-Optimierung in diesem Sinne mit Aufwand verbunden ist, sollte allen Beteiligten klar sein. Aber auch hier gilt: Schon der Dreh an kleinen Stellschrauben kann große Wirkung zeigen. Achten Sie also auf jedes Detail, es lohnt sich.

Und noch ein Tipp zum Schluss: Beachten Sie, dass die Optimierung des Registrierungsprozesses immer nur ein Faktor unter vielen ist. Eine Webseite ohne wirklichen Mehrwert für den Nutzer wird auch durch eine gute Registrierung nicht erfolgreicher.