Soziale Suche, Google +1 und mögliche Auswirkungen auf SEO

Richard Maier
Richard Maier

Nach langjähriger Betreuung eigener Webprojekte, entschloss sich Richard Maier zusammen mit Markus Posor die Online Marketing Agentur Seosmart mit Sitz in Berlin zu gründen, um professionelle Internetwerbung auch Kunden zugänglich zu machen. Maier ist dort als Berater in den Bereichen SEO/SEA, Social Media Optimierung, Online Reputation Management und Amazon Produktoptimierung tätig.

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Empfehlungsmarketing hält in den Suchergebnissen von Google Einzug – nur ein verzweifelter Versuch, Facebook Paroli zu bieten? Oder steckt in Verbindung mit Google + mehr dahinter?

Was wäre Facebook ohne den „Gefällt mir“-Button? Für viele wohl nur der halbe Spaß. Dies scheint auch Google erkannt zu haben und möchte der Empfehlungsfreude seiner User nun ebenfalls entgegenkommen und diese gleichzeitig zur Weiterentwicklung seiner Suchergebnisse nutzen. Hierfür scheint in den SERPs (Suchergebnisse) neben dem Titel eines Links der „+1“-Button auf. Wird dieser geklickt, bedeutet das in etwa dasselbe wie beim „Gefällt mir“-Button von Facebook. Darüber hinaus wird der eigene Name mit dem Link beispielsweise in der Suche und den Anzeigen in Verbindung gebracht. Alle Links, die ein +1 erhalten haben, werden zudem in einem Feed im eigenen Google-Konto angezeigt, welches gleichzeitig auch Voraussetzung für die Betätigung des Buttons ist. 

Bei so manchem alten SEO-Hasen dürfte das ein Déjà-vu-Erlebnis hervorgerufen haben: „Gab es so etwas Ähnliches nicht schon einmal?“ – Richtig, als die Google Toolbar noch jung und der PageRank gerade dabei war, zum Maß fast aller Dinge zu werden, gab es neben dem kleinen grünen Balken „Like“- und „Dislike“-Buttons, welche eigens aktiviert werden mussten. Aufgrund des regen Missbrauchs wurden diese Buttons jedoch fast genauso schnell wieder abgeschafft, wie sie gekommen waren. Das Ganze schlicht und einfach als Facebook-Kopie abzutun, wäre also zu einfach, denn auch viele Facebook-Funktionen gab es bereits – nur die Kombination und vor allem die Reichweite sind anders. 

Was bedeutet +1 für die Suchmaschinenoptimierung?

Google machte von Anfang an keinen Hehl daraus, dass +1 auch Auswirkungen auf die Landschaft der Suchergebnisse haben wird. Welchem Freund gefällt welcher Link oder wie viele Leute haben welchen Link „ge+1t“? Das sind nur zwei der vielen Vorteile, die Google im offiziellen Blog nennt. 

Die einfache und naheliegende Schlussfolgerung aus dem Ganzen im Hinblick auf die Suchmaschinenoptimierung ist, dass +1 künftig auch für das Ranking eine Rolle spielen wird. Je mehr Leute dazu gebracht werden können, den eigenen Content zu „+1en“, desto größer dürften die Chancen auf organischen Traffic sein. Und wie bringt man das zustande? Natürlich über die Optimierung der Inhalte. Fade und langweilig war gestern, interessant, unterhaltsam, witzig und provokativ ist heute. 

Es kann davon ausgegangen werden, dass +1 als Ranking-Faktor in der Anfangsphase noch einen sehr kleinen Einfluss haben wird, da Google selbst seinen Algorithmus erst Schritt für Schritt anpassen muss. Das gibt dem SEO die Chance, sich ebenfalls mit den Veränderungen in leicht verdaulichen Häppchen vertraut zu machen und die unterschiedlichen Webseiten an die veränderten Spielregeln anzupassen. 

Dabei wirft Google +1 für die SEO-Welt zwei zentrale Fragen auf: 

  1. Ist +1 ein zusätzlicher Schritt, um Backlinks als Ranking-Faktor weiter zu entkräften?
  2. Wie will Google der Manipulation vorbeugen? 

Die erste Frage kann wahrscheinlich mit einem ganz klaren „Ja“ beantwortet werden. Bereits seit geraumer Zeit zeichnet sich der Trend ab, Backlinks bei der Rankingbestimmung immer mehr rauszuhalten. War in Zeiten von Google Bombing mit ausreichend vielen Backlinks noch fast alles möglich (unabhängig vom Content), muss heute schon darauf geachtet werden, woher der Backlink kommt – welche Qualität er hat. Der Kriterienkatalog, was ein rankingförderlicher Link ist, wird immer länger und „schlechte“ Links können der Platzierung sogar schaden. Umgekehrt spielen die Inhalte selbst nun eine immer wichtigere Rolle. Die Spitze des Eisbergs ist das derzeit immer noch heiß diskutierte Panda-Update, bei dem Seiten mit wenig Qualität ihr Fett wegkriegen und abgestraft werden. Insofern könnte sich +1 speziell für die White-Hat-Suchmaschinenoptimierung als durchaus positiv herausstellen. 

Die zweite Frage ist da schon weitaus kniffliger. Es wird nicht lange dauern, bis die ersten Agenturen +1 en mass im Angebot haben. Auch für Facebook können schon Fans und „Gefällt mir“-Klicks gekauft und getauscht werden. Hier muss man hoffen, dass Google seit den „Like“- und „Dislike“-Buttons etwas dazugelernt hat und seine gesammelten Daten zu nutzen weiß. Gmail, Such-History, Analyitcs, Chrome, Docs und all die anderen Google-Anwendungen sollten es eigentlich zulassen herauszufinden, ob ein „wahrer“ User hinter einem +1 steckt oder nicht. Ein Problem wird hier allerdings immer bleiben: Ein „wahrer“ User kann auch nachgeahmt werden und so stellt sich die Frage, ob es den Aufwand wert ist, neue Algorithmen zu entwerfen, welche anschließend wieder eine Manipulation nicht ausschließen können. Die einzige Chance bestünde darin, dass ausreichend viele User mit +1 arbeiten und Manipulationsversuche von zweifelhaften Agenturen so nur einen Tropfen auf dem heißen Stein ausmachen. Ob an dem Projekt allerdings so viele Leute mitmachen werden, bleibt fraglich und wird sich erst in Zukunft zeigen. 

Google +: die Lösung? 

Mit dem Launch seines eigenen sozialen Netzwerks namens Google + hat es der Suchmaschinenprimus geschafft, die Spekulationen über mögliche Auswirkungen auf die Suchmaschinenoptimierung auf eine neue Ebene zu bringen. Ist den Usern der Schutz ihrer persönlichen Daten normalerweise heilig, gehen sie in sozialen Netzwerken sehr freizügig mit der Bekanntgabe ihrer Vorlieben und Präferenzen um. 

Es ist denkbar, dass Google sein soziales Netzwerk frei nach dem Motto „Alles, was Sie innerhalb Ihres Profils angeben, kann und wird für Sie verwendet werden“ für unterschiedliche Ziele nutzt. So könnten beispielsweise die AdWords – bekanntlich die Haupteinnahmequellen des Konzerns – noch genauer gesteuert werden. Darüber hinaus könnte die Personalisierung der Suchergebnisse weiter vorangetrieben werden. Über Google Places ließen sich die Hotspots jeder Region auskundschaften, welche in weiterer Folge innerhalb der lokalen Suchergebnisse besser gelistet werden. 

Google + könnte zudem die Lösung zum „Manipulationsproblem“ liefern. Auf der einen Seite sperrt Google bekanntlich Profile ohne echten Namen. Auf der anderen Seite könnte die Echtheit eines Profils anhand der Aktivitäten und Interaktionen algorithmisch berechnet werden. Somit hätte Google ein Instrument in der Hand, welches schnell und sicher verrät, ob ein gesetztes +1 authentisch ist oder nicht. 

Auch mit Circles lassen sich weitreichende Gedankenspiele anstellen: Auf den ersten Blick ermöglichen Circles den Usern lediglich, Freunde in gewisse Gruppen zu gliedern. Doch werden alle Kreise analysiert, ergeben sich Schnittmengen, innerhalb derer User ausfindig gemacht werden können, die besonders viel zu sagen haben. Derartige „Power-User“ (siehe Abbildung 3) sind für Hypes und Trends verantwortlich, da sie neue Inhalte in das soziale Netzwerk einbringen und über viele Freunde verfügen, die als Multiplikatoren fungieren. Vom Power-User ist es anschließend nicht mehr weit zum Autoritätsstatus bei den Backlinks. Theoretisch könnte einem +1 von einem Power-User eine ähnliche starke Gewichtung beigemessen werden wie dem Backlink einer Authority. 

Die soziale Suche – bereits Realität

Erst kürzlich wurden neue Studien zur Bestimmung der aktuellen Ranking-Faktoren durchgeführt. So wurden beispielweise circa 10.000 Suchergebnisse einer Korrelationsanalyse unterzogen, um die Gewichtung einzelner Faktoren genauer ermitteln zu können. Dabei gab es ein spannendes Ergebnis: Die Tweets einer URL und vor allem das Ausmaß, in dem eine Seite auf Facebook geteilt wurde, scheint einen großen Einfluss auf das Ranking zu haben. Vor allem die sogenannten Facebook Shares erreichten fast denselben Wert wie der Autoritätsstatus der Seite, welcher bekanntlich zu den mächtigsten Einflussgrößen zählt. Es zeigt also alles in Richtung „Social“ – ganz im Sinne der User. 

Google +1 lässt zurzeit also noch einige Ungereimtheiten offen, die wohl erst in Zukunft geklärt werden können. Eines dürfte allerdings ein weiteres Mal klar geworden sein: Das Internet entwickelt sich immer mehr zum sozialen, interaktiven Medium, wo User aktiv die Inhalte und die Suchergebnisse mitgestalten. +1 zusammen mit Google + ist eine weitere Bestätigung dafür, dass eine gelungene und professionelle Suchmaschinenoptimierung heutzutage ohne effektives Social-Media-Marketing nicht mehr auskommt bzw. sich unnötig das Leben schwer macht.