Interview mit Userlutions

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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Website Boosting: Ihr bietet über die Domain rapidusertests.com einfache und schnelle Usertests an. Was muss man sich denn darunter vorstellen, wie funktioniert das?
Mit RapidUsertests können Webseitenbetreiber sehen und hören, was Nutzer auf der eigenen Webseite tun und denken. So können sie verstehen, welche Optimierungspotenziale in der Webseite schlummern. Webseitenbetreiber können die Tests selbst online erstellen. Innerhalb von 24 Stunden erhalten sie Videos mit Nutzungssessions ausgewählter Testnutzer. Die Tester sitzen im ganzen Land verteilt und führen die Tests von zu Hause aus durch. Auf den Videos kann man die Klickpfade einzelner Nutzer verfolgen und dabei zuhören, was sie bei der Webseitennutzung denken.

Man kann die Gedanken der Nutzer hören?
Richtig. Die Testnutzer sprechen ihre Gedanken während der Nutzung in ein Headset und diese werden aufgezeichnet. Im Ergebnisvideo sieht man die Webseiteninteraktion des Nutzers und hört bei der Nutzung zu. So versteht man sehr gut, was in den Nutzern vorgeht, was sie irritiert, was ihnen gefällt oder welche Verbesserungsvorschläge sie haben. Und so versteht man sehr schnell, wie man die eigene Webseite verbessern und erfolgreicher machen kann.

Und mit welchen Kosten muss man dabei rechnen?
Wir bieten zum Start ein Kennenlern-Angebot, bei dem man 2 Tester für 39 EUR auf die eigene Webseite schicken kann. Regulär werden 49 EUR pro Testnutzer bezahlt. Und dann gibt es noch Mengenrabatte. Ein Test mit 7 Nutzern kostet zum Beispiel 294 EUR. 

Normalerweise sind ja Usertests relativ aufwendig und damit teuer. Wie schafft ihr es, eure Leistung so günstig anzubieten? Rechnet sich das?
Es rechnet sich, weil die RapidUsertests zu einem großen Teil automatisiert abgewickelt werden. Die Testnutzer erhalten automatisiert Einladungen zu neuen Tests, welche sie am heimischen Rechner durchführen. Die Klickpfade und Kommentare der User werden von einem integrierten Screenrecorder aufgezeichnet. Dem Auftraggeber werden dann automatisch oft innerhalb weniger Stunden Videos mit den Nutzungssessions der Tester in einen persönlichen Account hochgeladen. Dort kann man sie online auswerten und Schlussfolgerungen zur Verbesserung seiner Webseite ziehen. 

Wie kommt ihr an die Tester bzw. wie groß ist euer Testpool zurzeit?
Die Tester bewerben sich online bei uns und sind daher demografisch sehr breit gestreut. Sie erhalten für jeden Test ein Honorar. Wir screenen die Bewerber mit einem Probetest, um „schwarze Schafe“  auszufiltern. Aktuell haben wir einen Pool von mehreren Hundert Testern, der täglich wächst.

Welche Selektionsmöglichkeiten hat man denn für einen Test?
Man kann die Anzahl der Testpersonen bestimmen, ein Testszenario, verschiedene Aufgaben sowie Fragen an die Nutzer stellen. In naher Zukunft wird man die Testnutzer nach demografischen Kriterien einschränken können, sodass man spezielle Zielgruppen, z. B. nur über 55-jährige Frauen, testen kann. Auf Anfrage bieten wir das bereits an.

Könnt ihr beschreiben, was das Ergebnis eines solchen Tests ist?
Als Ergebnis entdeckt man Bedien- und Verständnisprobleme der Webseite. Auch technische Probleme können aufgedeckt werden. Ein großer Online-Shop, der auch TV-Werbung macht, hat uns genutzt, um zu verstehen, warum die Conversion-Rate seiner Homepage so gering ist. Schon nach 3 Stunden lieferte der Test ein verblüffendes Ergebnis: Werbeblocker in den Browsern der Nutzer führten dazu, dass die Homepage total zerschossen dargestellt wurde. Dieses Problem wurde umgehend behoben und mit einem Re-Test überprüft. Wir gehen davon aus, dass die Conversion-Rate der Homepage seitdem deutlich angestiegen ist. Schade, dass ein großes TV-Werbebudget bis zum Test mit uns nicht effektiv genug genutzt wurde.

Wie geht es weiter, wenn man in Tests Schwachstellen herausgefunden hat? Unterstützt ihr hier auch?
Die gefundenen Schwachstellen zeigen, wo man die Webseite effektiv optimieren kann. Als Webseitenbetreiber muss man sich hier überlegen, welche Probleme erfolgskritisch sind und was die beste Lösung ist. Bei Bedarf stehen unsere Usability-Experten zur Seite.

Es ist ja nicht unbedingt gesagt, dass die dann ausgedachte Änderung spürbar besser ist? Muss der ganze Test dann noch mal durchlaufen werden?
Wie bei jedem Testverfahren müssen aus den Ergebnissen natürlich die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Und dabei können Fehler unterlaufen. RapidUsertests sind kein Allheilmittel, denn zur Optimierung von Webseiten sollte ein Mix aus quantitativen und qualitativen Methoden angewendet werden. Wir raten zum Beispiel dazu, Optimierungsvorschläge aus unseren Tests danach in einem A/B-Test quantitativ zu überprüfen. Wir füllen jedoch eine methodische Lücke, weil es preiswerte und schnelle Usertests bisher nicht gab.

Ihr gebt an, dass man bei euren Remote-Usertests konkrete Verbesserungsvorschläge bekommt. Wer generiert die bzw. wie stellt ihr sicher, dass die Vorschläge wirklich etwas verbessern?
Das eigene Team wird oft mach einiger Zeit „betriebsblind“. Viele Testnutzer haben frische Ideen, wie man bestimmte Probleme der Webseite lösen und sie intuitiver gestalten könnte. Wie bei jedem Usertest sollte man sich diese Ideen mit Abstand anschauen und selbst genau abwägen, welche Optimierung Sinn macht. Optional bieten wir auch eine Expertenauswertung durch uns an. 

Ein Knackpunkt ist beim Testen ja oft, den Testern die wirklich richtigen Aufgaben zu stellen. Kann das denn ein unbedarfter Website- oder Shopbetreiber überhaupt? 
Es gibt Webseitenbetreiber, denen es leichtfällt, anderen fällt es schwerer. Wenn es Schwierigkeiten gibt, bieten wir für einen kleinen Aufpreis an, den Test gemeinsam telefonisch mit einem Berater zu erstellen. Und beim zweiten Mal weiß man dann schon, wie es geht, und kann es einfach selbst machen. 

Wann habt ihr das Unternehmen Userlutions denn gegründet und wie seid ihr auf die Idee gekommen, das auch online quasi im „Discount“ anzubieten?
Die Idee für die RapidUsertests hatten wir im Winter 2010. Da waren wir wissenschaftliche Mitarbeiter der TU-Berlin und als Usability-Berater für kleine und mittelständische Unternehmen tätig. Wir stellten fest, dass Usability einerseits allen Webseitenbetreibern wichtig war. Andererseits gab es häufig Gründe, um Usertests aufzuschieben: Sie waren zu teuer, zu zeitaufwendig, es gab Berührungsängste mit Nutzern oder man wusste schlicht nicht, wie vorzugehen ist. Die Idee unserer Online-Usertests war die Lösung all dieser Probleme. Nachdem wir über ein Jahr am Service und der Technologie gefeilt hatten, wurde dann im Sommer 2011 das Unternehmen gegründet. 

Ihr sagt über euch selbst, empirisch-wissenschaftlich zu arbeiten. Was versteht ihr genau darunter bzw. welchen Vorteil darf ein Kunde sich davon erwarten?
Unser Usability- und Produktteam hat lange an der Universität gearbeitet. Benjamin hat immer noch einen Lehrauftrag. Daher achten wir darauf, dass unsere Methoden fundiert sind. Da wir fast alle Startup-Erfahrung haben, wissen wir zudem auch, dass es viele Ideen und Optimierungsvorschläge im Tagesgeschäft gibt. Ziel ist es dann, schnell herauszufinden, welche wirklich Erfolg versprechend sind. Hier schlagen wir pragmatische empirische Ansätze wie Usertests oder Befragungen vor. 

Ein Unternehmen zu gründen und praktisch gleich vom Start weg für Großkunden arbeiten zu können – wie bekommt man denn das hin?
Da freuen wir uns auch drüber. Unsere Dienstleistung löst vorhandene Probleme, das ist ein Grund. RapidUsertests sind für größere Unternehmen spannend, weil sie durch das sehr schnelle Feedback systematisch und häufiger testen können. Die Nutzerfreundlichkeit neuer Features kann so schnell geprüft werden. Bei entdeckten Problemen kann theoretisch noch am selben Tag eine Iterationsschleife eingelegt werden. 

War die Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie ausschlaggebend für eure Gründung? Potenzielle Gründer spielen ja oft auch mit dem Gedanken, solche Fördertöpfe anzuzapfen. Könnt ihr denen ein paar wertvolle Tipps aus eurer Erfahrung geben?
Die Förderung durch das EXIST-Programm als Ausgründung der Humboldt-Universität Berlin hat unsere Gründung in jedem Fall stark erleichtert. Dennoch war die Antragstellung steinig und langwierig. Unsere Empfehlung für andere Gründer: Sich über ein Gründungsnetzwerk einen erfahrenen Coach suchen, der bei der Antragstellung hilft. Das erhöht die Chancen auf eine Förderung. Am wichtigsten ist es aber, von der eigenen Idee überzeugt zu sein und ein gutes Team zusammenzustellen. Dann kann man auch ohne Förderung erfolgreiche Unternehmen gründen.

Vielen Dank für das Gespräch!