Den Wert der Website mit dem Website-Performance-Index steigern

Marco Hassler
Marco Hassler

Marco Hassler ist Partner und Business Unit Manager des Web-Dienstleisters Namics. Seit über 10 Jahren beschäftigt er sich mit der erfolgsorientierten Nutzung von Web Analytics und berät zahlreiche namhafte Kunden. Darüber hinaus ist er als Buchautor des Standardwerks „Web Analytics“ bekannt sowie als Fachdozent an Hochschulen und als Herausgeber der iPhone-App „Dashboard für Google Analytics“ tätig. Zu aktuellen Web-Analytics-Themen blogged er unter www.web-analytics-nutzen.de.

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Wenn der CEO im zufälligen Liftgespräch nach der heutigen Performance der Website fragt – dann lautet die inhaltlich korrekte Antwort des Online-Verantwortlichen, dass es sich um einen kontinuierlichen Optimierungsprozess handelt und man in kleinen Schritten den gesteckten Zielen näher kommt. Viel prägnanter und managementtauglicher wäre allerdings eine Aussage wie: „Wir konnten uns gegenüber der Vorwoche um 3,24 % steigern.“ Die substanzielle Grundlage für eine solche Äußerung bildet der Website-Performance-Index.

Wer sich schon länger mit Web Analytics auseinandersetzt, mag nun denken: „Totaler Humbug.“ Schließlich sind es verschiedene Faktoren, welche den Erfolg einer Website ausmachen, und die lassen sich nicht einfach so auf eine einzelne Prozentzahl reduzieren. Die Gegenthese dazu lässt sich mit einer Analogie aus einem weit komplexeren Gebiet aufbauen, nämlich der Bewertung von Unternehmen oder der ganzen Wirtschaft eines Landes. Wenn wir einen Blick auf die Wirtschaft werfen, dann ist es gang und gäbe, die Entwicklung des Börsenwerts eines Unternehmens mit dessen aktuellem wirtschaftlichem Befinden gleichzusetzen. Dies ist zwar eine gewisse Abstraktion, aber dennoch beurteilt der Markt ein Unternehmen hinsichtlich seiner aktuellen Ausrichtung und des zukünftigen Potenzials recht treffend im Aktienkurs. Auf einem Abstraktionslevel höher lässt sich die gleiche Betrachtung auch für die Wirtschaft ganzer Länder vornehmen. Die Aktienkurse der wichtigsten Unternehmen eines Landes werden dann zu Indizes zusammengefasst. Solche Indizes sind zum Beispiel der DAX (Deutscher Leitindex) oder der Dow Jones und Standard & Poor's in den USA.

Indizes als universal verständliches Barometer

Wenn nun so ein Leitindex am Tagesende im Plus oder Minus schließt, ist dies jeweils ein guter Indikator dafür, wie sich der Markt in einem Land gerade entwickelt hat. Jedenfalls kann ein breites Publikum mit einer Aussage wie "Der DAX hat mit 3,24 % im Plus geschlossen." etwas anfangen. Selbst wenn einzelne Unternehmen oder gar ganze Branchen vielleicht einen anderen Trend aufweisen, schmälert dies die Kernaussage nicht. Als allgemein verständliches Stimmungsbarometer sind solche Indizes also durchaus gut geeignet und aussagekräftig.

Genau ein solches Barometer braucht es für eine managementtaugliche Kommunikation auch für eine Website – und zwar in universal verständlicher Form, reduziert auf eine einzelne Zahl – idealerweise mit prozent- und punktmäßiger Abweichung zum Vortag. Diesem Anspruch kommt keine der bekannten Web-Analytics-Metriken wie Besucher, Besuche oder Seitenzugriffe nach – diese haben zu wenig Bedeutung für den Website-Erfolg. Die Lösung ist der „Website-Performance-Index“, eine Metrik, die analog zu Aktienindizes mehrere erfolgsorientierte Kennzahlen gewichtet und in einer umfassenden Indexzahl zusammenfasst.

Nimmt man sich einen Aktienindex zum Vorbild, dann werden die einzelnen Aktien dort meistens entsprechend der Marktkapitalisierung eines Unternehmens gewichtet. Vereinfacht gesagt haben große, gewichtige Unternehmen eines Landes einen großen Einfluss auf den Index-Wert, kleinere entsprechend weniger. So steht der Einfluss von Siemens auf den DAX z. B. bei rund 10 %, während jener der 29 anderen DAX-Unternehmen meist im tiefen einstelligen Prozentbereich liegt. 

Der Website-Performance-Index

Überträgt man das Index-Modell auf eine Website, bedeutet dies, dass statt der Aktienkurse von Unternehmen verschiedene relevante Website-Kennzahlen ausgewählt werden. Entsprechend ihrer Bedeutung für den Website-Erfolg werden die Kennzahlen gewichtet, analog den Aktienkursen in einem Börsenindex. Daraus lässt sich anschließend mathematisch recht einfach ein Index berechnen. Üblicherweise verwendet man für die Indexberechnung die Formel von Etienne Laspeyres, die im Wesentlichen die Summe der gewichteten Metriken ist – im Verhältnis zu einem Basiswert zu einem früheren Vergleichszeitpunkt.

Eine relative Gewichtung ausgewählter Metriken einer Website, typischerweise der Key Performance Indicators (KPI), ist also der Kerngedanke hinter dem Website-Performance-Index. Dies impliziert wiederum zwei Fragen, nämlich welches die messbaren Erfolgsfaktoren einer Website sind – und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. Eine Online-Bestellung eines Produkts zum Beispiel dürfte nämlich einen wesentlich gewichtigeren Beitrag zum Website-Erfolg leisten als etwa ein einfacher Download einer Produktbroschüre – selbst wenn beide Zahlen als KPI definiert sind. 

Den Website-Erfolg messbar machen

Key Performance Indicators sind per definitionem Messgrößen, welche – meist auf indirektem Weg – den Erfolg eines Ziels messen. Seine Unternehmens- und Website-Ziele genau zu kennen, ist daher der erste Schritt, um zu den Erfolgsfaktoren zu gelangen. Für eine Bestimmung der Website-Ziele lassen sich nun je nach Komplexität des Website-Angebots und des anbietenden Unternehmens verschiedene Vorgehensweisen anwenden. Bei sehr breit ausgerichteten Unternehmen, zum Beispiel Konzernen wie Siemens oder Bosch, ist es wichtig, sämtliche Website-Stakeholder mit ins Boot zu bekommen und im Rahmen eines Workshops ein gemeinsames Verständnis für die Website-Ziele zu erlangen. Die Priorisierung und Einigung auf die wichtigsten Website-Ziele ist allerdings eine Herausforderung, die sich meist nur mit einer klar formulierten Unternehmensstrategie beantworten lässt. 

Die pragmatische Herangehensweise für eher fokussierte Unternehmen ist, sich zu fragen, was denn eigentlich fehlen würde, wenn die Website eine Woche ausfiele. Dort, wo's am meisten schmerzen würde, liegen meist die wichtigsten Website-Ziele versteckt. Dabei kommt man nicht selten auf ganz andere Prioritäten, als man vielleicht zunächst dachte: Nicht das Fehlen von „viel Traffic" oder eines „ästhetischen Designs“ – zwei häufige Pseudo-Ziele – steht dann im Vordergrund. Vielmehr fällt vielleicht auf, dass überhaupt keine Stellenbewerbungen mehr eingereicht werden können oder dass die Hotline überlastet ist, weil sich Kunden Produktfragen nicht mehr selbst auf der Support-Website beantworten können. Genau hinter solchen Erkenntnissen stecken die „richtigen" Website-Ziele und der Grund, weshalb überhaupt Geld in eine Website investiert wird. 

Typischerweise setzen sich bei den meisten Unternehmen die Website-Ziele aus einer Kombination der folgenden Hauptziele zusammen:

  • Verkauf: Online-Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen
  • Kontaktgenerierung: Generierung eines Kontakts, zum Beispiel in Form einer Angebotsanfrage, Gesprächsvereinbarung, Informationsanfrage etc.
  • Administrationskostenreduktion: Kosteneinsparungen durch elektronischen Self-Service, zum Beispiel für Adressmutationen, Support-Anfragen, Transaktionsabwicklungen etc.
  • Personalgewinnung: Rekrutierung neuer Mitarbeiter
  • Branding/Markenkommunikation: Vermittlung eines Markenwertes
  • Unternehmenskommunikation: Kommunikation mit verschiedenen Stakeholdern wie Kunden, Medien, Investoren etc.

Natürlich ist die Kombination und Gewichtung dieser Ziele je Unternehmen unterschiedlich und individuell, abhängig von den verfolgten Geschäftszielen. Der genauen Ausprägung sollte sich aber jedes Unternehmen bewusst sein, das Geld in Online-Aktivitäten investieren möchte.

Die Erfolgsfaktoren und Key Performance Indicators ableiten

Nun sind die so definierten Website-Ziele natürlich meist noch zu wenig konkret, als dass sie messbar wären – abgesehen von Online-Verkäufen, die sich direkt in Euro oder Dollar ausweisen lassen. Vielmehr muss man nun über Zwischenschritte versuchen, Messgrößen bzw. KPI zu finden, welche diese Ziele indirekt messen. Ein Trick dabei ist, die Ziele erst auf beisteuernde Sub-Ziele oder Erfolgsfaktoren aufzudröseln. Um zum Beispiel das Ziel „Kontaktgenerierung“ zu erreichen, muss man erst das Vertrauen des Besuchers gewinnen, ein zuverlässiger und professioneller Anbieter zu sein – ohne diese Vorbedingung wird er kaum je Kontakt aufnehmen. „Vertrauen gewinnen“ stellt daher neben anderen Erfolgsfaktoren ein Sub-Ziel der Kontaktgenerierung dar. 

Über diesen ersten Zwischenschritt lässt sich nun weiter evaluieren, welche Website-Elemente oder -Inhalte denn vertrauensfördernd sind. Das könnte zum Beispiel ein Video mit einer positiven Kundenaussage über das Produkt sein – oder schlicht eine Seite mit der Einblendung eines kompetent und sympathisch wirkenden Ansprechpartners. Diese beiden Elemente sind nun ausreichend konkret, um mit einem Web-Analytics-System gemessen zu werden. Die zu betrachtende Kennzahl wäre dann zum Beispiel der Aufruf oder die Betrachtungsdauer bestimmter Videos oder Seitentypen. Da diese indirekt nun das Ziel der Kontaktgenerierung messen, sind solche Metriken auch als KPI valide. Auf diese Weise lässt sich pyramidenartig ein feinmaschiges Netz von KPI knüpfen, welches den Erreichungsgrad eines oder mehrerer Ziele einer Website misst.

Website-Ziele monetarisieren

Der erste Grundstein für einen Website-Performance-Index ist mit einer solchen KPI-Pyramide nun gelegt: Die KPI bilden, in Zahlen messbar, den Erfolg der Website ab. Nun gilt es noch zu klären, welche KPI die großen und welche die kleinen Steine in der Pyramide darstellen – also welches Gewicht sie für die Zielerreichung haben. Dass der KPI „# gesendete Kontaktformulare“ mehr Gewicht hat als „# Video-Abspielungen Kundenaussage“ leuchtet intuitiv ein – aber um welchen Faktor wertvoller ist nun der erste KPI verglichen mit dem zweiten?

Der Schlüssel zur pragmatischen Beantwortung dieser Frage liegt in der Monetarisierung der Website-Ziele. Dies bedeutet, sich zu überlegen, was einem die Erreichung eines Website-Ziels in Euro oder Dollar denn wert ist. Eine Kontaktgenerierung ist einem vielleicht so 50 oder 100 € wert – je nachdem, was wiederum ein Neukunde wert ist und wie viele Kontaktaufnahmen erfahrungsgemäß zur Gewinnung eines solchen führen. Manche mögen sich nun vor der Diskussion um den Wert eines Neukunden scheuen. Genau das ist aber eine der zentralen Fragestellungen, wenn man den Erfolg von Investitionen ausweisen möchte – und auf jeden Fall eine gesunde Diskussion.

Eine wertvolle Unterstützung bei solchen Diskussionen leistet übrigens die Verknfüpfung zu monetären Werten im realen Geschäft. Eine neu zu besetzende Stelle zum Beispiel kostet ein Unternehmen einige 10.000 € (Inserierungskosten, Personalaufwand usw.). Diese Kosten sind bekannt, ebenso das unternehmenstypische Verhältnis von Anzahl Bewerbung zu Anzahl Einstellungen. Der Wert einer einzelnen Bewerbung lässt sich damit hochrechnen und für die Monetarisierung des Website-Ziels „Personalgewinnung“ einsetzen. Ebenso sind die Kosten für den Auftritt bei einer Messe bekannt (Standbau, Miete, Personal etc.) sowie die Anzahl der darüber generierten Kontakte. Daraus lässt sich nun ein Anhaltspunkt für einen qualifizierten Neukundenkontakt ausrechnen. Wer bei 100 € Neukundenwert vorhin noch leer geschluckt hat, für den wird sich dies bei einer solchen Rechnung schnell relativieren. Auch wenn man die Kosten für einen TV-Spot ins Verhältnis zur Anzahl der Zuschauer setzt, ergibt dies einen interessanten Anhaltspunkt, was einem Unternehmen eine einfache Impression eigentlich wert ist. 

Mit einem Dreisatz zur KPI-Gewichtung

Hat man erst einmal Geldwerte für die Hauptziele gefunden, lassen sich auch für KPI monetäre Werte berechnen. Aus typischen Verhätnissen von KPI zu Website-Ziel lassen sich diese nämlich im Dreisatz rückwärts rechnen. Wenn zum Beispiel die Analytics-Daten aussagen, dass im Schnitt jede fünfzigste Betrachtung des Kunden-Videos in der Versendung eines Kontaktformulars mündete, dann hat die Video-Betrachtung ein Fünfzigstel des Werts einer Kontaktgenerierung. Auf diese Weise lässt sich mit etwas Fleiß für jedes zielorientierte Website-Element und für jeden KPI ein monetärer Wert definieren. Selbst dies ist schon eine wertvolle Erkenntnis, bringt uns aber noch einen weiteren Vorteil: Dank der Einheit „Währung“ lassen sich die KPI nun mit dem gleichen Maßstab vergleichen. Damit werden sie auch gleich zueinander gewichtet – denn die unterschiedlichen monetären Werte der KPI definieren nun genau die Relationen zwischen den kleinen und großen Steinen in unserer Pyramide.

Den Website-Performance-Index berechnen und messen

Bringt man nun die KPI-Pyramide, die monetäre Gewichtung und die Überlegungen zum Website-Performance-Index zusammen, dann ist es ein Leichtes, einen solchen Index zu bilden. Leichter, als den Index gemäß Formel händisch zu berechnen, ist es nun aber natürlich, ihn gleich in einem Web-Analytics-System zu hinterlegen. Voraussetzung hierfür ist ein sogenannter Formel- oder Metrik-Editor, wie ihn manches Enterprise-Web-Analytics-System anbietet (z. B. Webtrekk Q3 oder Adobe SiteCatalyst). Im Ergebnis lassen sich dann zum Beispiel Verlaufsgrafiken mit dem Website-Performance-Index generieren, die jenen von Börsencharts gleichen. Bei Google Analytics – einem der meistverbreiteten Tools – fehlt leider eine Möglichkeit für die Berechnung individueller Kennzahlen. Abhilfe schafft da ein automatisierter Export in Excel, zum Beispiel mit dem kostenlosen Excel-Plugin von Excellent Analytics (www.excellentanalytics). Oder man nutzt gleich die iPhone-App „Dashboard für Google Analytics“ (www.bit.ly/ga_app), welche die eigenen Analyse-Daten anzapft und mit der sich in der App ein Website-Performance-Index definieren lässt. 

Im täglichen und wöchentlichen Verlauf gibt der Index nun barometermäßig und grob zusammengefasst den aktuellen Erfolgsstatus der Website wieder. Natürlich ist der Wert täglichen wie auch zyklischen Schwankungen unterworfen, die den Index mal auf- und dann wieder absteigen lassen – ähnlich wie wir dies von der Börse her kennen. Dennoch lassen sich damit spannende Tendenzen herauslesen, nämlich zum Beispiel, ob man es über einen längeren Zeitraum hinweg schafft, den Indexwert in die Höhe zu treiben und so den Wert der Website nachhaltig zu steigern. Auch bietet der Index immer einen ganzheitlichen Blick auf die Website, der sich nicht so leicht durch kurzfristige Maßnahmen beeinflussen lässt. Wenn zum Beispiel ein Online-Wettbewerb zwar viele Besucher oder Teilnehmer bringt, aber nur wenige effektive Leads generiert, dann lässt sich dies im Index nicht kaschieren. Diese wahre Management-Kennzahl kann auch ein CEO interpretieren.