Branchenpower: Die dmexco 2011 in Köln

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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Die Branche boomt. Dieser Eindruck drängte sich bei der diesjährigen Leitmesse für digitales Marketing am 12. und 13. September förmlich auf. Während letztes Jahr eine Halle gut gefüllt war, brauchte man diesmal schon zwei Hallen, um allen Ausstellern genügend Raum bieten zu können. Neben einem anspruchsvollen Kongressprogramm luden praktisch alle namhaften Unternehmen der Branche ein, um sich und ihre Neuheiten zu präsentieren. Ein Muss für jeden ernsthaften Online-Marketer. 

Mit über 19.300 Fachbesuchern erzielte die Messe einen erneuten Besucherrekord. Aus dem Programm der 440 nationalen und internationalen Aussteller haben wir zusammenfassend und bei Weitem ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige der wichtigsten Highlights für Sie herausgepickt. 

Searchmetrics Essentials

Die gleichnamige Suite (siehe auch den großen SEO-Tool-Vergleichstest in der Ausgabe 3-4/2011) hat mit der neuen Version 6 einen gewaltigen Sprung gemacht. Marcus Tober und sein Team haben mit 40 Entwicklern etwa 100.000 Arbeitsstunden investiert und ein ganzes Jahr lang an neuen Funktionen und einer neuen, verbesserten Bedienoberfläche gearbeitet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Suite greift nun auf Daten aus 31 Ländern und 65 Mio. Domains zu und enthält mittlerweile 100 Mio. Keywords. Nach eigenen Angaben hat Searchmetrics damit die weltweit größte Datenbasis für SEO, SEA und Social Media. Neu ist auch, dass Searchmetrics über selbst lernende Algorithmen mittlerweile zwischen unterschiedlichen Arten von Suchanfragen unterscheiden kann:

  • Navigational: Jemand nutzt eine Suchmaschine zur „Navigation“ und gibt z. B. „BMW“ ein, um über das Suchergebnis zur entsprechenden Domain zu gelangen.
  • Informational: Die Suchbegriffe dienen eher zur Informationsfindung, etwa um sich einen Überblick über neue Flatscreens oder die Herstellung von Wein zu verschaffen.
  • Transactional: Hier steckt Kaufinteresse hinter einer Suchanfrage.

Für die exaktere Wertzumessung von Suchbegriffen ist dies ein wichtiger Schritt.

Ein völlig neues Feature stellt das neue Social-Media-Monitoring-Tool dar. Auf Knopfdruck lässt sich nun die „Social Visability“ ermitteln, eine Art „Verwobenheits- oder Beliebtheitsgrad“ (exakt die „Sichtbarkeit“) einer Website in den wichtigsten Social-Plattformen – Facebook, Twitter, Google+1, LinkedIn, StumbleUpon und Delicious. Der Erfolg der eigenen Aktivitäten in solchen Netzwerken sowie derjenigen der Mitbewerber kann damit nun besser beobachtet und gemessen werden. Bis auf die Ebene einzelner URLs lässt sich darstellen, welche Seiten oder Blogposts mit wie vielen Likes, Tweets oder per +1 bei Google markiert wurden. Die Besonderheit ist, dass diese Daten fortlaufend ermittelt und aufbereitet werden und somit bei einer Analyse praktisch in Echtzeit direkt aus der Datenbank zur Verfügung stehen. Wartezeiten entfallen somit. Die Geschwindigkeit und Bedienbarkeit sowie die Übersichtlichkeit der Suite sind spürbar gestiegen, das Zusammenstellen individueller Reports per Drag and Drop geht leicht von der Hand. Konkurrenzanalysen lassen sich nun ebenfalls ohne Wartezeiten durchführen.

Vielleicht für viele die interessanteste Neuerung: Die aktuelle Preisgestaltung erlaubt nun auch kleineren Unternehmen oder Agenturen, einzelne Module zu ordern. Das kleinste Modul schlägt mit 89 Euro zu Buche. Über einen eigens dafür errichteten Shop lassen sich weitere Module leicht und ohne die bisherige Wartezeit dazu konfigurieren. Searchmetrics bietet ab sofort weiterhin die Möglichkeit, kostenlose (funktional beschränkte) Testaccounts ohne zeitliche Beschränkung anzulegen, die nicht automatisch in einen Vertrag münden. Insgesamt gesehen bewegt sich Searchmetrics damit immer mehr weg vom einem reinen Tool- und hin zum Lösungsanbieter. 

Sistrix

Auch Johannes Beus hat mit seinem Team seit zwei Jahren an wesentlichen Verbesserungen und Neuerungen der bekannten Sistrix-Toolbox gearbeitet. Mittlerweile werden 150 eigene Server für das Crawling eingesetzt und damit konnte der Datenbestand extrem aufgestockt werden. Etwa 45 Milliarden Links und Daten zu über 4 Milliarden Domains liegen in den Datenbanken zum Abruf bereit. Der hierfür entwickelte „OpenLinkGraph“ wurde nach eigenen Angaben hinsichtlich der Datenauswahl und -verarbeitung eng an die Arbeitsweise von Suchmaschinen angelehnt. Auf der Messe wurden Testzugänge für die neue Programmierschnittstelle (API) verteilt. Damit schließt Sistrix nahtlos eine Lücke, die durch die kürzliche Abschaltung der bisher von vielen SEOs genutzten Yahoo!-API entstanden war. Durch die Verwendung einer eigenen Datenbasis können Links nun nach vielfältigen Kriterien wie z. B. Weiterleitungen, do- oder nofollow, Linkquellen und -ziele, Bild- und Textlinks, aber auch nach Linktexten (Ankertexte) gefiltert und analysiert werden. 

Weiterhin werden die Linkdaten nun umfassend archiviert und erlauben damit einen Überblick über die zeitliche Entwicklung der Linkstrukturen für eine Domain. Erste Tests haben ergeben, dass Sistrix offenbar sogar mehr Linkdaten liefert als Seomoz und MajesticSeo. Eine Exportfunktion wird in Kürze zur Verfügung stehen, eine Programmierschnittstelle (API) befindet sich aktuell im Beta-Stadium. 

Das neue Linkmodul kann für 100 Euro pro Monat gebucht werden, alle bisherigen Kunden des Linkmoduls können die neuen Funktionen ohne Zusatzkosten nutzen.

Seolytics

Seolytics hat unter anderem vor allem im wichtigen Bereich des Reportings spürbar aufgestockt. So lassen sich jetzt direkt aus dem Tool heraus aus allen Ansichten optisch recht ansprechende Reports als PDF- oder XLS-File erzeugen. Dazu hat man zahlreiche Vorlagen für ansichtsübergreifende Reports angelegt. Dies werden Agenturen sicher sehr zu schätzen wissen, weil sich damit ohne großen Aufwand auch ansprechendes Datenmaterial für die Kundenakquise bzw. für Vorfeldgespräche erzeugen lässt.

Eine für Analysezwecke nützliche neue Funktion ist, dass nun in den sog. Universal Search (gemischte Suchergebnisse) alle Elemente einer Resultatsseite durchgezählt bzw. nummeriert werden – und dies in Kombination mit der Seitenzahl. Damit wird die Performance einer Site hinsichtlich der Universal Search sehr viel transparenter. Der Keyword-Pool für den Visibility Rank (eine Seolytics-eigene Kennzahl) wurde für die USA auf etwa eine Million Keywords aufgestockt. Für Österreich, England sowie weitere Länder ist das bereits angekündigt. Ebenso folgt laut Seolytics bald ein Alert-System, das bei sich ändernden Positionen automatisiert Mails verschickt oder online Alarm-Meldungen auf dem Dashboard des Tools erzeugt.

econda

Der Controllingspezialist aus Karlsruhe zeigte auf der Messe sein neues und einfach zu konfigurierendes Modul „Cross Selling“. Das Ziel ist eine quasi komplett automatisierte Umsatzoptimierung für einen Online-Shop. Dazu hat man die Recommendation Engine, die Re-Marketing-Suite und das Online-Abverkaufs-Tool kombiniert, was zu spürbar besseren Produktempfehlungen führen soll. Über ein sog. Re-Marketing-Widget lassen sich Shop-Wiederbesucher gesondert ansprechen. Über Widgets wird es z. B. nun auch möglich, einen früher offenen bzw. nicht abgeschlossenen Warenkorb in ein individualisiertes Mailing einzubinden. Durch eine eigens bei econda entwickelte Technologie soll das neue Modul hochperformant laufen, damit beim Seitenaufruf keine störenden Wartezeiten beim Besucher entstehen. Die Lösung ist laut econda – und darauf sollte man in diesen Zeiten wohl durchaus ein besonderes Augenmerk legen – zu 100 % datenschutzkonform. 

Trakken

Timo Aden und Lennart Paulsen, zwei ehemalige Google-Mitarbeiter, haben ihr bisheriges, downloadbars TrakkBoard komplett auf online umgestellt. Das umfassende Dashboard lässt sich somit auch problemlos den eigenen Kunden mit einstellbaren Zugriffsrechten und -rollen auf individuell zusammenstellbare Kennzahlen zur Verfügung stellen. Mittels einfachem Drag & Drop lassen sich Daten aus unterschiedlichen Quellen wie Google Analytics, DoubleClick, affilinet, Adobe SiteCatalyst, Webtrekk, Facebook, AdWords, Twitter, Google News und einigen mehr zusammen darstellen und als Clou auch miteinander verrechnen. Trakkboard nutzt dazu verschiedene Schnittstellen (API) und aggregiert sie nach Nutzerwunsch zu Tabellen oder Charts.  

Die monatlichen Gebühren gehen in der Startphase von 49 Euro (sonst 99 Euro) bis hin zum Enterprise-Account, dessen Preise auf Anfrage individuell kalkuliert werden. Weitere Infos unter www.trakkboard.de.

Xovi

Auch Xovi hat zur Messe einige Neuerungen vorgestellt. Mit dem neuen Onpage-Tool können Analysen für einzelne Domains bis in die 5. Ebene durchgeführt werden. Dabei werden bis max. 500 Unterseiten gescannt und bis zu 10.000 interne Links erfasst und gespeichert. Sämtliche Unterseiten werden nach sog. „Scores“ sortiert, wodurch sofort klar wird, welchen Änderungen man sich vordringlich widmen sollte. Angezeigt werden unter anderem interne Links, die auf fehlerhafte Seiten verlinken, Title, die mehrfach vorkommen, Duplicate Content, die Keyworddichte, fehlende H1-Tags, Anzahl der externen Links und einige andere Kennzahlen mehr. Als großer Vorteil kann hier sicherlich gelten, dass praktisch per Knopfdruck sehr viele Seiten in einem Durchgang erfasst und untersucht werden. Das Auswählen einzelner Seiten entfällt damit und es entsteht in relativ kurzer Zeit eine umfassende To-do-Liste, was aus technischer Sicht (noch) nicht in Ordnung ist.

Auch an der Rankingüberwachung wurde gearbeitet. Es ist nun möglich, täglich Änderungen wichtiger Keywords in 29 Ländern zu ermitteln, um möglichst schnell reagieren bzw. gegensteuern zu können. Auf der Messe wurde ausgewählten Besuchern bereits das neue Backlinkmodul vorgestellt, das bis zum Erscheinen dieser Ausgabe bereits online verfügbar sein dürfte. Durch Daten, die von eigenen Crawlern erfasst und aufbereitet werden, wird der bereits erwähnte Wegfall des Yahoo! SiteExplorers bzw. der diesbezüglichen API kompensiert. Ebenfalls angekündigt ist ein neuer Linkmanager, mit dem es möglich sein wird, die eigenen Backlinks zu verwalten und zu überwachen. Durch ein individuell einstellbares Prüfintervall erhält man so via E-Mail Kenntnis von wegfallenden Backlinks, jeweils angereichert um SEO-Kennzahlen des (verlorenen) Links. So kann man als Seitenbetreiber ggf. schnell reagieren. Der neue Backlinkbereich sowie der Linkmanager steht, wie bei XOVI bisher üblich, den Bestandskunden ohne Aufpreis zur Verfügung.