SEA + Call-Tracking = ROI²

Mischa Rürup
Mischa Rürup

Dipl. Inf.-Wirt. (TH) Mischa Rürup ist Geschäftsführer und COO der intelliAd Media GmbH. Er ist verantwortlich für die Produktentwicklung mit dem Fokus auf Multichannel-Optimierung und Customer-Journey-Tracking. Er ist Mitbegründer der intelliAd Media GmbH. Das Münchener Technologieunternehmen wurde 2012 von der Deutschen Post übernommen.

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Im Performance-Marketing können mithilfe des Multichannel-Trackings inzwischen alle Online-Kanäle gemeinsam gemessen und aus einem Kanal direkt Rückschlüsse für andere Kanäle gezogen werden. Doch was ist mit den Offline-Kanälen, die nachweislich einen starken Effekt auf das Online-Kaufverhalten der Kunden haben? Jetzt gibt es erste Verfahren, die einen Telefontracking-Ansatz integrieren und sogar direkt mit dem Bid-Management verbinden. intelliAd erklärt, wie es funktioniert und wer profitiert.

Gestern habe ich im Internet nach einem besonderen Fahrrad gesucht, das ich gern kaufen möchte. Ich habe es in einem Film gesehen und mich gleich verliebt und mir das Fabrikat gemerkt. Tatsächlich fand ich nach einigen Google-Anfragen genau dieses Sondermodell in einem kleinen Fahrrad-Shop. Doch bei der Online-Bestellung wurde ich doch unsicher. Welche Rahmenhöhe soll ich auswählen, was ist mit Schritthöhe gemeint? Gut, dass der Online-Shop eine Telefonberatung hatte und ich mich schnell erkundigen konnte. Vorher noch mal schnell die Preise über eine Preissuchmaschine verglichen und die Bestellung online aufgegeben …

Sie als Online-Marketing-Manager erkennen sofort: Eine klassische Customer Journey, die insbesondere bei beratungsintensiven Produkten zu beobachten ist. Der potenzielle Kunde hat bis zum tatsächlichen Kauf Berührung mit verschiedenen Werbemitteln. Wir wissen, dass diese Klickketten im Schnitt über mindestens zwei Kanäle laufen und fast sieben Tage dauern. Dabei sind Adwords-Anzeigen wichtig für die Neukundengewinnung und SEO- und Direct-Traffic für das Auslösen der Conversion. Was wir bislang nicht wussten: Welchen Einfluss haben Offline-Kanäle wie Telefon auf die Conversion?

Das Telefon genießt als Bestellweg noch mehr Vertrauen als das Netz

Unser Gefühl und die eigenen Erfahrungen als Konsument sagten uns schon lange, dass der Anruf in einem Callcenter oder bei der Hotline des Shops eine sehr wichtige Funktion hat und eine unmittelbare Kaufabsicht vermuten lässt. Sie sind also eine wichtige Vorstufe des Kaufes, da sich der Interessent weitere Informationen über das Produkt beschaffen möchte. Das Telefon genießt aber auch als Bestellweg bei vielen Verbrauchern noch immer mehr Vertrauen als das Netz. Es ermöglicht einen individuelleren Beratungsansatz und besonders die Zielgruppe 50+ schätzt diesen persönlichen Kontakt. Zudem haben Sie vielleicht auch schon die Erfahrung gemacht, dass nach dem Pausieren von Keywords in Google Adwords im Rahmen einer Budgetreduzierung plötzlich das Telefon schwieg. Dann haben Sie wahrscheinlich Keywords pausiert, die nach Ihrem Tracking keine Conversions gebracht haben, aber wohl in der Customer Journey bzw. beim Auslösen eines Calls eine wichtige Rolle spielten.

Erste Erfahrungswerte mit unserem Telefon-Tracking belegen die besondere Rolle des Anrufs für die Conversion: Wenn ein Anruf Bestandteil der Costumer Journey ist, steigt die Abschlusswahrscheinlich um bis zu 20 Prozent. Wir wissen ferner, dass ein Anruf meist sehr weit hinten in der Kette erfolgt, können also davon ausgehen, dass dieser kurz vor dem Sale als letzte Kaufbestätigung dient. Wir wissen auch, dass Klickketten mit einem Call tendenziell kürzer sind, ein Anruf den Kauf demnach beschleunigen kann.

Brücke zwischen der Offline- und der Online-Werbewelt schaffen

Daraus folgt die Notwendigkeit, auch Anrufe in die Customer Journey mit einzubeziehen und im Tracking endlich eine Brücke zwischen der Offline- und der Online-Werbewelt zu schlagen. Das könnte ein ganz anderes Licht auf die Performance des Online-Marketings werfen. Bisher konnte, sobald ein Telefonkontakt die Klickkette unterbrach oder abschloss, im Prinzip kein korrekter Cost per Order ausgerechnet werden, zumindest wenn das Telefon ein Bestellweg des Shops ist.

Endlich scheint die Hürde aufgrund des Medienbruchs beim Tracking beseitigt. Ein sogenanntes Call-Tracking oder Telefon-Tracking kann jeden eingehenden Anruf dem auslösenden Online-Kanal, Werbemittel oder sogar Keyword zuordnen, das der Kunde zuvor geklickt hat. Dabei wird jedem User, der die Bestell- oder Beratungshotline anruft, eine individuelle Telefonnummer angezeigt. Der Telefonanbieter übermittelt Daten wie Anzahl, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe sowie Absendererkennung. Zudem kann das Anrufvolumen über den gesamten Tag, die Woche oder den Monat dargestellt werden.

Dazu bindet der Webseitenbetreiber, z. B. ein Online-Shop, ein JavaScript-Pixel auf seiner Seite ein. Wenn ein User nun beispielsweise auf eine Adwords-Anzeige klickt, wird ihm ein Cookie zugewiesen bzw. das System erkennt seinen elektronischen Fingerabdruck. Auf der Shopseite wird dann dynamisch eine individuelle Telefonnummer über das JavaScript-Pixel eingeblendet. Wählt der User nun diese Nummer, kann der Call in der Customer Journey genau zugeordnet werden.

Das Rufnummern-Tracking beruht auf einer Telefonserver-Lösung. Dem Werbetreibenden wird im Regelfall ein ganzer Block von Service-Rufnummern für das Kunden-Feedback zur Verfügung gestellt, wobei aber auch Festnetznummern eingesetzt werden können. Auf diese Weise kommuniziert jedes Online-Banner und jedes beliebige andere Werbemittel als Response-Element eine individuelle Telefonnummer. Ruft ein Interessent eine der ausgegebenen Servicenummern an, wird über die verwendete Rufnummer gemessen, auf welches Werbemittel dieser Kundenkontakt zurückzuführen ist.

Auf diese Weise kann die Bedeutung des Anrufs in der Kaufkette dargestellt und dessen Position ermittelt werden. So zeigen erste Erkenntnisse, dass bei Conversion-Ketten, die einen Anruf beinhalten, dieser meist unmittelbar vor dem Sale steht. Für E-Shops könnte auch interessant sein, ob der Warenkorb tendenziell höher ist, wenn der Kunde vorher angerufen hat, oder ob die Conversion-Kette bei Anrufbeteiligung kürzer ist, da die Kaufsicherheit beim Kunden erhöht wird. Diese und andere Analysen sind mithilfe eines integrierten Call-Trackings möglich und führen zu einer neuen Bewertung des Kanals Telefon und somit der Marketingmaßnahmen in diesem Bereich.

Das leistet ein Telefon-Tracking:

  • Telefonische Response-Quote pro Werbekanal, Kampagne, Ad-Group oder Keyword
  • Möglichkeit der Callback-Funktion
  • Anzeige von Anrufzeitpunkt, -dauer und Absenderkennung
  • Umfassende Erfolgskontrolle, auch für teure, beratungsintensive Produkte/Dienstleistungen
  • Bei Anbindung an ein Bid-Management Optimierung auf Cost per Call und ROI möglich

Für jedes Keyword eine eigene Telefonnummer

Im Folgenden geht es insbesondere darum, wie das Call-Tracking zur Optimierung von Suchmaschinenwerbung (SEA) eingesetzt werden kann, mit dem Ziel einer Regelung auf dem Cost per Call beziehungsweise dem ROI. Dazu ist eine Anbindung des Call-Trackings an das Bid-Management nötig, wie es zum Beispiel intelliAd jetzt anbietet. Call-Tracking muss aber nicht zwangsläufig mit einem Bid-Management laufen, sondern kann auch so wertvolle Erkenntnisse zur Customer Journey liefern.

Idealerweise erfolgt ein Tracking bis auf Keyword-Ebene. Um jeden Anruf einem Keyword zuordnen zu können, bedarf es allerdings einer entsprechend großen Anzahl an Telefonnummern. Unserer Erfahrung nach kann man bei circa 3 Millionen Page-Impressions im Monat mit einem Nummernblock von 500 Telefonnummern etwa 45 Minuten bis auf Keyword-Ebene messen. Bei mehr Impressions ist das Telefon-Tracking zwar immer noch möglich, wird jedoch unschärfer, da die Telefonnummern nur noch auf Ad-Group- oder Kampagnenebene vergeben werden. Durch eine intelligente Verteilung der Nummern kann zumindest analysiert werden, auf welche Anzeige oder Kampagne der User zuletzt geklickt hat.

Es ist daher folgende Herangehensweise für Shops zu empfehlen, die Call-Tracking nutzen möchten: Im ersten Schritt reichen Tests mit kleinen Nummernblöcken aus, um überhaupt Cross-Effekte zwischen den Kanälen zu erkennen und deren Bedeutung einschätzen zu können. Stellt sich dann heraus, dass der Call ein relevanter Conversion-Typ für den eigenen Shop ist, fällt die Entscheidung für ein erweitertes Telefon-Tracking meist leichter.

Algorithmus verteilt Hunderttausende von Telefonnummern

Auch große Volumina an Telefonnummern für Retailer sind heutzutage kein Problem mehr. Über IP-Telefonie können Blöcke mit Hunderttausenden von Telefonnummern ausgegeben werden. Diese werden über einen Algorithmus intelligent verteilt beziehungsweise durchgetauscht und bei jedem neuen User, der über eine Adwords-Anzeige kommt, dynamisch auf der Shopseite ausgewechselt. Ruft der Kunde dann an, erfolgt eine Datenübertragung vom Telefonanbieter an das Bid-Management. So kann genau ermittelt werden, wie lange der Kunde bis zum Anruf gebraucht hat und welches Keyword schließlich den Anreiz zur Kontaktaufnahme gegeben hat. Die Informationen aus dem Call-Tracking fließen dann unmittelbar in das Bid-Management ein. So wird die Anrufrate neben den bisherigen SEA-Faktoren wie Quality Score oder historische Klickrate eine weitere Messgröße zur Optimierung von Keywords. Ist das Call-Tracking nicht direkt in das Bid-Management integriert, können diese Informationen auch für eine manuelle Gebotsregelung durch den SEA-Manager genutzt werden.

 

Außerdem kann ein Call-Tracking den Anrufzeitpunkt, die Anrufdauer und den Absender (im Rahmen des gesetzlichen Datenschutzes) erfassen. Wertvolle Erkenntnisse also nicht nur für den SEA-Verantwortlichen, sondern für das gesamte Marketing des Unternehmens. Im Idealfall werden auch Abschlussrate und Warenkorbwert vom Callcenteragenten hinterlegt und vom Telefonanbieter in Echtzeit übermittelt. Diese können aber auch nachträglich über CSV-Listen eingepflegt werden.

Agenturen, Händler und auch Affiliates profitieren

Call-Tracking löst das Problem der korrekten Zuordnung telefonischer Bestellungen. Von der neuen Technologie profitieren natürlich zuallererst die Händler. Sie erhalten einen genauen Einblick in das Zusammenspiel der Online-Kanäle und des Telefons. Die Datenübermittlung aus dem Callcenter kann besonders bei Kampagnen mit einem bislang hohen CPO zu valideren Berechnungen führen. Wir haben häufig Anfragen von Kunden zu hochpreisigen Produkten, zum Beispiel bei einem Designerlampen-Shop, bei dem sich der durchschnittliche Wert des Warenkorbs auf etwa 1.000 Euro beläuft. Da erfolgen 80 Prozent der Verkaufsabschlüsse über das Telefon. Wenn wir diese Verkäufe nicht berücksichtigen würden, läge der CPO deutlich höher, mit der Konsequenz, dass Adwords oder zumindest einige Keywords als unrentabel eingestuft werden würden. Eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der Warenkörbe aus der telefonischen Bestellannahme führt zu deutlich niedrigeren CPOs bzw. zu einer ROI-Steigerung.

Ein Rechenbeispiel: CPO/ROI mit und ohne Call-Tracking

Ohne Call-Tracking:
50 Conversions (nur Sales, ohne Telefontracking) mit 2.000 € Umsatz (40 € pro Sale) bei 500 € Adwords-Kosten
= CPO: 10 €
= ROI (Umsatz/Kosten): 400 %

Mit Call-Tracking:
80 Conversions (50 Sales+30 Anrufe) mit 2.000 € Umsatz (40 € pro Sale + anteiligem, fiktivem Umsatz pro Call von 8 €, unter der Annahme, dass 20 % aller Anrufe auch konvertieren) bei 500 € Adwords-Kosten
= CPO: rund 6 €
= ROI: (50*40 €+30*8 €))/500 = 448 %

(Nur Adwords-Kosten. Die Telefonkosten für Servicemitarbeiter, Callcenter etc. sind nicht berücksichtigt.)

Aber auch Agenturen gewinnen durch das erweiterte Tracking und können den Erfolg ihrer Maßnahmen gegenüber dem Kunden noch besser belegen. Tim Schmid, Head of Sales bei der explido WebMarketing GmbH & Co. KG, bringt es auf den Punkt: „Die Integration von Telefon-Tracking in das Bid-Management-System stellt einen wichtigen Schritt für die kanalübergreifende Optimierung dar. Damit ergeben sich völlig neue Dimensionen der Erfolgsmessung und Bewertung für uns.“

Und schließlich profitieren auch die Affiliates: Durch den weiteren Conversion-Typ „Call“ (neben den fünf Standard-Typen bei Google Sales, Leads, Signup, Pageview, Download) werden künftig mehr Conversions erfasst und somit können Affiliates auch für Telefonanrufe vergütet werden. Bisher gingen Affiliates dabei leer aus.

Wer profitiert von Call-Tracking?

  • Alle Shops mit einer Beratungs- bzw. Bestellhotline
  • Shops mit beratungsintensiven Produkten (z. B. Reisen, Möbel, Autos)
  • Shops mit hochpreisigen Produkten
  • Alle, die Beratungs-Dienstleistungen anbieten wie etwa Anwälte
  • Agenturen durch den Nachweis von mehr Conversions
  • Affiliate-Netzwerke durch eine umfassende, faire Vergütung

Zwei Welten wachsen zusammen

Bislang konnten Offline- und Online-Kanäle nur sehr mühsam zusammenhängend ausgewertet werden. Jetzt sind wir Schritt für Schritt in der Lage, auch Offline-Kanäle wie Telefon mit in die Multichannel-Optimierung einzubeziehen. Ein wichtiger Schritt für das digitale Marketing, denn zukünftig ist eine optimale Verteilung des Marketingbudgets noch zielgerichteter möglich.