App Boosting Teil 2– erfolgreiches App-Store-Marketing für iPhone und iPad Apps

Hanns Kronenberg
Hanns Kronenberg

Als Experte für Suchmaschinenoptimierung hilft Hanns Kronenberg Unternehmen, mehr Besucher über Google zu gewinnen. Auf diese Weise erhalten die Websites seiner Kunden jeden Monat mehr als 20 Millionen Besucher über Suchmaschinen.
Er hat Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Marketing und Statistik in Münster studiert und beschäftigt sich seit 10 Jahren mit dem Thema Suchmaschinen. Nach beruflichen Stationen in Leitungsfunktionen bei Unternehmen wie RTL, Deutsche Telekom, Tomorrow Focus, muenchen.de und meinestadt.de arbeitet Hanns Kronenberg seit 2007 als selbstständiger SEO-Experte.
Hanns Kronenberg gehört zu den Pionieren im Bereich Mobile Search sowie App-Store-Marketing und ist Publisher der App „SEO-Post“, über die alle wichtigen und aktuellen SEO-News auf dem iPhone abgerufen werden können.

Mehr von diesem AutorArtikel als PDF laden

Im Januar 2011 verkündete Apple die beeindruckende Zahl von insgesamt 10 Milliarden Downloads von Apps bei iTunes. Die Downloads verteilen sich dabei auf rund 350.000 angebotene Apps und 160 Mio. Nutzer von iOS-Geräten (iPhone, iPod touch, iPad). Mit welchen Marketingmaßnahmen wird eine App erfolgreich? Der SEO-Berater und Herausgeber der iPhone App „SEO Post“, Hanns Kronenberg, hat den App Store durchleuchtet und zeigt, wie die Suche nach Apps und das App-Ranking bei iTunes funktionieren.

In Teil 1 des Artikels „App Boosting“ wurde erläutert, warum Apps für das Betriebssystem iOS von Apple derzeit eine herausragende Bedeutung bei der Nutzung des mobilen Internets besitzen. „Mit mehr als 10 Milliarden Downloads in weniger als zweieinhalb Jahren – davon alleine umwerfende 7 Milliarden Downloads im letzten Jahr – hat der App Store unsere kühnsten Erwartungen übertroffen“, sagte Philip Schiller, Senior Vice President für Worldwide Product Marketing bei Apple. „Der App Store hat die Weise revolutioniert, wie Software entwickelt, vertrieben, entdeckt und verkauft wird.“ Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsunternehmens Gartner erfolgen 90 Prozent der weltweiten App-Downloads über den App Store von Apple. Nach Einschätzung von Gartner steigt 2011 die Zahl der jährlichen App-Downloads um 117 Prozent auf 17,7 Milliarden. Der global durch mobile Anwendungen erzielte Umsatz wird für das laufende Jahr auf über 15 Milliarden Dollar prognostiziert. Wie aber wählen die Nutzer zwischen den rund 350.000 angebotenen Apps aus, welche sie downloaden, und mit welchen Maßnahmen kann man den Erfolg einer App unterstützen?

App-Store-Rankings (Top-Charts)

Die wichtigste Orientierungshilfe für die Nutzer bei der Auswahl von Apps sind die Top-Charts in den drei Kategorien:

  • Apps (gekauft)
  • Apps (kostenlos)
  • Umsatzstärkste Apps

Bei einer von AdMob durchgeführten Umfrage unter iPhone-Nutzern gaben fast 60 Prozent der Befragten an, dass sie über die App-Store-Rankings auf die Apps aufmerksam werden, welche sie downloaden möchten.

Während die iTunes-App-Store-Startseite auf dem stationären PC und auf dem iPad jeweils die Top 10 in den drei Kategorien anzeigt, erhält man auf dem iPhone und dem iPod touch direkt eine Liste der Top 25. Eine App erhält damit eine herausragende Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit, wenn sie einen der ersten 10 bzw. 25 Plätze in den Top-Charts belegt.

Einen wesentlich geringeren Einfluss auf die Downloads haben hingegen Empfehlungen von Freunden und Kollegen (38 %), Werbung in anderen Apps (25 %), Nachrichtenartikel und Blogs (20 %) und die Vorstellung einer App über die direkten Informationskanäle der Anbieter (15 %). Der zentrale Anlaufpunkt für das Entdecken neuer Apps ist der App Store selbst.

Leider existieren keine Werbemöglichkeiten im App Store. Neben den Top-Charts werden zwar weitere Apps in Kategorien wie „Neu und beachtenswert“ und „Topaktuell“ vorgestellt. Diese Listen sind aber rein redaktionell gepflegt. Der größte Hebel für den Download-Erfolg einer App besteht daher darin, eine möglichst gute Platzierung im App-Store-Ranking zu erreichen.

Anzahl Downloads in den letzten 24–48 Stunden bestimmen die Top-Charts

Die App-Store-Rankings in den beiden wichtigsten Kategorien „Apps (gekauft)“ und „Apps (kostenlos)“ werden ausschließlich über die Anzahl Downloads ermittelt. Dabei werden die rollierenden Downloads eines kurzen Zeitraums von schätzungsweise 24–48 Stunden gezählt. Andere Faktoren wie z. B. die Bewertungen von Apps haben keinen Einfluss auf die App-Store-Rankings in den Top-Charts. Um ein möglichst gutes Ranking im App Store zu erreichen, muss eine App also möglichst häufig in den letzten 24–48 Stunden heruntergeladen worden sein. Dabei werden nur die Downloads der jeweiligen Länderversion des App Stores gezählt. Die Rankings in den einzelnen Ländern unterscheiden sich folglich voneinander. Die Downloads von Updates zu einer App werden übrigens nicht für die Top-Charts gezählt. Es zählen nur Neuinstallationen.

Das Ranking in den Top-Charts ist eher mit den Musik-Charts und weniger mit den Google-Rankings vergleichbar. Während eine Website bei Google unbefristet stabile Top-10-Positionen zu einem Keyword erreichen kann, sind die Rankings einer App in den Top-Charts meist kurzfristig und volatil. Der Mechanismus der Top-Charts mit seinem kurzen Auswertungszeitraum der Downloads sorgt für viel Abwechslung und immer neue Apps auf den vorderen Plätzen. Dies ist sicherlich auch im Interesse von Apple und sorgt für eine Maximierung der gesamten Anzahl Downloads und der Umsätze.

Hat es eine App erst einmal in die Top 25 oder sogar in die Top 10 geschafft, beginnt ein Erfolgskreislauf. Auf diesen Positionen erhält die App viel Sichtbarkeit, was zu mehr Downloads führt. Mehr Downloads bedeuten wiederum noch bessere Positionen in den Top-Charts. Hieraus ergeben sich noch mehr Sichtbarkeit und noch mehr Downloads usw.

Der Erfolgskreislauf endet, sobald eine gewisse Sättigung stattfindet. Dieses geschieht insbesondere bei den kostenlosen Apps, die jeder Nutzer risikolos einfach einmal ausprobieren kann. Je mehr Nutzer die App bereits heruntergeladen haben, umso weniger kann sie von einer guten Position in den Top-Charts profitieren. Irgendwann hat ein großer Teil der Nutzer bereits den Download einer bestimmten App durchgeführt und es kommen immer weniger neue Downloads hinzu. Folgerichtig verliert die App dann Positionen in den Top-Charts.

Der Sättigungseffekt ist bei bezahlten Apps nicht ganz so stark zu beobachten. Naturgemäß ist die Downloadzahl kostenpflichtiger Apps nicht so hoch wie bei kostenlosen Apps. Daher kommt es auch nicht so schnell zu einer Sättigung der Nachfrage. Sehr erfolgreichen Bezahl-Apps wie beispielsweise „WhatsApp Messenger“, „Doodle Jump“ und „Angry Birds“ gelingt es durchaus, über einen sehr langen Zeitraum in den Top 10 zu verweilen. Anscheinend reicht die steigende Anzahl an verkauften iOS-Geräten und Neukunden aus, um für immer neue Nachfrage im Bereich der kostenpflichtigen Apps zu sorgen.

Typischer Rankingverlauf einer App

Die beschriebenen Mechanismen führen zu einem typischen Rankingverlauf, der bei den meisten (zumindest halbwegs populären) Apps zu beobachten ist. Aufgrund des kurzen Auswertungszeitraums der Downloads von 24–48 Stunden muss man die Rankings in sehr kurzen Abständen von 1–2 Stunden messen, um den typischen Kurvenverlauf überhaupt sichtbar zu machen. Eine tägliche Messung reicht dafür nicht aus.

Abbildung 2 zeigt als Beispiel den Rankingverlauf der kostenlosen iPhone App „Google Places“ in der ersten Release-Woche. Die App wurde am Mittwoch, den 12. Januar 2011, im deutschen App Store veröffentlicht. Bei den meisten Apps besitzt der Kurvenverlauf ein ähnliches Profil. Die wichtigsten Punkte im Rankingverlauf von „Google Places“ wurden mit den Buchstaben A bis E markiert:

A) Release und Eintritt in die Top 100:

Durch die Veröffentlichung der App wird ein Buzz ausgelöst. Der Publisher gibt die Veröffentlichung der App auf seinen eigenen Marketingkanälen bekannt (Owned Media). Ist die App interessant, berichten auch andere Medien darüber und die App wird von den ersten Nutzern empfohlen (Earned Media). Eventuell bucht der Publisher auch noch Werbung, um die App bekannt zu machen (Bought Media). Spricht die App eine breite Zielgruppe an, sollte es wie in dem Beispiel von „Google Places“ am ersten Tag gelingen, in die Top-100-Charts einzusteigen. Von der Stärke des Buzz hängt es ab, wie hoch die App in den Rankings steigt. Spricht die App nur eine kleine Zielgruppe an oder wurde nur ein kleiner Buzz erzeugt, so gelingt ihr wahrscheinlich nur der Einstieg in die Top 100 in einer Unterkategorie (z. B. Lifestyle, Bildung, Dienstprogramme usw.).

B) Erster Widerstand:

Ab einem gewissen Punkt (B) nach Release steigt die Kurve der Rankingentwicklung nicht mehr ganz so steil an. Dieser Punkt wird normalerweise innerhalb der ersten 24–48 Stunden erreicht. Die Anzahl der Downloads muss sich mit immer stärkeren Apps messen und es wird immer schwieriger, weitere Plätze im Ranking zu gewinnen. Beim Beispiel von „Google Places“ war dieser Punkt am Ende des ersten Tages erreicht, als es um den Einstieg in die Top 25 ging. Die Top-25-Apps verfügen durch die Top-Charts bereits über eine gute Sichtbarkeit im App Store. Der erzeugte Buzz-Effekt muss mehr Downloads erzeugen als der Sichtbarkeitsvorteil der Top-25-Apps. An diesem Punkt verlangsamte sich der Rankinganstieg von „Google Places“, was auch daran lag, dass dieser Punkt nachts erreicht wurde. In der Nacht ist die Anzahl Downloads gering und es gibt infolgedessen naturgemäß wenig Veränderungen in den Rankings. Am nächsten Morgen berichteten jedoch weitere Medien über die Veröffentlichung von „Google Places“ und der Buzz wurde wieder gestärkt. So konnten am zweiten Tag schnell weitere Plätze in den Rankings gewonnen werden. Mit Eintritt in die Top 10 flachte die Rankingkurve dann wieder ab. Abhängig davon, bei welcher Rankingposition Punkt B erreicht wird und die Kurve abflacht, kann man innerhalb der ersten 24–48 Stunden bereits den Downloaderfolg einer App gut einschätzen. Im Fall von „Google Places“ war es am Anfang des zweiten Tages absehbar, dass das durch den Buzz erzeugte Momentum stark genug war, um eine Top-10-Platzierung zu erreichen. Für Platz 1 im App Store war das Momentum jedoch zu gering.

C) Erreichen der besten Platzierung:

Bei Punkt C erreicht die App ihre beste Platzierung in den Top-Charts. Bei „Google Places“ war das Platz 4 am dritten Tag. Jetzt werden die meisten Downloads erzeugt. Zu den durch den Buzz erzeugten kommen die Downloads hinzu, die durch eine gute Sichtbarkeit im App Store bewirkt werden. Das ist der Zeitraum, in dem aufgrund der hohen Sichtbarkeit viele Nutzer aufmerksam werden, die man über die eigenen Marketingkanäle nicht erreicht hätte. Je besser das Ranking ist, umso größer ist dieser gewünschte Effekt. Abhängig von der Qualität der App, der aktuellen Wettbewerbssituation und der Bewerbung kann sich eine App eine gewisse Zeit auf dieser Position halten. Mit steigender Sättigung der Nachfrage beginnt sie allerdings langsam, wieder Positionen zu verlieren. Der Verlauf der Rankingkurve kann ein wenig mit einem Segelflug verglichen werden. Am Anfang wird die App durch den erzeugten Release-Buzz in den Rankings nach oben gezogen. Erreicht sie die Top 25 oder sogar die Top 10, so kann sie dort von der „Thermik“ aufgrund der guten Sichtbarkeit profitieren und erhält zusätzlichen Auftrieb.

D) Abstieg in den Rankings:

Nachdem die App bei Punkt C ihr bestes Ranking erreicht hat, verliert sie langsam wieder Positionen. Ab einem gewissen Punkt D fängt sie an, immer schneller in den Rankings zu fallen. Bei Google Places war das an Tag 5 mit dem Verlassen der Top 25 der Fall. Ab diesem Zeitpunkt hatte die App nicht mehr eine hohe Sichtbarkeit im App Store und verlor immer schneller Positionen in den Rankings. Da Google die App nicht aggressiv auf der eigenen Website oder auf anderen Plattformen bewirbt, war Punkt D relativ schnell erreicht. Offenbar kam die englischsprachige App bei den Nutzern in Deutschland auch nicht so gut an, dass sie über Mundpropaganda weitere Unterstützung für einen längeren Verbleib in den Top 25 erhalten hätte.

E) Verlassen der Top 100:

Am Ende von Tag 6 hat „Google Places“ die Top 100 verlassen. Dieser Punkt wird nicht zwangsläufig und nicht immer so schnell erreicht. Manche Apps können nach dem ersten starken Abrutschen in den Rankings eine relativ stabile Position in den Top 100 erlangen, die sie über einen längeren Zeitraum von Wochen oder Monaten halten können. Spätestens hier zeigt sich die wahre Qualität einer App und des Publishers (Größe der Zielgruppe, innere Qualität der App, Wettbewerbssituation, Preis-Leistungs-Verhältnis, Stärke der Bewerbung, Stärke der Marketingkanäle des Publishers, Verbesserungen durch Updates usw.).

Weitere Beispiele von Rankingverläufen

Wie stark sich der Rankingverläufe verschiedener Apps gleichen können, zeigt als zweites Beispiel die App „Google Latitude“ in Abbildung 3. Die App wurde am 13.12.2010 in Deutschland veröffentlicht und erreichte ebenfalls am zweiten Tag ein Ranking in den Top 10. Auch „Google Latitude“ konnte sich weniger als eine Woche in den Top 100 halten.

Eine der erfolgreichsten Apps in der jüngsten Zeit ist die App „Tagesschau“, die am 21.12.2010 veröffentlicht wurde. Wie in Abbildung 4 zu erkennen, verzeichnete die App ohne Unterbrechung einen steilen Anstieg in den Rankings bis auf Platz 1 bei den kostenlosen Apps. Der durch die Veröffentlichung ausgelöste Buzz war so groß, dass ein Widerstand (Punkt B) auf dem Weg zu Platz 1 nicht vorhanden war. Die App konnte sich mehrere Tage auf dieser Position halten und verweilt nun schon seit mehr als einem Monat in den Top 50. Beim Verlassen der Top 10 kam es allerdings zu einem stärkeren Abstieg in den Rankings (Punkt D). Seit einigen Tagen gewinnt „Tagesschau“ wieder Positionen und hat es zurück in die Top 25 geschafft. Diese Entwicklung ist vielleicht mit der aktuellen politischen Lage in Ägypten und einer verstärkten Nachfrage nach Nachrichten zu erklären. „Tagesschau“-Chefredakteur Kai Gniffke sagte gegenüber dem SPIEGEL, dass bis zum 7. Januar 2011 bereits 740.000 Nutzer die App heruntergeladen hätten. Den Löwenanteil davon dürfte mit geschätzten 90 Prozent die iPhone-Version ausmachen. Inzwischen könnte die Anzahl Downloads schon über 1 Mio. liegen.

Optimierung der App-Store-Rankings

Wie gezeigt, erreichen die meisten Apps in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung ihre besten Rankings im App Store und erzielen damit die meisten Downloads. Je höher die App in den Rankings steigt, umso mehr steigt die Sichtbarkeit im App Store. Dieser Effekt ist sehr wichtig, da sich die Nutzer bei ihrem Downloadverhalten stark an den Rankings orientieren. In dieser Phase hat der Publisher die große Chance, auch von Nutzern bemerkt zu werden, die er nicht über seine übrigen Marketingkanäle erreicht. Daher sollte dieser Zeitraum besonders gut genutzt werden.

Für eine Optimierung der App-Store-Rankings muss noch einmal daran erinnert werden, dass die Rankings auf Grundlage der Downloadzahlen eines sehr kurzen Zeitraumes von schätzungsweise 24–48 Stunden berechnet werden. Ein Publisher sollte sein Marketingbudget zur Veröffentlichung der App daher ebenfalls auf einen kurzen Zeitraum konzentrieren, um den maximalen Effekt zu erzielen. Mit dem Release der App sollte in den ersten Tagen mit voller Kraft aus allen Rohren geschossen werden, um einen möglichst großen Buzz und möglichst gute Rankings zu erzeugen. Bei einer Verteilung der Budgets über einen längeren Zeitraum von Wochen oder sogar Monaten würde der Ranking-Effekt hingegen zu einem großen Teil verpuffen.

Konkret sollten zum Release folgende Maßnahmen ergriffen werden:

Einreichen der App bei iTunes Connect: Um eine App im App Store zu veröffentlichen, muss sie zuerst bei iTunes Connect eingereicht werden. Apple überprüft die App und gibt sie nach erfolgreicher Prüfung irgendwann frei. Dieser Prozess kann einen Tag lang dauern oder sich auch über mehrere Wochen hinziehen. Das genaue Release-Datum und die damit verbundenen Marketing-Maßnahmen sind damit schwer planbar. Allerdings bietet Apple die Option an, dass eine App nach erfolgreicher Prüfung nicht automatisch veröffentlicht wird, sondern erst nach Freigabe durch den Publisher. Damit kann der Publisher selbst entscheiden, wann er den Startknopf drückt, und alle Marketing-Maßnahmen passend zum Veröffentlichungsdatum planen und koordinieren. Daher sollte man auf die automatische Veröffentlichung unbedingt verzichten und selbst den Startzeitpunkt steuern.

Owned Media: Über alle eigenen Marketingkanäle wie z. B. die eigene Website, Twitter, Facebook usw. sollte die App zum Start möglichst stark beworben werden. Alle iOS-Nutzer, die auf die eigene Website zugreifen, können zudem über eine Weiche automatisch auf eine Sonderseite weitergeleitet werden, welche die neue App vorstellt und direkt auf die Downloadseite in den App Store verlinkt. Eventuell macht es auch Sinn, über die eigenen Kanäle schon vor dem Release-Datum die App anzukündigen und Spannung aufzubauen. Besitzt ein Publisher mehrere Apps, sollte er zudem die Möglichkeiten des Cross-Sellings nutzen.

Earned Media: Zum Start der App spielen Nachrichtenseiten und Blogs eine wichtige Rolle, um einen möglichst großen Buzz zu erzeugen. Diese Multiplikatoren sollten durch geeignetes Pressematerial rechtzeitig informiert werden. Dieses geschieht idealerweise schon ein paar Tage vor der Veröffentlichung, damit die Medien genügend Zeit haben, einen Artikel vorzubereiten. Bei der Auswahl des Presseverteilers sollte darauf geachtet werden, dass insbesondere auch Websites dabei sind, die als Anlaufstelle für iPhone-News bekannt sind (einfach mal nach „iphone news“ bei Google suchen). Exklusive Informationen, Interviews, Videos zur App und Screenshots können helfen, die eine oder andere Plattform zur Verbreitung der Nachricht zu gewinnen. Eventuell belohnt man auch die eigenen Nutzer in Form eines Gewinnspiels für die Verbreitung der Nachricht über Twitter, Facebook und andere Kanäle, um die Mundpropaganda zu unterstützen.

Bought Media: Zusätzlich kann die Markteinführung der App durch gekaufte Werbung unterstützt werden. Um die Streuverluste zu minimieren und einen Medienbruch zu vermeiden, bietet sich hier die Bewerbung in anderen Apps an. Solche Werbeformen können z. B. über die Google-Tochter AdMob gebucht werden. Aber auch Google AdWords können gezielt nur auf iPhone-Nutzer ausgerichtet werden. Auch hier gilt der Grundsatz, dass für einen kurzen Zeitraum mit voller Kraft aus allen Rohren geschossen wird, um möglichst viele Downloads in den ersten Stunden und Tagen nach der Veröffentlichung zu generieren.

Preis: Bei kostenpflichtigen Apps kann ein reduzierter Einführungspreis für einen begrenzten Zeitraum sehr erfolgreich sein, um schnell viele Downloads zu erreichen und damit in den Rankings zu steigen. Aus Angst, zu einem späteren Zeitpunkt mehr zahlen zu müssen, kaufen die Nutzer die App sofort und warten nicht lange ab. Falls Sie keinen Preisnachlass gewähren wollen, behaupten Sie einfach, dass der angebotene Preis zur Einführung reduziert sei und die App regulär eigentlich mehr koste. Man kann dann später noch immer behaupten, man sei mit der Markteinführung so zufrieden gewesen, dass man als Dank den vergünstigten Preis jetzt dauerhaft anbiete. Der vergünstigte Preis sollte in der Beschreibung der App und eventuell sogar im App-Logo deutlich kommuniziert werden.

Je gebündelter und umfangreicher die Maßnahmen in einem kurzen Zeitraum durchgeführt werden, umso größer ist der Buzz-Effekt, der das Ranking der App bei iTunes steigen lässt.

In regelmäßigen Abständen einen neuen Buzz erzeugen

Bisher haben wir über den Buzz zur Markteinführung einer App gesprochen. Wie wir gesehen haben, lässt es sich bei den meisten Apps aber nicht vermeiden, dass die Rankings im Zeitablauf fallen, was sich negativ auf die Sichtbarkeit im App Store auswirkt. Daher sollte der Publisher einer App in regelmäßigen Abständen einen neuen Buzz kreieren, um den Rankings einen neuen Boost zu geben. Dazu sind grundsätzlich alle oben genannten Maßnahmen geeignet. Oft bietet es sich an, einen neuen Buzz zu erzeugen, wenn ein Update der App veröffentlicht wird und es in diesem Zusammenhang auch etwas zu erzählen gibt (neue Funktionen, neue Inhalte).

Besonders erfolgreich macht das beispielsweise der Publisher der kostenpflichtigen Navigations-App „skobbler“. Abbildung 5 zeigt, wie es der skobbler GmbH seit dem Release im Oktober 2009 immer wieder gelingt, einen neuen Buzz zu kreieren und damit auf vorderste Plätze der Top-Charts für gekauften Apps zu gelangen. Wiederholt erreichen sie dabei auch immer wieder Platz 1. Da ich skobbler vor der Markteinführung in einem Workshop zum Thema „App-Store-Marketing“ beraten durfte, macht es mich besonders stolz, wenn ein Kunde die empfohlenen Maßnahmen dermaßen gut umsetzt.

Die skobbler GmbH ist ein Management-Buy-out des bekannten Anbieters Navigon. Die hochpreisigen und zugleich populären Apps von Navigon sind die wahrscheinlich umsatzstärksten Apps im App Store. Bei der Markteinführung der niedrigpreisigen App „skobbler“ wurden so viele Downloads erzeugt, dass skobbler nicht nur Platz 1 im App Store erreichte, sondern trotz des geringen Preises kurzfristig sogar mehr Umsatz als die etwa hundertmal so teure Navigon-App im App Store erzeugte. Navigon war durch diese Entwicklung so verunsichert, dass sie skobbler den Nutzungsvertrag über das Kartenmaterial kündigten und mit rechtlichen Schritten drohten. Dieser Kampf „David gegen Goliath“ sorgte dafür, dass skobbler viel Aufmerksamkeit und Sympathie in den Medien erhielt, was in den ersten Wochen immer wieder zu einem neuen Buzz führte und die App „skobbler“ wiederholt zurück auf Platz 1 in den App-Store-Rankings katapultierte. Auch Rechtsstreitigkeiten können also für einen Buzz genutzt werden, um die Rankings im App Store zu verbessern. Daneben nutzt skobbler aber auch geschickt Preisaktionen, um den Rankings immer wieder einen neuen Boost zu geben. In der von Apple im Januar 2011 veröffentlichten Liste der meistgekauften iPhone Apps aller Zeiten (App Store Deutschland) belegt die App „skobbler“ Platz 15 und die App „NAVIGON MobileNavigator Europe“ Platz 43. 

Bei kostenlosen Apps besteht per definitionem leider nicht die Möglichkeit, über die Preisgestaltung einen neuen Buzz zu erzeugen. Daher ist es in diesem Bereich wesentlich schwieriger, in gewissen Abständen einen neuen Boost für die Rankings auszulösen. Somit verschwinden viele sehr gute Apps im Zeitablauf in den unsichtbaren Tiefen der App-Store-Rankings. Die große Anzahl von ständig neuen iPhone-Besitzern wird gerade über die Top-Rankings der kostenlosen Apps nur unzureichend aufmerksam auf viele Highlights aus der Vergangenheit. Hier besteht die dringende Notwendigkeit für Apple, dauerhaft auch Top-Rankings für die Apps mit den meisten Downloads aller Zeiten einzuführen und auf der Startseite im App Store gleichberechtigt zu präsentieren. Es gibt allerdings einen Trick, wie man auch bei kostenlosen Apps sehr erfolgreich einen neuen Ranking-Boost erzeugen kann. Leider kann ich diesen Trick, der auf einer speziellen Systematik im App Store beruht, nicht öffentlich verraten. Wenn viele Publisher diese Methode anwenden würden, müsste Apple wahrscheinlich schnell regieren und diesen „Fehler im System“ beseitigen.

Die Suche bei iTunes

Selbstverständlich sollte eine App auch jederzeit über die interne Suche bei iTunes gut gefunden werden können. Bei der Einpflege der App über iTunes Connect müssen dazu drei Felder berücksichtigt werden, die Apple bei der Suche auswertet:

  1. App-Name
  2. Publisher-Name
  3. Keywords (maximal 100 Zeichen)

Nach meinen Beobachtungen wird das Vorhandensein von Keywords bei diesen drei Feldern von Apple in genau dieser Reihenfolge bei der Suche gewichtet. Das stärkste Gewicht hat also der Name der App, gefolgt vom Namen des Publishers und den hinterlegten Keywords. Als viertes Kriterium zählt eventuell noch die Anzahl Downloads, wobei die Gewichtung dann sehr gering ist. Sucht man bei iTunes beispielsweise nach „Nachrichten“, so werden zuerst die Apps angezeigt, bei denen das Keyword „Nachrichten“ im App-Namen enthalten ist. Danach folgt aktuell die App „tinnitus help“, bei der im Namen des Publishers (IND – Ingenierbuero f. Nachrichten u. Datentechnik) das Wort „Nachrichten“ vorkommt. Populäre Nachrichten-Apps wie „Bild“, „Tagesschau“, „N24“, „stern.de“ oder „DER SPIEGEL eReader“, die man auf den vorderen Plätzen vermuten würde, werden erst weiter unten angezeigt.

Bei der Auswahl der Keywords muss darauf geachtet werden, dass sowohl übliche Schreibweisen der Marke (z. B. Immobilienscout, Immobilienscout24) als auch die Core-Keywords der Kategorie (z. B. Immobilien) hinterlegt werden. Bei der Suche nach „Immobilienscout24“ findet man in iTunes derzeit z. B. nur den „Immobilienscout24 Podcast“, aber nicht die iPhone App „ImmoScout24“.

In den Anfängen des App Stores wurde auch das Feld „Description“ bei der Suche ausgewertet. Dadurch ergaben sich vielfältige Spam-Möglichkeiten, die auch intensiv genutzt wurden. So waren in der Beschreibung Sätze wie „Besuchen Sie uns auch bei Twitter und Facebook“ sehr beliebt, um ebenfalls bei Suchen nach den populären Keywords „Twitter“ und „Facebook“ als Suchergebnis angezeigt zu werden. Ein Klassiker war auch die Aufzählung von Apps der Wettbewerber in der Description: „Wenn Ihnen die Apps A, B, C, D, E, F und G gefallen haben, dann gefällt Ihnen sicherlich auch unsere App H.“ Auf diese Weise wurde die eigene App auch bei Suchen nach den Namen der Wettbewerber als Treffer angezeigt. Diese Spam-Möglichkeit hat Apple (zum Glück) abgestellt, indem der Beschreibungstext nicht mehr für die Suche ausgewertet wird. Der Nachteil besteht darin, dass manche Apps jetzt schwer zu finden sind. Als Ersatz wurde für die Publisher das Feld „Keywords“ neu geschaffen. Allerding ist die Anzahl der hinterlegten Keywords aufgrund der Begrenzung auf maximal 100 Zeichen stark limitiert. Hat man einmal die Keywords hinterlegt und die App wurde von Apple freigegeben, so kann man die Keywords nicht mehr ändern. Eine Änderung ist erst wieder bei einem Update der App möglich. Auf diese Weise will Apple sicherlich erreichen, dass die manuelle Kontrolle der Keywords mit einem vertretbaren Zeitaufwand seitens der Apple-Mitarbeiter möglich ist.

Da der Name der App für die Sortierung der Suchergebnisse das höchste Gewicht hat, lohnt es sich hier, in manchen Fällen etwas zu „tricksen“ und eventuell mehrere wichtige Keywords unterzubringen. So kann man eine App anstatt einfach nur „Bild“ natürlich auch beispielsweise „Bild (Nachrichten und Wetter)“ nennen.

Conversion optimieren

Bisher haben wir besprochen, wie eine App eine möglichst hohe Sichtbarkeit im App Store erreicht. Der zweite wichtige Schritt besteht darin, die Conversion im App Store zu optimieren. Dazu müssen die User zunächst auf die Detailseite der App klicken. Wenn eine App in den Top-Rankings oder in den Suchergebnissen angezeigt wird, sind die dargebotenen Informationen sehr knapp. Bei den Suchergebnissen werden auf dem PC z. B. das App-Logo, die App-Store-Kategorie, das letzte Aktualisierungsdatum und der Preis angezeigt. In den Top-Rankings fallen die Informationen noch geringer aus. Für eine gute Click-Through-Rate (CTR) ist es von Nutzen, sich einige Gedanken insbesondere über das App-Logo und den Namen der App zu machen. Bei größeren Projekten lohnt es sich, hierbei auf jeden Fall auch etwas Marktforschung zu betreiben und verschiedene Varianten gegeneinander testen zu lassen.

Hat es ein Nutzer bis auf die Detailseite einer App geschafft, so sollte er auf eine gut formulierte Beschreibung und aussagekräftige Screenshots treffen, damit der Besuch der Seite auch tatsächlich zu einem Download der App führt. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, alle wichtigen Ratschläge in diesem Bereich aufzuzählen. Kurz und knapp sollte einfach das subjektiv empfundene Kaufrisiko des Nutzers durch eine gut gestaltete Detailseite bei iTunes minimiert werden.

Mehrwert, Qualität der App und Größe der Zielgruppe

Bei allen Tipps für das App-Store-Marketing darf nicht übersehen werden, dass der Mehrwert für die Nutzer, eine herausragende Qualität der App und eine möglichst große Zielgruppe durch nichts zu ersetzen sind. Um ein Gefühl dafür zu vermitteln, welche Apps bei iTunes erfolgreich laufen, zeigt Abbildung 6 die 50 „Top-iPhone-Apps aller Zeiten“ bei ITunes Deutschland (Apps mit den meisten kostenlosen Downloads).

Wie man sieht, befinden sich in der Top-50-Liste nicht nur Apps von großen Marken, sondern auch pure App-Store-Erfolgsgeschichten wie z. B. „iHandy Wasserwage“, „Paper Toss“ und „Sprechender Kater Tom“, die den Nerv der iPhone-Nutzer getroffen haben. Insbesondere bei kostenlosen Downloads müssen allerdings auch die Retention-Rate (Verbleibquote, Nutzertreue) und die Nutzungshäufigkeit unbedingt berücksichtigt werden. Laut einer aktuellen Studie von Localytics wurden 26 Prozent aller im Jahr 2010 heruntergeladenen Apps nur ein einziges Mal gestartet (und dann vergessen oder gelöscht). Schon im Jahr 2009 fand flurry.com heraus, dass die durchschnittliche Retention-Rate einer App nach 30 Tagen bei 67 Prozent, nach 60 Tagen bei 32 Prozent und nach 90 Tagen nur noch bei 25 Prozent liegt. Von App zu App und zwischen den einzelnen Kategorien können sich diese Werte natürlich stark unterscheiden. Kann eine App nach dem Download die Nutzer qualitativ nicht überzeugen, relativiert sich ganz schnell der Wert für die Anzahl durchgeführter Downloads. Diese Erkenntnis ist auch bei der Entwicklung des Geschäftsmodells einer App extrem wichtig. Besteht eine App nicht den Alltagstest, so darf man sich auch nicht auf dauerhafte Werbeeinnahmen durch deren Nutzung verlassen und bietet sie vielleicht besser als kostenpflichtige App an. In den letzten Monaten haben sich auch die sogenannten In-App-Purchases als ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelt. Bei In-App-Käufen können z. B. Zusatzfunktionen, Bonuslevels für Spiele, zusätzliche Erfahrungspunkte, Abonnements und wiederkehrende Leistungen innerhalb der App erworben werden, die dann von Apple über das iTunes-Konto abgerechnet werden.

Letztendlich kann man das Erfolgsrezept für eine App in einem einzigen Satz zusammenfassen. Peter Vesterbacka (Macher von „Angry Birds“, einer der erfolgreichsten Apps mit insgesamt über 50 Mio. Downloads) sagte treffend: „Create a great app and get the message out.” Ich wünsche allen Lesern erfolgreiches „App Boosting“ und „Happy Apps“!