Klickpfad-Analysen zur Conversion-Optimierung nutzen

Stefanie Dürr
Stefanie Dürr

Stefanie Dürr verantwortet als Projekt-Managerin bei der Google Deutschland GmbH Projekte im Bereich Conversion Attribution, Offline-Conversion-Tracking und Conversion-Raten-Optimierung. Zuvor war sie Search Quality Team Lead bei der Google Ireland Ltd und zeichnete für Webmaster Communication in Europa verantwortlich.

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Die Evaluierung der Kampagnen-Performance basiert zumeist auf einem Last-Click-Attributionsmodell. Da Transaktionen aber selten spontan ohne vorausgehenden Rechercheprozess stattfinden und kaum ein Werbetreibender sich nur eines Marketingkanals bedient, ignoriert dieser Ansatz die tatsächliche Komplexität einer Kaufentscheidung, die den Endpunkt einer ganzen Serie von Touchpoints markiert. Erfahren Sie, wie Sie bei der Kampagnensteuerung Erkenntnisse aus der Analyse dieser Klickpfade zur Optimierung der Conversions und des Return on Investment praktisch umsetzen können.

Conversion Attribution

In der SEM-Branche gilt der Last Click nach wie vor als entscheidende Performance-Metrik. Obgleich Teilnehmer einschlägiger Konferenzen in den USA längst intensiv Themen wie „Conversion Attribution“, „latente Conversion“, „Multi-Click-Attribution“ und „User Journeys“ diskutieren, gilt in Deutschland die „Last-Click-Attribution“ immer noch als etablierter Standard.
Das ist nicht erstaunlich, denn die häufigsten Kampagnen-Tracking-Lösungen und Web Analytics-Tools basieren genau auf dieser Logik der Kampagnen-Evaluation. Damit bleibt jedoch die Serie von Touchpoints, aus der eine Conversion resultiert, vielfach eine Black Box.

Nachholbedarf in Deutschland

Dies legt auch eine googleinterne Befragung deutscher und britischer Account-Manager zu insgesamt 70 Kunden nahe (s. Abb. 1). Es zeigte sich, dass jeweils mehr als zwei Drittel der Kunden aus Deutschland und Großbritannien Zugriff auf Berichte zur Klickpfad-Analyse haben. Hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung dieser Daten traten jedoch Unterschiede zwischen beiden Märkten auf: In Großbritannien berücksichtigt bereits ein Drittel der Kunden ein Multi-Click-Attributionsmodell im Rahmen ihrer Bid-Management-Strategie, während dies in Deutschland bei weniger als jedem zehnten Online-Marketing-Verantwortlichen der Fall ist. Noch geringer sind die Verbreitungsgrade unter deutschen Kunden, wenn es darum geht, den Beitrag von AdWords-Sichtkontakten (Impressions) im Hinblick auf die Brand-Wahrnehmung oder gar den Return on Investment (ROI) zu analysieren (für beide Indikatoren liegt die Häufigkeit in Deutschland jeweils klar unter 10 %).

Herausforderung Suchtrichter-Interpretation

Die Ursache für die geringe Verbreitung von Multi-Click-Attributionsmodellen liegt nicht in einem Mangel an Anbietern entsprechender Tools begründet. Eines der verfügbaren Tools sind die Suchtrichter-Berichte innerhalb des Google-AdWords-Kontos. Hier erhalten Werbetreibende u. a. Aufschluss darüber, welche Keywords wichtige Vorläufer von Conversions darstellen und was die häufigsten Conversion-Pfade sind (s. Info-Box).

Google AdWords Suchtrichter-Berichte

Suchtrichter-Berichte (s. Abb. 2) geben Nutzern von Google Conversion Tracking u. a. Antworten auf folgende Fragen:

  • Liegt überhaupt ein Suchtrichter vor?
  • Wie lange dauert der Entscheidungsprozess vom ersten Sichtkontakt bzw. Klick bis zur Conversion?
  • Welche Keywords, Anzeigengruppen oder Kampagnen bereiten im Conversion-Pfad Last-Click-Conversions vor (sog. unterstützte Conversions)?
  • Welche Rolle spielen Non-Brand-Keywords in Conversion-Pfaden, bei denen die Conversion über Brand-Keywords erfolgt?
  • Wie bewährt sich ein alternatives Attributionsmodell gegenüber einem Last-Click-Modell?

Gewichtung von Touchpoints

Trotz ihrer Verfügbarkeit wird der Wert solcher Impression- und Klickpfad-Daten nur selten voll erkannt und ausgeschöpft. Dies mag u. a. daran liegen, dass die vorhandenen Tools meist nicht den Anteil der einzelnen Touchpoints am Eintreten der Conversion und damit am Kampagnenerfolg quantifizieren(s. Abb. 3).

Aufgrund der Komplexität der Zuschreibung eines Erfolgsanteils an einer Conversion zu einem Touchpoint haben sich in der Praxis Attributionsmodelle bewährt, die intuitiv eine manuelle Gewichtung der einzelnen Sichtkontakte und Klicks eines Conversion-Pfades vornehmen. So kann beispielsweise der Anteil an einer Conversion nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt werden (z. B. 30 % für den First Click, 10 % für den 2. und 3. Click, 50 % für den Last Click). Manche Tools erlauben auch eine Berücksichtigung verschiedener Marketingkanäle bei der Gewichtung. Welche Gewichtung die angemessene ist, hängt von den Zielen ab, die ein Werbetreibender mit seiner SEM-Kampagne verfolgt.

Ein Beispiel: Ein Onlineshop für Schuhe hat eine neue Produktklasse (Handtaschen) in sein Sortiment aufgenommen. Mit AdWords sollen nun einerseits Neukunden angesprochen werden, die die Marke noch nicht kennen, andererseits aber auch Bestandskunden auf das erweiterte Angebot aufmerksam gemacht werden. In diesem Fall empfiehlt es sich, auf relevante generische Keywords zu bieten und dem First Click ein hohes Gewicht zuzuschreiben, da dieser den Kontakt zu potenziellen Kunden überhaupt erst initiiert.

Budgets mit Klickpfad-Daten optimieren

Allerdings liegt gerade im Performance-Marketing der Fokus meist auf dem letzten Klick, ohne den Beitrag früherer Ereignisse im Suchprozess oder die Interaktion verschiedener Online-Marketingkanäle zu würdigen. Diese simplifizierende Evaluierung der Kampagnen-Performance kann den tatsächlichen Wert der Keywords unterschätzen und zu einer suboptimalen Budget-Allokation führen. Scheinbar ineffiziente (da wenige oder keine Last-Click-Conversions aufweisende) Keywords werden pausiert oder mit sehr niedrigen Geboten versehen und es wird stattdessen stark in scheinbar offensichtliche Conversion-Treiber investiert. Dies erlaubt zwar eine einfache Kontrolle des CPO (Cost per Order). Der Preis dafür ist aber häufig ein Rückgang der Sichtkontakte und des Klickvolumens – und damit mittelfristig ein Rückgang der Conversions (z. B. der Abverkäufe). In der Regel wird dann nur noch dasjenige Konsumentensegment mit Online-Marketingaktivitäten erreicht, das im Entscheidungsprozess bereits weit vorangeschritten ist und ohnehin schon Kontakt zu der Marke bzw. den angebotenen Produkten hat. Neukunden werden kaum generiert. Unterm Strich steht dann zwar vermutlich ein gewünschter CPO, allerdings verschleiert dieser das tatsächliche Abverkaufspotenzial, das eine Analyse der Conversion-Pfade offengelegt und realisierbar gemacht hätte.

Empfehlungen zur Kampagnensteuerung

Welche konkreten Ansatzpunkte für die Kampagnensteuerung gibt es nun auf der Basis von Suchtrichter-Daten?

Identifizieren Sie im ersten Schritt diejenigen Keywords, die besonders viele Conversions vorbereiten (falls Sie Zugriff auf die Google-Suchtrichter-Berichte haben, verwenden Sie hierfür den Bericht „Unterstützte Conversions"). In Abhängigkeit davon, wo im individuellen Fall der größte Hebel liegt, testen Sie im zweiten Schritt eine der drei unten genannten Taktiken oder eine Kombination daraus (s. Abb. 4).

Strategie 1: Frequenzerhöhung

Diese Strategie zielt darauf ab, die Häufigkeit zu erhöhen, mit der eine AdWords-Anzeige für gebuchte Suchanfragen tatsächlich auf der ersten Suchergebnisseite gezeigt wird. Die Kenngröße hierfür ist der sog. Impression Share (auch Share of Voice), der anzeigt, wie hoch Ihr Anteil an den insgesamt möglichen Sichtkontakten auf der ersten Ergebnisseite ist.

Taktik: Allokieren Sie Ihr Tagesbudget effizient

Analysieren Sie, welche Keywords, die Sie im ersten Schritt als „Conversion-Anbahner“ identifiziert haben, aufgrund gedeckelter Tagesbudgets nur unregelmäßig zur Anzeigenschaltung führen. Hier entgehen Ihnen potenzielle Kunden, da Ihr Angebot nicht während des kompletten Recherche-Prozesses sichtbar ist. Dann könnte es passieren, dass Ihre Anzeige zwar das Kaufinteresse geweckt hat, die Conversion aber von Ihrem Wettbewerber abgeholt wird, da Sie bei einer erneuten Suche nicht mehr sichtbar waren.

Diese Taktik empfiehlt sich besonders bei Produkten mit langen Verkaufszyklen. Typischerweise sind dies rechercheintensive, hochpreisige und/oder komplexe Produkte, für die gleichzeitig eine Vielzahl von Wettbewerbern auf dem Markt existiert (z. B. Elektronikprodukte, Familienreisen). Eine Übersicht über die durchschnittliche Dauer zwischen erster Suchanfrage und Conversion liefert Abb. 5.

Taktik: Optimieren Sie Ihre Gebote

Identifizieren Sie zunächst mithilfe von Suchtrichter-Daten diejenigen Keywords, die eine spätere Conversion vorbereiten, und solche, die keine derartige assistierende Qualität haben. Testen Sie nun eine Gebotserhöhung für stützende Keywords und umgekehrt eine Gebotsreduktion für solche Keywords, die kaum oder keine Conversions anbahnen. Überprüfen Sie, ob ein höheres Gebot und die damit einhergehende verbesserte Position und Klickrate Ihrer Adwords-Anzeige sich in zusätzlichen Conversions und einem verbesserten ROI auszahlen.

Strategie 2: Maximieren der Reichweite

Eine komplementäre Strategie besteht darin, die Wahrscheinlichkeit zu maximieren, dass Ihre AdWords-Anzeigen für die gesamte Bandbreite an relevanten Suchanfragen erscheinen. Bauen Sie daher Ihr Keyword-Inventar aus, damit Ihre Anzeigen an zusätzlichen relevanten Auktionen teilnehmen und Sie eine größere Bandbreite an Suchanfragen mit Anzeigen abdecken.

Taktik: Erweitern Sie Ihr Keyword-Portfolio

Die Leitfrage hier ist, welche zusätzlichen Keywords in der frühen Phase des Entscheidungsprozesses relevant sind. Typischerweise sind im oberen Bereich des Suchtrichters generische Keywords für die Gewinnung von Neu-Kunden effektiv, da sich diese noch nicht auf den Kauf eines Produkts einer bestimmten Marke festgelegt haben. Verwenden Sie das AdWords Keyword Tool zum Generieren von Vorschlägen, die inhaltlich nahe mit denjenigen Keywords verwandt sind, die Sie als Conversion-Vorläufer identifiziert haben.

Wenn z. B. das Keyword „Last-Minute-Städtreise Rom” viele Last-Click-Conversions vorbereitet, kann es sich lohnen, auch weniger spezifische Keyword-Varianten wie „Städtereise Rom” und „Last Minute Rom” einzubuchen und zu testen.

Nutzen Sie auch Suchanfragenreports, um genauer zu analysieren, welche Suchanfragen zur Schaltung Ihrer Anzeigen geführt haben. Erstellen Sie dann ggf. zusätzliche Anzeigengruppen mit spezifischen Texten und buchen Sie außerdem ausschließende Keywords ein, falls es Suchanfragen gibt, auf die Sie keine Anzeige schalten wollen (etwa weil sie sich auf ein Produkt beziehen, das sie gar nicht im Angebot haben).

Dem Wettbewerb voraus

Nutzen Sie Suchtrichter-Daten für die Kampagnensteuerung und -optimierung. Fangen Sie an, Schlussfolgerungen aus der Analyse von Klickpfad-Daten umzusetzen. Sonst riskieren Sie, dass Wettbewerber, die Ihnen in dieser Hinsicht einen Schritt voraus sind, all diejenigen Kunden abholen, die in einer frühen Kaufphase die Entscheidung noch nicht zugunsten einer bestimmten Marke getroffen haben. Testen Sie den Effekt, den das Anreichern Ihres Keyword-Inventars mit solchen Keywords hat, die quasi als Wegweiser auf dem Pfad zur Conversion dienen – und realisieren Sie damit deren Wert, den reine Last-Click-Attributionsmodelle unterschätzen.