Domain gesucht: in gutem Zustand und vor allem gebraucht!

Dominik Wojcik
Dominik Wojcik

Dominik Wojcik war unter anderem als SEO für Unternehmen wie guenstiger.de, Zalando.de, preissuchmaschine.de und Rocket Internet tätig. Mit der Gründung der Agentur Trust Agents blickt Dominik insgesamt auf über 13 Jahre Online Marketing, Softwareentwicklung und IT-Erfahrung zurück. Er ist regelmäßig als Speaker auf diversen Konferenzen sowie im Buch “100 Experten. Online Marketing” vertreten und hat „Das große Online Marketing Praxisbuch“ verfasst.

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Das Thema Linkaufbau macht Experten erfinderisch. Während im normalen Leben in der Regel Neuware allem bereits Gebrauchten vorgezogen wird, ist es bei Domains ganz anders. Dominik Wojcik erklärt, warum eine Domain für den Ankauf umso wertvoller ist, je älter und je gebrauchter sie ist.

Wer sich ansatzweise mit Suchmaschinenoptimierung beschäftigt hat, ist sicherlich schon auf das folgende Problem gestoßen: Nur wer wirklich gute eingehende Links hat, der hat, wenn sonst alles andere passt, bei Suchmaschinen und insbesondere bei Google eine Chance auf einen vorderen Platz. Viele behelfen sich hier, indem sie mit Linktausch, Linkkauf oder Linkmiete arbeiten. Es besteht aber noch eine andere, oft vielversprechende Möglichkeit, an die begehrten Links zu kommen: mit einem eigenen Pool an Domains, aus dem man bei Bedarf und selbst gesteuert Links generieren kann.

Was genau sind Expired Domains?

Expired Domains sind Domains, die schon einmal von anderen registriert waren und nach einer gewissen Zeit gelöscht bzw. „zurückgegeben“ wurden. Solche Domains werden aus den unterschiedlichsten Gründen wieder freigegeben. Die häufigsten Gründe sind wohl Insolvenz von Firmen, unbezahlte Rechnungen für Webhosting oder einfach auch die Nichterreichbarkeit des eingetragenen Besitzers. Aber auch viele andere Gründe können dazu führen, dass Domains gelöscht werden.

Warum sind solche Expired Domains nun so wertvoll?

Das hat mehrere Gründe. Praktisch gibt es zwei übergeordnete Arten von Expired Domains.

Keyworddomains

Einige Expired Domains bestehen aus generischen, also einfachen, beschreibenden Begriffen. Früher wurden aus Unkenntnis auch schon mal sehr wertvolle Domainnamen wie zum Beispiel digitalkamera.de einfach wieder gelöscht. Heute weiß man, dass solche Namen einen immensen Wert darstellen können. Aber auch heute noch werden tatsächlich jeden Tag solche Keyworddomainnamen wieder frei. Ein eigenes Tool, mit dem man im Internet solche Domains finden kann und das auch gleich bei der Registrierung hilft, ist Keyworddomainer.de (www. keyworddomainer.de). Dort werden pro Tag bis zu 100.000 Expired Domains geprüft, mit zusätzlichen Daten angereichert und nach Wert gefiltert (siehe Abbildung 1).
 

Expired Domains mit besonderem Wert für Suchmaschinen
Natürlich sind Domainnamen, die einen guten Suchbegriff enthalten, für den Aufbau einer Webpräsenz gut geeignet. Aber auch andere Expired Domains können einen guten Ausgangspunkt für die Suchmaschinenoptimierung darstellen. Wer es schafft, sich eine solche Domain zu sichern, der kann auf einige Vorteile zählen:

- Der Altersbonus
Auch wenn viele immer noch glauben, dass das Domainalter ein direkter Rankingfaktor wäre, so zeigt die Erfahrung in diesem Bereich ein etwas differenziertes Bild: Es scheint zwar durchaus einen gewissen Altersbonus zu geben, dieser aber bezieht sich aber in Wirklichkeit auf das Alter der auf die Domain verweisenden Links. Je älter ein solcher Backlink ist, umso wertvoller bzw. bedeutender wird er. Praktischerweise werden die meisten eingehenden Links bei Expired Domains selten gelöscht. Die Linkgeber bekommen ja in der Regel nicht unmittelbar mit, dass eine Domain zurückgegeben wurde und gar nicht mehr online ist. Existieren diese Links dann schon mehrere Jahre, stellt diese Art der „Empfehlung von außen“ einen durchaus nicht zu unterschätzenden Wert dar.

- Backlinks
Auch Backlinks, also eingehende Links von außen auf eine Domain, oft auch „Inbound-Links“ genannt, sind im SEO-Geschäft mittlerweile eine harte Währung. Und wenn man Glück bei der Registrierung solcher Domains hat, liegt der Vorteil klar auf der Hand: Man braucht sich selbst nicht mehr so intensiv um den Linkaufbau zu kümmern, denn das hat ja der Vorbesitzer schon getan bzw. er hat oft, ohne dass es ihm vielleicht bewusst geworden wäre, mit seinem Inhalt schon Links auf die Domain gezogen.

- Trust: Der Vertrauensfaktor
Der sogenannte „Trust“, also das Vertrauen, das die Suchmaschinen nach einiger Zeit einer Domain zuordnen, kann bei günstigen Voraussetzungen mit übernommen werden. Aus Expertensicht ist es gerade dieser Trust, der solche Domains so extrem wertvoll macht. Man stelle sich eine Domain vor, die zum Beispiel über einige eingehende Links von amerikanischen Universitäten (mit der Domainendung .edu) verfügt. Diese Expired Domain hat dann bereits zusätzlichen Trust von diesen Bildungseinrichtungen vererbt bekommen.

- Googles Pagerank
Viele kennen den grünen Balken, der in der Google-Toolbar angezeigt wird und der die Einschätzung von Google zu der gerade angezeigten Seite angibt. Die meisten der Suchmaschinenoptimierer sind praktisch süchtig nach hohen Pagerank-Werten. Expired Domains haben in der Regel meist noch so lange ihren Pagerank, bis Google diese Seiten aus seinem Index gelöscht hat. Das kann zum Beispiel passieren durch eine zu lange Zeitspanne der Nichterreichbarkeit der Domain. Aber selbst wenn die Seiten bereits aus dem Index gelöscht wurden, ist es meistens so, dass der Pagerank auch wieder zurückkehrt, sobald Google die Domain nach einer Neubelebung wieder in den Index aufnimmt.

Spannend ist nun die Frage, wie man an solche Expired Domains kommt. Natürlich verrät niemand, der ein gutes oder gar perfektes Rezept dafür hat, dies einfach so. Die exakten Methoden bleiben also in der Regel ein gut gehütetes Geheimnis. Das macht auch Sinn, denn „Geheimtipps“ funktionieren dann nicht mehr, wenn sie jeder kennt. Dann nützt dies auch denen nichts mehr, die sich zuerst über solche Tipps freuen. Trotzdem lassen sich einige Tipps nennen, wie man dennoch an solche Expired Domains kommen kann.

Wie gelangt man an Expired Domains?

  1. Direkt Snapping
    Dies ist praktisch die Königsdisziplin und lohnt nur für darauf spezialisierte Unternehmen. Nur die wirklich schnellsten und besten Domaingrabber haben hier eine Chance und arbeiten daher auch mit extrem komplexem und unglaublich hohem technischem Aufwand, um sich die wertvollsten Perlen aus dem Pool der zurückgegebenen Domains zu sichern. Das direkte Snappen von Domains bedeutet, dass die Domaingrabber versuchen, sich so schnell wie technisch irgendwie möglich eine frei gewordene Domain sofort nach der Rückgabe bzw. Löschung zu sichern.

    Ein Beispiel zeigt, wie ausgefeilt diese Systeme bereits arbeiten: Bei .de-Domains werden die besten zur Löschung freigegebenen Domains innerhalb von maximal 10 Sekunden wieder auf andere Besitzer registriert. Es gibt mehrere dieser großen Domaingrabber, die sich genau darauf spezialisiert haben. Und sie sind offenbar sehr erfolgreich damit, sich alle besonders werthaltigen .de-Domains sofort zu sichern.  
     
  2. Crawling
    Crawling bedeutet, dass man ein Tool (sehr beliebt ist hier „Xenu“) oder ein eigenes Programm nutzt, das im Web über Links Domains sucht, die eine Fehlermeldung zurückgeben („no such host“). Dies funktioniert recht gut, um gelöschte Domains zu finden, die in der Regel schon etwas länger frei geworden sind.

    Wie muss man sich das praktisch vorstellen?
    Man stellt zum Beispiel Xenu auf eine beliebte Universitätsseite oder auch einen Webkatalog wie das DMOZ ein und lässt das Tool dann alle Seiten der Universität und die darauf gesetzten, extern abgehenden Links lesen. Die Domains, die den oben genannten Fehlercode zurückgeben, existieren nicht mehr bzw. sind nicht mehr online. Nun muss man noch manuell prüfen, ob nur die Inhalte offline gegangen sind oder ob die Domain tatsächlich frei geworden ist. Dies geht recht einfach bei der DENIC (www.denic.de).

Unter Crawling fällt auch die sehr beliebte DNS-Prüfung (Domain Name Server). Fast alle Dienste für Expired Domains im Internet basieren auf dieser Technik. Man kann sich dies als eine Mischung aus Direkt Snapping und Crawling vorstellen. Diese Dienste haben eine Domaindatenbank mit vielen Millionen Domains und prüfen über DNS-Einträge, ob diese Domains im sogenannten Root-Nameserver der Denic (die oberste Instanz für .de-Domains) noch vorhanden sind. Sollte das nicht mehr der Fall sein, so wird die gefundene Domain zur Sicherheit noch mal gegengeprüft und dann als frei angezeigt. Vom Prinzip her ist das eine gute Idee, sie hat aber einen entscheidenden Nachteil: Die Root-Nameserver der Denic werden nur alle zwei Stunden mit neuen Daten versehen. Somit ist im schlechtesten Fall eine Domain schon zwei Stunden frei, bevor es ein solcher Dienst überhaupt erkennen kann, zwei Stunden, in denen die technisch besser ausgestatteten Direkt Snapper genügend Zeit haben, sich die Perlen herauszusuchen. Gerade das ist auch der größte Schwachpunkt von Diensten, die über reines Crawling solche Expired Domains finden und dann anbieten.

Was macht man, wenn man eine Expired Domain gefunden hat?

Hatte man Glück bei der Suche nach einer Expired Domain, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die beliebtesten sind die sogenannten Redirects und das Restoring.

  1. Redirects
    Möchte man die auf die Expired Domain eingehenden Links auf eine andere Website leiten, kann man das mit einer serverseitigen Umleitung und dem Weiterleitungscode „301“ machen.  Dies empfiehlt sich aber nur für einen einzigen Fall, und zwar dann, wenn die Expired Domain exakt dasselbe Thema hat wie die Domain, auf die umgeleitet werden soll. Nun ist das aus Erfahrung nur selten der Fall. Üblicherweise kommt man an Themengebiete, die zu weit entfernt sind. Zwar kann man natürlich trotzdem auch hier eine 301-Weiterleitung einrichten und damit die Power der neu erworbenen Domain auf eine andere umleiten. Aber aus Erfahrung lässt sich sagen, das themenfremde 301-Weiterleitungen gerade von Google sehr, sehr kritisch gesehen werden. Daher kommt die zwangsläufige „Entwertung“ der Expired Domains durch Google gar nicht mal so selten vor. Ist also kein direkter Themenbezug gegeben, empfiehlt sich daher besser das sogenannte Restoring.
     
  2. Restoring
    Das Restoring basiert auf der Wiederherstellung des vorherigen Contents der Expired Domain. Doch wie erfährt man etwas über den Content einer Domain in der Vergangenheit? Dafür gibt es die Wayback Machine (www.archive.org). Dort gibt man dann den Domainnamen ein und in den meisten Fällen kann man in der Historie der Domain surfen und sich den vorherigen Content anschauen. Gibt man beispielsweise als Adresse www.stanford.edu ein und klickt auf der erste verfügbare Datum, den 13. April 1997, sieht man die damalige Version der Homepage der berühmten Universität in Kalifornien (siehe Abbildung 3).

Tipp: Die Wayback Machine sollte man möglichst vormittags nutzen. Je mehr Amerikaner im Laufe des Tages durch die Zeitverschiebung hinzukommen, desto langsamer wird sie.

Man kann nur dringend davon abraten, exakt den gleichen Content wieder auf die Expired Domain zu stellen. Selbst auf dem Content der Wayback Machine bestehen die Urheberrechte des Erstellers noch weiter. Das ungenehmigte Nutzen fremder Inhalte ist bekanntermaßen nicht erlaubt und unsauber arbeitende Domaingrabber haben sich hier dem Vernehmen nach auch schon Abmahnungen mit solch rechtswidrigem Verhalten eingefangen. Die gute Nachricht ist, dass neuer Content heutzutage bei Textbrokern recht günstig eingekauft werden kann. Das Risiko einer Abmahnung lässt sich damit umgehen – natürlich versteht es sich von selbst, dass man auch keine geschützten Markenbegriffe des vorherigen Besitzers verwenden darf. Allerdings kann auch der Name der Expired Domain ein Abmahnpotenzial beinhalten. Der Umstand, dass eine Domain zurückgegeben wird, bedeutet ja nicht, dass damit auch gleichzeitig alle anderen Rechte des Vorbesitzers gelöscht würden. 

Was man daher auf jeden Fall immer beachten sollte, sind eventuell noch vorhandene Rechte am Domainnamen oder an Teilen desselben. In Eigenregie prüft man am besten beim Deutschen Patent- und Markenamt DPMA (http://register.dpma.de/DPMAregister/marke/schnellsuche) oder auch bei der Internationalen Marken Madrid Express Database (www.wipo.int/madrid/en/services/madrid_express.htm). Dabei darf man auch nicht aus dem Auge verlieren, dass die eigene juristisch laienhafte Einschätzung einer Entwarnung im Zweifelsfall besser durch einen Fachanwalt überprüft werden sollte.

Sobald man die Domain dann mit neuem, aber dem alten Content thematisch sehr nahem, wiederhergestellt hat, kann man sie für die vorgesehenen Zwecke nutzen und weiter ausbauen. Bei allen Einsatzarten außer einer tatsächlich inhaltlichen Nutzung, insbesondere für Zwecke der Suchmaschinenoptimierung, sollte man aber immer berücksichtigen, dass man damit den von Suchmaschinen erlaubten Pfad (den sogenannten „White Hat“-Bereich) möglicherweise deutlich verlassen hat. Auch dies stellt ein gewisses Risiko dar, dessen man sich bewusst sein sollte!   

Mittlerweile ist von den Suchmaschinen vor allem Google sehr gut geworden in der Erkennung von Expired Domains. Gerade im .com-, .net- und.org-Bereich hat der Suchgigant extrem in der Erkennungsrate zugelegt. Expired Domains dieser Toplevels (Endungen) können daher sehr schnell und zuverlässig entwertet werden. Bei unseren .de-Domains und vor allem exotischeren Domain-Endungen sieht es noch ein wenig besser aus. Dort zeigt Google gegenüber den anderen Endungen noch deutlichen Nachholbedarf bei der Erkennung. Von .biz-Domains raten Experten allerdings generell ab. Die Chance, dass die Domain hier vorher mit Spaminhalten belegt war, beträgt laut einigen Studien deutlich weit über 50 %